Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gesetzentwurf der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, Elisabeth Köhler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich gebe zu, dass es manchmal nicht gerade fröhlich und lustig in diesem Hause ist. Es muss aber nicht sein, dass jeder unentwegt redet. Wenn die Mitteilungsbedürfnisse draußen befriedigt werden könnten, wäre das sehr angenehm. Frau Kollegin Tausendfreund, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Demokratie muss mit Leben erfüllt werden. Die Strukturen dürfen nicht statisch festgeschrieben sein, sondern müssen fortentwickelt werden, wenn sich Defizite zeigen und Verbesserungen möglich sind. Mit unserem Gesetzes– und Antragspaket zur Stärkung der kommunalen Demokratie greifen wir genau diese Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten auf. Mit unseren Reformvorschlägen fordern wir mehr Transparenz der kommunalen Entscheidungsabläufe und eine bessere Kontrolle ein.
Wir wollen, dass alle Entscheidungen in öffentlichen Sitzungen getroffen und nicht hinter verschlossenen Türen ausgemauschelt werden. Wir fordern für die gewählten Mitglieder der kommunalen Gremien bessere Arbeitsbedingungen und Informationsrechte, damit die Arbeit verantwortungsvoll und kompetent ausgeübt werden kann.
Wir wollen durchsetzen, dass die Verteilungsverhältnisse in den Ausschüssen und sonstigen Gremien noch annähernd etwas mit den ursprünglichen Wahlergebnissen zu tun haben.
Es kann nicht sein, dass eine Partei, die bei der Wahl 40% errungen hat, im Gemeinderat mit 50% vertreten ist, in den Ausschüssen mit zwei Dritteln und in Aufsichtsräten und sonstigen Gremien mit 100% und damit alle Sitze für sich in Anspruch nimmt, während andere Parteien bei der Wahl 10% erreicht haben, im Gemeinderat vielleicht mit 5% vertreten sind, im Ausschuss nicht mehr, gar nicht zu sprechen von Aufsichtsräten und sonstigen Gremien. Solche Verhältnisse entsprechen nicht einer gerechten Repräsentanz; hier läuten die Alarmglocken.
Es mag sein, dass in den Vereinigten Staaten ein Kandidat Präsident werden kann, der insgesamt mehr als 500000 Stimmen weniger erhalten hat als sein Kontrahent – wenn die Stimmen überhaupt gezählt worden sind –, aber hier in Bayern müssen wir dafür sorgen,
dass die Stimmen der Wählerinnen und Wähler möglichst gleichwertige Auswirkungen auf die Repräsentanz der Parteien und Wählergruppen in den kommunalen Gremien, den Ausschüssen sowie den Aufsichts- und Verwaltungsräten etc. haben.
Wir wollen weiter, dass die Gelder für gemeinnützige Zwecke nicht mehr von den Sparkassenvorständen über das Land verteilt werden, sondern dass sie über die kommunalen Haushalte laufen. Das bringt mehr Transparenz. Wir halten es für nötig, dass die kommunalen Wirtschaftsunternehmen besser kontrolliert werden und dass auch für sie die Rechnungsprüfung eingeführt wird. Hier bewegt sich etwas. Inzwischen gibt es einen Gesetzentwurf der Staatsregierung, der gerade den kommunalen Spitzenverbänden zur Prüfung vorliegt.
Um möglichst viele Menschen einzubeziehen und zu einer konstruktiven Mitwirkung zu motivieren, wollen wir Jugendlichen und Nicht-EU-Bürgerinnen und -bürgern ein Mitspracherecht in der Bürgerversammlung einräumen, wie es allen anderen Gemeindebewohnern ebenfalls eingeräumt ist. Wir wollen Aufgaben so weit wie möglich von oben nach unten verlagern und der Stadt München mehr Flexibilität bei der Übertragung von Aufgaben auf die Bezirksausschüsse geben.
Alle diese Maßnahmen stärken die Demokratie vor Ort, beleben die Diskussionsprozesse, öffnen die Kommunalpolitik dem öffentlichen Interesse, beziehen die Minderheitsfraktionen in die Entscheidungsprozesse ein und ermöglichen eine wirksame Kontrolle. Sie beinhalten einige Gesetzesanpassungen, die – das sei am Rande erwähnt – das Leben aller Jurastudentinnen und -studenten einfacher machen würden. Das hätten Sie wenigstens mittragen können.
Aber wie reagieren Sie, meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, auf diese Vorschläge? – Sie sind reformresistent, unwillig und bockig und handeln nach den überkommenen Verwaltungsgrundsätzen: Das war schon immer so; das haben wir noch nie so gemacht; da könnte ja jeder kommen.
Nicht einmal zu den redaktionellen Angleichungen der drei Kommunalverfassungen waren Sie bereit. Bewegung ist einzig bezüglich der Rechnungsprüfung bei den kommunalen Wirtschaftsunternehmen festzustellen. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, hier im Landtag haben Sie zwar die Mehrheit, aber das ist nicht in jeder Kommune so.
Sie können dort, wo Sie in der Minderheit sind, leicht in die Situation kommen, dass die anderen sagen: Mir san die mehrer‚n, mir san die schwerer‚n. Das scheinen Sie nicht bedacht zu haben. Schließlich sind im März nächsten Jahres Kommunalwahlen. Dabei kann sich einiges ändern. Wenn Sie sich die Statistik ansehen, merken Sie, die Freien Wähler haben immer mehr kommunale Mandate und Bürgermeisterposten.
Wenn ich mit CSU-Kommunalpolitikern rede, bekomme ich schon einmal hinter vorgehaltener Hand Zustimmung zu unseren Vorschlägen. Das haben Sie auch nicht bedacht. In vielen Kommunen werden die von uns geforderten Mindeststandards sowieso schon eingehalten. Aber es gibt leider auch viele Kommunen, in denen diese Mindeststandards nicht eingehalten werden. Dass die kommunalen Spitzenverbände unseren Vorschlägen nicht positiv gegenüber stehen, ist nicht verwunderlich und damit zu erklären, dass sie sich als Interessenvertreter der Bürgermeister und Landräte verstehen und nicht als Interessenvertreter der einzelnen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, die dort ihre Arbeit tun.
Mehr Demokratie scheint für die kommunalen Spitzenverbände manchmal lästig zu sein. Das heißt aber nicht, dass neue demokratische Elemente nicht notwendig wären. Wie haben sich beispielsweise die kommunalen Spitzenverbände gegen die Einführung des kommunalen Bürgerentscheids gewehrt. Inzwischen bestreitet kaum noch jemand die positive Wirkung.
Nicht nachvollziehen kann ich die Haltung der SPD zu einigen von unseren Vorschlägen. Die SPD stimmt nur der Öffnung der Bürgerversammlung und der Stärkung der städtischen Bezirksausschüsse zu.
Es hat sich anscheinend noch etwas getan. Ich kann das Abstimmungsverhalten noch einmal darstellen. Bei der Einführung des Öffentlichkeitsgrundsatzes für alle Ausschüsse – vorberatende und nichtvorberatende – haben Sie sich enthalten.
Dann lasse ich mich überraschen. Im Ausschuss wurde jedenfalls auch die Einführung des Hare-Niemeyer-Prinzips in allen Gremien abgelehnt. Ebenfalls abgelehnt wurde der Antrag, dass die Verwendung der Überschüsse der Sparkassen für gemeinnützige Zwecke über die kommunalen Haushalte läuft. Nur die übrigen zwei Vorschläge wurden angenommen. Wenn sich das geändert haben sollte, freut mich das sehr. Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, vielleicht überlegen Sie es sich auch noch einmal. Es wäre sicher ein Gewinn für unsere Demokratie.