Protokoll der Sitzung vom 15.02.2001

(Zurufe des Abgeordneten Hans-Joachim Werner (SPD))

Sie haben uns aufgefordert, das, was in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gemacht wird, zu wiederholen. Doch dies widerspricht eindeutig der Beschlussfassung der Innenministerkonferenz vom November des letzten Jahres.

Wie Sie den heute in Frankfurt gefassten Beschlüssen entnehmen können, verschließen auch wir uns keinen neuen Argumenten. Wenn es in einzelnen Bereichen der einheimischen Wirtschaft besondere Zuspitzungen geben sollte und frei werdende Arbeitsplätze nicht besetzt werden können, ist zunächst die Arbeitsverwaltung gefordert, die bekanntlich nicht der Bayerischen Staatsregierung unterstellt ist. Wichtig ist auch, für eine ausreichende Qualifizierung junger Menschen zu sorgen und ältere Arbeitnehmer soweit möglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Ich schließe nicht völlig aus, dass es aufgrund der konjunkturellen Entwicklung zunehmend Fälle geben wird, in denen gewichtige Gründe dafür sprechen können – solche Gründe sind heute bereits genannt worden –, jemand zumindest vorübergehend weiterhin in Deutschland arbeiten zu lassen, wenn sich für ihn trotz intensiver Bemühungen kein Ersatz findet. Bei 4 Millionen Arbeitslosen kann dies aber nur eine vorübergehende Notlösung sein. Dabei muss immer wieder das Für und Wider solcher Regelungen sehr sorgfältig abgewogen werden. Diese Entscheidungen dürfen wir uns nicht zu leicht machen. Auch hierbei rächt es sich, dass keine zuverlässigen Planungsdaten vorliegen. Ich frage die Bundesregierung, wann sie endlich ihre diesbezüglichen Hausaufgaben macht und ein tragfähiges Konzept für ein Zuwanderungssteuerungs- und begrenzungsgesetz vorlegt. Wir brauchen für die Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung ein überzeugendes Gesamtkonzept oder zumindest eine Verständigung auf eine ungefähre Richtung, die wir mit unserer Zuwanderungspolitik einschlagen wollen, und keine Flickschusterei wie bisher.

Mit der heutigen Beschlussfassung der Innenministerkonferenz ist der Antrag der SPD weitgehend erledigt. Der Antrag war zwar, ohne auf Details einzugehen, sehr pauschal gestellt. Allerdings ist der Antrag der GRÜ

NEN, der über das Ziel weit hinausschießt, nicht zustimmungsfähig. Ich möchte deshalb für die Staatsregierung um Ablehnung bitten.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Herrmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Herrn Staatssekretär Regensburger für seine aktuelle und präzise Berichterstattung über die heutige Innenministerkonferenz sehr dankbar. Ich will den Inhalt an dieser Stelle nicht weiter kommentieren. Es ist aber unübersehbar, dass die Innenministerkonferenz in Teilbereichen eine neue Situation geschaffen und dass sich der Antrag der SPD weitgehend erledigt hat; der Antrag der GRÜNEN geht darüber hinaus. Gleichwohl glaube ich, dass wir aufgrund dieser kurzfristigen Berichterstattung momentan etwas überfordert sind und niemand im Detail weiß, was heute in Frankfurt die Innenministerkonferenz beschlossen hat; dies ist nun abzuwägen. Es ist wohl sinnvoll, dass sich der zuständige Ausschuss in Ruhe mit dem Thema befasst, dass dann darüber schriftlich detailliert berichtet wird, was die Innenministerkonferenz beschlossen hat, und dass man sich dann über das weitere Vorgehen in Bayern unterhält. Ich beantrage deshalb, die beiden Anträge wieder an den zuständigen Ausschuss zu verweisen.

Dies können wir nach der nächsten Wortmeldung erledigen. Herr Kollege Dr. Hahnzog, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Regensburger, drei Punkte:

Erstens finde ich es unerhört, dass Sie einfach darüber hinweggehen, dass in der Zeit, in der Ihres Erachtens die alte Regelung zwingend galt, Hunderte von Familien inhuman behandelt worden sind. Sie sagen, in der Innenministerkonferenz sei die Aufforderung des Bundestags vom Juli des letzten Jahres aufgegriffen worden. Unser Antrag war vom November 2000. Zwischenzeitlich wurden im Petitionsausschuss viele Petitionen behandelt. Viele Bürger hatten nicht die Gelegenheit, eine Petition einzureichen. Darauf einzugehen, gehörte zur Ehrlichkeit.

Zweitens werden Sie nicht auf Dauer stets mit der alten Leier durchkommen: Es tut uns sehr leid, aber die Vorschriften sind so. Es sind genau die Vorschriften, die Sie selbst initiiert oder deren humanere Gestaltung Sie lange Zeit verhindert haben. Dies glaubt Ihnen bald niemand mehr, mit Ausnahme vielleicht Ihrer CSU-Kollegen im Landtag.

Drittens sind wir damit einverstanden, dass das Thema im Ausschuss behandelt wird. Das Thema ist für uns nicht erledigt, sondern war erfolgreich. Ich hoffe, dass es in Zukunft etwas sensibler gehandhabt wird und dass nicht erst über ein halbes Jahr nach Vorstößen im Bundestag und nach über vier Monaten in diesem Landtag

für die Menschen in diesem Land etwas Vernünftiges getan wird.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatssekretär Regensburger, bitte.

Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Kollege Werner, da Sie an der Zuverlässigkeit meiner Informationen zweifeln, darf ich sagen, dass ich aus der Pressemitteilung des nordrhein-westfälischen Innenministers Behrens, der bekanntlich Ihrer Partei angehört, zitiert habe. Dieses Zitat ist mit der telefonischen Durchsage von Staatsminister Dr. Beckstein identisch und daher zuverlässig.

Herr Kollege Dr. Hahnzog, ich weise Ihre Behauptung zurück, wir seien inhuman vorgegangen.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben die mit Zustimmung Ihrer SPD-Innenminister einstimmig gefassten Beschlüsse konsequent vollzogen, und das schließt humane Lösungen und Entscheidungen überhaupt nicht aus. Natürlich gibt es auch im Ausländerrecht immer wieder Weiterentwicklungen und eine Fortschreibung von Beschlüssen der Innenministerkonferenz, wie Sie heute sehen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD))

Aber solange kein neuer Beschluss gefasst ist, gilt bekanntlich der alte Beschluss. Dies gilt auch für die Entschließung des Bundestags.

Frau Köhler, ich wollte auch Sie und Herrn Dr. Hahnzog noch ansprechen, aber Herr Dr. Hahnzog ist im Moment durch das Landtagsamt gehindert, mir zuzuhören.

(Hofmann (CSU): Der Hahnzog ist gestört!)

Herr Kollege, wir bemühen uns gerade abzuklären, ob die Anträge überwiesen werden oder nicht. Daher sind solche Zwischenrufe, auch wenn sie ironisch gemeint sind, nicht geeignet.

Ich möchte noch eine Anmerkung zur Bundestagsentschließung bezüglich der Beachtung humanitärer Grundsätze machen. Eine Bundestagsentschließung – das wissen Sie alle – ist keine Rechtsetzung. Wenn der Bundestag wünscht, dass im Ausländerrecht nach anderen Grundsätzen als bisher verfahren wird, dann muss das in einem geordneten Verfahren durch Änderung von Gesetzen geschehen. Eine Bundestagsentschließung kann natürlich nicht geltende Gesetze außer Kraft setzen.

(Dr. Hahnzog (SPD): Aber man kann schneller darauf reagieren als im alten Jahr!)

Das bräuchte ich eigentlich Ihnen nicht zu sagen. Wir haben im Rahmen des Möglichen – das habe ich Ihnen vorher auch gesagt – zum Beispiel mit der Staffelung der Rückführung durchaus humanitäre Grundsätze beachtet. Wir brauchen uns nicht vorwerfen zu lassen, dass wir in unserer Ausländerpolitik inhuman seien, auch wenn Sie das immer wieder behaupten werden. Ich behaupte immer wieder das Gegenteil.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Nachdem die SPD-Fraktion mit einer Rückverweisung ihres Dringlichkeitsantrags, der schon im Ausschuss war, nicht einverstanden ist, müssen wir über diesen Antrag abstimmen. Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist damit einverstanden, dass ihr Dringlichkeitsantrag in die Ausschüsse überwiesen wird, da er ja noch nicht in ihnen behandelt wurde und er nicht nur dieses eine Thema betrifft.

Über die Verweisung des Dringlichkeitsantrags auf Drucksache 14/5756 besteht Einigkeit. – Kein Widerspruch. –

(Hofmann (CSU): Nein, ich bin dagegen!)

In Artikel 64 der Geschäftsordnung gibt es die klare Regelung, dass die antragstellende Fraktion Herr über ihren Antrag ist. Deswegen ist die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen völlig klar, was den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN anbelangt. Nach der Geschäftsordnung ist auch klar, dass über den Antrag der SPDFraktion abzustimmen ist. Das mache ich jetzt.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag 14/4796 der SPD-Fraktion abstimmen. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Dringlichkeitsantrags. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Meine Damen und Herren, es macht wenig Sinn, jetzt noch einen weiteren Tagesordnungspunkt aufzurufen.

Es wird darum gebeten, die Fächer noch zu leeren.

Ich gebe noch das Ergebnis der Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 14/5755 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 56, mit Nein 84, Enthaltungen keine. Der Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 13/5755 ist abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Ich schließe die Sitzung.