Der zentrale Grundsatz hier muss lauten: Leistung muss sich lohnen. Das müsste Ihnen eigentlich vertraut sein.
Landwirtschaftliche Betriebe, die Leistungen erbringen, wie sie von der Gesellschaft und den Verbrauchern und Verbraucherinnen gewünscht werden, müssen dafür honoriert werden. Das werden Sie doch noch schaffen!
Wer mehr Leistungen nach Kriterien wie Qualität, Tierund Umweltschutz erbringt, muss stärker honoriert werden. Das ist doch nicht so schwer verständlich. Das gilt für alle Betriebe, und zwar auch für die ökologische Landwirtschaft, die nun einmal am meisten leistet. Deshalb muss sie am stärksten honoriert werden.
Hier darf es keine Benachteiligungen mehr geben. Mit dem Motto „Wachsen oder weichen“ der alten Agrarpolitik, für die Sie hier stehen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, muss Schluss sein.
Qualität hat natürlich ihren Preis. Ein Möbelmarkt, der heute noch mit einem Schweinsbraten für 3,90 DM Reklame macht, betreibt Negativwerbung. Er stellt damit auch die Qualität seiner Möbel öffentlich in Frage.
Nur ein Ramschladen verramscht Lebensmittel. Wer mehr Qualität will, muss etwas dafür tun. Das bedeutet für die Verbraucher und Verbraucherinnen eine Neuorientierung. Die Agrarpolitik muss dafür sorgen, dass ihnen die Wahl erleichtert wird. Eine Dumpingproduktion auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit, die es auch in Bayern gab und gibt, muss ebenso der Vergangenheit angehören wie die Dumpingpreise in den Lebensmittelketten; das hat Herr Glück inzwischen offensichtlich auch erkannt. Die Qualitätsproduktion muss den Verbrauchern und Verbraucherinnen noch mehr entgegenkommen. Das heißt, dass die Ökoprodukte den Weg in die Supermärkte schaffen müssen und dass regionale Produkte erste Wahl sein müssen. Der regionalen und der Ökoproduktion muss die bayerische Agrarpolitik unter die Arme greifen und ihnen aus ihrer Nische heraushelfen, anstatt deren Nischenexistenz zu alimentieren.
Der Ausbau der Vermarktungsmöglichkeiten ist genauso wichtig wie der Ausbau der Qualitätsproduktion. In der Vermarktung und Produktion muss sich die bayerische Landwirtschaftsverwaltung schleunigst neu orientieren. Bei Lehre und Beratung und bei der Forschung an den Hochschulen müssen die Verbraucherinteressen endlich an oberster Stelle stehen. Dem bisherigen Kult der Wirtschaftlichkeit sind ethische und Qualitätskriterien entgegenzusetzen.
An diesen Überlegungen setzen wir mit unseren beiden Dringlichkeitsanträgen an, über die wir namentlich abstimmen lassen wollen. Dann kann jeder von Ihnen zeigen, wie ernst es ihm mit den Interessen der Verbraucher und Verbraucherinnen in Bayern ist. Wir fordern, auf den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft, in der Futtermittel- und Lebensmittelproduktion in Abspra
che mit Handel und Lebensmittelindustrie zu verzichten, und zwar so lange, bis gesicherte Erkenntnisse vorliegen, dass es keine Gesundheitsgefährdungen der Verbraucher gibt.
Das halten wir angesichts der Folgen des Einsatzes von Tiermehl und Antibiotika für eine äußerst vernünftige und zeitgemäße Forderung. Die grüne Gentechnik, die der Staatsregierung so sehr am Herzen liegt, wird von der übergroßen Mehrheit unserer Bevölkerung abgelehnt; auch das ist nachgewiesen. Alle Bemühungen, gentechnisch veränderte Organismen gegen den Widerstand der Bevölkerung durchzusetzen, tragen zu einer weiteren Verunsicherung der Verbraucher und Verbraucherinnen bei und schaden der bayerischen Landwirtschaft.
Wir fordern die Staatsregierung auf, allen voran Ministerpräsidenten Dr. Stoiber, nicht immer nur von artgerechter Tierhaltung und naturnaher Landbewirtschaftung zu reden, sondern endlich dafür Förderkriterien festzulegen. Deshalb verlangen wir erstens die Förderung von artgerechten Tierhaltungsformen, unter anderem mit Hilfe eines Investitionsprogramms, das allen Betrieben Stallum- und -neubauten nach den Anforderungen der EU-Ökotierverordnung ermöglicht. Wenn Sie nicht wissen, was unter artgerechter Tierhaltung zu verstehen ist, könnten Sie das dort nachlesen.
Zweitens fordern wir, naturnahe Landbewirtschaftungsformen zu fördern und sich unter anderem für eine Futterbau- bzw. Grünlandprämie einzusetzen und auf ein Auslaufen der unsäglichen Silomaisprämie zu dringen.
Drittens fordern wir, Wettbewerbsnachteile für ökologische Betriebe aufzuheben und stattdessen Anreize für eine Umstellung auf ökologische Bewirtschaftungsformen zu schaffen, unter anderem durch einen Ausbau des Förderabstands im Kulturlandschaftsprogramm. Als erstes könnte man die Ackerland- und Grünlandprämie bei der Bewirtschaftung des gesamten Betriebs nach Kriterien des ökologischen Anbaus auf 600 DM erhöhen. Herr Miller, seit der Förderabstand im Kulturlandschaftsprogramm gleich null ist, sind die Umstellungsraten zurückgegangen. Das müssen wir schleunigst ändern.
Sie brüsten sich ständig mit dem hohen Anteil der Ökobetriebe in Bayern. Zwar haben wir viele Ökobetriebe, aber das sind genau jene Betriebe, die von der bayerischen Politik und von den Landwirtschaftsämtern über Jahrzehnte hinweg behindert wurden, denen man Knüppel zwischen die Beine geworfen hat, die sich mühsam gegen Widerstand am Markt behauptet haben.
Unsere Vorschläge, die wir in Dringlichkeitsanträgen zur Abstimmung stellen, sind Mindestvoraussetzungen – Mindestvoraussetzungen dafür, dass auch in Bayern eine neue Landwirtschaft flächendeckend möglich wird. Nur so werden wir auch das dritte Ziel der neuen Landwirtschaftspolitik erreichen, nämlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Existenz der bayerischen Betriebe langfristig sichern. Die bayerischen Betriebe haben allerbeste Voraussetzungen, um von der neuen Landwirtschaft, wie wir GRÜNE sie im Bund in Bayern fordern, zu profitieren. Sie sind mit der Betriebsstruktur, der Art der Produktionsweise, dem hohen Anteil an Futterbaubetrieben und an kleinen und mittleren Betrieben mit der flächengebundenen Tierhaltung, dem Weidegang in Grünlandgebieten auf den besten Wege. Wenn die Modulation eingeführt wird, das heißt wenn es bei der Förderung Obergrenzen gibt, wie wir das seit Jahren fordern, dann ist das besser als alle bisherigen bayerischen Agrarprogramme.
Gerade die bayerischen Betriebe werden wesentlich mehr davon haben als von dem, was Sie in diesem Hause bisher gemacht haben. Ein Fünftel der Fördermittel soll nämlich künftig nicht mehr flächenbezogen, sondern qualitätsorientiert vergeben werden. Jetzt ist es so, dass sich 80% der Betriebe mit 20% der Fördermittel begnügen müssen. Darunter befinden sich die meisten bayerischen Betriebe. Daran wird sich etwas ändern, das heißt bei diesen Betrieben wird sich der Förderanteil verdoppeln. Knapp die Hälfte unserer Haupterwerbsbetriebe bewirtschaftet weniger als 30 Hektar. Bei diesen ist der Anteil der Beihilfen am Gewinn nicht einmal halb so hoch wie bei den gut 10% der bayerischen Bauern, die mehr als 60 Hektar bewirtschaften. Das heißt, dass auch in Bayern die kleinen und mittleren Betriebe systematisch benachteiligt werden und seit Jahrzehnten benachteiligt wurden.
Der Strukturwandel ist nicht gottgegeben, sondern Sie haben ihn über Jahrzehnte hinweg beschleunigt. Sie stellen sich immer als die Verteidiger der bäuerlichen Landwirtschaft dar. Diese Betriebe haben jetzt die Chance, ihren Anteil an Fördermitteln zu verdoppeln, wenn sie das Richtige tun. Sie bekommen die Chance, ihre Existenz langfristig zu sichern, indem sie die Verbraucherwünsche erfüllen. Wer auf Qualität, auf Tierund Umweltschutz Wert legt, wird künftig belohnt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fordere Sie auf: Tragen Sie mit dazu bei, den Verbraucherinnen und Verbrauchern das Vertrauen in die Landwirtschaft wieder zu geben und den Bäuerinnen und Bauern einen Weg aus der jetzigen Krise zu zeigen. Stimmen Sie unseren Anträgen zu.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Normalerweise sagt man, Änderungen sind nur möglich, wenn man die Tatsache, sozusagen also den Ist-Zustand ohne Schnörkel feststellt, wenn man dann das Ziel definiert und den Weg zu diesem Ziel eindeutig ausarbeitet und versucht, ihn Schritt für Schritt zu gehen. Davon sind wir in Bayern weit entfernt. Hier werden populistische Maßnahmen verkündet; die Umsetzung lässt warten. Wenn man an die Umsetzung geht, dann wird es schwierig.
Herr Minister Miller, Sie haben WTO, GATT und den Bund angesprochen. Ich frage Sie: Wer hat denn bei den WTO- und GATT-Verhandlungen die Weichen gestellt? Ich kann mich erinnern: Bis vor zwei Jahren waren Sie mit in der Regierungsverantwortung. Sie waren es doch, die diese Weichen gestellt haben. Sie haben bei den letzten WTO-Verhandlungen die Bauern schlichtweg für die Industrie geopfert. Dieses jetzt uns in die Schuhe zu schieben, halte ich für eine Unverfrorenheit.
Dasselbe gilt für die BSE-Problematik. Sie ist nicht erst 1998 vom Himmel gefallen, sondern schon vorher bekannt gewesen; sie ist vorher entstanden, nicht, wie Sie weismachen wollen, erst durch die rot-grüne Regierung in Berlin. Man kann uns für vieles verantwortlich machen, aber nicht für die Versäumnisse, die hauptsächlich in Ihrer Regierungsvergangenheit sowohl in Bonn als speziell auch in München geschehen sind. Ich brauche auf die Einzelheiten nicht einzugehen; Sie kennen diese besser als ich.
Ich kann Sie Ihnen schon sagen, Herr Müller. Sie wissen ganz genau, dass es Protokolle gibt, in denen steht, wer die Versäumnisse wirklich begangen hat und wer auch in der EU verhindert hat, dass Maßnahmen wie Risikomaterialentfernung, Tiermehlverbot usw. greifen.
Auch die Art der Landwirtschaft, die Rahmenbedingungen, die Richtung, die wir heute haben, haben nicht wir, sondern Sie gestaltet. Sie haben die politischen Vorgaben gemacht. Sie haben die Bauern in eine falsche Richtung gelockt. Darüber jetzt zu jammern, ist, glaube ich, verfehlt. Sie müssen jetzt mit uns gemeinsam daran arbeiten, die Rahmenbedingungen entsprechend den heutigen Erfordernissen tatsächlich zu ändern. Dazu, muss ich Ihnen sagen, brauchen Sie gar kein so großartiges Programm zu machen – Sie können unsere alten Anträge herausziehen und sie, wie Sie es auch schon in der Vergangenheit, zum Beispiel im Fall der EU-Lebensmittelbehörde gemacht haben, uns dann vorlegen. Wir stimmen ihnen sicher zu.
Mit der Agenda 2000 sind die Möglichkeiten zum Umdenken und Umlenken gegeben worden. Wenn Sie jetzt darüber jammern, dass die Modulation bei uns nicht so stark in Anspruch genommen worden ist, wie Sie es sich gerne wünschen, dann müssen Sie bitte auch dazu sagen, wer denn dafür gesorgt hat, dass die Modulation in Deutschland nicht so wahrgenommen wird wie in
Frankreich und in anderen Ländern. Daran waren doch Sie und auch der Bauernverband maßgeblich beteiligt. Die Rahmenbedingungen haben übrigens Ihre Parteifreunde, auch Herr Bocklet, gestaltet. Wenn Sie heute sagen, dass Frau Künast bei der EU nicht viel erreicht, frage ich: Was hat denn Bocklet erreicht? Er hat hier groß getönt, aber in Brüssel ist er, wie man so schön sagt, als Bettvorleger gelandet.
Herr Müller, wahrscheinlich haben Sie eine fürchterliche Wut, dass Frau Künast in drei Monaten mehr gelungen ist als Ihren Ministern in 16 Jahren. Herrn Miller ist in drei Jahren Amtszeit weniger gelungen. Zumindest hat Frau Künast etwas mehr Vertrauen gewonnen als Sie.
(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard (CSU) – Gegenruf des Abg. Maget (SPD): Vergleichen Sie einmal das öffentliche Ansehen!)
Ich glaube, das Umdenken ist wohl größer geworden. Ich sage Ihnen: Was Frau Künast in drei Monaten an gedanklichen Änderungen in Deutschland erreicht hat, hat Herr Miller in drei Jahren Amtszeit nicht geschafft.
Herr Miller, Sie wissen doch ganz genau, dass Lebensmittelpreise ein Problem darstellen. Warum greifen Verbraucherinnen und Verbraucher nur nach dem Billigsten? Vielleicht sollten wir uns gemeinsam darüber unterhalten, wie man Kalkulationen für Lebensmittel durchsichtig macht. Früher war es so – ich glaube, viele von Ihnen haben das auch erlebt –, dass den Leuten gesagt wurde: Nur was teuer ist, ist gut. Auf Jahrmärkten haben mir Händler erzählt: Wenn ich eine Tomate, einen Apfel oder sonst etwas nicht losgebracht habe, habe ich einfach eine Mark draufgeschlagen, und dann habe ich das verkaufen können. Diese Verdummung der Verbraucherinnen und Verbraucher schlägt jetzt auf uns zurück. Wir müssen jetzt unten anfangen, wieder Vertrauen aufzubauen. Dies ist speziell in Bayern notwendig.
In Bayern haben wir Verbraucherschutz sehr klein geschrieben. Wir haben mit den Mitteln, die wir dem Verbraucherschutz zur Verfügung stellen, eine Eiszeit für den Verbraucherschutz eingeläutet. Wir haben die Ernährungsberatung zurückgeschraubt. Hier müssen wir ansetzen, hier müssen wir wieder weiterkommen.
Im Übrigen muss ich Ihnen eines sagen: Wenn Herr Glück jetzt sagt, dass wir größere Betriebe brauchen und die Gentechnik nicht verteufeln dürfen, sehe ich darin keinen Weg in die neue Politik. Wir bieten Ihnen an, den neuen Weg tatsächlich gemeinsam zu beschreiten. Wir wollen, dass sich Forschung, Ausbildung und Beratung künftig nicht mehr an Höchstleistungen und Höchsterträgen orientieren.
Wichtiger ist für uns die Verbrauchersicherheit bei Lebensmitteln und die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft. Dies müssen wir auch honorieren. Wir haben immer die Auffassung vertreten, dass der Erhalt der Lebensgrundlage – also gesunde Umwelt und soziale Leistungen – entsprechend honoriert werden muss. Dann hat unsere
Landwirtschaft eine Chance. Herr Minister Miller, ich hoffe, dass Sie tatsächlich der Auffassung sind, dass hierzu alle Kräfte unserer Gesellschaft konstruktiv zusammenarbeiten müssen. Momentan ist der Minister leider nicht da. Deshalb fordere ich die CSU und den Landwirtschaftsminister auf, unsere Vorstellungen und Vorschläge tatsächlich konstruktiv einzubeziehen. Wenn der Minister dies in der Vergangenheit schon getan hätte, wären wir heute weiter. Wir verweigern uns dieser Zusammenarbeit nicht. Ich hoffe, dass sich auch die CSU nicht verweigern wird.