Protokoll der Sitzung vom 14.03.2001

Frau Staatsministerin, bitte.

Vom Grundsatz her habe ich es schon gesagt: Der Bundeskanzler hat einen Vorschlag vorgelegt, wonach Aufwandsentschädigungen bis zu einem Betrag von lediglich 300 DM steuerfrei zu stellen sind. Das ist im Grunde das Übungsleitermodell. 3600 DM sind bei den Übungsleitern steuerfrei. Nichts anderes steht dahinter. Ich halte diesen Vorschlag für völlig unzureichend; das möchte ich klar sagen.

Feuerwehrleute können im Rahmen ihrer Tätigkeit den Freibetrag von 3600 DM wahrnehmen. Zu beachten ist allerdings, dass der Betrag nicht durch anderweitige Tätigkeiten ausgeschöpft sein darf. Ich bin selbst Vorsitzende einer Leichtathletikgemeinschaft. Unter den Übungsleitern gibt es auch Feuerwehrleute, die den Freibetrag nur einmal ausschöpfen können. Letztlich wird man mit dem Übungsleitermodell den Gegebenheiten vor Ort überhaupt nicht gerecht.

Zweite Zusatzfrage: Frau Kollegin Lück.

Frau Staatsministerin, können Sie uns sagen, ab wann es einen steuerfreien Betrag von 300 DM für ehrenamtlich Tätige gibt und seit wann die Regelung nicht nur für Übungsleiter im Sport, sondern auch für anderweitig ehrenamtlich Tätige gilt? In welchem Umfang gibt die Bayerische Staatsregierung ehrenamtlich Tätigen für ihre Tätigkeit frei?

Frau Staatsministerin, bitte.

Ab wann die Regelung auf anderweitig ehrenamtlich Tätige ausgedehnt wird, habe ich schon gesagt. Mittlerweile ist das Bundesfinanzministerium mit der Prüfung beauftragt. Ergebnis und Zeitrahmen kennen wir nicht.

Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Lück.

Ist Ihnen bekannt, dass die Regelung betreffend die 300 DM bereits seit 01.01.2000 im Bereich von Jugendarbeit und Pflege gilt?

Die Frage bezieht sich auf ein anderes Thema. In der Ausgangsfrage ging es um die Besteuerung der Zuschüsse. Wir sprechen nicht über die Leistungen selbst.

Es ist zugesagt worden, dass der Freibetrag von 300 DM – 3600 DM im Jahr – überprüft wird. Das Bundesfinanzministerium übernimmt diese Aufgabe. Ihre weiteren Fragen, die sich auf einen anderen Themenkomplex beziehen, kann das Sozialministerium schriftlich beantworten.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Stahl.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin, stimmen Sie mir zu, dass die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Feuerwehrkommandanten oder eines Übungsleiters – man kann die Frage auf den Sport ausdehnen – durch die Regelung der Bundesregierung als Beschäftigungsverhältnis eingestuft wird? Das ist ein Schlag gegen das Ehrenamt.

Frau Staatsministerin, bitte.

Ich kann Ihre Frage nur mit einem klaren Ja beantworten. Das Problem bei den 630-DM-Beschäftigten ist, dass die geringfügige Beschäftigung und die nichtgeringfügige Beschäftigung aufaddiert werden. Letztlich sind die ehrenamtlich Tätigen die Benachteiligten, denn sie stehen normalerweise in einem Arbeitsverhältnis und

nehmen ein Gehalt in Empfang. Das Problem ist, dass die Gelder zusammengerechnet werden.

Die Bayerische Staatsregierung hat im Bundesrat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Ehrenamt klar definiert, weil der Begriff in bestimmten Bereichen Schwierigkeiten bereitet, und der allen dargelegten Problemen Rechnung trägt. Ich finde es sehr bedauerlich, dass der Gesetzentwurf im Bundesrat abgelehnt wurde. Die Vorschläge, die bislang auf dem Tisch liegen, können das Problem, das wir bereinigt haben wollen, nicht lösen. Ich halte es für ein bedauerliches Signal, dass im „Internationalen Jahr des Ehrenamts“ die Versprechen des Bundeskanzlers, die er im letzten Jahr auf dem Feuerwehrtag in Augsburg gegeben hat, nicht eingelöst werden.

Die nächste Frage stellt Frau WernerMuggendorfer in Vertretung von Frau Dr. Baumann.

Frau Werner-Muggendorfer (SPD) : Ich frage die Staatsregierung, ob und auf welcher Rechtsgrundlage die Regierung von Oberbayern einen ablehnenden Bescheid, den sie zu erlassen beabsichtigt, an den Pro Familia Kreisverband Dachau, Fürstenfeldbruck, Landsberg und Starnberg für die Errichtung einer Schwangerenkonfliktberatungsstelle zugunsten einer Einrichtung der Diakonie, die einen solchen Antrag erst Monate nach Pro Familia gestellt hat und für deren Funktion bisher die Voraussetzungen in keiner Weise personell oder räumlich gegeben sind, verschleppen darf.

Frau Staatsministerin, bitte.

Frau Kollegin, die Entscheidung über die beiden vorliegenden Anträge von Pro Familia und des Diakonischen Werkes auf staatliche Anerkennung und öffentliche Förderung bedarf der Prüfung durch die zuständige Regierung von Oberbayern auf der Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes und des Bayerischen Schwangerenberatungsgesetzes.

Die Prüfung der öffentlichen Förderung von anerkannten Beratungsstellen – wir haben darüber heiß diskutiert – kann erst nach Festlegung eines bestimmten Einzugsbereichs erfolgen und betrifft einen komplexen Sachverhalt. Der Einzugsbereich für eine anerkannte Beratungsstelle in freier Trägerschaft wird im Einvernehmen mit den beteiligten Landkreisen und kreisfreien Gemeinden festgelegt. Die neue Beratungsstelle muss zur Sicherstellung eines ausreichenden Beratungsangebots nach Artikel 3 Absatz 1 des Schwangerenberatungsgesetzes benötigt werden. Zudem sind die personelle Besetzung und die Räumlichkeiten am jeweiligen Standort auf ihre Geeignetheit hin zu prüfen.

Ein entsprechender konkretisierter Antrag im Hinblick auf Beratungsräume an dem von der Regierung vorgesehenen Standort liegt nach unseren Informationen bislang von keinem der beiden Träger vor. Anhaltspunkte für eine schuldhafte Verschleppung der Entscheidung durch die Regierung von Oberbayern sind somit nicht ersichtlich. Der antragstellende Träger ist – wie auch aus

Presseartikeln hervorgeht – mit der Regierung von Oberbayern im ständigen Austausch. Die Ermessensentscheidung der Regierung wird unabhängig von eventuellen Beeinflussungsversuchen durch die Presse oder andere ergehen.

Zusatzfrage: Bitte, Frau Kollegin.

Gehe ich recht in der Annahme, dass beide Organisationen keinen förmlichen Antrag an die Regierung von Oberbayern gestellt haben?

Bitte, Frau Ministerin.

Wir müssen genau bleiben: Ein entsprechender exakter Antrag im Hinblick auf die Beratungsräume an dem von der Regierung von Oberbayern vorgesehenen Standort liegt nach unserem Informationsstand von keinem der beiden Träger vor.

Weitere Zusatzfrage: Frau WernerMuggendorfer.

Habe ich Sie richtig verstanden, dass es Anträge der beiden Organisationen auf Errichtung von Beratungsstellen gibt, wobei dies nicht auf die Räume bezogen ist, sondern auf die Beratungsstellen? Gibt es einen Antrag von Pro Familia und der Diakonie auf Errichtung einer Schwangerenkonfliktberatungsstelle in diesem Bereich?

Ich gehe davon aus, dass es diesen Antrag gibt, dieser aber noch nicht hinreichend konkretisiert ist.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Schopper.

Frau Schopper: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatsministerin, erarbeitet die Staatsregierung derzeit ein Landespsychiatriegesetz, in dem das Recht auf differenzierte stationäre, teilstationäre und ambulante Hilfen festgeschrieben wird, Patientenrechte und Selbsthilfe gestärkt werden und die Unterbringung neu geregelt wird, und wenn ja, wann wird ein Gesetzentwurf vorliegen, und wie wird das Gesetz finanziert?

Frau Ministerin.

Frau Kollegin Schopper, die Reform des Unterbringungsgesetzes war Gegenstand verschiedener Prüfungsaufträge des Bayerischen Landtags an die Staatsregierung. In der Sitzung des Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik am 06.07.2000 hat das Sozialministerium hierzu berichtet. Dabei wurde ange

kündigt, das Unterbringungsgesetz zu einem Psychiatriegesetz fortzuentwickeln.

Entsprechend dieser Ankündigung wurden die Arbeiten zu einem Gesetzentwurf für ein bayerisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten aufgenommen. Das Gesetz würde heißen: Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten. Ein erster Diskussionsentwurf ist von unserem Hause erarbeitet worden und wird zur Zeit im Sozialministerium abgestimmt. Es ist geplant, im Anschluss daran den Entwurf unter anderem mit den zu beteiligenden Ministerien, kommunalen Spitzenverbänden, Wohlfahrtsverbänden, Selbsthilfe- und Angehörigengruppierungen, was ich für sehr wichtig halte, zu diskutieren. Das Ergebnis dieser Diskussion soll dann in das Gesetzgebungsverfahren einmünden. In der mündlichen Anfrage wird zusätzlich umschrieben, Frau Kollegin Schopper, welche Inhalte das Gesetz nach Ihrer Ansicht haben sollte. Die Staatsregierung möchte dem Ergebnis der bereits geschilderten Diskussion um ein Landespsychiatriegesetz nicht vorgreifen. Ich möchte aber kurz die wichtigsten Punkte, die in dem Gesetz enthalten sein sollen, nennen.

Erstens. Ein Abschnitt über Hilfen für psychisch Kranke muss eingefügt werden.

Zweitens. Darin sollen die Ziele der Hilfen neu formuliert, die Art und Durchführung derselben und die Planung und Koordination gesetzlich verankert werden.

Drittens. Das Ziel ist eine stärkere Einbeziehung von Patienten, Angehörigen und Selbsthilfegruppen sowie die gesetzliche Verankerung der Patientenfürsprecher. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, dass diese bei der Anhörung auch gehört werden.

Darüber hinaus sollen einzelne Regelungen im Rahmen der Unterbringung sowie des Maßregelvollzugs geändert bzw. neu geregelt werden.

Die hausinternen Vorbereitungen des Gesetzentwurfs stehen, wie dargestellt, kurz vor dem Abschluss. Der weitere zeitliche Verlauf wird stark davon abhängen, wieviel Zeit die geplante gründliche Diskussion mit den betroffenen Verbänden in Anspruch nehmen wird. Die Staatsregierung beabsichtigt – das ist auch in meinem Interesse –, den Entwurf noch in diesem Jahr dem Landtag vorzulegen. Zu Fragen der Finanzierung kann ich im jetzigen Stadium noch nicht dezidiert Stellung nehmen. Das mögen Sie mir bitte nachsehen, Frau Kollegin Schopper.

Zusatzfrage: Bitte, Frau Kollegin.

Werden im Bereich der Finanzierung schon Gespräche mit den Bezirken, die wohl den schwierigsten Part haben werden, parallel zu der Erarbeitung geführt?

Frau Ministerin.

Das erste Gespräch habe ich schon mit den Bezirken über die Forensik geführt. Ich beabsichtige, auch hier mit den Bezirken über die Finanzierung Gespräche zu führen.

Die nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Schmidt. Bitte, Frau Kollegin Schmidt.

Frau Staatsministerin, ich frage die Bayerische Staatsregierung, ob sie folgender Aussage zustimmt:

Im Zuge der „Emanzipation der Frau“ und ihrer Selbstverwirklichung in der außerhäuslichen Arbeitswelt wurden für Kinder „Erziehungseinrichtungen“ – Krippen, Kindertagesstätten und ähnliche Einrichtungen, meist sogar ganztätig – geschaffen. Diese Entwicklung der „Kollektivierung der Kindererziehung“ entspricht, ohne dass man sich dessen bewusst ist, den Zielvorstellungen von Lenin, der mit solchen Masseninstitutionen die Frau „von Herd und Kindern befreien“ wollte, damit sie ein vollwertiges Mitglied in der sozialistischen Gesellschaft werde“.

Sie kennen das schon von gestern.

Frau Ministerin.