Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

sondern das ist ganz einfach das, was die Menschen zahlen müssen, nämlich an Miete, und was sie anschließend im Geldbeutel haben, und nicht das, was wir uns irgendwo auf Papier ausdenken. Ich meine, das müsste die Grundlage der Entscheidung sein.

Darum bitte ich Sie, unserem Vorschlag zuzustimmen und letztlich ein Stück nachzugeben. Sie vergeben Sie dabei gar nichts. Das ist hochnotpeinlich, wenn man Ihnen vorrechnen muss, dass Ihre Stadi-Wohnungen zu teuer sind, einfach deshalb, weil Sie auf staatlichen Grund bauen. Gegen eine Verzinsung ist nichts einzuwenden, aber ich habe Ihnen schon im Ausschuss gesagt und wiederhole es jetzt: Privat geführte Unternehmen bringen es in den Fällen, in denen auf eigenem Grund gebaut wird, fertig, für 10 bis 12 DM zu bauen. Sie verlangen erheblich mehr und wollen den Leuten, an die Sie diese teuren Wohnungen vermieten, auch noch Geld dafür abzwicken, dass sie diese teuren Wohnungen haben. Mir fällt dazu eigentlich nur ein Begriff ein, aber den darf ich hier nicht sagen, sonst gibt es wieder Ärger. Sie können sich aber sicher denken, was ich meine.

Wir glauben, dass wir den vielen Petitionen, die zu dieser Geschichte geschrieben wurden, und zwar nicht aus Jux und Tollerei, sondern aus Überzeugung und zum Teil wirklich aus der Not geboren – – Wenn Sie den Menschen jetzt auch noch diese 150 DM wegnehmen, dann halte ich das – jetzt sage ich es doch – für schäbig.

(Beifall bei der SPD)

Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Landeshauptstadt München, die einen Tarifvertrag für Ihre Tarifangestellten und ihre Arbeiterinnen und Arbeiter hat, indem eine Anpassungsklausel enthalten ist, das heißt, sie bekommen inzwischen nicht mehr 150 DM, sondern mehr, weil die Miete erhöht wurde. Die Oberbürgermeister, die Sozialdemokraten und im Übrigen auch Ihre Parteimitglieder in der CSU-Fraktion haben erkannt, dass es im Ballungsraum dringend notwendig ist, bei 150 DM nicht aufzuhören, sondern höher zu gehen.

Wenn Sie sich nur einmal den Mietspiegel ansehen würden – diese Mühe müssten man sich halt auch als Minister machen – oder wenn Sie sich am Wochenende einmal in der Zeitung ansehen würden, was an Mieten verlangt wird in der Umgebung von München, in Erding und in Freising und in Starnberg,

(Haedke (CSU): Ja, bauts halt endlich einmal, Herr Wörner! Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis!)

dann würden Sie wissen, was dort an Miete verlangt wird,

(Haedke (CSU): Sozialistisches Gefasel ist das!)

und dann würden Sie nicht sagen, man muss dort den Ballungsraumzuschlag wegnehmen.

Ich meine, dass Erding und Freising und Starnberg vor dem selben großen Mietproblem stehen wie München. Wenn man sagt, man müsse Wohnungen bauen, dann haben die Bürgermeister in Erding und in Starnberg gepennt. Die haben nämlich auch keine billigen Wohnungen. Dann kann man nicht nur sagen: München muss Wohnungen bauen. München baut Wohnungen – ausreichend.

(Dr. Bernhard (CSU): Ach geh! Total versagt haben Sie in München und in Berlin!)

Ich meine, mit dieser Ausrede können Sie uns nicht kommen. Wenn Sie wissen, dass Wohnungsbau einen Vorlauf von fünf bis sechs Jahren hat,

(Haedke (CSU): Sie haben halt versagt, Herr Wörner!)

dann sollten Sie nicht nach Berlin deuten, sondern nach Bonn, und sollten „Waigel“ sagen. Dann würde das viel besser zu Ihrem Geschrei passen als das, was Sie hier machen.

(Beifall bei der SPD)

Noch einmal, Herr Kollege Haedke: Sie haben wider besseren Wissens den Beschäftigten eine Reihe von Dingen versprochen, die Sie heute nicht halten wollen und nicht halten können.

(Haedke (CSU): Sie reden so einen Schmarrn!)

Ich meine, dafür sollten Sie sich bei den Beschäftigten, denen Sie das gesagt haben, entschuldigen. Das ist das Mindeste, was man erwarten kann.

(Beifall bei der SPD – Haedke (CSU): Ich habe etwas ganz anderes gesagt! Sie wissen gar nicht, was ich gesagt habe!)

Man muss sich nicht wundern, wenn draußen der Eindruck entsteht, dass sonntags geredet und montags dann anders gehandelt wird.

(Haedke (CSU): Das ist schlichtweg gelogen, was Sie jetzt sagen!)

Ich glaube, man muss solche Dinge ernster nehmen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass hier nur geschwätzt wird,

(Haedke (CSU): Wenn man eine Lüge dreimal erzählt, wird sie auch nicht wahrer!)

sondern dass wir versuchen, unser Handeln mit dem Reden in Übereinstimmung zu bringen.

(Leeb (CSU): Ihr Geschwätz ist dafür ein hervorragendes Beispiel!)

In Starnberg, Erding und Freising sind wir inzwischen bei Miethöhen von 30 DM pro Quadratmeter kalt angekommen. Das muss man immer wieder sagen, weil das offensichtlich nicht bekannt ist. Das mag für den, der ein gutes Einkommen hat, nicht problematisch sein, aber für die Leute mit den kleinen Einkommen, von denen wir reden, für die wir bisher die Ballungsraumzulage hatten und nun nicht mehr haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da hilft kein Rumeiern. Es gibt Orte, Städte, Räume, die nach Ihren Vorschlägen inzwischen aus der Ballungsraumzulage herausfallen. Die kriegen nichts mehr. Erding kriegt nichts mehr, Freising kriegt nichts mehr, Starnberg kriegt nichts mehr. Da können Sie nicht sagen: Es wird nur ein bisschen was korrigiert.

Die Münchner werden zum Teil abgeschmolzen. Bei ihrem Gesetz bleibt fast niemand ungeschoren. Beim Durchlesen der Vorlage des Personalreferenten der Landeshauptstadt München werden Sie den Nachweis entdecken, dass die Fälle, die Sie zu finden glauben, in ganz München gar nicht existieren. Allein dies beweist, dass Ihr Gesetz weit über das Ziel hinausschießt, unsozial ist und Arbeitnehmer im Ballungsraum Erding und Freising trifft; was Sie da machen, kann man nicht oft genug wiederholen.

Der Landrat von Erding bzw. von Freising schreibt uns, er wisse nicht mehr, wie er in Zukunft das Personal verantwortlich requirieren solle, wenn ihm das Instrument Ballungsraumzulage nicht erhalten bleibe. Der Landrat und der Bürgermeister weisen darauf hin, dass er bereits jetzt Personalgewinnungsprobleme habe. Dies können Sie in den Petitionen nachlesen. Aber Sie waren von Ihrem Gesetz bereits derart überzeugt, dass Sie die Petitionen nicht mehr sehr interessierten. Sie lesen dort auch, dass die politisch Verantwortlichen auf die Gefahren der Ausdünnung und darauf hinweisen, dass die

Dienstleistungen nicht mehr Gewähr leistet seien, die die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Staat zu Recht erwarten. Dieses Gesetz unter diesem Gesichtspunkt so zu beschließen, ist vom Parlament fahrlässig.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir von Kommunalpolitikern und von Verantwortlichen darauf hingewiesen werden, dass unter diesem Aspekt die Dienstleistung ihres Staates nicht mehr erbracht werden könne, können wir nicht so tun, als interessiere uns dies alles nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten darauf anders reagieren wie Sie und uns bei der Abstimmung entsprechend verhalten, um den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Beschäftigten die notwendigen Leistungen zu gewährleisten.

Ich weise den Vorwurf, der Sitz sei bestellt, deshalb auf das schärfste zurück, weil die Betroffenen selbst wissen, wo es sie am Geldbeutel trifft und worum es geht: Wir haben es nicht notwendig, sie zu bestellen. Ich glaube vielmehr, Sie verkennen die Not der Menschen, deren Geldbeutel es trifft. Sie setzen sich aufs hohe Ross und sagen: Denen nehmen wir etwas weg, das passt schon. Uns selbst trifft es nicht. Interessanterweise machen nicht die Münchner, sondern andere Abgeordnete Zwischenrufe, welche es gar nicht trifft und sich nobel zurückhalten können.

(Zuruf von der CSU: Ist das Niveau gesunken!)

Eigentlich müssten für ein Parlament 52 Petitionen ausreichen, um deutlich zu machen, dass an Ihrem Gesetz etwas nicht stimmen kann, sonst würden nicht so viele Bürger drei Mal hierher kommen und es sich antun, hören zu müssen, wie über sie geredet wird: Meines Erachtens ist das, was Sie von sich geben, schon interessant, und das sollen die Leute durchaus nach außen tragen.

(Haedke (CSU): Der erste wahre Satz aus Ihrem Mund! – Zurufe von der CSU)

Dies schadet nicht. Ich halte es für übel, dass Sie in Notsituationen eines räumlichen Umgriffs, der ohne Not verändert wird, mit dem Geldbeutel anderer spielen. Sie hätten dies auch anders regeln können, indem Sie sich nur darauf eingelassen hätten, die Entscheidung zumindest den Gemeinden und Kommunen zu überlassen. Sie könnten die Regelung heute noch ändern und es den Gemeinden und Kommunen freistellen, ob Sie es selbst entscheiden oder nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, es war für Sie eine schmerzhafte Stunde.

(Haedke (CSU): Aber nur deshalb, weil das Niveau so niedrig ist! – Weitere Zurufe von der CSU)

Zuerst müssen wir Ihren Minister herbeiholen, weil es ihn offensichtlich nicht interessierte. Anschließend spricht Ihr Redner, den ich verstehe, ohne Herzblut. Dann müssen Sie mit unqualifizierten Zwischenrufen versuchen, etwas Störung hinein zu bringen; denn Leben hinein zu bringen, beherrschen Sie sowieso nicht. Dazu sind Sie

zu blutleer. Sie haben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern keinen Gefallen getan. Ich hoffe, dass sie es nicht vergessen und Ihnen dafür rechtzeitig die Quittung verpassen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Meine Damen und Herren, ich möchte bekannt geben, dass die namentliche Abstimmung heute nicht mehr stattfinden kann. Wir werden aber die Diskussion zu Ende führen. Morgen früh um 9 Uhr beginnen wir die Sitzung mit der namentlichen Abstimmung zu diesem Antrag. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sprinkart.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Keine Sorge, ich werde die Rede meines Vorgängers weder in Bezug auf die Länge noch in Bezug auf die Dramaturgie steigern, sondern mich kurz halten. Wir sind uns wohl darin einig, dass im Bereich des öffentlichen Dienstes kaum ein Gesetzentwurf bei den Betroffenen so heftige Reaktionen hervorgerufen hat, wie der vorliegende Entwurf. Ich zitiere immer gern den Stellvertretenden Vorsitzenden des Bayerischen Beamtenbundes, Willi Wolf, der gesagt hat, es sei der schlechteste Gesetzentwurf, den das Ministerium je vorgelegt habe. Diese Aussage wird man kaum ergänzen müssen. Ich kann es nachvollziehen, es mag schön sein, dass man, wenn es um das Geldverteilen geht, Mitglied der Regierungspartei ist.

Herr Kollege Unterländer war heute nicht zu beneiden und man hat ihm sein Unwohlsein angesehen, einen Gesetzentwurf vertreten zu müssen, von dem er selbst weiß, dass er im Grunde Blödsinn ist. Sie versuchen offensichtlich, die Schwächen des LEP als Gebietsabgrenzung für die Ballungsraumzulage damit zu verteidigen, dass der LEP nächstes Jahr fortgeschrieben wird und dann vielleicht die Gebiete Freising, Erding und Starnberg mit einbezogen werden. Aber die Fortschreibung des LEP bezüglich des Ballungsraums München wird nicht nach Mietpreisen festgelegt. Sie setzen auf das Prinzip Hoffnung. Doch es wird schwierig, den Betroffenen zu erklären, warum man zunächst abschmilzt, um unter Umständen nach zwei Jahren wieder aufzusatteln. Dass Sie etwas, das weder haltbar noch vertretbar ist, vertreten müssen, ist das Problem.

Dieser Gesetzentwurf wurde ausschließlich vom Spargedanken getragen. Er wird der Fürsorgepflicht des Freistaates gegenüber seinen Beamten im Ballungsraum München genauso wenig gerecht wie der Aufgabe der Personalgewinnung. Dies wird auch im zweiten Punkt, der Festlegung der Einkommensobergrenzen, sehr deutlich.

Die Umstellung von Besoldungsgruppen auf feste Höchstbeträge hätten wir durchaus mittragen können, jedoch nicht, wenn sie, wie in diesem Fall, mit einer eindeutigen Reduzierung des Personenkreises verbunden ist. Es gab entsprechende Vorschläge von den Kollegen der SPD, das so zu erhöhen, dass der Personenkreis einigermaßen gleich geblieben wäre. Aber diese Vorschläge wurden leider von der Mehrheitsfraktion nicht

mitgetragen. Aus diesem Grund werden wir dem Gesetzentwurf keinesfalls zustimmen können. Die Beschäftigten im Groß- bzw. Ballungsraum München werden nicht so schnell vergessen, was hier abgelaufen ist.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Franzke.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich habe ich erwartet, dass der Herr Finanzminister doch ein paar Bemerkungen machen würde. Ich hätte das schon für wichtig gehalten. Meine Damen und Herren, ich will Folgendes feststellen: Herr Unterländer hat gesagt – ich darf ihn sinngemäß zitieren –, alle waren bemüht, einen Weg zu suchen und eine vernünftige Regelung zu finden. Das spreche ich ab. Das stimmt nicht. Der Finanzminister hat Ihnen im Grunde genommen ein Diktat aufgedrückt und Sie haben es akzeptiert. So war im Endeffekt die Situation.

(Zustimmung von der SPD)