Nach geltendem Recht schaut es folgendermaßen aus: Selbst wenn es sich, wie in dem Gesetzentwurf gefordert, künftig immer um eine genehmigungspflichtige Anlage handeln würde, bestünde ein Anspruch auf Baugenehmigung, und zwar dann, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: erstens wenn es keine Widersprüche zu sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gibt, zweitens wenn eine Einhaltung der Grenzwerte nach der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung gegeben ist. Beides trifft praktisch immer zu. Somit würde also die untere Baugenehmigungsbehörde rechtswidrig handeln, wenn sie die Genehmigung versagt.
Ich denke, die Mitglieder der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN wissen das auch. Nicht zuletzt deshalb hat wohl Dr. Martin Runge den Schwerpunkt seiner Argumentation auf einen anderen Punkt gelegt, der eigentlich in dem Gesetzentwurf selbst gar nicht zum Ausdruck kommt.
Er sprach davon, dass es darum gehe, mehr Transparenz zu schaffen und die Bürgermeister vorab zu informieren. Alles andere sei hineingedichtet worden. Hineingedichtet habe zumindest ich nichts. Alle von mir eben aufgeführten Punkte stehen tatsächlich so im Gesetzentwurf. Über eine Vorabinformation finden Sie in diesem Gesetzentwurf dagegen kein Wort.
Bei einer so klaren Rechtslage kann die Empfehlung an die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nur lauten: Zieht doch bitte diesen Gesetzentwurf zurück und formuliert ihn um, dann macht das Ganze unter Umständen Sinn. Ich unterstütze jede Initiative, nach der es künftig die Kommune in der Hand hätte zu sagen, diesen Standort wolle man nicht, wenn ihn ein Betreiber durchsetzen möchte. Doch leider wird dieses Ziel mit dem Gesetzentwurf nicht erreicht.
Ich freue mich, dass von Seiten der CSU-Fraktion heute deutlich kritischere Töne in Richtung Mobilfunk zu hören sind, als in den Vereinbarungen des Umweltpaktes zunächst zum Ausdruck kamen. Ich teile jedoch nicht die Auffassungen von Herrn Rotter, dass aufgrund der verstärkten Ausnutzung technischer Gegebenheiten ohnehin mit einer Strahlenminimierung zu rechnen sei. Denken Sie bitte daran, wie viele neue Anlagen – teilweise an bereits bestehenden Masten – installiert werden müssen und dass darüber hinaus eine ganze Reihe von weiteren Standorten ausgesucht werden muss.
Ich halte ferner den Ansatz der SPD-Fraktion, in dem es überwiegend darum geht, die Kommunen rechtzeitiger über die Pläne der Mobilfunkbetreiber zu informieren, nicht für zielführend. Was wollen Sie denn machen, wenn Sie die Planungen des Betreibers kennen, aber der Vertrag mit dem künftigen Vermieter bereits unter Dach und Fach ist? Nach geltender Rechtslage: nichts. Somit bleibt nur übrig, auf Bundesebene die Gesetze so zu verändern, dass künftig nicht nur die Mitsprache, sondern auch die Verhinderung derartiger Anlagen an bestimmten Standorten möglich wird.
Ich selbst aber spreche mich für einen Ausbaustopp aus, weil ich mir absolut sicher bin, dass bei einem weiteren Ausbau der Netze damit zu rechnen ist, dass verstärkt Gesundheitsprobleme zutage treten werden.
Herr Starzmann, das ist korrekt, ich bin zu hundert Prozent handyfrei, während dies in der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nur noch zu etwa 7% der Fall ist.
Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Wir behandeln heute in der Tat ein wichtiges Thema. Landauf und landab sind Bürger über die Entwicklung, der sie gegenüberstehen, besorgt.
Frau Schmidt-Sibeth, es ist in der Tat notwendig, hier auch über die parlamentarische Diskussion Transparenz und daher eine namentliche Abstimmung herbeizuführen sowie das Protokoll nach draußen zu bringen; denn draußen soll jeder nachvollziehen können, wie hier mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf die Mitwirkung und Information bei der Aufstellung von neuen Mobilfunkbasisstationen umgegangen wird. Sie, die diesen Gesetzentwurf heute ablehnen werden, werden den Bürgerinnen und Bürger erklären müssen, warum Sie das Instrument der Baugenehmigungspflicht nicht in die Hand nehmen wollen.
Herr Kaul, es gibt verschiedene Instrumente: die baurechtliche Ebene einerseits, die das Land und die Kommunen betrifft, und den Immissionsschutz andererseits, wofür der Bund zuständig ist. Heute diskutieren wir über das Instrument, das Land und Kommunen betrifft.
Warum wollen Sie dieses Instrument den Bürgerinnen und Bürgern, den Gemeinderäten und Bürgermeistern vorenthalten? Dies werden Sie erklären müssen. Das Baurech ist das eine, der Bundesimmissionsschutz das
andere Instrument. Wir fordern in unserem Gesetzentwurf, in dem wir die Genehmigungsfreiheit für Mobilfunkanlagen gemäß der Bayerischen Bauordnung abschaffen, eine Informationsmöglichkeit. Wir wollen den Nachbarn Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten geben und sie über mögliche Wertminderungen oder gesundheitliche Belastungen informieren, die sie durch die Errichtung der Basisstationen zu erwarten haben. Wir wollen den Kommunen Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Standortwahl geben. Sie wissen, dass Mitwirkungsmöglichkeiten über reine und allgemeine Wohngebiete sowie über die Bebauungsplanung bestehen. Die Bürger und Kommunen wollen, können und sollen bei der Standortauswahl mitwirken und darüber diskutieren. Dieses Instrument wollen wir für die Kommunen schaffen und öffnen. Sie haben die Pflicht zu sagen, warum Sie dies verweigern. Wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger, ihre Gemeinde- und Stadträte für unmündig erklären? Diese wissen sehr wohl, wie weit die Hebel des Baurechts gehen, und sollen sie nutzen können.
Viele Anlagen in den Kommunen sind nach dem Baurecht und nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu genehmigen. Sie sagen doch nicht, nur weil z. B. die Firma Pfleiderer die Auflagen auch nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz einhalten soll, werden wir uns mit den baurechtlichen Fragen nicht mehr beschäftigen. Erklären Sie dies doch den Bürgerinnen und Bürgern. Der Immissionsschutz ist der eine, das Baurecht der andere Hebel. Beides sind Gestaltungsmöglichkeiten mündiger Bürgerinnen und Bürger und Kommunalpolitiker.
Sie wollen dieses Instrument den anderen verweigern und schieben die Handlungen auf den Bund. Doch so einfach geht es nicht; denn beide Ebenen sind wahrzunehmen. Selbstverständlich sind die Grenzwerte an der Vorsorge auszurichten und deutlich zu senken. Beispielsweise sind in der Schweiz, in Italien und in Salzburg die Grenzwerte deutlich gesenkt worden, um die Belastung zu minimieren. Insofern appellieren wir an das Bundesumweltministerium, mit dem wir in Kontakt stehen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Knauer?
Frau Kollegin Paulig, wie beurteilen Sie die Chancen Ihrer soeben genannten Vorstöße? Denn es ist wichtig zu wissen, dass man, wenn Sie das Bundesimmissionsschutzgesetz ändern wollen, als zweiten Schritt auch das Baurecht ändern kann.
Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Dann ändern wir als ersten Schritt das Baurecht und signalisieren damit dem Bund, dass Regelungsbedarf besteht und in der Bevölkerung große Sorgen vorhanden sind. Damit signalisieren wir von Bayern aus, dass wir von der Genehmigungsfreiheit weggehen, bei der Standortaus
Es gibt die Landes- und die Bundesebene. Heute haben Sie über die Landesebene zu entscheiden. Gleichzeitig machen wir Druck auf die andere Ebene, die Bundesebene.
Herr Kaul, Sie gehen auch nicht übers Land und sagen einer Kommune mit einer geplanten Müllverbrennungsanlage oder bei einem anstehenden Zementwerk, das Zementwerk ist nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu regeln, daher brauchen wir kein Baurecht. Auch Sie nehmen in jeder Kommune für Anlagen, die nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu regeln sind, das Baurecht wahr. Dass Sie auch hier bei der Standortauswahl mitreden, ist selbstverständliches Recht des demokratischen Bürgers und der gewählten Kommunalvertreter. Ich verstehe Sie nicht.
Wir stimmen mit Ihnen insofern überein, als die Leistung von Mokbilfunk-Basisstationen deutlich gesenkt werden muss. Wenn Sie auf diesem Gebiet initiativ werden wollen, ist es wunderbar – wir sind es bereits.
Wir sind auch bei der Kennzeichnung der Handys initiativ geworden. Diese müssen eine Kennzeichnung der Leistung erhalten; denn in der Regel handelt es sich um hochleistungsstarke Geräte, die gesundheitliche Auswirkungen für den Benutzer haben und die Gehirnströme beeinflussen. Deshalb benötigen wir eine Kennzeichnung.
Was wir ebenfalls brauchen, ist ein neuer technischer Standard für diese Einrichtungen, sowohl für die Sendestationen der Mobilfunkanlagen, der Basisstationen, als auch für die Handys. Für Handyantennen gibt es neue Entwicklungen, die Dipol-Antennen. Die Hersteller bauen diese nur nicht ein, weil die Handys dadurch teurer würden und die Verkaufszahlen möglicherweise nach unten gingen. Es gibt aber neue technische Entwicklungen, mit denen das Risiko weiter abgesenkt werden kann. Auch da müssen wir aktiv werden, und da sind wir aktiv.
Neulich hatte ich eine Veranstaltung mit einem Hochfrequenztechniker, ein Unternehmer in Oberbayern mit 700 Beschäftigten. Er sagte, dass derzeit in den Basisstationen und in den Handys eine 20, 30 Jahre alte Technologie verwendet wird; der technische Standard wäre schon wesentlich weiter. Auch hier gibt es Handlungsbedarf; das sage ich ohne Weiteres.
Sie kommen immer wieder mit den 100 Milliarden DM UMTS-Erlösen. Aufgrund der Zinszahlungsreduktion sparen wir etwa 6 Milliarden DM pro Jahr ein. Genau diese 6 Milliarden DM werden ausgegeben zum Beispiel für Bildung und Forschung, für Klimaschutz, Gebäudesanierung, Ausbau der Bahn. Das entspricht doch genau dem Vorsorgesinn und den Anforderungen an die Ökologie.
Ein Letztes! Wir in Bayern haben mit insgesamt 800000 DM die Rinder-Studie finanziert – 400 000 DM stammten aus staatlichen Geldern. Diese Studie hat große Konstruktionsfehler. Es gab eine Mitwirkung von Mobilfunkunternehmen, was wir nicht wollten.
Herr Haedke, passen Sie auf; ich sehe, dass Sie das überhaupt nicht in der Hand gehabt und gelesen haben, obwohl Sie Mitglied im Umweltausschuss sind. Leider haben Sie an der Debatte auch nicht mitgewirkt.
Eben. Ich sage: Trotz der Konstruktionsfehler hat die Studie Aussagekraft; denn sie stellt fest, dass die Auswirkungen auf Rinderbestände sehr wohl signifikant sind. Beispielsweise sind immunologische Parameter unter dem Einfluss der elektromagnetischen Felder signifikant verändert. Genetische Faktoren sind signifikant verändert, Zellteilungsraten sind verändert, Verhaltensauffälligkeiten sind signifikant feststellbar.
Bitte schön, nehmen Sie die Unterlagen von Herrn Wenzel. Lesen Sie im Protokoll nach, was Herr Dr. Wenzel gesagt hat, Herr Kaul, dann werden Sie meine Aussagen bestätigt finden.
Die Rindviecher stehen nicht unter psychologischem Zwang, weil sie von einem Mobilfunkeinfluss nichts wissen. Direkte signifikante Einflüsse sind feststellbar. Herr Haedke, Herr Kaul, lesen Sie die Diskussion nach. Wir sind für gesundheitliche Vorsorge auf Bundesebene. Wir sind für baurechtliche Mitwirkung und Transparenz und Information auf Landes- und kommunaler Ebene. Wir Grüne nehmen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst.