Auf Ihre Aussage, Herr Minister Sinner, was Bundesministerin Künast vorschlage, sei Klasse ohne Masse, muss ich Ihnen antworten: Masse ohne Klasse hilft auch nicht weiter. Herr Kobler, Sie sind so stolz darauf, dass viel Geld ausgegeben wird. Ihnen kann ich nur die alte Finanzpolitikerwahrheit sagen: Viel Geld hilft nicht immer viel, vor allem dann nicht, wenn die Strukturen die alten bleiben.
Lassen Sie mich zum neuen Ministerium kommen. Herr Minister Sinner, ich bleibe dabei: Wären Sie nicht der neue Minister geworden, dann hätten Sie mit Sicherheit zu den ersten Kritikern dieses zusammengeschusterten Ministeriums gehört.
Allein, Kolleginnen und Kollegen, dass das Finanzministerium zwei Stellen wegen hauswirtschaftlicher Mehrarbeit für dieses Ministerium braucht, spricht doch Bände.
Selbstverständlich darf auch der Verbindungsreferent in der Staatskanzlei zu dem neuen Ministerium nicht fehlen. Damit, Herr Sinner, sind auch Sie an der Leine des Ministerpräsidenten Stoiber gelandet. Ihre eigenen Kollegen werden Ihnen sagen, dass die Leine manchmal sehr kurz sein kann. Manche sind fast schon davon stranguliert worden.
Eine weise Entscheidung ist, Herr Minister Sinner, dass für Ihr Hauruck-Ministerium kein neues Gebäude gebaut wurde. Ich gehe davon aus, dass dieses Ministerium im Geiste ohnehin einen KW-Vermerk, das heißt: Künftig wegfallend, trägt. In Ihrem Fall wäre es sogar angebracht gewesen, ein virtuelles Ministerium einzurichten. Dann hätten wir nachher nicht so viele Probleme mit der Wiederaufteilung dieses Übergangsgebäudes. Es wurde ein heilloses Durcheinander geschaffen. Herr Kobler, ich kann mich gut daran erinnern, dass Sie einer der ersten Kritiker waren, die sich darüber aufgeregt haben, wie aus dem Gesundheitsbereich Abteilungen verlagert wurden.
Anrufer fühlen sich wie weiland Buchbinder Wanninger. Das Personal des Verbraucherministeriums sitzt nach wie vor in Einrichtungen des Landwirtschaftsministeriums. Im Gesundheitsbereich ist es nicht viel anders. Das sind weder für die Ministeriumsführung noch für die Mitarbeiter einfache Verhältnisse. Das ist ein Kuddelmuddel, der für Sand im Getriebe sorgt.
157 neue Stellen sind für das neue Ministerium ausgebracht. Dazu kann ich nur sagen: Die Bürokratie fordert ihre Opfer. Dem Verbraucherschutz wäre sicher besser gedient, wenn diese Stellen der Verbraucherberatung zur Verfügung gestellt würden.
Lassen Sie mich zu unseren Vorstellungen über die Verbraucherberatung kommen. Verbraucherberatung muss unabhängig sein, Kolleginnen und Kollegen. Das bedeutet, dass sie in nichtstaatlichen Organisationen stattfinden muss.
Herr Kobler, meine Redezeit reicht gar nicht aus, um aufzuzählen, wer sich bei Ihnen alles selbst ernennt. Ich erinnere nur daran, für welche Themen Sie schon Experte waren bzw. Experte sein werden. Herr Kollege Meyer kann ein Lied davon singen, wo Sie sich überall breit machen.
So bin ich. Ich helfe zumindest meinen Kollegen im Haushaltsausschuss, auch wenn Sie von der CSU sind.
Lassen Sie mich auf das Beispiel zurückkommen, warum es so wichtig ist, dass Verbraucherberatung in nichtstaatlichen Organisationen stattfindet. Vor 15 Jahren gab es den Gau von Tschernobyl. Der damalige Umweltminister Dick löffelte öffentlich Molke in sich hinein, um die Unbedenklichkeit bayerischer Milchprodukte zu demonstrieren. Ich sehe noch genau vor mir, wie er mit seiner Schüssel und einem Plastiklöffel dasaß und die Molke gelöffelt hat. Zum damaligen Zeitpunkt wusste jeder und jede bis auf Umweltminister Dick, dass Lebensmittel und insbesondere Milchprodukte hochgradig radioaktiv verseucht waren. Jetzt frage ich Sie, was eine Verbraucherberaterin in einem vergleichbaren Fall tun soll, die auf einer staatlichen Planstelle sitzt. Soll sie bei Nachfragen aus der Bevölkerung die Unwahrheit sagen, oder soll sie öffentlich bekennen, dass ihr Chef keine Ahnung hat? Das ist das Dilemma.
Deshalb plädieren wir Grüne dafür, dass in staatlichen Einrichtungen Rahmenbedingungen, zum Beispiel für die Produktion von Lebensmitteln, gesetzt werden und die Kontrolle gesetzlicher Vorgaben von staatlichen Behörden – und nur von diesen – durchgeführt wird. Die Beratung als solche, die durchaus manchmal regierungskritisch sein muss – ich greife nur den Punkt Gentechnik heraus –, ist in weisungsunabhängigen Institutionen wie zum Beispiel den Verbraucherzentralen sehr viel besser aufgehoben. Deshalb brauchen wir gerade im Flächenstaat Bayern auch ein flächendeckendes Angebot. Die Konzeption von Nordrhein-Westfalen ist durchaus beispielgebend.
Herr Minister Sinner, Sie geben an, Sie wollten den Verbraucherschutz in den Landratsämtern bündeln, also Veterinäre, Ärzte und Ernährungsberater zusammenfassen. Ganz abgesehen davon, dass dabei Loyalitätskonflikte, die ich soeben geschildert habe, auftreten können, gibt es auch noch einen Beratungsbereich außerhalb der Ernährung, so wichtig unser tägliches Essen und unser tägliches Brot auch sein mögen. Deshalb, Herr Staatsminister Sinner, sehen wir mit Interesse Ihrem Bürgergutachten entgegen und hoffen sehr, dass sich noch einiges in Richtung auf eine staatlich unabhängige Beratung bewegen lässt.
Nun komme ich zum Stichwort Transparenz, die für Haushälter und Finanzpolitiker besonders wichtig ist. Der vorliegende Haushalt ist ein Machwerk, das jeden anständigen Haushälter auf die Palme bringen muss. Von Transparenz keine Spur. Es wird alles mit allem vermischt, sogar Stellen, die gleiche Aufgaben haben, werden aus unterschiedlichen Haushaltstiteln bezuschusst, und das mit unterschiedlichen Fördergrundsätzen.
Leute, es kann doch nicht angehen, dass für ein und dieselbe Aufgabe Stellen aus drei unterschiedlichen Haushaltstiteln gefördert werden. Hier muss Klarheit und vor allem Transparenz geschaffen werden. Viele dieser Titel
können in der Tat alles abdecken, und man muss investigatorisches Talent an den Tag legen, um überhaupt herauszufinden, wer aus welchem Topf Geld bekommt.
Wir GRÜNEN fordern, weil wir wollen, dass der Ökolandbau – die CSU spricht von mindestens 10% – in Zukunft 20% als Zielmarke einnehmen soll, einen Titel, in dem alle Maßnahmen zur Förderung des Ökolandbaus zusammengefasst werden. Es muss auch klar sein, dass aus diesem Titel nicht noch alles mögliche Sonstige gefördert wird.
Jetzt sage ich Ihnen, Herr Kobler, was die CSU zu diesem Nachtragshaushalt beigetragen hat. Von der Fraktion kam zunächst kein Antrag, und dann gab es zwei Tischvorlagen. Bei Tischvorlagen bin ich immer besonders vorsichtig, denn man weiß, dabei wird man ganz schnell übers Ohr gehauen, Herr Herrmann. Sie nicken auch schon ganz begeistert.
Jetzt kam eine Tischvorlage, auf der steht: „Förderung vielfältiger Landnutzung“. Ich habe mich gefragt: Was wird jetzt das sein? Vielfältige Landnutzung – das ist alles und nichts, und das unter dem Titel „Ökologischer Landbau“. Dann kam eine dünne Erklärung von Seiten der CSU, dieses Geld sei für die Verbesserung des Wildlebensraums außerhalb des Waldes gedacht. Jetzt frage ich Sie: Was hat das mit Förderung des Ökolandbaus zu tun? Nichts. Es wird wohl so gewesen sein, dass irgendeiner der Herren oder auch Damen, denen man etwas Geld, einen Zuschuss versprochen hat, gemeint hat: Das drücken wir doch noch den Ökologen rein.
Das mag alles sein, Herr Vorsitzender. Auch für Sie gilt: Sie haben nicht angegeben, wie viel Geld aus dem Titel für diese komische „vielfältige Landnutzung“ hergenommen werden soll. Es war eine hauchdünne Vorlage, man hätte sie nicht behandeln dürfen.
Kolleginnen und Kollegen, es muss deutlich sichtbar sein, wie viel Ihnen der ökologische Landbau in Mark und Pfennig wert ist. Es kann einfach nicht angehen, dass die Mittel für den Ökolandbau aus anderen Titeln zusammengebettelt werden müssen und dass Titel, die nach außen hin der Förderung des Ökolandbaus dienen, für alles Mögliche herhalten müssen, genau für das, für das Sie gerade meinen Geld zu brauchen. Es ist außerdem überfällig, dass alle Einrichtungen, die über das Landwirtschaftsfördergesetz bezuschusst werden, im Haushalt aufgeführt werden.
Der Tiergesundheitsdienst zum Beispiel taucht erst jetzt, nachdem er traurige Berühmtheit erlangt hat, überhaupt einmal in einem Haushalt auf. Sein Zuschuss beträgt immerhin 6,68 Millionen DM plus noch einmal 883000 DM für das Programm „Offene Stalltür“.
Die Diskussionen um den TGD haben gezeigt, welche Kontrolldefizite im Landwirtschaftsbereich bestehen. Es kann doch nicht sein, dass sich der zu Kontrollierende selbst kontrolliert. Auch – das sage ich hier ganz deutlich – ist eine größere Distanz der Ministerien zu den Zuschussempfängern nötig.
Wenn ich auf die Bundespolitik eingehe, sage ich hier ganz klar, Herr Sinner: Die Aufgaben des Bundes sehen wir GRÜNE darin, dass Rahmenbedingungen für eine umweltgerechtere Landwirtschaft gesetzt werden, sei es im Alleingang, wo dies möglich ist, sei es in Abstimmung mit der EU, zum Beispiel Verbot antibiotischer Leistungsförderer nicht erst 2005, sondern ab sofort, dauerhaftes Verbot von Tiermehl, keine Frage – Ministerin Künast wird sich dafür einsetzen –, offene Deklaration von Futtermitteln, Novellierung der Gemeinschaftsaufgabe in Richtung mehr Ökologie. Sie haben das Fischmehl angesprochen. Wir machen kein Geheimnis daraus, dass wir es für falsch halten, Fischmehl als Futtermittel zuzulassen.
Zur Finanzierung der BSE-Folgelasten ist Folgendes zu sagen: Der Bund hat eine Verwaltungsvereinbarung vorgelegt, die mittlerweile von neun Bundesländern unterschrieben wurde, zum Beispiel von Hessen, BadenWürttemberg, Sachsen. Nur Sie zieren sich. Wenn Sie auf die Schnelle Geld sehen wollen, dann unterschreiben Sie doch die Verwaltungsvereinbarung.
Die Kosten für den BSE-Test und die gestiegenen Preise bei der Schlachtabfallentsorgung sind zukünftig auf den Fleischpreis umzulegen.
Nein, Herr Kobler, da gibt es überhaupt kein Vertun. Als damals Sicherheitsgurte in den Autos Pflicht wurden, konnte auch keiner daherkommen und sagen: Dafür muss jetzt der Staat zahlen, weil das eine staatliche Auflage ist.
Ganz ruhig, Herr Kobler. Die Geschichte ist schon fast ausdiskutiert. Auch Staatsminister Sinner sagte im Haushaltsausschuss, es gehe nicht an, eine Dauersubvention zu eröffnen. Ich habe es im Protokoll nachgelesen,
Tatsache ist, dass hier so vorgegangen werden muss. In der Summe, Herr Kobler, konnten die CSU und die Staatsregierung den Verdacht nicht ausräumen, dass bei Ihnen alles so weitergehen wird wie bisher. Bauern
präsident Sonnleitner und einige Ihrer Abgeordneten hier haben auch ganz offen gesagt, dass sie gegen eine Agrarwende sind, ja, sie machen sogar Front gegen diese.