Protokoll der Sitzung vom 31.05.2001

Nach unserem Selbstverständnis – ich hoffe, ich spreche für alle Abgeordneten – müssen wir uns hiergegen alle mit Entschiedenheit zur Wehr setzen.

(Beifall bei der SPD)

Zu einer weiteren persönlichen Erklärung erteile ich Herrn Kollegen Gartzke das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen. Als Mitglied des Umweltausschusses dieses Landtags und Sprecher der SPD in diesem Ausschuss möchte ich eine persönliche Erklärung abgeben. Offensichtlich – ich sage bewusst offensichtlich; denn ich kenne nur Presseberichte – will sich die Staatsregierung bei ihrem Abstimmungsverhalten im Bundesrat nicht an einen Mehrheitsbeschluss des Bayerischen Landtags bezüglich des Themas Dosenpfand halten.

(Widerspruch bei der CSU)

Ich habe schon gesagt „offensichtlich“ nach Presseberichten.

(Hofmann (CSU): Schaumschlägerei!)

Herr Hofmann, ich rede jetzt im Konjunktiv. Wenn dem so sein sollte, wäre dies ein Schlag für die bayerische Wirtschaft und für unsere Brauereien in Bayern, die seit Jahren in ihren Investitionsentscheidungen auf die Verpackungsverordnung vertraut haben, die doch schon Anfang der 90er-Jahre diskutiert und 1993 verabschiedet wurde. Ein Vertrauen in bestehende Gesetze ist doch sehr wichtig. Dessen waren wir uns im Umweltausschuss immer bewusst.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode mehrmals einstimmige Beschlüsse gefasst und vom damals zuständigen Umweltminister Goppel klare Aussagen gehabt, dass diese Verpackungsverordnung ernst zu nehmen

ist. Eigentlich sollte jeder Mensch und erst recht jeder Politiker Gesetze ernst nehmen. Aber anscheinend muss man es immer wieder bekräftigen, dass die Verordnung Gesetzescharakter hat.

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Herr Hofmann, eine Verordnung ist auf jeden Fall Bestandteil unseres Rechtswesens – also Gesetze, Verordnungen, europäische Richtlinien und europäische Verordnungen, damit dies klar ist. Wir haben bis 18 Uhr eingeladen; und, Herr Hofmann, ich könnte diese Zeit verwenden, um hier grundsätzliche Dinge über die Rechtstaatlichkeit, die Ökologie, Aluminium, Dosen und was es sonst noch alles in diesem Zusammenhang gibt, auszuführen.

(Beifall bei der SPD)

Das war alles einmal Konsens. Wir haben immer insbesondere die bayerischen Interessen ernst genommen, die hier durchaus anders sind als zum Beispiel die von Rheinland-Pfalz. Es ist doch das Natürlichste von der Welt, dass man berücksichtigt, welche Strukturen wir bei uns haben.

(Widerspruch bei der CSU – Hofmann (CSU): Wenn ihr uns reizt, drehen wir es rum! Da bräuchten wir eine Geschäftsordnungsdebatte!)

Herr Kollege, nur Erklärungen, aber keine freie Rede.

Herr Hofmann, wenn Sie mich nicht immer unterbrechen würden, wäre ich schon fertig. So komme ich immer noch auf Dinge, die ich offensichtlich erklären muss. Eigentlich sollten diese Dinge selbstverständlich sein. Aber genau aus Ihren Zurufen heraus merke ich, dass hier erheblicher Erklärungsbedarf besteht.

Sollte diese Dosenpfandpflicht jetzt nicht kommen, wäre es ein wirklicher Rückschlag für unsere Brauereien. Es wäre auch ein großer Umweltschaden. In Deutschland gibt es mittlerweile einige Milliarden Dosen. Davon landen in Bayern ungefähr 50 Millionen in der freien Landschaft. Die müssen aufgesammelt werden; das machen der Alpenverein, die evangelische Landjugend und, und, und – oder auch die kommunalen Bereiche. Das könnte man mit diesem System in den Griff kriegen.

Zweitens wäre das Dosenpfand auch von der Energiebilanz her ein großer Vorteil. Das war meine Erklärung.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, wir geben der Frau Kollegin Stahl, die sich zu Wort gemeldet hat, auch die Chance dazu. Dann möchte ich dieses Thema gerne abbrechen,

(Widerspruch bei der CSU – Hofmann (CSU): Nein, jetzt kommen wir dran!)

weil ich nicht möchte, dass wir jetzt gewissermaßen eine Aktuelle Stunde zum Dosenpfand bekommen. Ich war davon unterrichtet, dass es eine Erklärung nach § 111 gibt. Das ist korrekt und in Ordnung. Aber jetzt kommen wir zu einer Debatte. Frau Kollegin Stahl, Sie bekommen als Letzte das Wort. Alle Übrigen bitte ich, mir die Erklärung nach § 111 unserer Geschäftsordnung schriftlich vorzulegen.

(Widerspruch bei der CSU – Hofmann (CSU): Dann machen wir darüber eine namentliche Abstimmung! – Gegenruf des Abg. Maget (SPD): Worüber? – Lachen bei der SPD)

Ich halte mich auch ganz klar an § 111 und werde sicher nicht über das Dosenpfand sprechen. Uns geht es vielmehr darum darzustellen, dass wir einen Sündenfall vor uns haben.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vor drei Wochen haben wir hier im Parlament eine Sternstunde erlebt,

(Willi Müller (CSU): Nur aus der Sicht der Grünen!)

wobei einigen ihre Entscheidung bitter angekommen sein muss. Aber ich meine, Ihnen tut es vielleicht auch ganz gut, einmal zu erleben, was eine Niederlage bedeutet.

(Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Demokratie! – Maget (SPD): Was Demokratie bedeutet!)

Wir haben eine Sternstunde erlebt, als der Dringlichkeitsantrag von uns Grünen mit Mehrheit angenommen worden ist.

(Freiherr von Redwitz (CSU): Dieser Eindruck ist sehr subjektiv!)

Jetzt steht uns eine tiefschwarze Stunde bevor.

(Zustimmung beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage Sie schon, wie Sie es mir Ihrem Gewissen vereinbaren können, dass Sie die Meinungs- und Willensbildung einzelner Kollegen, ob bei uns, bei der SPD oder auch bei Ihnen, ganz klar mit Füssen treten,

(Hofmann (CSU): Wer sagt denn das?)

indem Sie ihnen deutlich machen, dass Ihnen an ihrer Meinungsbildung und an ihrer Entscheidung nichts gelegen ist; denn das ist der Fall. Mir tun auch Ihre Kollegen leid, die in der Fraktionssitzung bei Ihnen vermutlich auf der Arme-Sünder-Bank sitzen müssen,

(Hofmann (CSU): Keine Ahnung!)

wenn Sie, wie in den Medien bekannt gegeben, in Ihrer Fraktionssitzung entsprechende Beschlüsse fassen.

(Hofmann (CSU): So etwas gibt es bei uns gar nicht; ich weiß nicht, ob es das bei den Grünen gibt!)

Die Arme-Sünder-Bänke bei Ihnen möchte ich nicht kennen.

(Hofmann (CSU): So geht es vielleicht bei euch zu; bei uns braucht kein Einziger aus der Fraktion auszutreten, um seine Meinung sagen zu können!)

Ich weiß, weil Sie von Rechtsaußen bis Linksaußen alles abdecken. Das ist mir schon klar.

(Maget (SPD): Was ist denn heute mit dem Hofmann los?)

Es ist, wie gesagt, einfach ein Sündenfall, wenn Sie meinen, in einer Fraktionssitzung, wie von Ihnen angekündigt, Entscheidungen, die das Parlament demokratisch gefasst hat, umkehren zu können.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage mich, wie Sie künftig mit solchen Meinungsbildungen umgehen wollen. Ich erinnere nur ganz kurz an eines: Wir haben heute Nachmittag einen sehr schwierigen Dringlichkeitsantrag auf der Tagesordnung, nämlich den zu Sterbehilfe und Palliativmedizin. Ich bin sehr gespannt, wie mit diesem Antrag umgegangen werden wird. Wer die Debatte im Bundestag erlebt hat, hat gesehen, dass dort die Abstimmung freigegeben worden ist. Jeder sollte nach seinem eigenen Gewissen entscheiden können. Das ist ein Grundsatz, den ich mir eigentlich bei jedem einzelnen Antrag hier wünsche.

(Zuruf des Abgeordneten Fischer (CSU))

Wenn so etwas einmal passiert, haben Sie – Pardon! – die Hosen voll und meinen, Sie müssten sofort einen Kniefall vor der Staatsregierung machen, die natürlich empört ist, dass man nicht den Vorgaben folgt, die sie gerne gehabt hätte. Die Staatsregierung ist es nämlich gewöhnt, dass man alles schön brav absegnet, was von ihrer Seite kommt.

Ich sage Ihnen, Sie sollten sich noch einmal gut überlegen, ob Sie das in Ihrer Fraktionssitzung tatsächlich zum Thema machen wollen oder ob Sie nicht Größe beweisen,

(Willi Müller (CSU): Das ist unsere Sache!)