Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

Das wollen wir nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Vorschlag, 21,5 Milliarden Liter Getränke in umweltfreundliche Verpackungen abzufüllen und 240 Millionen DM für Programme zur Verminderung der Vermül

lung der Landschaft bereitzustellen, ist nicht in Ordnung. Denn das hatten wir alles schon.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dinglreiter, schon 1989 war die Quote der Mehrwegverpackungen besorgniserregend gesunken. Deshalb kam es im Jahre 1991 zu dieser Verordnung. Vor mehr als zehn Jahren gab es dann die Zusage der bundesdeutschen Wirtschaft an die damalige Bundesregierung, die 72%-Quote freiwillig einzuhalten und für den Fall der Unterschreitung ein Pflichtpfand zu akzeptieren. Das hatten wir alles schon, Herr Schnappauf. Bereits vor zehn Jahren gab es diese Selbstverpflichtung. Die wollen wir nicht noch einmal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was Sie heute fordern, Herr Schnappauf, gab es also bereits 1989. Nach Verhandlungen hat man dies damals festgeschrieben. Nur, Sie reduzieren die Quote von damals 72% auf jetzt 65%. Diese Quote wird weiterhin unterschritten werden, und irgendwann ist das Maß erreicht und Brauereien werden sterben. Denn man kann in den mittelständischen Brauereien nicht auf zwei Abfülllinien setzen. Das ist das Problem.

Wir wollen nur Waffengleichheit. Wenn es auf die Bierflasche ein Pfand gibt, soll es auf die Dose Bier auch ein Pfand geben. Ganz praktisch: Wenn ein Verbraucher 24-Dosen-Biergebinde im Einzelhandel kauft und dafür 12 DM Pfand zahlen muss, überlegt sich das mancher. Denn für die Bierflasche muss er nur 15 Pfennig Pfand und damit für 24 Flaschen insgesamt nur 3,60 DM. Zurückbringen muss er beides. Dem Verbraucher ist es egal, ob er die Dose oder die Flasche zurückbringen muss. Wenn er Pfand gezahlt hat, dann bringt er es zurück. Mit dem Geld kann man die Leute, was den Umweltgedanken angeht, packen.

Außerdem ist gewährleistet, dass die Mehrweggebinde nicht ausgelistet werden. So schützt Einwegpfand die Mehrweggebinde. Denn Einweg würde sonst in den Geschäften immer mehr ausgelistet werden. Das sehen wir doch. Der Trend ist doch nicht zu übersehen. Wenn das Dosenpfand kommt, gibt es für die Dose kaum noch Vorteile. Denn das Verkaufsargument der Einwegindustrie „ex und hopp“ würde bei einer Bepfandung der Dose wegfallen. Diese Dose müsste nämlich zum Geschäft zurückgebracht werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einem Protokoll habe ich entnommen, dass der damalige Minister Goppel den Bund gemahnt hat, die bestehende Verpackungsverordnung unabhängig von Novellierungsüberlegungen strikt anzuwenden. Was denn nun? Der Trend bei Ihren jeweiligen Vorgängern, Herr Schnappauf, war klar. Die früheren Umweltminister haben sich alle dafür ausgesprochen. Dies ist parteiübergreifend so gewesen, was jährlich im Plenum zu sehen war.

Dann zu den europarechtlichen Gründen. Die Europäische Kommission hat die in der deutschen Verpackungs

ordnung normierten Regelungen praktisch schon 1991 akzeptiert. Wenn Bundesumweltminister Trittin nunmehr eine generelle Pfandpflicht auf ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen umsetzt, ist das ordnungsrechtlich in Ordnung. Wo gibt es da eine Vertragsverletzung? Das ist doch etwas, was schon 1991 klar war und jetzt nur in die Tat umgesetzt wird. Ich frage mich, wo es da Probleme geben soll.

Auch in Ihrer Heimat, Herr Pschierer, in Schwaben, stehen die Augsburger Brauereichefs reihenweise klar hinter dem Dosenpfand. Der heutigen „Augsburger Allgemeinen“ ist das zu entnehmen. Max Kugler von Thorbräu ist aus dem Brauerbund ausgetreten. Man kann sehen, dass wir die mittelständische Wirtschaft hinter uns haben, und wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass das, was im Landtag entschieden worden ist, von der Staatsregierung weitergegeben wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächster Redner ist Kollege Gartzke. Bitte schön.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu den vom Umweltminister vorgebrachten Argumenten muss man doch noch etwas sagen. Das ist leider notwendig.

Es war wiederum nichts Neues, sondern es war das Prinzip Hoffnung, das man mit der Bundesverpackungsverordnung 10 Jahre lang gesät hat: Dieses wird kommen und jenes könnte kommen, aber wenn man auf die Substanz geht, bleibt doch nichts anderes übrig als diese Feststellung: Wenn dieser Vorschlag durchkäme, würde das noch einmal zwei Jahre Verzögerung bedeuten. Wir wissen doch heute bereits mehr.

Sie, Herr Minister, haben einen mittelständischen Einzelhandelsbetrieb im Nahrungsbereich aus dem Allgäu zitiert. Es gibt aber auch andere Studien, es gibt auch andere Aussagen. Beispielsweise hat das Marktforschungsinstitut Nielsen Umfragen gemacht. Danach gibt es in Deutschland noch immer 50000 kleinere Einzelhandelsgeschäfte mit Lebensmittelsparten. 46% von ihnen geben an, sie würden die Dose dann aus dem Sortiment nehmen, wenn das Dosenpfand kommt, weil sie das nicht mehr händeln können, weil sie die Scanner dazu nicht haben und weil sie vor allem auch nicht in die Automaten investieren wollen.

Das muss ich erst einmal ernst nehmen. Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht. Aber man muss solche Untersuchungen erst einmal ernst nehmen und dann hätte eben die Dose eine Lenkungswirkung. Eine solche Regelung hätte vor allen Dingen die Wirkung, dass die Dosen nicht mehr in der Landschaft herum lägen. Außerdem käme es zu einer hohen Energierecyclingqoute. Auch das ist ein wichtiges Argument.

Weil Sie die Kosten ansprechen, Herr Staatsminister: Wissen Sie eigentlich, was jetzt an das DSD bezahlt werden muss? Es sind bei den Dosen 1,3 bis 1,4 Milliar

den DM. Dieser Betrag würde zum Beispiel entfallen. Es ist richtig, dass 4 Milliarden DM in die Automaten investiert werden müssen, aber das ist in zwei Jahren abgeschrieben. Das ist doch das Wesen unserer Wirtschaft. Und die anderen Kosten werden nicht erhoben. Die Gemeinden, die ganze Trupps zum Dosen Einsammeln usw. nachschicken müssen, können diese Kosten den Dosenkonsumenten doch nicht in Rechnung stellen.

Und das letzte Argument hat mich sehr fasziniert, muss ich sagen. Was für einen Intelligenzquotienten man da in Bayern voraussetzt, das ist schon beachtlich. Natürlich bekommt niemand für eine Dose, die er platt getreten hat oder die ein Auto platt gefahren hat, das Pfand zurück. Das ist doch ganz klar. Das ist doch auch nichts Neues. Das weiß doch auch jeder. Kein Mensch käme auf die Idee, zu versuchen, kaputte Bierflaschen gegen Pfand zurückzugeben. Das weiß man in Bayern schon seit 100 Jahren. Dazu braucht man, glaube ich, keinen Staatsminister und das braucht man bei der Dose nicht neu zu erfinden.

(Beifall bei der SPD)

Als letzter Redner hat Herr Kollege Dinglreiter das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, warum sich SPD und GRÜNE so engagieren. Sie haben im Bundesrat keine Mehrheit, weil Länder, in denen die SPD zusammen mit den GRÜNEN regiert, nicht bereit sind, dem zuzustimmen, was Trittin vorgeschlagen hat.

(Frau Biedefeld (SPD): Sie haben sich schon mehrmals geirrt, seien Sie vorsichtig! Ich erinnere nur an das Steuerdebakel!)

Es mag sein, dass der Bundeskanzler sie wieder massiv unter Druck setzt und das eine oder andere wider besseres Wissen dann doch anders entschieden wird, aber zunächst ist es so, dass das, was Sie in Bayern ständig verkünden, nicht mehrheitsfähig ist.

(Frau Biedefeld (SPD): Warten Sie ab!)

Der zweite Punkt, Frau Kollegin: Die Selbstverpflichtung heute ist etwas anderes als die Selbstverpflichtung damals. Denn die Selbstverpflichtung heute ist mit Sanktionen belegt, und zwar mit klaren und eindeutigen Sanktionen. Daher hat das eine andere Wirkung als das, was damals mehr oder weniger sozusagen nur verbal als Verpflichtung eingegangen worden ist.

Der dritte Punkt, den ich hier ansprechen möchte, ist folgender: Entscheidend ist nicht, wer produziert und wer welche Abfüllanlagen hat; entscheidend ist, wer für die Einzelhändler listet, die Getränke verkaufen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hätten doch reden können, wenn Sie so gescheit sind. Ich lasse mir nicht ständig hineinreden und hineinschreien, wie Sie das machen.

Entscheidend ist also, wer listet. Das sind die Händler. Und wenn die Händler sich verpflichten und bereit sind, auf Sanktionen einzugehen, dann hat das Gewicht, denke ich.

Zu dem, was Sie Herr Gartzke, angesprochen haben: Die Abfallwirtschaft stellt die Automaten zur Verfügung. Da braucht niemand zu investieren. Aber deswegen ist das kein gutes Argument zu sagen: wenn 75% für die Dose mit dem Pfand sind, weil sie darauf warten, dass die Dose endlich auch in ihrem Geschäft vertreten ist. Und wenn der Händler sie hineinnimmt, weil er sich sagt, dass er mit all dem anderen nichts mehr zu tun hat, dann ist das ein Problem für Mehrweg. Das müssen Sie durchaus auch einmal erkennen.

Ich habe auch davon gesprochen, dass man bei der Vorbereitung dieses Gesetzes vieles nicht bedacht hat. Ich erinnere an das, was der Minister angesprochen hat: Was ist, wenn ich mir in München eine Dose kaufe und mit dem Zug nach Würzburg fahre und die Dose dort abgeben will?

(Zurufe von der SPD)

Sie erzählen doch, dass ich die Dose in das Geschäft zurückbringen muss. Muss ich sie dann wieder in meinen Rucksack packen und nach München zurückbringen? Da ist noch vieles abzuklären, was nicht abgeklärt ist.

Ein weiterer Punkt: Fünf Länder Europas haben Beschwerde gegen dieses Dosenpfand eingelegt.

(Zuruf von der SPD: Wir sind hier in Bayern!)

Das müssen endlich einmal alle zur Kenntnis nehmen. Deswegen ist es sicherlich sinnvoll abzuwarten, wie die Dinge abgeklärt werden.

Sie behaupten, die Brauereien stünden hinter Ihnen. Ich habe viele Gespräche mit Brauereien geführt, erst in der vergangenen Woche wieder mit einer Reihe kleinerer Brauereien. Dabei hat mir einer Folgendes gesagt: Ich bedauere es heute, dass ich mit drei Wägen in München gewesen bin, weil ich mittlerweile mehr Informationen habe als damals. Ich bin irregeführt worden, ich weiß genau, dass mir dieses Dosenpfand nicht hilft. –

(Widerspruch bei der SPD)

Das ist die Realität! Die Brauereien wollen den Wettbewerb sichern und sie wollen dazu den besten Weg. Den bieten wir ihnen an. Sie können sicher sein, dass das geschehen wird.

(Beifall bei der CSU)

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Ich erlaube mir den Hinweis, dass Bayern natürlich in Europa liegt, weil vorhin der Zwischenruf kam: Wir sind in Bayern und nicht in Europa.

(Heiterkeit bei CSU und SPD)

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 9

Antrag der Abgeordneten Irlinger, Goertz, Wahnschaffe und anderer (SPD)