Herr Bernhard, dann muss ich daran erinnern, wer 1993 den Beschluss herbeigeführt hat, die Bahn zu privatisieren,
und nicht nur sie zu privatisieren, sondern sie soll auch eigenwirtschaftlich sein. Das war, angetrieben von der FDP, die CDU/CSU mit Unterstützung der SPD. Da sollte, wie gesagt, wer im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich, als Sie Herrn Maget als „Propagandatrottel der Bundesregierung“ bezeichneten,
gedacht habe: Was für eine andere Rolle spielt denn Minister Wiesheu, als Propagandatrottel des SchröderNeiders Stoiber zu sein?
(Mehrlich (SPD): Vielleicht sollte man die Vergangenheit von Herrn Wiesheu einmal anführen! – Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mach weiter, Martin!)
Wenn Sie sich auf Zahlen berufen, Herr Minister Wiesheu – und das gilt für die gesamte Bayerische Staatsregierung und auch für alle Redner der CSU –, auf Wachstumszahlen, auf die Inflation, auf Arbeitslosenzahlen, dann ist es doch angesagt, Ihrer Erinnerung ein klein wenig nachzuhelfen. Denn bei all diesen Zahlen sah es unter der alten Bundesregierung wesentlich schlechter aus.
Es genügt, wenn sich ein Redner gelegentlich vergaloppiert. Wir sollten aber entsprechende Zurufe unterlassen. – Herr Dr. Runge.
Das Wachstum betrug in den alten Bundesländern im Schnitt von 1982 bis 1998 2,2% je Jahr, seitdem 2,5%.
Ich habe den Schnitt bis jetzt gerechnet. Die Inflationsrate betrug bis 1998 in den alten Bundesländern im Schnitt 2,5%, 1998 bis 2000 1%. Die Arbeitslosenquote lag 1982 in den alten Bundesländern bei 7,5%, 1998 bei 10,5%, im Jahr 2000 bei 8,5%. In Bayern hatten wir 1991 – dieses Jahr habe ich herausgesucht, weil damals Ministerpräsident Stoiber angetreten ist und gleichzeitig auch der Wirtschaftsminister – 215000 Arbeitslose, und jetzt feiert man sich für „nur“ 300000.
Ich darf ferner die wirtschaftspolitischen „Glanznummern“ der Staatsregierung in Erinnerung rufen: Maxhütte, mehr als 100 Millionen DM an Steuergeldern in den Sand gesetzt, einen großen Teil davon als illegale Betriebsmittelzuschüsse;
der Deutsche Orden, morgen wieder auf der Tagesordnung, oder die LWS, von Stoiber in den Gewerbebau und ins Bauträgergeschäft getrieben, mit dem bekannten Ergebnis. Wenn Ministerpräsident Stoiber von Geldvernichtung spricht, dann ist er hierzu tatsächlich berufen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN – Frau Kellner (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Da ist er Spitze!)
Mein Fazit, meine Damen und Herren: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinern werfen. Unser Eindruck ist, dass Sie nicht nur auf der Straße im Stau stehen, sondern Sie stehen auch im politischen Geschäft ganz massiv im Stau. Danke.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Gabsteiger (CSU): Setzen! – Klinger (CSU): Note 5!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit keine Irritationen aufkommen: Mit dem Begriff „Propagandatrottel“ wollte ich niemanden beleidigen.
(Unruhe bei der SPD – Frau Radermacher (SPD): Ach nein! – Frau Steiger (SPD): Dann darf man es auch nicht sagen!)
Ich ziehe ihn deswegen zurück. Ich habe auch ausgeführt, er solle doch aufpassen, was ihm untergejubelt wird. Er solle nicht sagen, er sei zufrieden, ohne sich die Dinge angesehen zu haben. Damit habe ich zum Ausdruck gebracht, dass er etwas propagiert hat, was er vielleicht nicht so genau bewertet hat. Das war der Inhalt der Aussage.
Wenn der Ausdruck unangemessen ist und unparlamentarisch, dann ziehe ich ihn zurück, damit keine Irritationen entstehen. Ich will in der Diskussion niemanden beleidigen – bei aller Klarheit der Aussprache.
(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Frau Rader- macher (SPD): Eine Entschuldigung ist das aber nicht!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die Lage düster, die Stimmung mies ist, das ist nicht etwa nur die Meinung einiger Herren hier im Haus oder der CSU, sondern Allgemeingut in Deutschland. Der „Spiegel“ schreibt: „Die Konjunktur schmiert ab“. Jede Zeitung in Deutschland berichtet über die schwierige Lage. Die Indikatoren stehen in Deutschland auf Krise, und Rot-Grün führt Deutschland in den Abschwung.
Wenn Herr Runge dann sagt, diese Debatte um die Zukunft Deutschlands, um die Zukunft von menschlichen Existenzen, von Arbeitsplätzen, die sei verzichtbar, die sei ihm sozusagen egal, die bräuchten wir nicht, dann frage ich mich ernsthaft, was für ein Verständnis er als Parlamentarier dieses Hohen Hauses hat.
Nicht nur die Stimmung ist schlecht, meine Damen und Herren, sondern diese Stimmung wird von Fakten gespeist. Fakt 1: das Wachstum. Was hat man in Pressekonferenzen und Fernsehinterviews für große Aussagen gemacht, locker und lässig: 3,0, 3,5% Wachstum sollten es sein. Jetzt wird die Wachstumsprognose Stück für Stück heruntergeschraubt und zu einem Kümmerling. Meine Damen und Herren, wir stehen in Europa an letzter Stelle, die rote Laterne in der Wachstumsprognose für Deutschland, das einstmals der starke Motor der Volkswirtschaften in Europa war. Das Einzige, was von Berlin dazu kommt, anstatt dass man handelt, sind peinliche unterschiedliche Aussagen vom Bundeskanzler, Finanzminister und Wirtschaftsminister über die Höhe des Wachstums. Letzterer hat ohnehin nicht nur wenig Kompetenzen, sondern darf nicht einmal mehr reden, selbst das Rederecht wird ihm abgestritten.
Wenn dann Herr Runge oder Herr Kaiser unseren Wirtschaftsminister angreift, sage ich Ihnen eines: Ihre
Bilanz in Berlin wäre ja noch katastrophaler, noch schlechter, wenn es den Wachstumsmotor Bayern nicht gäbe.
Anstatt die CSU in Bayern anzupinkeln, sollten Sie sich bei Staatsminister Wiesheu lieber für die gute wirtschaftspolitische Arbeit bedanken.
Fakt 2: Arbeitslosigkeit. Diese Bundesregierung ist angetreten mit dem Ziel, dort etwas zu verbessern. Meine Damen und Herren, was ist passiert? Die Arbeitslosigkeit steigt saisonbereinigt wieder an. Was für große Versprechungen sind da gemacht worden: Wir wollen uns daran messen lassen, für uns ist das das Allerwichtigste, wenn wir da versagen, dann müssen wir weg, dann müssen wir nicht mehr gewählt werden. Diese Ankündigung wird Sie in massiver Form einholen. Sie kümmern sich anscheinend nicht ausreichend um die Menschen, um ihre Sorgen um die Arbeitsplätze.
Nicht nur beim Wachstum, auch bei der Arbeitslosigkeit haben wir uns im unteren Tabellendrittel etabliert. Das ist der „Erfolg“ von Rot-Grün in Berlin.
Fakt 3: Inflation. Herr Runge meint, auch die Debatte über dieses Thema sei vielleicht verzichtbar. 3,5% Inflation, das ist ein Rekord seit 1993.
Das kostet die Menschen Kaufkraft. Das kostet Lebensqualität in Deutschland, meine Damen und Herren. Das Schlimme ist, dass nach Aussagen aller Wirtschaftsexperten in Deutschland der Staat der Hauptverantwortliche für diese Entwicklung ist, nämlich der Preistreiber durch die Ökosteuer.
Fakt 4: der Euro. Seit der Regierungsübernahme durch Rot-Grün segeln wir auf historische Tiefststandsmarken zu. Als die alte Bundesregierung den Euro übernahm, war er in einer ganz anderen Verfassung als heute. Seither hat er radikal verloren. Selbst das beste Auto kann man nicht optimal fahren, wenn eine Wildsau am Steuer sitzt.
Eines ist ganz klar, meine Damen und Herren: Die Verluste gegenüber dem Dollar, dem Zloty, gegenüber dem Forint und anderen Währungen sind von dieser Regierung mit zu verantworten. Die einzige Aussage des Bundeskanzlers dazu war: Ein schwacher Euro ist gut für Deutschland. Nicht nur wir, viele andere haben ihn dafür kritisiert.
Die Lage ist also ernst, sie ist bedrohlich. Die USA können da als billiges Ablenkungsmanöver auf Dauer nicht
herhalten, meine Damen und Herren. Die Misere ist hausgemacht. Dazu haben Sie in Ihren Ausführungen außer einigen Versuchen der rhetorischen Trickspielerei nichts gebracht.