Wer mit dieser Partei des Antiamerikanismus in einem Bundesland koaliert, wer gerade in Berlin, dem Symbol des Kampfes für Freiheit, mit ihr zusammenarbeitet, der schadet Deutschland!
(Beifall bei der CSU – Unruhe beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN: Unerhört!)
Wer es zulässt, dass jemand die deutsche Solidarität in Frage stellt, der provoziert Misstrauen und Vorbehalte bei den Verbündeten.
Meine Damen und Herren, die Erkenntnis, dass die Attentäter von New York und Washington ihre Anschläge auch in Deutschland vorbereitet haben, dass eine Vielzahl religiöser Extremisten hier ihre Basis und ihren Ruheraum gefunden haben, ist erschütternd und fordert Konsequenzen. Die Entwicklung von Teilen Deutschlands zu einem Ruheraum für religiöse Extremisten kommt nicht von ungefähr: Sie ist auch Folge übertriebenen Datenschutzes, der jahrelang den Schutz der Täter über den der Bürger gestellt hat – wie der Bundesinnenminister jetzt endlich einräumt.
Sie resultiert aus falsch verstandener Toleranz gegenüber ausländischen Extremisten und fehlender Entschlossenheit, gegen diese einzuschreiten.
Sie ist Konsequenz auch der Gleichgültigkeit gegenüber Fragen der inneren Sicherheit und deren Abwertung als reaktionär. „Law and Order“ ist in Deutschland zu einem Schimpfwort gemacht worden, obwohl Gesetz und Ordnung das Rückgrat eines jeden Rechtsstaates sind.
Teile der deutschen Gesellschaft übten und üben sich in nicht mehr zu überbietender Ignoranz, indem sie gegensätzlichste Wertvorstellungen und Einstellungen für miteinander tolerabel erklären. Viele Philosophen – zuletzt ist mir das in der Münchner „Abendzeitung“ am Samstag aufgefallen – haben festgestellt, dass wir die geistige Auseinandersetzung scheuen und nicht versuchen, unmenschliche Mentalitäten zu bekämpfen. Ich kann dem Münchner Philosophen und Theologen Albert Keller nur zustimmen, wenn er sagt:
Wir haben uns aber darüber hinaus auch selbst geschwächt. Fundamentale Werte unserer Gesellschaft wurden als „Sekundärtugenden“ diffamiert. Angriffe auf diese Werte werden nicht mehr wahrgenommen oder bagatellisiert – zum Schaden aller. Nicht die Gegner der Demokratie wurden und werden verurteilt und bekämpft, sondern ihre Verteidiger, vor allen Dingen Polizei und Verfassungsschutz. Ich erinnere nur daran, dass Bundeskanzler Schröder noch als Ministerpräsident in Hannover den dortigen Verfassungsschutz halbiert hat – sehr zur Genugtuung des damaligen Landesministers Trittin: Es sei damit gelungen, „den Verfassungsschutz in Ketten zu legen“. Leider weiß es Bundeskanzler Schröder erst heute besser.
Für die Staatsregierung stand und steht die Sicherheit der bayerischen Bürgerinnen und Bürger an erster Stelle, weil Freiheit ohne Sicherheit keinen Bestand hat.
Dabei wussten wir gegen alle politischen und publizistischen Anfeindungen die überwiegende Mehrheit der Bürger hinter uns. Deshalb war und ist Bayern das sicherste Land in Deutschland.
Die Terrorangriffe und der Gegenschlag der westlichen Welt stellen Bayern vor neue, große Herausforderungen. Seit Sonntag hat sich die Sicherheitslage erneut verschärft. Bayern ist gefordert, und Bayern handelt eigenständig im Rahmen seiner Kompetenzen. Zur weiteren Verbesserung des Schutzes der Bevölkerung vor terroristischen Anschlägen hat die Staatsregierung das „Sicherheitskonzept Bayern“ geschnürt, für das ab 2002 für fünf Jahre insgesamt 200 Millionen Euro, das sind rund 400 Millionen DM, zur Verfügung stehen.
Erstens. Wir schaffen 890 neue Stellen für die Sicherheit in Bayern aufgrund neuer Herausforderungen. Dazu gehören 650 Stellen für die Polizei. Damit können wir die Präsenz der Polizei weiter steigern, die Ermittlungen intensivieren, Verdächtige verstärkt observieren, Schleier- und Rasterfahndung noch effizienter durchführen und die Sicherheit an den Flughäfen erhöhen. Als Antwort auf die neuen Erscheinungsformen von Terror und Kriminalität richten wir ein „Strategisches Innovationszentrum der bayerischen Polizei“ ein, das sich mit künftigen Szenarien von Terror und Kriminalität befassen wird. Meine Damen und Herren von der SPD, hier geht es auch nicht, wie ich heute gelesen habe, um alte Wünsche der SPD, sondern hier geht es in der Tat um wirklich neue Herausforderungen. Im Übrigen haben Sie, wenn ich das so sagen darf, in all den Ländern, in denen Sie Verantwortung tragen, die Zahl der Planstellen der Polizei nicht erhöht, sondern gesenkt. Die Wirkungen haben wir ja in Hamburg erlebt.
Ich nehme auch Ihre Ratschläge nicht zu 100% ernst, denn gerade die SPD in Bayern, die jahrelang notwendige Gesetze zur Verbesserung der inneren Sicherheit, zum Beispiel zur Videoüberwachung, abgelehnt hat, will sich jetzt als Hüterin der inneren Sicherheit hervortun. Ich sage Ihnen: Stimmen Sie endlich den notwendigen Gesetzen ohne Wenn und Aber zu!
Dazu gehören 50 Stellen für den Verfassungsschutz. Damit verstärken wir Beobachtung und Ermittlung im besonders schwierigen Bereich des islamischen Extremismus. Mit 40 zusätzlichen Stellen werden wir zentrale Ausländerbehörden voraussichtlich an drei Regierungen einrichten. Ziel ist, Know-how im Ausländerrecht zu bündeln. Damit soll die Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer, zum Beispiel von Straftätern, beschleunigt werden. Die Feuerwehrschulen erhalten 10 neue Stellen für zusätzliche Fortbildung und Verstärkung, vor allen Dingen aber für Fortbildung zur Vorbereitung auf mögliche neue Schadensszenarien im Katastrophenschutz. Mit 80 Stellen für die Justiz verstärken wir die Staatsanwaltschaften und verbessern die Sicherheit von Justizgebäuden und Gefängnissen.
Zweitens. Die Staatsregierung richtet zwei „Sonderprüfgruppen Geldwäsche“ in München und Nürnberg ein. Damit sollen verdächtige Finanzströme und Finanztransaktionen extremistischer Vereinigungen gezielt überprüft werden. Dazu erhält die Steuerverwaltung in den nächsten zwei Jahren 50 Stellen.
Drittens. Das Landesamt für Umweltschutz baut eine Sondergruppe auf, die Risiken von Angriffen auf Kernreaktoren und möglicherweise gefährdete Industrieanlagen prüfen und Schutzmaßnahmen entwickeln soll. Dazu erhält das Landesamt fünf neue Stellen. Zudem wird das Umweltministerium die erforderlichen zusätzlichen Ressourcen zur Verfügung stellen. Die Internationale Länderkommission Kerntechnik wurde bereits mit Untersuchungen zum Schutz von Kernkraftwerken gegen Flugzeugabstürze beauftragt.
Viertens. Wir nehmen gerade nach den heutigen Meldungen die Bedrohungen durch chemische und biologische Anschläge sehr ernst. Deswegen werden wir in den nächsten Tagen eine zentrale Risikostelle mit mehreren Spezialisten einrichten, die in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen wissenschaftlichen Einrichtungen eine Risikoanalyse und Szenarien zum Risikomanagement erarbeiten wird. Wir werden die bestehenden mobilen Einsatzteams an den Landesuntersuchungsämtern auf die neue Bedrohungslage ausrichten, um unsere Bürger zu schützen. Aber – das ist ein ernstes Thema –: Ganz Deutschland muss vorbereitet sein. Deswegen ist insbesondere der Bund gefordert. Er muss endlich entsprechende Vorkehrungen gegen Bioterrorismus treffen. Das war auch Gegenstand eines Gespräches der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler und dem Innenminister am letzten Mittwoch Abend.
Fünftens. Wir stocken die Luftämter um fünf Stellen auf. Damit ermöglichen wir die verstärkte Sicherheitsüberprüfung des Personals an Flughäfen.
Diese Maßnahmen verdeutlichen einmal mehr, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Bayern für die Staatsregierung höchste Priorität hat. Wir werden diesen Kraftakt ohne Steuererhöhungen, ohne Erhöhung der Neuverschuldung und ohne Entnahme aus Rücklagen finanzieren. Zur Finanzierung sind die Erhöhung der globalen Minderausgabe und die Anhebung der Wiederbesetzungssperre von bisher 6 auf 9 Monate vorgesehen. Ferner wird die Verbraucherschutzinitiative ab 2002 in die Haushaltssperre einbezogen werden. Dies erscheint mir angesichts der neuen Herausforderungen für die innere Sicherheit vertretbar, zumal die Sofortmaßnahmen der Verbraucherschutzinitiative rasch und wirkungsvoll gegriffen haben. Meine Damen, meine Herren, im Übrigen ist das das umfangreichste Programm für die innere Sicherheit in ganz Deutschland. Es gibt kein Land, das derzeit mehr für den Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger tut.
An dieser Stelle möchte ich allen, den Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett wie den Mitarbeitern in den Ministerien und in der Staatskanzlei, sehr herzlich danken, die dieses Sicherheitspaket so rasch und umfas
send erarbeitet haben. Es hat insgesamt 108 Seiten. Mein besonderer Dank – das will ich unterstreichen – gilt dem bayerischen Innenminister, Günther Beckstein, der die Herausforderungen des 11. September souverän bewältigt.
Das ist zwar eine Selbstverständlichkeit – alle haben gegenwärtig größere Herausforderungen zu bewältigen –, aber ich als sein Vorgänger weiß, dass dies in der Tat im Moment eine ganz besondere Herausforderung ist.
Meine Damen und Herren, die Staatsregierung unterstützt selbstverständlich auch die beiden angekündigten sogenannten Anti-Terror-Pakete der Bundesregierung. Endlich kommt Bewegung in die Sicherheitspolitik der Bundesregierung. Endlich kommt die Bundesregierung der bayerischen Forderung nach, das sogenannte Religionsprivileg im Vereinsgesetz abzuschaffen. Dieses Religionsprivileg hat bisher Verbote extremistischer und verfassungsfeindlicher Religionsgemeinschaften verhindert. Dies hätte man schon vor sechs, sieben Jahren abschaffen können, wenn man unseren Anträgen gefolgt wäre. Endlich haben auch die SPD-geführten Länder die Notwendigkeit einer Rasterfahndung eingesehen, wenngleich noch nicht alle Länder die rechtlichen Grundlagen vollzogen haben, die dafür notwendig sind. Aber: Nach wie vor ist die Prävention extremistischer Taten von Ausländern lückenhaft. Nach wie vor fehlt ein umfassendes Sicherheitskonzept der Bundesregierung.
Erstens. Wir wollen verhindern, dass ausländische Extremisten nach Deutschland einreisen und dauerhaft hier leben können. Ich will unterstreichen, dass ein ausländischer Extremist – wir haben in Deutschland 31000, in Bayern 5000 –, wenn wir ihn rund um die Uhr beobachten müssen, zwei Einsatzteams der Polizei und des Verfassungsschutzes bindet.
Meine Damen, meine Herren, deswegen müssen wir verhindern, dass ausländische Extremisten nach Deutschland einreisen und dauerhaft hier leben können.
Deshalb muss die Identität vor der Erteilung eines Einreisevisums durch Speicherung von Fingerabdrücken zweifelsfrei festgestellt werden.
Dazu gehört, dass Extremisten, die terroristischer Unterstützung verdächtig sind, künftig nicht mehr als politisch Verfolgte anerkannt werden.
Deshalb muss die Regelanfrage beim Verfassungsschutz bundesweit eingeführt werden. Nur damit können wir verhindern, dass ausländische Extremisten und Kriminelle dauerhaft bei uns leben können oder sogar deutsche Staatsbürger werden.
Zweitens. Wir wollen sicherstellen, dass gewaltbereite Extremisten Deutschland nicht als Ruheraum und Operationsbasis nutzen können. Wir fordern ein Verbot aller ausländischen extremistischen Vereinigungen in Deutschland, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtig sind. Daneben verlangen wir die erleichterte Ausweisung gewaltbereiter Extremisten.
Kein Mensch bei uns versteht, dass jemand wie der so genannte „Kalif von Köln“ Deutschland nicht verlassen muss, der offen zum Mord aufruft und dafür verurteilt wurde. Gewaltbereitschaft oder die Mitgliedschaft in extremistischen Organisationen müssen für die Ausweisung von Ausländern ausreichen.
Drittens. Wir wollen effiziente Instrumente zur Verfolgung von Extremisten. Wir brauchen einen umfassenden Datenabgleich zwischen Ausländer-, Asyl-, Sicherheits- und Verfassungsschutzbehörden. Datenschutz wird zum Täterschutz, wenn Daten der Sozialämter der Polizei zum Beispiel auch dann vorenthalten werden, wenn sie möglichst genaue Täterprofile bei Rasterfahndungen erstellen will. Deshalb fordern wir die Einführung einer umfassenden Auskunftspflicht der Sozialleistungsträger gegenüber Sicherheitsbehörden und dem Verfassungsschutz. Wenn notwendig, werden wir eine entsprechende Bundesratsinitiative einleiten.
Wir fordern die Einführung einer Kronzeugenregelung, die speziell auch auf Straftaten im Bereich terroristischer Vereinigungen zugeschnitten ist. Dazu liegt seit März ein Gesetzentwurf des Bundesrats vor. Die Bundesregierung muss ihre bisherige ablehnende Haltung dazu aufgeben.
Wir verlangen, die Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung zu verbessern und den Straftatbestand der Geldwäsche zu erweitern. Die Finanzquellen des internationalen Terrorismus auch in Deutschland müssen ausgetrocknet werden.
Viertens. Wir fordern ein Konzept des Bundes zum Zivilschutz und Vorkehrungen für den Fall chemischer und biologischer Angriffe. Die Bundesregierung hat die Haushaltsansätze für den Zivilschutz seit 1999 nahezu halbiert. Wir fordern sie auf, jetzt ausreichend Mittel für den Katastrophenschutz zur Verfügung zu stellen.
Fünftens. Wir fordern, die Bundeswehr auch im Inland für Sicherungsmaßnahmen einzusetzen und dafür das Grundgesetz entsprechend zu ändern. Die neuen Herausforderungen verlangen eine Neubestimmung der Aufgaben der Bundeswehr – nicht nur nach außen, sondern auch nach innen.
Meine Damen, meine Herren, der 11. September war ein Anschlag auf die Werteordnung der westlichen Welt, auf unsere Art, frei und individuell zusammenzuleben. Aus der Sicht religiös extremer Muslime ist der Westen feindliches Umfeld. Viele von uns sind in der Vergangenheit mit großer Ignoranz, schlichter Naivität und oberflächli
cher Beliebigkeit an das Thema des Zusammenlebens verschiedener Kulturen herangegangen. Viele wollten und wollen wesentliche Unterschiede und manche Unvereinbarkeit nicht sehen, nicht die Unterschiede im Menschenbild und in zentralen Wertvorstellungen wie der Stellung des Individuums oder der Frauen in Staat und Gesellschaft.
Wir müssen künftig schärfer und selbstbewusster fragen: Wie viel Unterschiedlichkeit verträgt ein Land, wie viel Gemeinsamkeit braucht ein Land, um seine innere Bindungskraft nicht zu verlieren?