Protokoll der Sitzung vom 13.11.2001

(Kaul (CSU): Sie sollten Herrn Kollegen Ach loben!)

teilweise sogar dramatisch ist. Das ist aber nicht nur in Bayern so, sondern auch bundesweit der Fall. Genau deshalb hat sich die Bundesregierung, haben sich die Koalitionsfraktionen im Bundestag, Herr Kollege Kaul, darauf verständigt, etwas zu unternehmen. Zum Beispiel findet morgen, am 14. November, im Finanzausschuss des Bundestages eine Anhörung zur Anerkennung steuerlicher Organschaften von Lebensversicherungen und Krankenversicherungen statt – eine wichtige Sache in dieser Debatte. Am 19. November findet ein großer kommunalpolitischer Kongress in Köln statt, auf dem nochmals alle Belange erörtert werden.

Was Sie heute wollen, dient nicht der Lösung der Probleme. Sie wollen mit Ihrem Auftritt sagen: Die Bundesregierung tut nichts.

(Ach (CSU): Richtig!)

Dies zeigt allein schon die diffamierende Überschrift Ihres Antrags „Die negativen Auswirkungen der Steuerpolitik auf die Kommunen in Bayern“, und das zeigt auch Ihre diffamierende Einleitung in Ihrem Antrag, in der Sie wiederum versuchen, mit dem Finger auf die Bundesregierung zu zeigen. Herr Kollege Ach, ich frage Sie, wie Sie in dieser schwierigen Angelegenheit zu einer Lösung kommen wollen, wenn Sie immer in besserwisserischer Art und Weise mit dem Finger auf andere deuten, wo Sie doch im Bundesrat eine Mehrheit für Ihren Vorschlag brauchen. Stattdessen sollten Sie sich um Bündnisse bemühen. Sie werden wie schon bei der Steuerreform eine Niederlage erleiden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Allerdings sind dieses Mal die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger die Leidtragenden.

(Ach (CSU): Aufgrund Ihrer Politik!)

Ihnen geht es doch nicht um eine Lösung der Probleme, sondern um Schwarze-Peter-Spiele und darum, sich hier aufzumanndln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Letztendlich wollen Sie in Bezug auf den kommunalen Finanzausgleich doch nur von Ihren Leichen im eigenen Keller ablenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ach (CSU): Lesen Sie die Zeitung! Die kommunalen Spitzenverbände waren mit dem Finanzausgleich sehr zufrieden!)

Herr Kollege Ach, ich lese Ihnen nachher noch vor, was Herr Faltlhauser an die kommunalen Spitzenverbände alles schreibt. Ich erinnere Sie an die Erstattung der Kosten für die Schülerbeförderung. Herr Kollege Ach, es stand auch in der Zeitung, dass die Kommunen einen mindestens sechzigprozentigen Anteil daran fordern, den Sie nicht zu geben bereit sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere an die Computerausstattung an Schulen. Auch hier lassen Sie die Kommunen im Regen stehen. Dasselbe gilt für die Kosten der R 6. Viele Kommunen müssen Notbaumaßnahmen durchführen. Auf die Zuschüsse, die Sie ihnen zugesagt haben, können sie warten, bis sie schwarz werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So sieht Ihre Unterstützung der Kommunen aus.

(Ach (CSU): Bleiben Sie bei der Wahrheit, Frau Kollegin!)

Ganz aktuell, Herr Kollege Ach, ist die Ganztagsbetreuung an Schulen, die ja eigentlich eine staatliche Aufgabe ist.

(Ach (CSU): Das hat mit den Gewerbesteuereinnahmen überhaupt nichts zu tun!)

Sie wollen die Kommunen ganz kräftig zur Kasse bitten. 600 Millionen DM sollen Städte und Gemeinden in den nächsten Jahren dafür aufbringen. Hinzu kommt das ständige Ärgernis der verzögerten Auszahlung von Zuschüssen, die die Kommunen zu kostspieligen Zwischenfinanzierungen zwingt.

(Ach (CSU): Das hat alles nichts mit dem Thema zu tun!)

Das, Herr Kollege Ach, ist Ihre Kommunalfreundlichkeit. Sie wollen von Ihren Sünden und Ihren Leichen ablenken, indem Sie mit dem Finger auf die Bundesregierung zeigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das ist Ihre Lösungkompetenz. Wenn es um Lösungskompetenz geht, ist bei Ihnen eine Fehlanzeige festzustellen. Schauen wir uns einmal an, wie sich die Staatsregierung verhält, wenn unverhofft ein Geldregen auf sie herunterfällt. Ganz treffend hat der „Nordbayerische Kurier“ nach den guten Steuerjahren hierzu in einem Kommentar geschrieben: Ihr da oben, wir da unten. Es hilft nichts, wenn in München die Kämmerer – gemeint war Herr Faltlhauser – frohlocken, vor Ort aber die Schulkinder in Uralt-Bussen zusammengepfercht wer

den. Das ist die Situation, für die Sie Verantwortung tragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Willi Müller (CSU): Es gibt Bundesländer, die überhaupt nichts für die Schulwegkosten ausgeben!)

Bevor sich nun die CSU als Retter der Kommunen aufspielt, möchte ich schon einmal darauf hinweisen, dass die Faltlhausersche Steuerreform die Kommunen 800 Millionen bis 1 Milliarde DM zusätzlich gekostet hätte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frau Biedefeld (SPD): Hört! Hört!)

Sie reden jetzt ständig davon, dass die nächste Stufe der Steuerreform vorgezogen werden soll. Hören Sie sich doch einmal an, was die Kommunen dazu sagen. Sie lehnen das einhellig ab, weil kommunalschädlich. Als die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage beschlossen wurde, habe ich keinen Aufschrei aus Bayern vernommen. Nein, der Finanzminister hat froh und glücklich die gut 100 Millionen Euro zusätzlich in seinen Haushalt eingestellt und war froh über dieses Geld. Noch Anfang November dieses Jahres hat der Finanzminister dem Bayerischen Städtetag geschrieben, dass er es nicht für sinnvoll erachtet, diesbezüglich eine Bundesratsinitiative zu unternehmen. Da schauen Sie, Herr Faltlhauser, was ich alles weiß.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt haben Sie sich gedacht: So, jetzt müssen wir einmal wieder in Vorlage gehen und wieder etwas tun, um Rot-Grün in Schwierigkeiten zu bringen. Jetzt sind Sie auch für eine Rücknahme der Erhöhung.

(Widerspruch bei der CSU)

Leute, beruhigt euch doch! Ich halte es auch für sinnvoll, diese Erhöhung zurückzunehmen, da die Voraussetzungen, unter denen sie beschlossen wurde, so nicht mehr gegeben sind. Ich bin ganz zuversichtlich, dass in Verhandlungen mit der Bundesregierung in dieser Richtung auch irgendetwas geschehen wird. Natürlich haben Bund und Länder die Aufgabe, für ihre Kommunen zu sorgen.

Des Weiteren können Sie im Bundesrat am 30. November initiativ werden, wenn es um die Fortführung der Unternehmenssteuerreform geht. Hierzu aber steht in Ihrem Antrag erstaunlicherweise gar nichts, während Bundesfinanzminister Eichel bereits eine Initiative zur so genannten Mehrmütterorganschaft eingeleitet hat. Diese sollten Sie unterstützen.

(Ach (CSU): Das hat er nur auf Druck gemacht!)

Herr Kollege Ach, da Sie sich heute über die Steuerfreiheit der Veräußerungserlöse mokieren, muss ich Sie fragen: Warum haben Sie denn zugelassen, dass alle größeren Unternehmensfusionen in den letzten Jahren – da

ging es um Milliarden von Mark – aufgrund des TauschGutachtens von 1958 durchgeführt wurden? So war es bei der Hypo-BV, so war es bei Bayernwerk/Viag, und sogar beim DASA-Aktienpaket hat der Freistaat sich darum bemüht, es steuerneutral, sprich steuerfrei einzutauschen. Das ist Ihre Moral, wenn es um Ihren eigenen Vorteil in Bayern geht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die bescheidenen Änderungsmöglichkeiten, die noch bestehen, werden die grundsätzlichen Probleme nicht lösen.

Tatsache ist: die Prognose der Gewerbeertragsteuer ist zum Lotteriespiel geworden. Innerhalb der einzelnen Kommunen gibt es enorme jährliche Schwankungen. Außerdem haben wir beträchtliche Unterschiede zwischen den Kommunen. Das hängt damit zusammen, dass die Anzahl der Zahler kleiner wird und die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten für die Global Player größer werden. Die Kommission zur Gemeindefinanzreform wird vielleicht noch heuer oder Anfang nächsten Jahres besetzt. Das habe ich letzten Freitag in Berlin erfahren. Sie können das nachhaltig unterstützen. Auch wir unterstützen das; denn die Kommunen haben ein Anrecht darauf, dass sie die nötige Finanzausstattung zur Erledigung ihrer Aufgaben erhalten und nicht darum betteln müssen. Der Gesetzgeber hat die Pflicht, zusammen mit den Spitzenverbänden die Finanzierung der kommunalen Aufgaben auf solide Beine zu stellen. Die Bürgerinnen und Bürger können das erwarten.

Hier geht es um Dinge, die Sie gemeinschaftlich mit den anderen Bundesländern und mit der Bundesregierung erledigen müssen. Deshalb ist es der Sache nicht dienlich, wenn Sie wieder mit einem derart unverschämten Ton antreten; denn in diesem Fall werden Sie nur eine Niederlage zum Schaden der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger erleiden.

Frau Kollegin Kellner, Ihre Redezeit ist erheblich überzogen. Ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

Herr Präsident, ich beantrage namentliche Abstimmung zu unserem Antrag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle fest: Zum Antrag der GRÜNEN und zum Antrag der CSU wurde jeweils namentliche Abstimmung beantragt –. Der nächste Redner ist Herr Kollege Dinglreiter.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute von Herrn Strasser und Frau Kellner bedauernswerte Ablenkungsmanöver gehört.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was beklagen eigentlich die Kommunen landauf landab? Sie beklagen eine Minderung der Einnahmen durch das gesunkene Gewerbesteueraufkommen.

(Hoderlein (SPD): Ihr Antrag ist ein Ablenkungsmanöver! Das Kernproblem ist die Finanzsituation!)

Meine Damen und Herren, das beste Förderprogramm für kommunale Einnahmen ist eine gute Konjunktur mit sprudelnden Steuereinnahmen. Die Steuereinnahmen sprudeln auch; denn trotz der so genannten größten Steuerreform aller Zeiten, wie es Herr Eichel immer sagt, nimmt er heuer 70 Milliarden DM mehr ein als Herr Dr. Waigel im Jahre 1998. Herr Eichel nimmt dieses Geld allerdings dort weg, wo es dringend gebraucht würde. Er schröpft die Arbeitnehmer, er schröpft die Rentner, und er schröpft den Mittelstand. Diese Gruppen sind deswegen nicht mehr in der Lage, Geld für nötige Anschaffungen und Investitionen auszugeben.