Ich will das wirklich noch einmal dezidiert sagen. Wer war es denn, der die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft hat? – Herr Kollege Ach, ich erinnere Sie an unsere Debatten im Haushaltsausschuss, in denen ich heftig gegen Ihre Vorstellungen eingetreten bin. Sie haben heute gesagt, die Gewerbesteuer sei keine verlässliche Größe mehr. Wie wahr! Aber diese Aussage beinhaltet auch, dass die Gewerbesteuer einmal eine verlässliche Größe war. Wir haben Ihnen in den Debatten damals gesagt: Wenn Sie die Gewerbekapitalsteuer abschaffen, dann bedeutet das, dass die Gewerbesteuer in einer Weise konjunkturreagibel wird und dass das für die Gemeinden die größten Probleme mit sich bringen wird. Diese Lage haben wir heute.
Deshalb finde ich es eine ziemliche Frechheit – entschuldigen Sie diesen Ausdruck –, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und so tun, als hätten Sie mit der ganzen Geschichte nichts zu tun. Sie haben die Gewerbekapitalsteuer abgeschafft. Heute sehen Sie die Folgen und beschweren sich auch darüber. Das nenne ich den Gipfel der christlichen Scheinheiligkeit.
Dann haben wir hier – das möchte ich auch noch kurz einflechten – einen Antrag der GRÜNEN. Der Antrag der GRÜNEN fordert doch allen Ernstes, wenn man das einmal in der Summe nimmt, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, die grüne Politik in der rot-grünen Koalition in Berlin durchzusetzen. Wenn das eine der Gipfel der christlichen Scheinheiligkeit ist, dann nenne ich Letzteres den Gipfel der grünen Naivität.
Ich halte mich lieber an das Wort, das Herr Kollege Dinglreiter zitiert hat. Er hat nämlich gesagt, hilfreich wäre ein Blick auf die ungetrübte Realität. Das finde ich auch. Was ist denn die ungetrübte Realität und die Grundlage all dieser Debatten um Kommunalfinanzen? – Die Grundlage dafür ist – und daran führt kein Weg vorbei –, dass verantwortlich für die Finanzausstattung der Kommunen die Bundesländer sind. Das ist der Kern unserer Finanzverfassung in der Bundesrepublik Deutschland.
Sie tragen die Verantwortung in Bayern für die Finanzausstattung der bayerischen Kommunen. In diesem Zusammenhang will ich noch einmal betonen, meine Damen und Herren von der CSU: Wer selbst im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werden. Wer so wie Sie den kommunalen Finanzausgleich in Bayern in den letzten zehn Jahren ausgezehrt und ausgehöhlt hat, dem fehlt jede innere Legitimität, die Bundesregierung zu kritisieren.
Ich will Ihnen dazu in der kurzen Zeit einige wenige Zahlen nennen. Der kommunale Finanzausgleich ist der Kern. Schauen Sie sich die Neunzigerjahre bis heute an. Das Haushaltsvolumen des Freistaates Bayern ist in dieser Zeit um 37% gestiegen. Die Leistungen im kommunalen Finanzausgleich, Freistaat Bayern an die bayerischen Kommunen, sind im gleichen Zeitraum nur um 28% gestiegen. Die Leistungen an die Kommunen neben dem Finanzausgleich, also andere Zuschüsse, sind in dieser Zeit nur um 20% gestiegen. Hier sehen Sie doch, dass sich die Schere zwischen der Haushaltsentwicklung des Freistaates einerseits und der Haushaltsentwicklung der Kommunen in Bayern andererseits notwendigerweise zu Lasten der Kommunen auseinander entwickeln muss. Dafür tragen Sie die Verantwortung.
Die einheitlichen Bundesstatistiken zeigen, dass der Freistaat Bayern seine Verschuldung in den Neunzigerjahren um 26% erhöht hat, aber die bayerischen Kommunen ihre Verschuldung in
der gleichen Zeit um fast 50% erhöhen mussten. Diese Zahl zeigt deutlich, dass Sie die Schuldenlast der Gesamtverantwortung Freistaat Bayern und Kommunen eindeutig auf die bayerischen Kommunen abgewälzt haben. Sie haben Ihren Haushalt auf Kosten der Kommunen saniert.
Das ist ein längerfristiges Problem, das Sie zu verantworten haben. Natürlich wird das in einer prekären Konjunkturlage noch schwieriger. Ich empfehle Ihnen, dass Sie zuerst einmal Ihre Hausaufgaben machen.
Herr Kollege Schieder, ich muss Ihnen leider das Wort entziehen. Es weiß eigentlich jeder, dass in der Aktuellen Stunde nur Fünf-MinutenBeiträge zulässig sind. Darauf muss man sich einrichten.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Die negativen Auswirkungen der Steuerpolitik der Bundesregierung auf die Kommunen in Bayern“ lautet das Thema dieser Aktuellen Stunde. Wer die Debatte bisher verfolgt hat, muss feststellen, dass die Opposition keinerlei Interesse hat, sich ernsthaft mit dieser Problematik auseinander zu setzen.
Zu den Kollegen Strasser, Schieder und teilweise auch zur Kollegin Kellner fällt mir nur ein: versuchtes Ablenkungsmanöver, misslungen, Thema verfehlt, setzen, Note 6.
Frau Kollegin Kellner, Sie sprechen die Schulpolitik an. Nehmen Sie das Beispiel der Landeshauptstadt München. Die Presse war kürzlich voll von Ausführungen über die Schulpolitik und die Ausstattung der Schulen durch die Landeshauptstadt. Riesenprobleme! Da regiert bekanntlich Rot-Grün.
Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass die finanzielle Ausstattung unserer Kommunen durch den Freistaat Bayern beispielhaft und mit keinem anderen Bundesland vergleichbar ist. Ich darf in Erinnerung rufen: Auch Privatisierungserlöse wurden an die Kommunen weitergegeben. Es ist aber ebenso eine Tatsache, dass die Kommunen unter den Entscheidungen des Bundes leiden, unter einer verfehlten Arbeitsmarkt-, Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik.
Es ist wohl auch kein Zufall, Herr Kollege Wahnschaffe – jetzt ist er nicht mehr da –, dass Deutschland mit unter einem Prozent in der Europäischen Union Schlusslicht beim Wirtschaftswachstum ist. Dafür ist doch nicht der Freistaat Bayern verantwortlich. Wir spüren jetzt die Auswirkungen der Steuerreform: zu zaghaft, zu spät, falsche Ansätze, Wirkung verpufft. Was wir alle erwartet hätten, haben wir nicht; wir haben weniger Steuereinnahmen und keine Anschubwirkung für die Binnennachfrage.
Kollege Meyer hat die UMTS-Lizenzen angesprochen. Der Bund hat die Lizenzgebühren zuerst hinaufgetrieben; die Steuereinnahmen sind natürlich aufgrund der Verluste beziehungsweise der geringeren Gewinne zurückgegangen. Jetzt weigert sich die Opposition im Landtag, die Messprogramme durch den Bund mitfinanzieren zu lassen. Ich kann dazu nur sagen: schäbig.
Wenn wir vom Bund reden, dann muss man sagen: Der Bund hat einen Namen, nämlich SPD und GRÜNE. Es wäre eine Aufgabe der Bundesregierung gewesen, sich mit den Kommunalfinanzen und mit der Frage der Gewerbesteuer ernsthaft auseinander zu setzen. Hier ist wieder einmal Fehlanzeige, außer Ankündigungen nichts gewesen. Es war unser Finanzminister Kurt Faltlhauser, der dieses Thema aufgegriffen und zu einem Forum Gewerbesteuer eingeladen hat. Er hat mit allen Beteiligten dieses Thema diskutiert und macht jetzt – Gott sei Dank – der Bundesregierung über den Bundesrat Beine.
Frau Kollegin Kellner, es ist interessant. Ein Vergleich Ihrer Ausführungen mit Ihrem Antrag irritiert mich leicht. Einerseits sagen Sie, das ist alles Quatsch, was wir hier verzapfen, und auf der anderen Seite stellen Sie den Antrag, dass der Bund mit der Gewerbesteuerumlage wieder zurückgehen soll.
Wenn ich schon bei den GRÜNEN bin: Der Straßenbau ist auch so ein Thema. Sie fordern einerseits hier im Landtag ständig, die Straßenbaumittel zu verringern.
Da können Sie lachen, soviel Sie wollen. Auf der anderen Seite muten Sie den Kommunen zu, diese Maßnahmen selbst zu finanzieren, Widersprüche über Widersprüche.
Frau Kellner, Sie sagen, wir würden mit dem Finger auf den Bund zeigen, anstatt nach Partnern zu suchen.
Wenn Sie dann den Länderfinanzausgleich heranziehen, dann muss ich sagen: Sie haben ein sehr kleines Kurzzeitgedächtnis. Es waren ganz wesentlich die Bemühungen der CSU und der Bayerischen Staatsregierung, die zu den Änderungen geführt haben. Wenn wir so verfahren wären, wie Sie es gefordert haben, dann würden wir heute noch diskutieren.
Es bleibt festzustellen: Die Bundesregierung wird ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen in keiner Weise gerecht. Die ruhige Hand des Bundeskanzlers ist ganz offensichtlich in der Zwischenzeit eingeschlafen. Die Regierungsverantwortung in Berlin hat die Opposition im Bayerischen Landtag offensichtlich für die Belange blind gemacht, die Bayern, die Kommunen und unsere Bürgerinnen und Bürger betreffen. Ihr vorauseilender Gehorsam gegenüber Berlin ist in der Zwischenzeit schon sprichwörtlich.
Kollege Schieder, Sie haben hier auf den Putz gehauen. Sie sollten die Augen nicht vor der Realität verschließen. Es ist jämmerlich, was die SPD hier in Bayern bietet. Sie ist zu Recht in der Opposition, und sie wird zu Recht in den nächsten Jahrzehnten dort sein, weil sie dort hingehört.
Ich kann nur eines sagen: Tun Sie etwas für die Kommunen und stimmen unserem Dringlichkeitsantrag zu. Dann tun Sie das Richtige für die Zukunft unserer Kommunen in Bayern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will zunächst noch auf einen sehr bemerkenswerten Vorgang hinweisen: Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen demonstrieren in Berlin in Permanenz Geschlossenheit und auch Entschlossenheit, das Falsche aufrecht zu erhalten. Dies gilt auch für die komplizierte und alle Kommunen bewegende Frage der Gewerbesteuerumlage. Zu den Koalitionsfraktionen gehört – wenn ich das richtig in Erinnerung habe – auch die Fraktion der GRÜNEN.
Die GRÜNEN in Berlin haben es nachhaltig abgelehnt, irgendwelche Initiativen zur Gewerbesteuerumlage zu starten. Hier liegt auf Drucksache 14/7899 ein Antrag vor: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Rahmen einer Bundesratsinitiative die Rücknahme der Steuersenkungsgesetze...“ und so weiter „... vorzunehmen“.