Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

Herr Minister Dr. Beckstein, auch die SPD-Fraktion hat wiederholt Gespräche mit dem Bayerischen Landesfeuerwehrverband geführt. Dieser Verband hat uns gegenüber erklärt, 98% der Probleme mit der Sozialversicherungspflicht seien in der Zwischenzeit erledigt. Herr Staatsminister, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie müssen auch bei den Feuerwehren Ihre Hausaufgaben machen. Ich halte nichts davon, die Sportvereine gegen die Feuerwehren auszuspielen oder umgekehrt. Wir brauchen ein umfassendes ehrenamtliches Engagement. Sie haben von der aktiven Bürgergesellschaft gesprochen. Deshalb kann es nicht angehen, dass Sie eine Gruppe gegen die andere ausspielen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kollegen von der CSU, bezüglich der Anrechnung der Ausbildung, sind andere Bundesländer schon seit zehn Jahren weiter als Bayern. Auch hinsichtlich der

abhängigen Beschäftigungsverhältnisse sollten wir und Sie in Ihrem Haus über eine Lösung des Problems nachdenken. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Der Bundeskanzler hat sein Wort gehalten. Zu Ihrer Information: Der frühere Finanzminister Erwin Huber hat es im Juli 1998 nicht für notwendig gehalten, die Aufwandsentschädigung anzuheben. Deswegen hat der Bundeskanzler Wort gehalten und etwas für die Feuerwehren getan.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme damit zu den Finanzen. Heute wurden immer wieder die Steuern angesprochen. Sie sollten nicht ablenken. Frau Präsidentin, ich möchte aus einem Zeitungsbericht zitieren:

In vielen Städten und Gemeinden ist die finanzielle Lage in den letzten Jahren kritisch geworden. Die allgemeine Konjunkturschwäche in Verbindung mit steigenden Pflichtaufgaben hat die Kommunen vielerorts an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit getrieben. In entscheidendem Maße hängt diese Leistungskraft von ihren Steuereinnahmen ab, die sich bis vor einigen Jahren noch durchaus positiv entwickelt haben. Dies hat sich in den meisten Regionen inzwischen in ein negatives Bild verkehrt. Zur Verunsicherung tragen auch die Diskussionen um die Abschaffung der Gewerbesteuer bei.

Aus welchem Jahr stammt wohl dieses Zitat? – Dieses Zitat stammt aus der Zeit, in der die CSU im Bund Mitverantwortung getragen hat, nämlich vom August 1997. Herr Minister, ich kann Ihnen diese Zeitungsmeldung zur Verfügung stellen, damit Sie endlich wissen, wer für was verantwortlich ist.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Beckstein, ich frage Sie als den zuständigen Kommunalminister: Ist es richtig, dass die Einnahmen aus der Einkommensteuer im Jahr 2001 im Gegensatz zu dem, was den Kommunen gesagt wurde, tatsächlich um 400 Millionen DM höher liegen? Ich erwarte von einem Minister, dass er an dieses Pult tritt und die Fakten darstellt. Herr Minister, Anfang des Jahres 2001 wurde den Kommunen mitgeteilt, dass sie eine Einkommensteuerbeteiligung von 7,59 Milliarden DM erhalten werden. Am Ende des Jahres haben die Kommunen 8,036 Milliarden DM erhalten. Ich halte es für unglaublich, dass der Minister diese Zahlen nicht kennt und nicht darlegt. Herr Minister, Sie sollten sagen, wie es wirklich ist. Sie haben heute im Übrigen eine schlechte Vorstellung abgeliefert.

(Kaul (CSU): Herr Kollege Strasser, wir sind da ganz anderer Meinung!)

Die Gemeinden haben tatsächlich 8,036 Milliarden DM erhalten. Das Landesamt für Statistik hat den Gemeinden inzwischen mitgeteilt, dass sie auch in diesem Jahr mit mehr Einkommensteuer rechnen können.

Nun komme ich zur Gewerbesteuerumlage: Die Staatsregierung hat noch mit Schreiben vom 16. Oktober 2001 erklärt, dass sie die Rücknahme der Erhöhung der

Gewerbesteuerumlage nicht für sinnvoll hält. Sie betrachtet diese Rücknahme der Erhöhung nicht als sinnvoll. Ich erwarte von einem Minister, also einem Mitglied der Staatsregierung, dass er an diesem Pult erklärt, dass er aus diesen und jenen Gründen dieser Auffassung war. Außerdem sollten Sie darstellen, wer im Bundesrat dafür und wer dagegen war. Herr Minister, erwarten Sie, dass die Länder, die aufgrund Ihrer Initiative zum Länderfinanzausgleich stärker zur Kasse gebeten wurden, plötzlich sagen, dass sie erneut weniger Geld in der Kasse haben? Auch hier gelten die Worte: Du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten. Herr Minister, was Sie hier gesagt haben, ist nicht redlich.

(Beifall bei der SPD)

Unser Antrag ist berechtigt. Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser hat nämlich laut einer Zeitschrift erklärt, dass er bereit sei, auf seine Einnahmen zu verzichten.

(Meyer (CSU): Der Bund!)

Lieber Herr Kollege Franz Meyer, was ich soeben zitiert habe, hat sogar der Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber gesagt. Sie werden doch nicht sagen, dass Ihr Ministerpräsident etwas Falsches gesagt hat.

Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber hat erklärt, auf die Hälfte dieser Entlastung – das sind 120 Millionen e – könnte man verzichten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Gröber (CSU))

So war auch die Aussage von Herrn Faltlhauser. Wenn man auf diese Einnahmen verzichten kann, aber nichts beschlossen wird, sollte man über eine Alternative nachdenken. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Das hat auch etwas mit Ehrlichkeit in der Politik zu tun. – Bitte schön, Herr Faltlhauser.

Herr Strasser, würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass sowohl der Finanzminister als auch der Ministerpräsident selbstverständlich gesagt haben: Wir sind unsererseits bereit, die Ausfälle für das Land mit – –

(Zurufe von der SPD: Frage!)

Schulmeistern Sie mich nicht! Frau Präsidentin, wenn ich darf, stelle ich nochmals die Frage: Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass sowohl der Finanzminister als auch der Ministerpräsident zum Ausdruck gebracht haben, dass selbstverständlich auch wir, der Freistaat Bayern, bereit sind, die Ausfälle für Bayern zu tragen, wenn die Anhebung der Gewerbesteuerumlage zurückgenommen wird? Darf ich Sie darauf hinweisen, dass der bayerische Finanzminister selbstverständlich nicht gemeint hat, dass alleine wir Opfer bringen, während die anderen keinerlei Reaktion zeigen?

Herr Prof. Dr. Faltlhauser, dann sollten Sie Ihrem Ministerpräsidenten sagen, dass er klar äußern sollte, was er will. Das macht er grundsätzlich nicht, auch dieses Mal nicht. In einer Ausgabe der

„Bayerischen Staatszeitung“ steht, Bayern sei bereit, die Hälfte dieser Entlastung zu schultern. Bitte tun Sie es. Sie haben heute dazu mit unserem Antrag die Möglichkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vorhin wurde noch das leidige Thema der 6 Milliarden Schulden angesprochen. Herr Beckstein, ich stelle fest, dass sie unwahrscheinlich schlecht informiert sind. Sie können von uns Informationsmaterial haben, wenn Ihr Ministerium so etwas nicht hat. Es geht um die 6 Milliarden Zuschüsse. Herr Beckstein, wer hat das gesagt? Das waren doch nicht wir, das war nicht die SPD-Fraktion, das war nicht Heinz Mehrlich, das war niemand von uns. Herr Dr. Beckstein, Sie müssen einmal nachlesen, wer das gesagt hat. Am 19.03.1997, als Erwin Huber vorgeschlagen hat, die Kommunen sollten Baumaßnahmen vorziehen, hat Herr Deimer – das ist wirklich keiner von uns – wörtlich erklärt:

Ganz im Gegenteil müssen die Kommunen schon heute in ganz Bayern Staatszuschüsse von 6 Milliarden für Schulen, Kindergärten, Feuerwehrhäuser und Kläranlagen zwischenfinanzieren, weil sich der Staat, sprich die Bayerische Staatsregierung, als ausgesprochen säumiger Zahler entpuppt.

Das hat der Chef des Städtetags erklärt. Der Bayerische Gemeindetag hat noch eine etwas differenziertere Vorlage gemacht und gesagt, der bayerische Staat schulde den bayerischen Kommunen 4,2 Milliarden DM. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen. Sie machen mir nicht weis, dass diese 6 Milliarden in der Zwischenzeit abgebaut worden sind.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Staatsminister Dr. Beckstein)

Nein, das hat Herr Deimer gesagt. Wir haben immer wieder auf dieses Zitat hingewiesen.

(Zuruf von Staatsminister Dr. Beckstein)

Sie sollten Ihr Ohr am Bürger haben. Vor sechs Jahren zum Beispiel wurde ein Krankenhaus eingeweiht, das seitdem in Betrieb ist und bestens funktioniert. Der Landkreis erhält noch insgesamt 2,4 Millionen e oder 4,8 Millionen DM dafür. Herr Minister, mit Ihrer Aussage, das sei eine kommunalfreundliche Politik, liegen Sie falsch. Es ist eine äußerst kommunalunfreundliche Politik, die Sie zu verantworten haben.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Frau Abgeordneten Stamm (CSU))

Ich habe vorhin von einem Sündenregister gesprochen. Sie reden immer wieder über den Länderfinanzausgleich. Bleiben Sie bei uns im Lande, verhalten Sie sich als Regionalpartei und machen Sie Ihre Hausaufgaben in Bayern!

(Beifall bei der SPD)

Franz Meyer wird zu diesem Thema anschließend vielleicht noch Stellung nehmen. Mich beunruhigt folgende Entwicklung. Ich weiß, dass die Niederbayern Enormes leisten; das sind fleißige Menschen. Es kann aber nicht sein, dass die fleißigen Menschen in Niederbayern eine niedrigere Steuerkraft haben als die fleißigen Menschen in Oberbayern. Niederbayern hat heute nur noch 56% der Steuerkraft von Oberbayern, während es vor fünf Jahren noch bei 62% lag. Herr Minister, dann müssen Sie dem Parlament sagen, dass das anders werden muss und wir etwas tun müssen. Aber nein, Sie zeigen nur auf Berlin. Das ist zu wenig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Nun zum Konnexitätsprinzip und zur Aufgabenverlagerung. Wir Sozialdemokraten haben immer gesagt: Wer anschafft, muss auch zahlen. Was macht die Bayerische Staatsregierung? Sie verlagert ständig Aufgaben von oben nach unten. Wer hat denn die Heimaufsicht von der Bezirksregierung auf die Landratsämter verlagert? Das war doch die CSU-Staatsregierung. Warum müssen sich die Landkreise in der Zwischenzeit an dem Betriebskostendefizit von kirchlichen Schulen oder Gymnasien beteiligen? Weil der Freistaat Bayern wegen des Schulfinanzierungsgesetzes ein säumiger Zahler ist. Das ist nicht in Ordnung. Die Landkreise müssen bezahlen, und Aufgaben werden ständig von oben nach unten verlagert. Die Schulsozialarbeit müssen die Kommunen bezahlen. Mit welchem Recht? Sozialpädagogen werden jetzt an den Gymnasien eingestellt, weil in den acht Jahren Abitur gemacht werden soll. Die Sozialpädagogen werden vom Staat bezahlt. Die Schulsozialarbeit dagegen bezahlen die Kommunen. Ist das eine kommunalfreundliche Politik?

(Zuruf von Staatsminister Dr. Beckstein)

Herr Staatsminister, das müssen Sie sich einfach anhören. Von der Ganztagsbetreuung haben wir heute schon gesprochen.

Auch die Schülerbeförderung gehört zu Ihrem Sündenregister. Tatsache ist, dass die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion bei der Schulreform den Kommunen eine 80%ige Erstattung der Schülerbeförderungskosten versprochen haben. Dieses Versprechen haben Sie bis zum heutigen Zeitpunkt nicht eingelöst. Den Kommunen fehlen deswegen 82 Millionen DM oder 41 Millionen e. Sie wissen genau, wie der Senat, als es ihn noch gab, früher dazu entschieden hat. Sie geben den Kommunen nicht das Geld, das Sie ihnen versprochen haben. In der Dorferneuerung fehlen im Vergleich zu 1992 34 Millionen DM. Beim Straßenbau wird, wie Sie vorhin erwähnt haben, zeitgemäß ausbezahlt.

Die SPD-Fraktion erwartet von einem Minister, dass sein Wissen auf dem neuesten Stand ist. Sie erklären heute, dass die Gelder sehr schnell fließen. Sie sollten aber auch erklären, dass nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz etwa 300 Millionen DM für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung stehen. Draußen tun Sie überall so, als wären das Mittel des Freistaates Bayern. Das sind doch Bundesmittel aus der Mineralöl

steuer. Sie sollten auch darauf hinweisen, dass das Innenministerium die Zuschüsse aus dem GVFG klammheimlich um nahezu 10% gekürzt hat, sodass den Kommunen auch 60 Millionen DM fehlen. Wer soll das dann bezahlen?

Ich kann mit dem Beispiel der Feuerwehr weitermachen, auch wenn ich dieses Thema nicht vertiefen will. Herr Minister, Tatsache ist, dass früher Feuerwehrgerätehäuser auch über das FAG gefördert worden sind. Das hat die Bayerische Staatsregierung geändert mit der Folge, dass lange Wartezeiten entstehen. Dafür sind doch Sie verantwortlich, nicht der Bundeskanzler oder die Bundesregierung. Allein die Bayerische Staatsregierung ist dafür verantwortlich, dass die Feuerwehren sträflich vernachlässigt und nicht ordnungsgemäß behandelt werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir orientieren uns an den Fakten. Fakt ist auch – jetzt sind auch einige Kollegen aus dem Regierungsbezirk Schwaben da –, dass die Bayerische Staatsregierung die Pauschalförderung für die Feuerwehren gekürzt hat. Für den Regierungsbezirk Schwaben gab es im letzten Jahr noch 1,2 Millionen DM; in diesem Jahr gibt es nur noch 800000 DM. Herr Minister, dafür sind doch Sie verantwortlich, nicht andere. Dann sollten Sie auch zugeben, dass Sie für die 30%ige Kürzung verantwortlich sind.

Die Kürzung der Leistungen für die Kommunen im Zusammenhang mit der RZWas beträgt 15%. Es ist enorm, wie Sie hier die Mittel für die Kommunen gekürzt haben.