Wir wissen, dass in den Einrichtungen der Mütter-KindKuren zu 70% Frauen sind, die bei der AOK versichert sind. Die Ersatzkassen sind bei weitem nicht so stark tangiert. Bei der Techniker-Krankenkasse sind in der Regel keine allein erziehenden Frauen versichert. Diese Frauen sind häufig sozial schwach und haben entsprechende Probleme. Deshalb müssen wir uns die Frage stellen, ob diese versicherungsfremden Leistungen – ich tituliere sie so – in den gesetzlichen Krankenversicherungen verankert werden müssen. Der Herr Finanzminister sollte gefragt werden, inwieweit solche Maßnahmen vom Steuerzahler bezahlt werden sollten.
Wir sprechen heute über Marginalien im Haushalt der gesetzlichen Krankenversicherungen, insbesondere der AOK. Wenn die Frauen jedoch diese Zuzahlungen zu leisten hätten, wäre die Mutter-Kind-Kur für viele AOKVersicherte nicht mehr finanzierbar. Wir haben mehrere Möglichkeiten: Jochen Wahnschaffe hat angeregt, diese Kuren als Regelleistung im Laufe der nächsten Legislaturperiode ins SGB V aufzunehmen. Dazu muss man deutlich sagen, dass die Kosten dann in den Risikostrukturausgleich fließen würden. Dann würden die Ersatzkassen aufschreien. Herr Kollege Kobler, ich frage Sie, wie Sie sich in diesem Fall verhalten würden.
Die zweite Möglichkeit wäre, diese Kuren innerhalb der AOK um eine Woche zu kürzen, sodass die Kuren künftig in 14-tägigem Rhythmus angeboten würden. Dann
würde zumindest das Grundgerüst erhalten bleiben. Ich bin der Meinung, wir sollten dieses Problem nicht auf dem Rücken der Ärmsten und der Frauen austragen. Deshalb wäre es gut, wenn sich die AOK zu einem Umdenken bewegen ließe oder wenn eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene zustande käme. Sie dürfen sich aber nicht davonstehlen: Sie haben in der Diskussion sofort zum Hammerwort gegriffen und gesagt, dies wäre eine Kriegserklärung gegen die Frauen. So wie Sie sich normalerweise zur Gesundheitspolitik äußern, kann ich nur sagen: Gott sei Dank liegt diese Verantwortung nicht in Ihrer Hand.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wahnschaffe, ich habe mit Erstaunen gehört, dass Sie sich bemühen werden, in der nächsten Legislaturperiode die Mutter-Kind-Kuren zu einer Regelleistung zu machen. Sie sind jetzt schon in der Regierungsverantwortung im Bund und könnten dies jetzt schon machen. Ich möchte Sie auf die Gefahr aufmerksam machen, dass, wenn Sie bis zum nächsten Jahr warten, viele Heime verschwunden sind, weil die Kürzungen für sie existenzbedrohend sind, da sich viele Frauen eine Zusatzzahlung von bis zu 2000 Euro für drei Wochen überhaupt nicht leisten können. Diese Situation sollten Sie sich genau anschauen. Um jeder Geschichtsklitterung vorzubeugen, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass meine Vorgängerin, Barbara Stamm, dafür gesorgt hat, dass die medizinische Vorsorge und die medizinische Rehabilitation für Mütter im SGB V verankert wurde. Deswegen meine ich, Sie sollten hier die Geschichte sehen.
Es beschäftigt mich intensiv, dass es natürlich gerade wieder die sozial Schwachen unserer Gesellschaft trifft, nämlich die alleinerziehenden Mütter und Mütter von mehreren Kindern, die einerseits wenig Geld haben und sich die hohen Zusatzzahlungen nicht leisten können, aber andererseits die Kuren dringend notwendig hätten.
Deswegen halte ich diese Kürzungsmaßnahmen insbesondere mit Blick auf die Diskussion von heute Vormittag für ausgesprochen schwierig und unerträglich. Herr Wahnschaffe, übrigens haben uns gestern die Vertreter von VDAK, den gesetzlichen Ersatzkrankenkassen, gesagt, sie hätten die Zusatzzahlungen für ihre Kuren auf 90% gekürzt, und dies vor dem Hintergrund, dass heute die Mutter-Kind-Kuren notwendiger denn je sind.
In dieser Situation hat die AOK Bayern die mittlerweile beantragte Satzungsänderung bereits umgesetzt. Gestern lag sie beim Oberversicherungsamt Südbayern noch nicht einmal vor. Dennoch sind jetzt schon
Bescheide an Mütter ergangen und wurden ihnen bereits die künftigen Pauschalen und tatsächlich zu leistenden Zuzahlungen aufgrund einer nicht genehmigten Satzung mitgeteilt, obwohl die Satzungsänderung erst heute beim Oberversicherungsamt Südbayern beantragt wurde. Ich möchte auf diese Vorgehensweise aufmerksam machen.
Frau Kollegin Steiger, Sie können das für gut und richtig halten. Ich aber sage, diese Vorgehensweise kann nicht in Ordnung sein.
Ich fordere alle Mütter auf, die eine Kur beantragt und einen entsprechenden Bescheid bekommen haben, diese Bescheide an unser Haus zu schicken, weil wir diesen Bescheiden nachgehen werden. Sie können aufgrund einer Satzungsänderung nicht jetzt schon rückwirkend geltende Bescheide erlassen und so tun, als ob diese schon ab Verwaltungsratsbeschluss gelten. Dieses Vorgehen halte ich für unredlich. Ich hoffe, dass Ihre Zwischenrufe nicht bedeuten, dass Sie dieses billigen.
Wir werden uns die beantragte Satzungsänderung sehr genau ansehen und exakt überprüfen; denn ich halte sie nicht nur familienpolitisch, sondern auch arbeitsmarktpolitisch für verfehlt. Sie wissen ganz genau, dass auf diesem Gebiet etliche Einrichtungen schließen müssen, weil sie ihre bisher vorhandenen Angebote in dieser Form nicht mehr aufrecht erhalten können.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wahnschaffe?
Frau Staatsministerin, Sie haben ausgeführt, dass Sie sich die Satzungsänderung genau ansehen werden; dies ist Ihre Pflicht als Rechtsaufsichtsbehörde. Darf ich Ihren Worten entnehmen, dass Sie diese Rechtsaufsicht in eine Fachaufsicht umdeuten mit dem Ziel, die AOK soll diese Satzungsänderung zurücknehmen?
Herr Kollege Wahnschaffe, wir werden diese Rechtsaufsicht nicht in eine Fachaufsicht umdeuten, wie Sie ganz genau wissen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass schon jetzt Zuwendungsbescheide der AOK Bayern herausgehen, und dies ist vor dem Hintergrund, dass noch keine Satzungsänderung beantragt war, absolut falsch. Insofern hätte ich gern ein paar kritische Worte von Ihrer Seite gehört. Stattdessen wird gesagt, was hier von der AOK geleistet werde, sei in Ordnung.
Ich bin vor dem Hintergrund, Arbeitsplätze zu erhalten, schon der Ansicht, dass existenzbedrohende Wirkungen vermieden werden sollten, dass es die Notwendigkeit angemessener Übergangsregelungen den Leistungserbringern gestattet, sich auf die neue Situation einzustel
Mit Blick auf diese schwierige Situation, die brisante Thematik und die Tatsache, dass die Sparvorschläge wieder einmal an den Müttern ausgehen, habe ich die Vertreter des Vorstands und des Verwaltungsrats der AOK, aber auch die Träger von Heimen, die Mutter-KindKuren anbieten, zu einem Vermittlungsgespräch eingeladen. Denn ich meine, dass wir uns gemeinsam bemühen müssen – ich kann in diesem Fall nicht mehr tun, als zu moderieren und vermitteln –, hier einen gangbaren Weg zu finden, der auf der einen Seite den Erhalt der Mütterkuren garantiert und auf der anderen Seite der schwierigen finanziellen Situation der AOK Bayern Rechnung trägt.
Mit Sicherheit ist die finanziell schwierige Situation der AOK Bayern auf die verfehlte Gesundheitspolitik der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zurückzuführen. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Ich denke nur an die Ausgabensteigerung, die wir unter der rot-grünen Bundesregierung in der Gesundheitspolitik hatten. Auch der Bundeskanzler führt mittlerweile das Wort „Eigenverantwortung“ im Munde.
Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass wir von den Grundund Wahlleistungen abgerückt sind und letztlich ein anderes Modell eingebracht haben, das ich für sehr sinnvoll halte und das verstärkt auf die Eigenverantwortung der Menschen abstellt. Darüber können wir ein anderes Mal sprechen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die CSU-Fraktion auffordern, Ihren Dringlichkeitsantrag zurückzuziehen, weil er nach den Erklärungen der Staatsministerin offensichtlich rechtswidrig ist. Denn Sie fordern in Ihrem Antrag nicht mehr und nicht weniger, als dass die Frau Staatsministerin als Rechtsaufsichtsbehörde als Fachaufsicht tätig wird – das heißt, nicht Recht-, sondern Fachaufsicht –, also inhaltlich auf Satzungen Einfluss nimmt.
Wie ich heute bereits ausgeführt habe, sind Gott sei Dank in Bayern die Kur- und Heilbäder wieder ausgelastet. Dies ist ein Erfolg der rot-grünen Gesundheitspolitik.
Ich fordere Sie hiermit auf, öffentlich zu erklären, dass, wie Frau Frau Staatsministerin Stewens ausgeführt hat, nicht nur die Landes-AOK, sondern auch andere Kassen Kürzungen vorgenommen haben. Insofern sind die Forderungen in Ihrem Antrag eine Diskriminierung einer landesunmittelbaren gesetzlichen Krankenkasse.
Frau Frau Staatsministerin Stewens, eines ist für uns keine Frage: Wenn sich jemand rechtswidrig verhalten hat und wenn noch vor Genehmigung der Satzungsänderung rechtswidrige Bescheide der Landes-AOK ergangen sind, ist es Aufgabe der Rechtsaufsichtsbehörde, dagegen einzuschreiten.
Das ist Ihre Pflicht und darüber brauchen wir nicht ausführlich zu reden. Sie haben in diesem Punkt unsere volle Unterstützung, immer vorausgesetzt der Sachverhalt trifft so zu, wie Sie es dargestellt haben. In diesem Sinne bitte ich noch einmal um die Zustimmung zu unserem Antrag und fordere die CSU auf, ihren Antrag zurückzuziehen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zunächst hat Frau Kollegin Kellner und dann Herr Kobler das Wort.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsministerin Stewens, Herr Kollege Kobler, ich finde, es ist nicht redlich, wie hier die Diskussion geführt wird.
Es ist Anliegen aller, dass Mutter-Kind-Kuren erhalten werden. So weit, so gut. Wenn es ans Bezahlen geht, geht es an das Eingemachte. Frau Staatsministerin Stewens, ich frage Sie: Was empfehlen Sie denn der AOK, wenn das Geld nicht reicht?
Wo soll sie denn kürzen oder soll sie die Beiträge erhöhen? Ich finde, es ist nicht in Ordnung, dass Sie sich hier hinstellen, wohlwissend, dass viele von denen, die solche Kuren in Anspruch nehmen, bei der AOK versichert sind. Die AOK hat als Kasse zu kämpfen, weil sie gerade die geringer verdienenden Bürgerinnen und Bürger als Mitglieder hat. Sie bürden ihr Lasten auf, die aus meiner Sicht die Allgemeinheit zu tragen hat, weil es sozial indizierte Kuren sind. Ich frage Sie: Wo bleibt der Beitrag der Gutverdienenden, der Privatversicherten? Wo bleibt der Beitrag der Ersatzkassen?
Ich frage Sie: Wie halten Sie es mit der Selbstverwaltung? Ich erlebe andauernd als Zuhörerin – ich bin ja
nicht Sozialpolitikerin –, dass Sie immer dann, wenn es etwas zu regeln gibt, Sie aber nichts regeln wollen, immer sagen: „Selbstverwaltung, wir können nichts tun, es herrscht ja Selbstverwaltung. Ich weise das weit von mir.“