Protokoll der Sitzung vom 19.04.2002

Meine Damen und Herren, eine Zäsur, ein Schock für Landwirte und Verbraucher – das waren die ersten BSEFälle in Deutschland und Bayern. Verunsicherung der Verbraucher, massive wirtschaftliche Verluste für Bauern und Lebensmittelbetriebe waren die Folgen. Die Staatsregierung hat unverzüglich Konsequenzen für einen wirksamen Schutz der Verbraucher gezogen:

Mit dem Verbraucherschutz- und Gesundheitsministerium, das wir als erstes Land in Deutschland eingerichtet haben und das durchaus als Modell für Deutschland angesehen werden kann,

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein ziemlich schlechtes Modell!)

haben wir die Kompetenzen für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz gebündelt. Mit der Verbraucherinitiative Bayern für sichere Lebensmittel und gesunde Landwirtschaft verstärken wir die Kontrollen und die Informationsmöglichkeiten für Verbraucher, fördern wir die regionale Vermarktung und schaffen ein neues bayerisches Qualitätssiegel „Geprüfte Qualität“.

Mit den Maßnahmen und Hilfen sind wir unserer Verantwortung insbesondere gegenüber der schwer getroffenen Landwirtschaft gerecht geworden. Anders die Bundesregierung: Was für Künast eine grüne Wende, ist für viele Bauern das bittere Ende!

(Beifall bei der CSU)

Die Staatsregierung weiß, welche Bedeutung die bäuerlichen Familienbetriebe in Bayern haben. Sie können sicher sein, dass wir alles in unserer Macht Stehende unternehmen, damit die bäuerliche Landwirtschaft in Bayern Perspektiven hat.

Die Terrorangriffe des 11. September des letzten Jahres haben in ungemein drastischer Weise verdeutlicht, wie sehr Menschenleben, Familien, die Wirtschaft, eine ganze Gesellschaft auf den Schutz vor Terror, Verbrechen und Gewalt angewiesen sind. In kürzester Zeit wurden Menschenleben ausgelöscht, Familien zerstört, Arbeitsplätze vernichtet, eine Stadt gelähmt, eine Supermacht bis ins Innerste getroffen. Hier hat sich in einem Augenblick, für alle deutlich sichtbar, gezeigt, was sich sonst nur schleichend entwickelt und von vielen kaum wahrgenommen wird: Wie sehr grenzenlose Gewalt, Terror und Kriminalität eine Gesellschaft unterminieren, ja zerstören können, wie notwendig effizienter Schutz davor ist. Freiheit ist ohne Sicherheit nicht denkbar.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Das ist von Schily! – Maget (SPD): Ein Originalzitat!)

Meine Damen und Herren, ich freue mich über jeden, der dazugelernt hat. Sie wissen, ich war viereinhalb Jahre Innenminister dieses Landes. Ich mag gar nicht daran denken, was damals der Politiker Schily von den GRÜNEN über die innere Sicherheit gesagt hat.

(Maget (SPD): Der lernt wenigstens dazu; das täte Ihnen auch gut!)

Ich freue mich, dass hier Lernprozesse stattfinden, aber es wird immer noch zu wenig gelernt.

(Beifall bei der CSU)

Die Staatsregierung hat die simple, aber essenzielle Wahrheit, dass Freiheit ohne Sicherheit nicht denkbar ist, immer beherzigt. Innere Sicherheit war immer unser Anliegen. Wir reagieren sofort auf neue Kriminalitätsentwicklungen. Gegen Kriminalität aller Art wird konsequent eingeschritten. Rechtsfreie Räume wurden und werden nicht geduldet. Unsere Polizei steht im Dienst am Bürger, und deshalb steht jede Bayerische Staatsregierung – und diese im besonderen Maße – zu ihrer Polizei. Unsere qualifizierte, hochmotivierte und engagierte Polizei ist der entscheidende Garant für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Bayern.

Mit umfangreichen Maßnahmen wie der „Initiative Bayern Sicherheit“ setzen wir diese Grundsätze um, zum Beispiel mit Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen – diese haben wir gegen den Widerstand auch der Opposition durchgesetzt –, mit modernster Informationsund Kommunikationstechnik und einem Datenverbund zwischen Polizei und Justiz, mit neu entwickelten Schutzwesten für die Polizei und mit der flächendeckenden Möglichkeit von Zeugenaussagen auf Video in Strafverfahren.

Innere Sicherheit erfordert sichere Justizvollzugsanstalten. Deshalb haben wir dort die Personalausstattung um 471 neue Planstellen aufgestockt und verstärken derzeit die bauliche wie technische Sicherheit.

Völlig neue Herausforderungen für die innere Sicherheit haben sich mit und seit dem 11. September 2001 ergeben. Die Antwort der Staatsregierung darauf lautet: „Sicherheitskonzept Bayern“. Insgesamt 890 neue Stellen für die Sicherheit in Bayern, davon 650 für die Polizei, Sonderprüfgruppen für Geldwäsche und zentrale Risikostellen sind nur Ausschnitte aus der Vielzahl der darin enthaltenen Maßnahmen. Insgesamt 200 Millionen e stehen ab dem Jahr 2002 für fünf Jahre zur Verfügung.

Aber: Für viele notwendige weitere Vorhaben ist nicht Bayern, sondern der Bund zuständig. Aber hier wurden und werden notwendige gesetzliche Regelungen abgelehnt, blockiert oder verschleppt. Der bayerische Vorschlag, Ausländer auszuweisen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für ihre Zugehörigkeit zu einer gewaltbereiten extremistischen Organisation bestehen, wurde abgelehnt. Vielleicht wird er jetzt erneut diskutiert werden. Wir halten an diesem Vorschlag fest, weil dies eine Maßnahme wäre, um die innere Sicherheit wesentlich besser zu gewährleisten, als dies derzeit möglich ist.

Bayerische Anträge, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung vor allem für hochgefährliche Sexualstraftäter zu ermöglichen, wurden dreimal im Bundesrat abgelehnt. Das zeigt, wie viel markige Worte des Bundeskanzlers und seines Innenministers auch in dieser Frage wert sind, nämlich gar nichts. Vorher ankündigen, dass man Gewalttäter, die nicht mehr therapierbar sind, auf Dauer wegschließen will, und dann die entsprechenden Anträge ablehnen – das ist eine Politik, die man nicht akzeptieren kann.

(Beifall bei der CSU)

Der Erfolg der Sicherheitspolitik in Bayern beruht vor allem auf denjenigen, die sich tagtäglich mit Kriminalität und Gewalt auseinander setzen, den Polizistinnen und Polizisten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz und im Justizvollzug. Ihre Arbeit verdient höchste Anerkennung.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen, meine Herren, ich habe Ihnen heute eine solide Bilanz der Arbeit der Staatsregierung vorgelegt.

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Wo bleibt Kirch?)

Umfragen zeigen, dass weit mehr als 50% – die letzte Umfrage des Bayerischen Rundfunks ergab 55% – der bayerischen Bevölkerung unserer Arbeit vollinhaltlich zustimmen. Das ist vor allem der engagierten, herausragenden Arbeit der Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und der CSU-Fraktion zu verdanken. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren von der Opposition, die Zahlen, die Sie täglich auf den Tisch bekommen, sollten Anlaß für Sie sein, Ihre destruktive Strategie zu überdenken, die Ihnen mit Sicherheit nicht weiterhilft und unsere deutliche Mehrheit weiterhin sichert.

(Beifall bei der CSU)

Bayern ist innovativ und sozial und deshalb erfolgreich. Wir sind stolz auf das, was alle Menschen in und für Bayern geleistet haben, stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben. Lassen Sie uns gemeinsam weiter daran arbeiten, dass Bayern eine gute, eine erfolgreiche Zukunft hat und dass Bayern ein Maßstab für viele Länder in Deutschland ist, der ihnen hilft, ihre Politik zu verändern und zu verbessern. Alles Gute, meine Damen und Herren!

(Lang anhaltender lebhafter Beifall bei der CSU)

Herr Ministerpräsident, ich danke Ihnen. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Kollege Maget, das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Offenbar ist Not am Mann. Das ist die einzige Erklärung dafür, warum wir uns heute diese Regierungserklärung anhören dürfen. Diese Regierungserklärung war schon zur Mitte der Legislaturperiode angekündigt worden, wurde dann aber nicht abgegeben. Es ist dafür Zeit geworden; denn diese Woche und die letzten Wochen waren keine guten für Sie, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Sie mussten wieder zurück in den sicheren Hort des Bayerischen Landtags, wo eine stets zum Jubel und zu Ovationen bereite CSU-Fraktion den Weihrauchkessel schwenkt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Da fliegen keine Eier, sondern der Weihrauchkessel beherrscht das Bild.

(Gabsteiger (CSU): So ein Schmarrer! Alter Waafer!)

Herr Kollege Gabsteiger, solche Äußerungen brauchen wir wirklich nicht.

(Widerspruch von Abgeordneten der CSU – Kaul (CSU): Was hat er denn gesagt?)

Verbalinjurien werden von hier oben unterbunden. Ich darf mir diesen Hinweis schon erlauben.

(Beifall bei der SPD)

– Das wird schon in Ordnung gehen.

Das Desaster um die Kirch-Gruppe und der damit verbundene Schaden für die bayerische Medienpolitik liegt erst eine Woche zurück. Das hat noch niemand vergessen, auch nicht die von Ihnen zitierten Zuschauer des Bayerischen Fernsehens. Dort haben 65% der in Bayern befragten Bürgerinnen und Bürger die Auskunft gegeben, Sie seien an dieser Pleite mit schuld, Sie hätten das mit zu verantworten.

Die Menschen sehen das zu Recht so. Das schmälert die Chancen eines Kanzlerkandidaten. Das bringt Imageverlust, und das Prestige und die Kompetenzanmutung des Bayerischen Ministerpräsidenten sind angeschlagen. Sogar der „Münchner Merkur“ schreibt dazu, Herr Ministerpräsident: „Wenn Stoiber so weitermacht, darf er sich im nächsten Jahr wieder ganz seiner weißblauen Idylle widmen.“

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Wunderbar, ich verstehe, dass Ihnen das auf den Magen schlägt.

(Zuruf des Abgeordneten Gabsteiger (CSU))

Die Umfragewerte zu Ihrer Person gehen in den Keller.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Goppel (CSU))

Ja, so war das in den letzten Tagen. Mit jedem misslungenen Auftritt auf Bundesebene wird das immer schlimmer, und es wachsen die Zweifel in der Union, ob man wirklich den richtigen Kandidaten auf das Schild gehoben hat.