Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Zurück zu Ihrem Antrag. Für uns wäre eine Regelung wie in Großbritannien denkbar, wo Verbotszonen mit einem Radius von 1,6 Kilometern und 600 Metern Höhe eingerichtet worden sind. Der bayerische Wirtschaftsminister hat dankenswerterweise einen entsprechenden Vorstoß beim Bundesverkehrsminister gemacht. Vorran

gig erscheint uns die Optimierung der Radarüberwachung und der Alarmierung der Flugsicherung, die alle Abweichungen an die Systemsteuerungszentrale zur Luftverteidigung und die Leitzentrale der Kernkraftwerke zur Schnellabschaltung melden müssen.

So könnte also – auch dies habe ich im Wirtschaftsausschuss bereits vorgetragen – eine sinnvolle und akzeptable Formulierung in Nummer 2 Ihres Antrags höchstens lauten: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, weiterhin bei der Bundesregierung auf ein generelles Überflugverbot von Kernkraftwerken im Sinne des Vorstoßes des bayerischen Wirtschaftsministers vom 08.01. hinzuwirken.“ Einzubeziehen sind die vorher genannten Regularien.

Zu Nummer 3. Was den FRM II in Garching anbelangt, kann ich Ihnen nur sagen, er ist mit einem Kernkraftwerk im herkömmlichen Sinne nicht in einen Topf zu werfen, da zum Beispiel die thermische Leistung zweihundertmal niedriger ist. Deshalb ist auch diese Forderung abzulehnen. Alles in allem ist Ihr Antrag auf Prüfung aller fachlichen Gesichtspunkte und der praktischen Effizienz des Geforderten so zu bewerten, dass er nicht geeignet ist, dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung, ja von uns allen, Rechnung zu tragen. Deshalb lehnen wir den Antrag ab, und zwar unter Verweis auf die von uns aufgezeigten wirkungsvollen und realisierbaren Vorschläge, denen die Bundesregierung bislang nicht näher treten wollte.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Biedefeld.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich denke, die Sicherheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger hier in Bayern liegt uns allen am Herzen. Ich glaube, daran besteht kein Zweifel. Dass es aber hinsichtlich der Atomkraftwerke keinen hundertprozentigen – ich betone: hundertprozentigen – Schutz vor Flugzeugkatastrophen bzw. Terroranschlägen gibt, muss uns allen ebenfalls klar sein. Ich finde den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bezüglich einer Flugverbotszone im Umkreis von 20 Kilometern an sich lobenswert. Nachdem wir den 11. September vergangenen Jahres alle vor Augen haben, müssen wir gemeinsam – Bund, Länder und Kernkraftwerksbetreiber – sämtliche Sicherheitsmaßnahmen auf den Prüfstand stellen und alles ausloten, um der Bevölkerung tatsächlich mehr Sicherheit zu bieten.

Wie gesagt, der Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist zwar lobenswert, geht aber unserer Ansicht nach an den Realitäten vorbei. Der Antrag gaukelt Sicherheit nur vor und erhöht möglicherweise das Sicherheitsgefühl der Menschen, er garantiert aber nicht mehr Sicherheit. Selbst wenn es ein generelles Überflugverbot gäbe, wäre die Sicherheit nicht gegeben. Herr Kollege Pienßel hat bereits darauf hingewiesen, und auch ich möchte das klar sagen.

Tatsache ist, sollte jemand einen Anschlag auf ein Kernkraftwerk vorhaben, dann wird eine 20-Kilometer-Flugverbotszone ihn nicht davon abhalten und daran hindern. Das muss man klar sagen. Wir von der SPD haben mit Experten gesprochen; auch uns liegen Zahlen vor. Wenn ein Linienflugzeug in einer Sekunde 236 Meter zurücklegt – das muss man sich einmal vorstellen: in einer Sekunde 236 Meter –, dann legt es in einer Minute 14 Kilometer zurück. Herr Kollege Pienßel spricht von 15 Kilometern. Ob es sich nun um 14 Kilometer oder 15 Kilometer handelt, ist wohl nicht wesentlich. Wenn man von 14 Kilometern ausgeht, würde das heißen, dass eine 20-Kilometer-Zone in 1,5 Minuten durchquert wäre. Eine Katastrophe könnten wir – wenn überhaupt – höchstens noch mit militärischen Mitteln wie dem Einsatz von Bodenluftraketen bzw. Abfangjägern verhindern.

Man muss in diesem Zusammenhang aber auch die Verhältnismäßigkeit der Mittel betrachten. Eine Flugverbotszone im Umkreis von 20 Kilometern eines Atomkraftwerks würde definitiv den Flugbetrieb des Münchner Flughafens lahmlegen, nichts anderes. Das muss man wissen, wenn man so etwas fordert. Man muss sich auch fragen, was die Maßnahme für die Sicherheit bringt. Wie stehen die Mittel hier zueinander im Verhältnis? Wenn man nur Sicherheit vorgaukeln will, ja. Aber man muss in der Diskussion auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen, die durchaus auch eine Rolle spielen.

Garantierte Sicherheit gibt es nicht. Also kann man der Tourismusbranche nicht ihr wichtigstes Transportmittel entziehen. Es ist einfach so, dass die modernen Linienflugzeuge – Airbus und Boeing – nicht die Möglichkeit haben, auf Feld und Flur zu landen. Wir haben auch nicht die Möglichkeit, Aktionen durchzuführen, wie sie kürzlich durch die Medien gingen, als ein Flugzeug mit dem LKW durchs Land in ein Museum gezogen wurde. Es ist bei uns nicht möglich, alte Flugzeuge per LKW zum Flughafen zu ziehen; das muss man berücksichtigen.

Dass die CSU-Staatsregierung mit Kabinettsbeschluss vom 20. November 2001 ein direktes Überflugverbot von Kernkraftwerken einfordert, halte ich für bemerkenswert, gerade wenn man das von Herrn Kollegen Pienßel und mir Dargestellte berücksichtigt. Ich habe keinen Zweifel daran, dass der CSU und der Staatsregierung die Sicherheit der Bevölkerung am Herzen liegt, doch denke ich, wir gaukeln der bayerischen Bevölkerung mit solchen Forderungen etwas vor und können letztlich nicht mehr Sicherheit bieten.

Der richtige Weg ist der, den die Bundesregierung eingeschlagen hat und der nicht kurzfristig zu sehen ist. Kurzfristig bedarf es weiterer Sicherheitsmaßnahmen. Mittelund langfristig ist der einzig gangbare Weg der Ausstieg aus der Kernenergie. Man denke nur an die Wahrscheinlichkeit von Störfällen – zum Beispiel zuletzt in den AKW Biblis und Philippsburg –, an die Endlichkeit des Grundstoffes Uran – er reicht gerade für 65 Jahre aus –, an die existierende Gefahr von Flugzeugabstürzen auf Atomkraftwerke und die nicht absehbaren Folgen und nicht zuletzt an die noch nicht geregelte Endlagerproblematik.

Es gibt also zig Gründe für den Ausstieg, der so schnell wie möglich erfolgen muss. Deshalb hat die Bundesregierung den richtigen Weg im Sinne künftiger Generationen und im Sinne der Sicherheit der Bevölkerung eingeschlagen. Die Bundesregierung und Bundeskanzler Schröder haben Gott sei Dank den Konsens mit den Energieversorgungsunternehmen gefunden und damit eine nachhaltige Energiewirtschaft und mehr Sicherheit für die Bevölkerung auf den Weg gebracht, und das ist gut so.

(Hofmann (CSU): Das war ein Zitat!)

Dass gerade die Bayerische Staatsregierung einen Beschluss bezüglich eines Überflugverbots faßt, ist erstaunlich, weil sie die deutsche und speziell die bayerische Kernenergie und deren Sicherheitsstandards ständig lobpreist. Dieses Verhalten zeugt meines Erachtens von einer starken Inkonsequenz der Staatsregierung. Man kann nicht auf der einen Seite eine Risikotechnologie über den grünen Klee loben und auf der anderen Seite Sicherheitsstandards einfordern, die de facto nicht zu realisieren sind und die auch nicht mehr Sicherheit bringen. Wie gesagt: Der Ausstieg ist der sicherste Weg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die CSU-Fraktion den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN mit der Begründung – das Zitat vom Abgeordneten Hofmann kann ich mir sparen; ich wollte es eigentlich bringen – ablehnt, es könnte der Eindruck entstehen, dass nur die GRÜNEN solche Überflugverbote für sinnvoll halten, finde ich aber ungeheuerlich. Wenn man die Diskussion in den Ausschüssen betrachtet, kann man zusammenfassend sagen: Auf der einen Seite lobt die CSU die Kernenergie und hält unerschütterlich an ihr fest; auf der anderen Seite fordert sie ein Überflugverbot; den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN lehnt sie wegen entgangener Lorbeeren ab – ich beziehe mich dabei auf Herrn Kollegen Hofmann. Wir meinen, dieses Verhalten hat mit einer verantwortungsvollen Politik nichts mehr zu tun, sondern nur mit einem Herumtaktieren. Es ist seltsam, dass Sie einem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN nicht zustimmen können, nur weil ein falscher Eindruck entstehen könnte. Offensichtlich geht es Ihnen doch nicht um die Sicherheit unserer Bürger, sondern um eine klare Abgrenzung von Rot-Grün, die im Wahlkampf erfolgen muss, koste es was es wolle.

Zum Schluss möchte ich sagen, wir vonseiten der SPDFraktion finden das Schreiben von Verkehrsminister Dr. Wiesheu an Bundesverkehrsminister Bodewig vom Januar dieses Jahres bemerkenswert. Staatsminister Dr. Wiesheu wirkt in diesem Schreiben tatsächlich auf ein Überflugverbot im Umkreis von Kernkraftwerken hin. Er schreibt wortwörtlich: „Das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung muss erhöht werden.“ – Das „Sicherheitsgefühl“! Ein Verkehrsflugzeug auf seinem von der Flugsicherung freigegebenen Kurs ist unter ständiger Radarkontrolle. Staatsminister Dr. Wiesheu regt in seinem Schreiben weiter an; sollte das Flugzeug ohne Grund von der Flughöhe oder dem Kurs abweichen, dann sei von der Flugsicherung Alarm auszulösen und dieser an die Luftverteidigung aber auch an die Zentrale des gegebenenfalls gefährdeten Atomkraftwerks weiterzuleiten.

Das ist die Forderung von Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu. Das muss man sich einmal überlegen. Schön und gut, kann ich nur sagen. Was macht man denn in einem solchen Fall, was macht man, wenn der Alarm ausgelöst worden ist?

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Was passiert in einer solchen Situation? Man schaltet den Reaktor wohl ab und fährt ihn auf einen unkritischen Druckbereich herunter. Das wäre, so nehme ich an, die logische Konsequenz aus einer derartigen Forderung. In der Kürze der Zeit wäre das aber sehr schwer bzw. gar nicht zu bewerkstelligen. Außerdem muss man sich einmal die Zahlen ansehen.

(Unruhe)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, der Rednerin mehr Aufmerksamkeit zu widmen und die Gespräche einzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Über 80 verdächtige Fälle wurden allein im vierten Quartal 2001 an die Luftverteidigungsdienststellen gemeldet. Über 80 verdächtige Fälle! Stellen Sie sich einmal vor, was geschähe, wenn man bei jedem dieser Verdachtsfälle die genannten Maßnahmen – Abschalten und Herunterfahren des Reaktors in einen sicheren Druckbereich – einleiten würde. Wenn wir das wahrmachen würden, was für Folgen würden sich daraus ergeben? Wie würde das mit Ihrer bisherigen Intention in Einklang stehen? Der wirtschaftliche Betrieb der betroffenen Kernkraftwerke würde doch in jedem Fall in Frage gestellt. Das kann ich mir nicht vorstellen. Die Frage ist deshalb, Herr Dr. Wiesheu, wollen Sie den Betreibern der bayerischen Kernkraftwerke, wollen Sie der Kernkraft in Deutschland an den Kragen? Wollen Sie das? Ich kann hieraus jedenfalls nichts anderes schließen. Es wäre deshalb sehr interessant, eine Antwort von Ihnen zu bekommen. Sie können sich uns gegenüber ruhig outen, wir haben damit kein Problem, im Gegenteil, wir würden es begrüßen.

Wie gesagt, die Einleitung von Abwehrmaßnahmen in einem ausreichend dimensionierten Sperrgebiet würde den zivilen Flugverkehr in den betroffenen Regionen zum Erliegen bringen. Das würde in der Umgebung von Großflughäfen zu einer zwangsläufigen Einstellung des Flugbetriebs führen. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie auch, Herr Dr. Wiesheu, haben Sie Ihre Forderung und die Forderung Ihres Kabinetts mit den Betroffenen besprochen? Haben Sie diese Frage mit den Betreibern der bayerischen Kernkraftwerke erörtert und mit den Fluggesellschaften und den Flughafenbetreibern besprochen? Das ist doch sehr interessant. Ich nehme an, die würden eine ganz andere Meinung dazu haben. Die Vorstellung, die Sie hier an den Tag gelegt haben, ist aus unserer Sicht deshalb sehr interessant.

Wir haben es hier mit einem vielschichtigen Problem zu tun, das wurde vorhin auch beim Redebeitrag des Kollegen Pienßel deutlich. Prüfen wir gemeinsam – die Bun

desregierung hat damit bereits begonnen –, prüfen wir ernsthaft mit den Ländern alle Möglichkeiten, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Prüfen wir dies unter Berücksichtigung aller Argumente und unter Beteiligung aller Betroffenen, die ich eben angeführt habe. Wir wollen mehr Sicherheit, aber wir wollen mehr Sicherheit nicht vorgaukeln. Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag der GRÜNEN deshalb ab.

(Beifall bei der SPD)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung, die auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN in namentlicher Form erfolgen soll. Ich gebe schon jetzt bekannt, dass es nach Abgabe der Stimmkarten eine Mittagspause bis 13.30 Uhr geben wird. Für die Stimmabgabe sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereits aufgestellt. Die Ja-Urne steht auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSUFraktion. Die Enthaltung-Urne steht auf dem Stenografentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden.

(Namentliche Abstimmung von 12.44 bis 12.49 Uhr)

Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird von mir nach der Mittagspause bekannt gegeben.

(Unterbrechung von 12.49 bis 13.35 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Tausendfreund, Dr. Runge und anderer betreffend Flugverbotszonen im Umkreis von Atomreaktoren, Drucksache 14/8216, bekannt. Mit Ja haben 9 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 143. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Ich rufe nun auf:

Tagesordnungspunkt 8

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Biedefeld, Gartzke und anderer und Fraktion (SPD)

Nein zum Verordnungsentwurf der Staatsregierung für die Genehmigung von FOC/Einzelhandelsgroßprojekten; Möglichkeit zur Bildung kommunaler Allianzen (Drucksache 14/9442)

Ich eröffne die Aussprache. Frau Biedefeld, bitte.

(Hofmann (CSU): Wenn Sie jetzt auf Ihre Rede und auf die Aussprache verzichten und gleich zur Abstimmung übergehen würden, hätten Sie die Mehrheit!)

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, auch wenn noch nicht viele hier sind. Wir reden heute über eine sehr weitreichende Entscheidung. Über die Entscheidung nämlich, in welche Richtung sich unsere bayerischen Innenstädte entwickeln. Es wird eine Richtungsentscheidung sein zwischen Verödung oder Lebendigkeit, zwischen Billigsortiment oder qualitativ hochwertigen Waren, zwischen Verlust des städtischen Charakters oder Lebensund Liebenswürdigkeit unserer bayerischen Innenstädte.

Auch der Bayerische Landtag unterstützt im Rahmen der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms die Forderung – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, die Funktions- und Leistungsfähig unserer Städte und Stadtteilzentren zu erhalten und zu verbessern.

Diese Aussage und dieses Ziel werden aber ganz eindeutig unterlaufen, wenn die CSU-Mehrheit hier im Hohen Hause dem uns vorliegenden Antrag der Staatsregierung, dem Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm in Bayern zustimmt. Diese Verordnung hat zwar relativ wenig Text, aber eine Begründung mit einem Umfang von sechs Seiten. Mit der Verabschiedung dieser Verordnung würde das Ziel, die Funktions- und Leistungsfähigkeit unserer Innenstädte zu erhalten, ganz eindeutig verfehlt. Wir müssen dem Vorhaben der Staatsregierung, was die künftige Genehmigung von Einzelhandelsgroßprojekten und FOCs betrifft, ganz klar Einhalt gebieten. Dazu sind wir aufgefordert, damit unsere Innenstädte den sie auszeichnenden Charakter erhalten können und zumindest eine realistische Chance bekommen, im harten Wettbewerb des Einzelhandels zu bestehen. Diese Chance müssen wir ihnen einräumen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn diese Verordnung von der Mehrheit im Hohen Hause heute so beschlossen würde, würden große Löcher aufgerissen. Es würde zu einem Dammbruch und damit zu einer Flut von Großmärkten auf der grünen Wiese kommen. Davor aber müssen wir unsere Kommunen bewahren, und dazu sind wir heute aufgefordert. Das dürfen wir nicht zulassen.

Die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel haben sich nicht erst seit gestern verschlechtert. Das wissen wir alle. Wir diskutieren alle ständig mit den zuständigen Verbänden und Fachleuten. Die Umsätze gehen ständig zurück, aber die Verkaufsflächen wachsen. Die Zunahme der Verkaufsflächen bei unveränderter Nachfrage ist signifikant. Auf der Fläche findet ein harter Verdrängungswettbewerb statt. Hierbei ziehen die Stadtzentren eindeutig den Kürzeren. Das merken wir bereits jetzt bei der Entwicklung unserer Innenstädte.

Der Wettbewerb im Einzelhandel, welcher heute in Bayern bereits Überkapazitäten von 30% aufweist, würde sich noch stärker verschärfen und noch mehr ruinös werden. Die Innenstädte und Stadtteilzentren der großen Städte, insbesondere aber die Mittel- und Kleinstädte mit Einwohnerzahlen zwischen 10000 und 50000 würden ihre Attraktivität verlieren. Möglicherweise würden sie sogar ihrer Lebensfähigkeit beraubt, wenn diese Verordnung mit der Mehrheit im Hohen Hause so beschlossen werden sollte. Zwischen den kleineren Gemeinden würde ein ruinöser Wettbewerb entstehen. Die Projekte auf der grünen Wiese würden eine Vielzahl neuer Probleme sozialer, verkehrlicher und auch ökologischer Art schaffen. Die Grundversorgung würde nur mangelhaft gesichert, eine Anbindung der Märkte mit öffentlichen Verkehrsmitteln würde fehlen und schließlich wären ein erhöhter Landschaftsverbrauch, ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, der Bau neuer Straßen und vieles andere mehr die Folge.

Wir als Parlamentarier haben deshalb die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Standorte in den integrierten Lagen gefördert werden. Mit integrierten Standorten meinen wir die echten Innenstadtlagen, nicht Standorte irgendwo am Stadtrand. Wir meinen wirklich die Innenstädte. Diese Standorte müssen wir fördern. Die Standorte auf der Grünen Wiese müssen wir soweit wie möglich verhindern.

(Beifall bei der SPD)