Protokoll der Sitzung vom 13.06.2002

(Heiterkeit – Beifall bei der CSU)

Warum lahmt heute alles, auch der Stahlmarkt? Weil die Konjunktur lahmt. Und weil die Konjunktur lahmt, sagt Schröder, da sei das Ausland verantwortlich. Sie lahmt aber nirgendwo so wie in Deutschland. Andere Länder sind von der US-Konjunktur stärker abhängig als wir. Warum lahmt sie? Weil die Wachstumsmotoren gedrosselt worden sind – von wem? –, durch eine falsche Steuergesetzgebung des Bundes, die die Wachstumspotenziale im Mittelstand beeinträchtigt und schwächt. Das ist eine wesentliche Ursache.

(Beifall bei der CSU)

Ferner durch eine Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen, die dazu geführt hat, dass die Investition der Klein- und Mittelbetriebe zurückgeht – das sind Fakten –, durch Entscheidungen wie zum 630-Mark-Gesetz

und die neue Mitbestimmungsregelung. Genau diese Punkte.

(Zuruf von der SPD)

Wenn Sie sagen: „alte Leier“, weiß ich genau, dass Sie seit Jahren keinen Betrieb mehr von innen gesehen haben. Dann gehen Sie doch einmal zum Mittelstand. Man hat ihnen die Befähigung zur Investition und auch den Willen zur Investition genommen. Man hat sie zermürbt und man hat ihnen die Bereitschaft, hier entsprechend aktiv zu werden, durch eine Reihe von gesetzgeberischen Entscheidungen versaut. Da sagen die Verantwortlichen doch: Einen einmaligen Quatsch kann man noch vertragen, aber Fehler in Serie, da verträgt man das Ganze nicht mehr.

(Beifall bei der CSU)

Der zweite Wachstumsmotor heißt: „Nachfragesteigerung“. Herr Eichel fragte im letzten Jahr: Jetzt hatten wir eine Steuerreform mit Entlastungen in Höhe von 24 Milliarden D-Mark, warum kaufen die Leute nicht mehr? Er muss einmal hinschauen, wo er die Entlastung hat, nämlich bei den Kapitalgesellschaften, und die kaufen kein Obst.

(Heiterkeit – Beifall bei der CSU)

Bei den Personen, bei den Einkommen der Arbeitnehmer und bei den Personengesellschaften aber ging das verfügbare Einkommen zurück. In der Zeit unter der Regierung von SPD und GRÜNEN ging die Kaufkraft zurück, weil die Steuerreform falsch angelegt und überkompensiert war durch die Inflation, die Ökosteuer, das Energieeinspeisungsgesetz, die Kraft-Wärme-Kopplung. Da sagen Sie: Das berührt doch den Haushalt nicht, das kostet nichts, aber es nimmt Geld aus dem Geldbeutel der Bürger. Und Sie setzen das heuer, wo es keine zusätzliche steuerliche Entlastung gibt, mit der Tabakund mit der Versicherungssteuer fort. Das geht alles lustig weiter. Damit sind die steuerlichen Entlastungen für die Privatpersonen mehr als überkompensiert. Damit gehen die Nachfrage und die Kaufkraft zurück, damit lahmt die Konjunktur. Zu verdanken hat man das Schröder und Company. Da gehören Sie dazu.

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abgeordneten Maget (SPD))

Wenn Sie noch etwas wissen wollen, weil Sie einzelne Themen hochziehen: Zu Kirch werde ich Ihnen noch rechtzeitig einen Bericht geben. Da laufen noch Verhandlungen. Wenn die Dinge fertig sind, werde ich Sie gerne informieren. Da werden aber Ergebnisse herauskommen, die Ihnen nicht gefallen, weil Sie natürlich erwarten, dass es gescheit scheppert. Das wird es aber nicht, da werden Sie überrascht sein.

(Beifall bei der CSU)

Aber wenn schon derartige einzelne Punkte herausgehoben werden: Was sagen Sie heute noch zu Balsam, zur Bremer Vulkan oder zu Philipp Holzmann?

(Maget (SPD): Was sagen Sie jetzt zu Kirch?)

Heute sage ich Ihnen nichts. Ich sage Ihnen nicht einmal unter vier Augen etwas.

(Frau Radermacher (SPD): Aber zur Maxhütte sagen Sie jetzt auch nichts!)

Da waren Sie wahrscheinlich noch nicht da, da habe ich darüber eine ganze Viertelstunde geredet – im Gegensatz zu Herrn Hoderlein. Was sagen Sie denn zu den Punkten?

Jetzt sage ich Ihnen noch einen weiteren Punkt. Weil wir nicht erst warten, bis Probleme entstehen, wurde in den letzten Jahren, gerade in der Region Amberg–Sulzbach, sehr stark investiert und Investitionen sehr stark gefördert. Ich darf Ihnen sagen: Wir hatten in Amberg–Sulzbach 1988 11,9% Arbeitslose, 1990 waren es noch 8%; 2000 haben wir 6,9%. Diese Zahlen sind sukzessive zurückgegangen. Wir haben bei der Wirtschaftsförderung im Regierungsbezirk Oberpfalz, aber auch in der mittleren Oberpfalz hervorragende Daten. Wenn Sie es gerne wollen, kann ich Ihnen das gerne geben. Aber mit Rücksicht auf die Zeit möchte ich das nicht im Einzelnen vortragen.

Ich möchte nur zwei Punkte vortragen, weil wir dort beim gesamten Strukturwandel und der Umstrukturierung bisher bereits begleitend tätig sind und es auch in Zukunft sein werden. Bitte schön, nehmen Sie die Zahl mit, wenn Sie in die Oberpfalz gehen: Im Landkreis Amberg–Sulzbach hat die Zahl der Beschäftigten von 1985 bis 2000 um 27% zugenommen, das sind netto 5400 neue Arbeitsplätze. Wir hatten auch die letzten paar Jahre in der Zeit von 1997 bis 2000 eine überdurchschnittliche Steigerung um 10%, das heißt plus 2500 Arbeitsplätze; im bayerischen Schnitt waren es 7,4, in Westdeutschland 3,4.

Auch in den letzten drei Jahren ist also eine Menge gemacht worden. Wir haben auch – Kollege Spitzner – in der Region dort Betriebe gezielt mitgefördert, damit sie sich ansiedeln, und mit betreut. Das bedeutet, dass wir bei der Arbeitsplatzversorgung einen enormen Zuwachs haben. Deswegen werden jetzt in der Region Fachkräfte gesucht. So ist es. Darum reden wir mit dem Arbeitsamt, damit wir möglichst viele Kräfte gleich vermitteln und nicht erst in eine Beschäftigungsgesellschaft stecken, damit man das Problem entschärft. Deswegen werden wir sehen, dass wir auch für die weiteren entsprechende Möglichkeiten finden, dass auf dem Gelände weitere Wachstumspotenziale geschaffen werden, dass wir das Problem, so gut wie es gerade möglich ist, auch lösen. Wenn Sie sich die Entwicklung der letzen drei, meinetwegen der letzten zehn Jahre, anschauen, werden Sie feststellen, dass dieses Problem mit Sicherheit gelöst werden kann, weil wir bei den Arbeitsplatzzuwächsen gerade in der Region um die Maxhütte in den letzten Jahren Zahlen haben, die das weit überkompensieren, was die Maxhütte jetzt noch an Beschäftigten hat. Das sollte auch in Zukunft gelingen.

Eine vorletzte Bemerkung. Auch das sollte man sich anschauen. Vielleicht geht Herr Vetter im stillen Käm

merlein einmal mit sich selber ins Gewissen. Das Rohrwerk Neue Maxhütte ist von einer Gesellschaft übernommen worden, die der Frau des Herrn Aicher gehört. Da ist investiert worden, da schreibt man jetzt schwarze Zahlen und hat Arbeitsplatzsicherheit, wie man lesen konnte. Die Frage an die seinerzeitigen Akteure ist nur: Hat man das falsche Pferd geritten – Sie sollten sich das schon überlegen –, weil auch in anderen Fällen ähnliche Themen anstehen. Da haut man dann auf mich und auf den Ministerpräsidenten drauf. Die Handlungsmöglichkeiten, die wir haben, sind begrenzt, aber wir schöpfen sie aus. Darum ist das, was hier inszeniert werden soll, auch politisch falsch und ungerecht.

(Beifall bei der CSU)

Sie werden dafür keine Resonanz finden. Ich kann nur eines sagen: Sie können nur dann eine Resonanz finden, wenn Sie endlich die Versprechen, die Schröder zum wiederholten Mal in der Oberpfalz und in Oberfranken, in Selb und in Weiden gemacht hat, nämlich er werde – „mit dem Geld des Bundes, da gibt es Bares“ – ein Oberpfalz/Oberfranken-Programm auflegen, so Schröder, wenn Schröder davon nur einmal Ansätze wahr machen würde. Wenn dies nicht der Fall ist, dann lasst es bitte schön bleiben.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dr. Runge.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! So laut, wie die Staatsregierung aufjault, so heftig muss sie getroffen sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Festzuhalten ist, Staatsregierung und CSU haben bei der Maxhütte ihr Meisterstück vollbracht: Aus einem Schrecken ohne Ende ist doch ein Ende mit Schrecken geworden. Das Fazit von 20 Jahren Sanierungsbemühungen sieht folgendermaßen aus: Von ehemals knapp 10000 Arbeitsplätzen sind gerade einmal 1300 im Stahlwerk und im Röhrenwerk übrig geblieben. Gut eine halbe Milliarde DM ist in eine nicht wettbewerbsfähige Stahlproduktion investiert worden.

Herr Dr. Wiesheu, Sie bringen immer den schönen und richtigen Spruch: „Man kann nicht gegen den Markt subventionieren.“ – Sie haben Recht, aber die Stoiberhubers tun es eben doch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Staatsregierung hat die falsche Strategie gehabt. Sie hat auf die falsche Technik gesetzt und vor allem auf die falschen Leute.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn der Ministerpräsident jetzt meint, das wäre nur eine Insolvenz unter tausenden, dann vergißt er zweierlei: Zum einen vergißt er zu sagen, es geht hier um sehr viele Beschäftigte; zum anderen vergißt er zu sagen, wir haben es hier mit einem Staatsunternehmen zu tun. Der Freistaat ist mit 52% beteiligt; also steht er auch in der Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die SPD-Spitze kundtut, die Schließung der Maxhütte sei ein weiterer Beleg mangelnder wirtschaftspolitischer Kompetenz der Regierung Stoiber, dann hat die SPD in der Sache recht. Nur mutet es sehr komisch an, wenn das gerade von Ihnen kommt. Was hat denn die Staatsregierung in den Achtziger- und Neunzigerjahren getan? – Sie hat nichts anderes gemacht als das, was Sie beantragt und gefordert haben. Ein Beispiel dafür ist der Antrag vom 14.07.1987: „Mit öffentlichen Mitteln Stahlwerk mit hoher Fertigungstiefe und breiter Produktpalette sichern“. Solche Anträge gibt es von Ihnen reihenweise. Es gibt auch reihenweise Zitate von SPD-Politikern, in denen Sie die Maßnahmen der Staatsregierung begrüßen. Ich nenne Schösser, Neugebauer und Politiker vor Ort.

(Dr. Bernhard (CSU): Sehr gut!)

Selbst das Aicher-Konzept wird von Herrn Schösser als einzig gangbarer Weg begrüßt. Herr Kollege Maget, staunend dürfen wir nun lesen, dass Herr Neugebauer und seine IG-Metall jetzt Folgendes fordern: Schaffung eines Umweltpakts, Recyclingmodelle, Solartechnik und andere alternative Energien.

(Maget (SPD): Ist das falsch?)

Das ist nicht falsch, aber „Guten Morgen“, Herr Maget. Das haben wir schon vor 15 Jahren gefordert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Bernhard (CSU))

Wir haben exakt diese Anträge vor 15 Jahren gestellt. Wir haben für die mittlere Oberpfalz vor 15 Jahren beantragt: Auto- und Problemschrottaufbereitung, Solartechnik – das heißt Fotovoltarik – und Kollektorenherstellung sind bereits damals gefordert worden – und Demonstrationsanlagen für neue Energien. Alle unsere Redner in den Debatten im Jahr 1987 – das waren zum Beispiel die Herren Schramm und Kamm, Frau Memmel und Herr Bäumer – haben Maßnahmen zum Strukturwandel gefordert. Alle unsere Redner waren dabei ehrlich und haben gesagt, ohne schmerzliche Eingriffe wird das nicht gehen. Ein Zitat von Herrn Kamm: „Es ist klar, dass diese Maxhütte nicht mehr die Maxhütte mit 4500 Beschäftigten sein kann.“

(Maget (SPD): Sie reden sich leicht!)

Die SPD-Redner haben sich damals leicht geredet. Sie haben damals gesagt, wir wollten den Stahlstandort stillschweigend begraben und wir würden eine Politik der sozialen Kälte machen.

(Maget (SPD): Haben Sie ein Beitrittsformular für die FDP?)

Herr Maget, wenn Sie meinen, es ist besser, die Leute anzulügen und gleichzeitig viele hundert Millionen an Steuergeldern zu verschwenden, dann ist das Ihre Sache. Beim Thema Maxhütte müsste die SPD-Fraktion eigentlich in Sack und Asche gehen.

(Dr. Bernhard (CSU): Bravo!)

Herr Kollege Dr. Bernhard, Sie haben leider genau das gemacht, was die SPD beantragt hat. Das heißt, Sie dürfen hier nicht klatschen, weil Sie in der Verantwortung stehen. Ich darf Herrn Staatssekretär Spitzner in der Debatte von 1987 zitieren. Herr Spitzner hat gesagt:

Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie haben hier von einem Technologieprogramm, von großen Vorschlägen gesprochen: Das ist alles schön und gut. Ich sage Ihnen salopp: Mit einer möglichen Ernte übermorgen können Sie die Hungersnot von heute nicht lindern.