Protokoll der Sitzung vom 26.06.2002

Etwas anderes ist es, ob dies ein Signal für die Tarifparteien sei. Das ist nun wirklich keine Angelegenheit des Ministerpräsidenten, betrifft aber mich als Vorsitzenden der Tarifgemeinschaft deutscher Länder – TdL – persönlich. Für diesen ist das ein Thema im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Beamten und Angestellten.

Zusatzfrage? – Herr Kollege Franzke.

Herr Staatsminister, die Frage bezog sich darauf, dass der Herr Ministerpräsident – mit dem Sie offenbar keinen Kontakt hatten – ausgesagt hat, dass wir uns in Deutschland im Land der Urlaubs- und Freizeitweltmeister befänden. Würde seine Einschätzung von 1993 heute noch von ihm bestätigt werden?

Herr Staatsminister.

Ich sehe, dass die Art der Fragestellung stark von dem Willen geprägt ist, dem Kanzlerkandidaten irgendwelche negativen Überschriften verschaffen zu wollen. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt werde ich Ihre Frage nicht beantworten können.

Weitere Zusatzfrage? – Herr Kollege Franzke, Sie haben noch eine Frage. Bitte schön.

Herr Staatsminister, es geht nicht um den Kanzlerkandidaten, sondern darum, ob der bayerische Ministerpräsident die Bewertung, dass wir uns in Deutschland im Land der Urlaubs- und Freizeitweltmeister befänden, von ihm heute noch akzeptiert wird, oder ob er meint, dass er dies damals falsch gesehen habe; denn es gibt bereits mehrere Meinungsänderungen bei ihm.

Herr Staatsminister.

Herr Kollege Franzke, mein Name ist Kurt Faltlhauser. Ich bin Finanzminister des Freistaates Bayern. Ich bin nicht der Ministerpräsident.

(Franzke (SPD): Ich konnte nicht ahnen, dass Sie antworten!)

Diese Frage ist erledigt. Wir kommen zur Frage Nummer 10, gestellt von Herrn Kollegen Schammann. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Minister! Ist die Staatsregierung bereit, für den Fall, dass der verantwortliche Auftraggeber vor Ort entscheidet, für die Schülerbeförderung regional jeweils so viele Busse einzusetzen, dass nur noch die nach der Straßenverkehrszulassungsverordnung zulässige Zahl an Sitzplätzen belegt werden und Stehplätze nicht mehr zulässig sind, um im Interesse und zum Wohl der Kinder diverse Gefährdungspotentiale zu minimieren, die entsprechenden Zuschüsse und Leistungen für die jeweils benötigten Busse bereitzustellen?

Herr Staatsminister.

Herr Kollege! Der Freistaat Bayern gewährt den Kommunen pauschale Zuweisungen zu den notwendigen Kosten der Beförderung der Schüler auf dem Schulweg, die im Landesdurchschnitt rund 60% des Aufwands der Aufgabenträger abdecken. Diese 60% müssen wir über Jahre hinweg halten, was für den Staatshaushalt von Jahr zu Jahr ein jährliches Mehr von 10 Millionen e ausmacht.

In die Berechnung der pauschalen Zuweisungen fließen die tatsächlichen Aufwendungen der Aufgabenträger insofern ein, als die Hälfte der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel aufwandsbezogen verteilt wird. Über die Organisation und Durchführung der Schülerbeförderung entscheidet der örtliche Aufgabenträger in eigener Verantwortung. Er ist dabei wie die gesamte öffentliche Hand an die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden. Eine detaillierte Überprüfung seitens des Staates, ob der Aufgabenträger die Beförderung wirtschaftlich und sparsam geregelt hat, erfolgt seit der Einführung des pauschalen Verteilungssystems und der Abkehr von der Spitzabrechnung nicht mehr. Ich halte die pauschale Finanzierung für einen großen Fortschritt. Es wäre der falsche Weg, zur detaillierten Reglementierung zurückzukehren. Wir wollen Spielraum und Eigenständigkeit der Kommunen, und wir wollen die Verwaltungsvereinfachung.

Zusatzfrage? – Herr Kollege Schammann.

Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie nicht bereit sind, für Schulen auf dem flachen Land mehr Geld zu geben als für die städtische Schülerbeförderung, obwohl die Kinder auf dem Land schon ab 6.30 Uhr 30 Kilometer und mehr auf der Landstraße befördert werden müssen?

Herr Staatsminister.

Ich habe Sie darauf hingewiesen, dass wir 60% bezahlen. Dieser Prozentsatz wird regelmäßig bei den Haushaltsverhandlungen mit den Kommunen diskutiert. Sie wissen sicherlich, dass die Haushaltsverhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden einvernehmlich abgeschlossen worden sind. Dies bedeutet, dass die Spitzenverbände dem Verfahren und dem Prozentsatz zugestimmt haben.

Diese Frage ist damit erledigt. Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Mehrlich.

Herr Finanzminister! Aus welchen Gründen wurde beim Finanzamt Lohr – mit seinen Außenstellen Karlstadt und Marktheidenfeld – von der bisherigen räumlichen Zuordnung der Steuerbürger auf die alphabetische Zuordnung umgestellt; was verspricht man sich davon, und bei wie vielen Finanzämtern in Bayern erfolgte bzw. erfolgt diese Umstellung insgesamt?

Herr Staatsminister.

Ihre Frage betrifft detaillierte organisatorische Probleme innerhalb der Steuerverwaltung. Hintergrund der Umstellung ist die Optimierung der Aufgabenwahrnehmung in kleinen Finanzamtsaußenstellen, die derzeit Zug um Zug umgesetzt wird. Diese Maßnahme ist Teil eines Gesamtkonzepts zur Reform der bayerischen Finanzämter, das 1999 begonnen wurde und voraussichtlich 2004 abgeschlossen sein wird. Sie werden sich an die Grundsatzentscheidung erinnern, die kleinen Nebenstellen zu erhalten. Bei einer solchen Grundsatzentscheidung muss aber gleichzeitig die innere Organisation weitestgehend umgestellt werden, um die Arbeitsabläufe zu optimieren.

Die Reform basiert auf den Ergebnissen einer Organisationsuntersuchung durch eine externe Beratungsfirma. Danach können in der Steuerverwaltung insgesamt 901 Stellen eingespart und darüber hinaus Qualitätsverbesserungen sowie die Stärkung der Prüfdienste erreicht werden. Voraussetzung ist jedoch die Neugestaltung der Organisation und die Einführung neuer EDV-Verfahren.

Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass eine optimale Aufgabenwahrnehmung in kleinen Außenstellen nur sehr bedingt möglich ist. In den Außenstellen, bei denen teilweise nur 14 Mitarbeiter beschäftigt sind – die kleinste Einheit –, wurden bislang im Wesentlichen alle Aufgaben erledigt. Im Hinblick auf das erforderliche Spe

zialwissen kann dabei nur bedingt eine effiziente Fallbearbeitung gewährleistet werden. In einem 14-Mann-Außenstellen-Finanzamt kann keine Gesamtbetreuung organisiert werden; was Sie sicherlich auch ohne genauere Fachkenntnis erkennen können. Auch die effektive Betreuung durch die Vorgesetzten ist erschwert. Die Beraterfirma hatte daher vorgeschlagen, Außenstellen wie Karlstadt und Marktheidenfeld aufzulösen. Die Aufgaben sollten dem Stamm-Finanzamt übertragen werden.

Aus strukturpolitischen Gründen habe ich entschieden, diesem Vorschlag nicht zu entsprechen. Alle Außenstellen bleiben als Standort erhalten. Bürgernähe ist das Grundprinzip unserer Organisation. –

Um die Optimierung der Abläufe zu erreichen, haben wir eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Ich habe den Auftrag erteilt, bei kleinen Außenstellen bis zu 35 Kräften die Aufgabenabgrenzung zwischen Stammamt und Außenstelle zu optimieren. Von dieser Maßnahme sind insgesamt 13 Finanzämter mit 19 Außenstellen betroffen.

Eine Untersuchung der technischen und organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten hat ergeben, dass nur die Einführung einer einheitlichen Finanzamtsnummer für das Stammamt und die Außenstelle als Voraussetzung für eine sinnvolle Optimierung in Betracht kommt. Diese Lösung bietet die größtmögliche Flexibilität bei Aufgabenverlagerungen zwischen Stammamt und Außenstelle. Damit können die erwarteten Verbesserungen bei der Effektivität des Personaleinsatzes gewährleistet werden. Mit dieser Lösung werden aber auch die örtlichen Zuständigkeitsabgrenzungen zwischen Stammamt und Außenstelle aufgehoben. So ist zwar beispielsweise der Veranlagungsbereich nach wie vor in jeder Dienststelle eingerichtet. Eine Aufteilung und Zuordnung der Steuerfälle ist jedoch nur mehr nach Buchstaben möglich. Die Dienststellen haben dabei in eigener Verantwortung die Aufgabenverteilung nach den örtlichen Verhältnissen flexibel geregelt.

Abschließend weise ich darauf hin, dass ich die Ausschüsse für Staatshaushalt und Finanzfragen sowie für Fragen des öffentlichen Dienstes des Bayerischen Landtags bereits im Juni 1999 umfassend über die Details der beabsichtigten Organisationsreform informiert habe.

Zusatzfrage? – Der Fragesteller.

Herr Staatsminister, zunächst vielen Dank für Ihre ungewöhnlich lange Auskunft. Teilen Sie denn die Befürchtungen von Steuerberatern und Steuerzahlern, die sowohl privat als auch geschäftlich mit den Finanzämtern zu tun haben, dass bei dieser so genannten Optimierung – ich füge hinzu: der internen Arbeitsabläufe – die Bürgernähe und die Kundenorientierung auf der Strecke bleiben?

Diese Befürchtung teile ich nicht. Ich weise aller

dings darauf hin, dass es in der Bundesrepublik Deutschland wohl kein Bundesland gibt, das so bürgernah wie der Freistaat organisiert ist. Wir haben unsere Servicezentren in allen Finanzämtern. Sie werden hervorragend angenommen und von den Steuerzahlern überaus positiv beurteilt. Die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die direkt ins Finanzamt kommen, wird immer größer. Mehr als 90% all derer, die persönlich hingehen, werden in den dortigen Servicezentren abschließend bedient, das bedeutet, sie müssen kein zweites Mal zu einem Sachbearbeiter gehen. Das ist ein besonderer Ausdruck von Bürgernähe und beispielhaft. Ihre Vermutung teile ich deshalb nicht.

(Spitzner (CSU): Sehr gut!)

Weitere Zusatzfrage: der Fragesteller.

Herr Staatsminister, sind sie darüber informiert, dass es bereits Reibungsverluste bei den angesprochenen Finanzämtern gibt und dass es damit zu Verzögerungen bei der Bearbeitung kommt, weil der Kontakt mit dem zuständigen Sachbearbeiter schwieriger, wenn gar nicht unmöglich wird?

Herr Staatsminister, bitte.

Nein.

Letzte Zusatzfrage: der Fragesteller.

Nachdem Sie von dem, was man mir zugetragen hat, offensichtlich nichts gehört haben, darf ich Sie noch fragen, ob Sie, obgleich Sie keine zeitlich näher definierte Garantie für die Außenstellen in Marktheidenfeld und Karlstadt abgegeben haben, die Befürchtungen der Bediensteten teilen, dass die genannten Außenstellen zumindest mittelfristig als Folge dieser internen Umorganisation aufgelöst werden könnten?

Herr Staatsminister, bitte.

Nein.

Der nächste Fragesteller ist Herr Kollege Schuster.

Sehr geehrter Herr Minister, hat die staatliche Schlösserverwaltung in den letzten drei Jahren Aufträge für Neuanschaffungen oder Restaurierungen von Gobelins an die Gobelinmanufaktur Halle oder an private Restauratoren vergeben, und würde sich der Freistaat wieder an der Gobelinmanufaktur in Nürnberg

beteiligen, wenn sich die Auftragslage in den nächsten Monaten nachweislich verbessern würde?

Herr Staatsminister, bitte.

Herr Kollege Schuster, die Schlösserverwaltung hat in der Vergangenheit keine Aufträge an die Gobelinmanufaktur Halle vergeben. Private Restauratoren wurden nur in Einzelfällen zur Bearbeitung sehr kostbarer Objekte herangezogen, die den Sicherheitsbereich der Schlösserverwaltung nicht verlassen sollten.

Wie ich bereits am 13.06.2002 ausgeführt habe, hat der Freistaat Bayern bei der Gesellschafterversammlung am 10.04.2002 im Einvernehmen mit dem Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der Stadt Nürnberg – die Stadt Nürnberg hat einen Gesellschafteranteil von 65,8% – nur deshalb einer geordneten Schließung bzw. Liquidation der Nürnberger Gobelinmanufaktur zugestimmt, weil dem Unternehmen die notwendigen unternehmerischen Perspektiven völlig fehlten. Gegenwärtig ist das Unternehmen nicht einmal in der Lage, seinen laufenden Personalaufwand zu erwirtschaften. Der erforderliche jährliche Mindestumsatz von rund 300000 e ist realistischerweise nicht erreichbar, auch wenn die Schlösserverwaltung jährliche Restaurationsaufträge von 100000 e erteilt.

Dieses Thema hat mich schon vor zwei Jahren intensiv beschäftigt. Mein dringender Wunsch und meine Vorgaben innerhalb der Verwaltung waren, alles zu tun, damit die Manufaktur erhalten bleibt. Ich habe den Anteil der Aufträge seitens der Schlösserverwaltung nicht nur stabilisiert, sondern sogar erhöht und für Kontinuität gesorgt. Darüber hinaus habe ich persönlich durch Telefonate und durch Rundbriefe dafür gesorgt, dass staatliche Stellen, nicht zuletzt verschiedene Ministerien und mein Haus, neue Gobelins zum Schmuck gekauft haben. Das hat zwar etwas gebracht, aber diese punktuellen Hilfsmaßnahmen reichen nur für eine Zwischenzeit. Ich kann nicht dauernd den Freistaat Bayern moderne Gobelins kaufen lassen, damit die Manufaktur über Wasser gehalten wird. Nachdem die Stadt Nürnberg als Mehrheitsgesellschafter dann aber sagte, sie mache nicht mehr mit, das habe keinen Wert, konnten wir als Minderheitsgesellschafter nichts mehr tun.

Keine Zusatzfrage. – Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister, für die Beantwortung der Fragen. Ich bitte nun den Staatssekretär für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, die nächsten Fragen zu beantworten. Frau Kollegin Gote ist nicht da, wir können sie also nicht fragen lassen. Herr Kollege Schläger ist aber hier. Bitte, Herr Kollege Schläger.