Protokoll der Sitzung vom 08.10.2002

Wir werden weiter auf dringende Straßenbauvorhaben und Schienenbauvorhaben warten müssen, weil Sie im Bundeshaushalt die Investitionsquote inzwischen auf 10% heruntergeleiert haben. Darauf sind Sie sogar noch stolz.

Sollte Frau Künast im Amt bleiben und ihre Politik fortführen, wird auch weiterhin auf der bayerischen Landwirtschaft herumgetrampelt werden. Die Finanzierungsstrategien, die Sie verfolgen, werden der bayerischen Landwirtschaft existenziell schaden.

(Gartzke (SPD): Es geht um den Subventionsabbau!)

Mangels Wachstum fehlen leider auch in unserem Haushalt Milliarden an Steuereinnahmen, die wir dringend für die Politikgestaltung in Bayern bräuchten. Wahrscheinlich wird es so sein, dass die Finanztransfers, die wir in Bayern leisten müssen, weiter anschwellen und unsere Möglichkeiten immer weiter beschneiden werden. Von der Gemeindefinanzreform und anderen Dingen will ich gar nicht reden. Ich kann Sie nur auffordern, im Interesse Bayerns – wir sind jederzeit bereit mit Ihnen zusammenzuarbeiten – die Reformen in Berlin durchzusetzen, die wir in Bayern brauchen, damit es wieder Wachstum und Steuereinnahmen gibt und die Politik vernünftig und sozial ausgewogen gestaltet werden kann.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Kaiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die aggressive Wortwahl der Redner der CSU zu dieser Aktuellen Stunde zeigt sehr deutlich, dass offenbar bei manchen von Ihnen – auch bei Herrn Glück – die Enttäuschung über die nicht erfüllten Karriereträume sehr groß geworden ist.

(Dr. Bernhard (CSU): Die Enttäuschung über die Konsequenzen für Bayern ist sehr groß!)

Bemerkenswert ist, dass Herr Glück als erster Redner der CSU die Berufung eines erfolgreichen Ministerpräsidenten als Bankrott für die Landespolitik in NordrheinWestfalen bezeichnet und dabei völlig vergisst, mit welch großen Strukturproblemen bei der Kohle- und Stahlindustrie ein Land wir Nordrhein-Westfalen zu kämpfen hatte.

(Beifall bei der SPD)

Sie waren über fünfzehn Jahre hinweg nicht in der Lage, die Strukturprobleme eines einzigen Stahlwerks, der Maxhütte, zu lösen. Fünfzehn Jahre lang!

(Beifall bei der SPD)

Sie jammern jetzt über leere Kassen und einbrechende Steuereinnahmen und verweisen auf Nordrhein-Westfalen. Herr Clement hatte in den letzten sieben Jahren nicht wie Herr Stoiber die Möglichkeit, 5 Milliarden e auszugeben. Sie haben das Geld ausgegeben. Jetzt haben Sie keines mehr und jammern über den Bund. 5 Milliarden e an Privatisierungserlösen sind jetzt weg. Jetzt haben Sie kein Geld mehr und daher jammern Sie über den Bund.

(Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser: Schaun ma mal!)

Besonders bemerkenswert war Ihre Aussage: „Bayern geht es gut, weil Sie“ – gemeint ist die SPD – „nicht regieren.“

(Dr. Bernhard (CSU): Das ist richtig!)

Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob diese Arroganz und Überheblichkeit, die in diesen Worten zum Ausdruck kommen, nicht dazu geführt haben, dass die Union außerhalb Bayerns unter die 30-Prozent-Grenze gefallen ist. Das haben auch Sie mit Ihrer ständigen Arroganz und mit der Überheblichkeit, Sie seien die Besten und Vorbild nicht nur für Deutschland, sondern für Europa und das ganze Universum, verursacht.

Herr Kollege Welnhofer, Sie brauchen nicht zu befürchten, dass Bayern wegen des Wahlergebnisses abgestraft wird.

(Willi Müller (CSU): Wegen des Wahlergebnisses der SPD!)

Gut, welches Wahlergebnis er auch immer gemeint hat. Sie sollten nicht vom eigenen Versagen ablenken und schon vorbeugend die Probleme, die auf uns zukommen werden, auf den Bund abschieben. Bayern ist in den letzten vier Jahren gut bedient worden – sei es in der Landwirtschaft, bei der Bundeswehrreform, bei Forschung und Entwicklung oder bei der Infrastruktur, auch wenn der Transrapid nicht kommt. Insbesondere im Raum München werden darüber einige gar nicht so traurig sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Bernhard, Sie sprachen vom Wachstum. Das Wachstum Bayerns lag in der ersten Hälfte des Jahres 2002 auch nur im Mittelfeld aller Bundesländer. So rosig sieht es also nicht mehr aus. Sie sprachen davon, dass uns eine Steuererhöhungsorgie droht. Was meinen Sie damit? Erbschaftsteuer und Vermögensteuer sind reine Landessteuern. Wenn Sie kein Geld brauchen, können Sie sie im Bundesrat doch ablehnen.

(Huber (CSU): Das werden wir auch tun!)

Dann tun Sie es. Ob es die CDU-regierten Länder auch tun werden, wollen wir aber erst einmal abwarten. Haben Sie mit der Steuererhöhungsorgie vielleicht die Vorschläge des Herrn Ministerpräsidenten bezüglich der Steuerfreiheit für Erlöse aus der Veräußerung von Beteiligungen der Unternehmen gemeint? Da haben Sie Steuererhöhungen verlangt. Sie haben doch darüber geklagt, dass die Körperschaftsteuer -

(Dr. Bernhard (CSU): Machen Sie das jetzt oder machen Sie es nicht?)

Natürlich wird das gemacht. Bei dieser Steuererhöhung stimme ich Ihnen sogar zu. Dann sollten Sie aber nicht von Steuererhöhungsorgien sprechen.

(Dr. Bernhard (CSU): Tabaksteuer, und, und, und! Und dann auch noch die Mehrwertsteuer! Oder schließen Sie eine Mehrwertsteuererhöhung aus?)

Sie klagen ständig über Einbrüche bei der Körperschaftsteuer. Jetzt soll eine Mindestbesteuerung eingeführt werden. Ich bin gespannt darauf, ob Sie dem zustimmen werden oder ob Sie weiterhin über Einbrüche bei der Körperschaftsteuer klagen. Ihre Argumente sind schon sehr problematisch.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Als Letztes komme ich auf Ihre Aussage, der Kurs der Bundesregierung sei antiamerikanisch. Viele Amerikaner, insbesondere die Demokraten, sehen das völlig anders. Die Bush-Administration ist nicht Amerika, genauso wie die CSU-Staatsregierung nicht Bayern ist.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den Aufgaben, die jetzt anstehen. Sie sollten sich einmal die Arbeitslosenzahlen ansehen. Bayern hat zwar noch die zweitgünstigste Arbeitslosenquote. Mit dem Zuwachs der Arbeitslosenzahlen liegen wir aber an der Spitze der gesamten Republik.

(Huber (CSU): Der redet ein Durcheinander, das ist gar nicht auszuhalten!)

Sehen Sie sich nur die Lebensverhältnisse in Bayern an. Hier haben wir ein ganz großes regionales Gefälle, und hier haben Sie ganz große Aufgaben zu erfüllen. Von den Sanierungsfällen wie Fairchild-Dornier oder Kirch möchte ich gar nicht sprechen. Sie haben in Bayern in den nächsten Jahren oder zumindest im nächsten Jahr genügend Aufgaben zu erfüllen. Hören Sie endlich auf, auf die Bundesregierung zu schimpfen. Machen Sie Ihre Hausaufgaben in Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat Herr Kollege Dr. Spaenle das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Bayern nach der Bundestagswahl“ –

das was wir im Bereich der Bildungspolitik zu erwarten haben, deutet sich bereits an. Die Ergebnisse der PisaStudie sollen verdrängt werden, die Entwicklungen im Bildungs- und Universitätsbereich des besten Bundeslandes sollen gehemmt werden, und der Kulturföderalismus soll ausgebremst werden. Das sind die Signale, die in diesen Tagen aus Berlin kommen. Als Konsequenz aus der Pisa-Studie wollen Sie den Kulturföderalismus im Kern treffen. Die gemeinsamen Bemühungen, Bildungsstandards für die verschiedenen Schularten zu erreichen, wollen Sie dafür nützen, eine Bundeskompetenz für die Kultur- und Bildungspolitik durchzusetzen. Damit lenken Sie nur vom Versagen in den von Ihnen regierten Ländern ab.

Die Spitzenposition Bayerns auf dem Hochschulsektor wollen Sie unter anderem durch die völlig widersinnige und auch bei Ihren eigenen Hochschul- und Bildungspolitikern umstrittene Festschreibung des Verbots von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz schmälern. Abzuwarten ist allerdings, wie Sie dann die von Ihnen in Ihrer ersten Legislaturperiode selbst vorgegebenen Standards für die Hochschulfinanzierung jetzt in der zweiten Legislaturperiode einhalten wollen. Bei der Kulturpolitik sind Sie weit hinter dem geblieben, was Ihre Ankündigungsminister – einer davon kehrt in diesen Tagen wieder auf seinen Göttinger Lehrstuhl zurück – versprochen haben. Sie werden Ihren Rückzug aus gemeinsamen Unternehmungen in der Kulturpolitik, wie zum Beispiel der Förderung der Bamberger Symphoniker, nicht aufgeben. Mit der Ganztagesbetreuung holen Sie nun wieder die alten Kamellen aus der Schublade. Sie wollen damit das bereits gescheiterte Ganztags- und Gesamtschulprojekt wieder auf den Weg bringen.

Frau Werner-Muggendorfer, Sie haben über den Vorschlag unseres Fraktionsvorsitzenden, mit Sprachtests bei der Einschulung Defizite aufzudecken, geklagt. Genau diese Sprachtests sollen doch auch bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin auf den Weg gebracht werden. Eine entsprechende Bemerkung haben Sie, wie mir zugetragen wurde -

(Dr. Hahnzog (SPD): Hören Sie auf so etwas?)

Fama fert! Werter Herr Hahnzog, Sie sind sicher einer derjenigen, die diese Technik mit am besten beherrschen.

Wir wollen das erfolgreiche Modell Bayerns in der Bildungs- und Hochschulpolitik fortführen. Wir können uns nur ausmalen, was in den kommenden vier Jahren unternommen wird, um den Weg Bayerns auf diesem für unsere Zukunft so wichtigen Gebiet zu stören.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Die aktuelle Stunde ist beendet.

(Welnhofer (CSU): Ein Rohrkrepierer!)

Ich lasse jetzt noch über den mitberatenen Dringlichkeitsantrag der CSU „Bayern nach der Bundestagswahl – Anforderungen für die Zukunft“, Drucksache 14/10204

abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Gegenstimmen? – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Kollege Hartenstein. Zugestimmt hat auch Frau Kollegin Grabmair. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wir kommen zu den ersten Lesungen. Ich rufe zunächst auf

Tagesordnungspunkt 2 h

Gesetzentwurf der Staatsregierung