Protokoll der Sitzung vom 09.10.2002

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CSU-Fraktion unterstützt die von der Staatsregierung vorgelegte Konzeption des Doppelhaushalts nachdrücklich. Sie begrüßt insbesondere erstens: die erneute Rückführung der Staatsquote, da die jährlichen Ausgabensteigerungen im Doppelhaushalt deutlich unterhalb des erwarteten nominalen Wirtschaftswachstums liegen werden. Dies ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Beitrag zur dauerhaften Belebung der privaten Wirtschaftstätigkeit.

Zweitens. Sie begrüßt die weitere stufenweise Rückführung der Neuverschuldung, um den Anstieg des Zinsanteils an den Staatsausgaben einzudämmen. Dies ist, ganz praktisch umgesetzt, eine Politik der Nachhaltigkeit im Interesse künftiger Generationen. Unsere Kreditfinanzierungsquote – der Finanzminister hat darauf hingewiesen, und man kann das gar nicht oft genug sagen – unterschreitet damit im nächsten Doppelhaushalt erfreulicherweise die Ein-Prozent-Grenze.

Drittens. Sie begrüßt eine Investitionsquote von rund 15% zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, die Bayern im Vergleich der Flächenländer West erneut eine Spitzenposition einbringt. An Ihre Adresse gerichtet, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, möchte ich darauf hinweisen: Unter der rot-grünen Regierung sackt inzwischen die Investitionsquote im Bundeshaushalt auf nur noch rund 10% ab. Hoffentlich hören Sie gut zu.

Die vom Finanzminister bereits dargestellten Strukturdaten des bayerischen Staatshaushaltes zeigen im Ländervergleich unseren großen Vorsprung bei den Investitionen und den deutlich größeren Handlungsspielraum durch – ich erwähnte es bereits – geringere Zinsbelastungen. Unsere solide bayerische Finanzpolitik der vergangenen Jahrzehnte hat maßgeblich zur positiven Entwicklung des Freistaats beigetragen.

Ich kann an dieser Stelle an Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sagen, dass wir erfreulicherweise nie in Versuchung gekommen sind, Ihre unseriösen und unfinanzierbaren, erfolglos auf Stimmenfang angelegten Vorschläge aufzugreifen.

(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wählerinnen und Wähler Bayerns haben am 22. September mehr als deutlich gezeigt, dass ihnen eine an der Sache orientierte Politik wichtiger ist als Inszenierung, Häme und Schau.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Strasser hat heute eine sehr blumige Ausdrucksweise gehabt. Aber in einer Pressemitteilung hat er kürzlich gesagt, er habe „viel Schatten“ bei der CSUHaushaltspolitik entdeckt. Damit irren Sie sich allerdings,

Herr Kollege Strasser, und ich möchte nur soviel sagen: Um viel Schatten erzeugen zu können, bräuchte es viel Licht! Wir sind also wieder auf der sicheren Seite.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem sich Herr Kollege Strasser so intensiv mit der CSU auseinandergesetzt hat, erlaube ich mir jetzt, das auch in umgekehrter Weise zu tun, allerdings mit besseren Argumenten. In bewährter Manier hat sich die bayerische Landtags-SPD schon im Vorfeld des Doppelhaushalts orientierungslos gezeigt.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Was Sie....)

Sie setzt, wie nicht anders zu erwarten war – diejenigen, die schon länger da sind, werden das besser wissen als ich –, eine traurige Tradition fort: Es geht einmal in diese Richtung, kurze Zeit darauf geht es in die entgegengesetzte Richtung. Die SPD weiß finanz- und haushaltspolitisch seit Jahren und so auch in diesem Herbst überhaupt nicht, was sie will. Allerdings agiert sie dafür mit großer Entschlossenheit. Ich darf hierzu einige Beispiele nennen: Die SPD spricht laut aktuellen Pressemitteilungen von der „hohen Personalausgabenquote“ im Bayerischen Staatshaushalt. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition sind doch die Letzten, die sich hierzu öffentlich kritisch äußern sollten.

(Zurufe von Abgeordneten der SPD – Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach?)

Wer war es denn, Herr Kollege Mehrlich, der allein zum letzten Nachtragshaushalt, also nicht einmal für einen regulären Haushalt, über 3500 zusätzliche Planstellen für Beamten gefordert hat? Dies haben Sie wie üblich getan, ohne einen Finanzierungsvorschlag zu unterbreiten. Das sei nur am Rande bemerkt. (Beifall bei Abge- ordneten der CSU)

Ihre ständigen Forderungen nach nicht finanzierten und nicht finanzierbaren neuen Stellen könnte ich auch weiter in die Vergangenheit zurückverfolgen. Seit ich Vorsitzender des Haushaltsausschusses bin, hat es keinen Haushalt gegeben, für den Sie nicht Tausende von neuen Stellen gefordert hätten. Doch Sie stellen sich hierher und kritisieren die Personalkostenquote, die, wenn es nach Ihnen gegangen wäre, heute noch weitaus höher wäre. Das sind die Fakten, Herr Kollege!

(Strasser (SPD): Das macht Stoiber doch auch so!)

Ich verkenne nicht – das sage ich im vollen Bewusstsein –, dass unsere Beamten, Angestellten und Arbeiter in hohem Maße gefordert werden und sich in der Tat großen Anforderungen gegenübersehen. Ausdrücklich möchte ich daher heute in aller Öffentlichkeit an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der bayerischen Verwaltung danken, die mit hohem Engagement und hoher Qualifikation jeden Tag zum Wohle des Bürgers und des Staates tätig sind.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ein weiterer Kritikpunkt, der heute auch einen Teil der Rede des Kollegen Strasser eingenommen hat, ein weiterer Kritikpunkt der Opposition, der aktuell herausgezogen wird, sind die

angeblich verprassten Rücklagen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Bayern in den früheren, relativ guten Jahren Rücklagen gebildet hat, –

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Virtuelle!)

um die Einnahmeausfälle aufgrund der geplanten Steuerreform abfedern zu können.

Darüber hinaus hat Bayern – das war nicht virtuell, Frau Kollegin Kellner, das war einmalig in Deutschland – 1999 und 2000 echt Schulden in Höhe von einer halben Milliarde e getilgt. In keinem anderen Land war dies der Fall. Das sollten allerdings auch Sie, sehr geschätzte Frau Kollegin Kellner, wissen.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das weiß ich ja!)

Das ist schön. Warum haben Sie dann gefordert, dass der Freistaat Bayern wie jeder Privathaushalt in guten Zeiten Rücklagen bildet, damit man für schlechtere Zeiten etwas hat?

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weil es so war, weil Sie das verprasst haben!)

Das haben Sie gesagt, nachzulesen im „Straubinger Tagblatt“.

Dass unter Rot-Grün so schnell so schlechte Zeiten ausbrechen würden, das kam sogar für die CSU, die sonst sehr realistisch und zukunftsweisend denkt, unerwartet.

Frau Kollegin Kellner, Sie kritisieren, wir wären im Freistaat genau umgekehrt verfahren. Ich stelle fest, das ist unzutreffend und entspricht nach meiner Erfahrung mit Ihnen nicht dem sonst von Ihnen an den Tag gelegten Realismus.

Noch ein weiteres Zitat aus der Presseberichterstattung im „Straubinger Tagblatt“. Ich habe der Presseberichterstattung entnommen, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Staatsregierung vorwerfen, sie habe viele überflüssige Programme aufgelegt.

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt!)

Da frage ich mich schon, ob das Kulap, das Vertragsnaturschutzprogramm, die Sportförderung, die Hochwasserbeihilfen usw. überflüssig sind. Auch hier schießen Sie in ungewohnter Weise über das Ziel hinaus, liebe Frau Kollegin Kellner.

Dass unsere Rücklagen – jetzt hören Sie weiter gut zu – schneller als eigentlich vorgesehen verbraucht werden müssen, liegt nicht an uns. Es liegt an der Politik Ihrer roten Genossen und der grünen Handlanger in Berlin.

(Beifall bei der CSU)

Ungetrübt von jeder Sachkenntnis, wird auf den Feldern der Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik herumgestol

pert. Anstatt Wachstumskräfte freizusetzen, wurden die noch vor zwei Jahren vorhandenen finanziellen Spielräume verpulvert und Großkonzerne – heute bestreiten Sie es – steuerlich über die Maßen begünstigt, und das von einer Partei, die sich so viel auf ihre soziale Gerechtigkeit zugute hält. Die Mittelständler werden geknebelt, die Exportchancen werden durch außenpolitische Wahlkampfinszenierungen mit den USA beeinträchtigt, usw., usw.

Anstatt sich jetzt Gedanken darüber zu machen, wie man durch zwar schmerzliche, aber doch unvermeidliche und gezielte Kürzungen im Haushalt wieder gesunde und zukunftsfähige Strukturen schaffen kann, wird von SPD-Seite breit über Steuererhöhungen diskutiert. Der Fantasie sind dabei offensichtlich keine Grenzen gesetzt. Auch ein so genanntes Machtwort des Kanzlers kann die SPD-Kollegen in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen nicht in die Schranken weisen.

(Hofmann (CSU): Da macht jeder, was er will!)

Das ist wieder sehr ernst: Was damit erneut an Vertrauen auf Seiten der Bürger und Investoren ruiniert wird, wird nicht nur den rot-grünen Verursachern, sondern uns allen noch sehr wehtun.

(Beifall bei der CSU)

Zurück zum Stichwort der angeblich verprassten Rücklagen: Der SPD hätte es doch noch vor kurzem gar nicht schnell genug gehen können, die Rücklagen zu verpulvern.

(Frau Stamm (CSU): Das stimmt!)

Sie wollten doch zum Beispiel ihre so genannte Bildungsmilliarde mit angeblich freien Geldern aus der angeblich viel zu hohen Rücklage finanzieren. Sie, Herr Kollege Strasser, sprachen vor einem Jahr an dieser Stelle davon, der Finanzminister verstecke das Geld – gemeint waren die Rücklagen – unter der Matratze, und kritisierten die Rücklagenbildung als Ansammeln und Bunkern.

Ich kann erneut nur feststellen: Erfreulicherweise haben sich weder CSU-Fraktion noch die Staatsregierung beirren lassen, sonst stünden wir heute in einer weitaus schwierigeren finanziellen Situation für den Staatshaushalt, als sie dank Rot-Grün außerhalb Bayerns ohnehin schon besteht.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Der Haushaltsentwurf war noch gar nicht eingebracht, und schon hat sich die bayerische SPD – in diesem Punkt verlässlich wie eh und je – einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen hingegeben, dem Ausgeben von nicht vorhandenem Geld nach dem Grundsatz: Kein Geld ist immer da.

Hier haben Sie 4,3 Millionen e mehr für die Musik gefordert, dort mehr für die kommunalen Theater, mehr für die Jugend-Gesundheitsuntersuchung usw. Das waren

ungedeckte Schecks, meine verehrten Damen und Herren. Sie haben kein Wort darüber gesagt, woher das Geld kommen soll – vielleicht aus der Druckerei, aber das kann nicht unser Ziel sein.

Manchmal frage ich mich – das ist jetzt bildlich gesprochen –, ob im Südbau des Landtags teilweise kein Zugang zu Zeitungen, Fernsehen oder Radio besteht. Wir kämpfen in Bayern ebenso wie die anderen Länder mit wegbrechenden Steuereinnahmen, was ganz maßgeblich auf die hausgemachten Fehler der rot-grünen Bundespolitik zurückgeht. Aber die bayerischen Genossen scheinen davon zum Teil nichts mitzubekommen, sondern wollen immer noch mehr Geld ausgeben nach dem Grundsatz: Wir brauchen eine Kuh, die im Himmel frisst und auf Erden gemolken wird. So schaut es dort drüben aus.

Noch eine Forderung, auf die ich auch eingehen will und eingehen muss: Ihre Forderung, bayerische Staatsministerien zusammenzulegen, entspricht durchaus ihrem zentralistischen Denken. Wir haben auch gehört, und im „Spiegel“ steht es: Die Bundesregierung will sich durch parlamentarische Staatssekretäre aufblähen. Reservebank nennt man es dort vornehmer. Das ist gut zu merken, für zukünftige Diskussionen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen – darüber sollte man in Ruhe und Sachlichkeit nachdenken –, dass eine Konzentration von Strukturen nicht immer die beste und wirksamste Lösung darstellt. Die Trennung von Produktion auf der einen Seite und Kontrolle auf der anderen Seite weist unzweifelhaft – das müssten Sie auch ganz gut wissen – Vorteile auf. Ein weiterer Vorteil einer Trennung kann auch die Bündelung der jeweiligen Fachkompetenzen sein.