Protokoll der Sitzung vom 09.10.2002

Wir möchten, dass innovative Schulen ein Budget erhalten, und möchten Budgets für Künstler und Handwerker an den Schulen. Weiterhin müssen unterstützende Systeme wie die Schulpsychologie ausgebaut werden. Ich habe bereits erwähnt, an welchen Stellen man umschichten kann. Ferner soll der Austausch mit anderen europäischen Ländern, die in der Pisastudie Spitzenplätze belegten, gefördert werden.

Ähnlich ist es bei den Kindergärten. Wir wollen mehr individuelle Förderung, Sprachförderung und kleinere Gruppen. Sie müssen wirklich darangehen, einen Gastkinderbetreuungsbetrag analog dem Gastschülerbetrag einzuführen, weil sich viele kleine Gemeinden der Aufgabe der Kinderbetreuung entziehen. Ich erlebe das gerade in Landshut. Dort soll die Stadt die Kosten für die Betreuung der Kleinkinder unter drei Jahren übernehmen. Sie tut dies auch, obwohl sie kein Geld hat, während sich die reichen Landkreisgemeinden dieser Aufgabe entziehen, weil die jeweiligen Bürgermeister die Auffassung vertreten, die Frauen sollten zu Hause bleiben. Soviel zu Ihrem Bild „Frauen und Zukunft“, Herr Huber.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Huber (CSU))

Sagen Sie das Ihrem CSU-Kollegen, dem Bürgermeister Bauer, in Ergolding. Der stammt nicht aus dem letzten Jahrhundert, sondern lebt immer noch. Sprechen Sie mit Ihm. So ist es, Herr Finanzminister. Sie sitzen in Oberbayern. Da mag es vielleicht schon eine kleine Änderung geben, aber im tiefen Niederbayern, im Erwin-HuberLand, gibt es festgefügte Auffassungen. Dort sagt der Landbürgermeister, die Frauen sollten zu Hause bleiben, und Kinderbetreuung komme nicht in Frage.

(Dr. Bernhard (CSU): So ein Schmarrn!)

Fahren Sie doch dorthin. Es gibt genug Anschauungsmaterial.

(Haedke (CSU): Sie kennen die Bevölkerung und die Menschen nicht!)

Herr Haedke, ausgerechnet Sie müssen sagen, dass ich die Bevölkerung und die Menschen nicht kenne.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So viel Menschenkenntnis wie Sie bringe ich gerade noch auf die Waage. Sie schreiben ja allenfalls einen Antrag von Herrn Dinglreiter ab und machen damit Öffentlichkeitsarbeit.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und bei der SPD)

Das muss ich Ihnen einmal sagen.

(Haedke (CSU): Das können Sie gar nicht beurteilen!)

Doch, das weiß ich. Ich kann doch lesen, wer einen Antrag stellt und wer dann die Presseerklärung gemacht hat.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Haedke, ich nehme an, Kollege Bernhard wird Sie sich dann schon rechtzeitig vornehmen.

(Haedke (CSU): Das ist ja eine Haushaltsrede!)

Herr Haedke, lesen Sie erst einmal einen Band Haushalt durch, stellen Sie sich ans Rednerpult, und dann diskutieren wir miteinander ganz sachlich Etat für Etat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Haedke (CSU): Ihre Rede wird immer beeindruckender!)

Und nun kommen wir zur ideologischen Modernisierung, zum Klimaschutz.

(Haedke (CSU): Eine beeindruckende Haushaltsrede! – Gegenruf der Frau Abgeordneten Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Haedke, ich möchte gern fortfahren, weil mein Zeitbudget begrenzt ist.

Klimaschutz bei öffentlichen Bauten reduziert den CO2-Ausstoß, schafft Arbeitsplätze, spart bereits mittelfristig Energiekosten. Das alles hat auch der Bayerische Oberste Rechnungshof ausgerechnet. Hier gibt es in der Tat bei staatlichen Gebäuden noch sehr, sehr viel zu tun, und auch bei grundsätzlichen Instandhaltungsmaßnahmen.

Bekanntlich war der Haushaltsausschuss in den alten Universitätskliniken. Wir haben es alle gesehen. Es gibt in der Münchner Innenstadt Vierbettzimmer auch für schwerstkranke Patienten, keine Nasszellen, eine erbarmungswürdige Intensivstation. Solche Zustände machen auch die Personalgewinnung in einer ohnehin unterbesetzten und fluktuationsträchtigen Branche nicht gerade einfacher.

(Zuruf des Abgeordneten Ach (CSU))

Ja, ich weiß, Herr Kollege Ach, ich erkenne das auch an, dass Sie sich da bemühen. Aber ich finde, man muss hier wirklich das Äußerste herausholen, um diesen Missstand zu beheben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das bayerische Modernisierungsprogramm muss aufgestockt werden. Ich erinnere mich: Als wir noch einen Kanzlerkandidaten Stoiber hatten, forderte der vom Bund 100 Millionen e pro Jahr für Wärmedämmung bei Altbauten. Der Bund hatte aber bereits ein Altbausanierungsprogramm. Wo es fehlt, ist in der Tat der Freistaat Bayern. Hier gibt es ein Modernisierungsprogramm, das vor sich hindümpelt, bisher nur mit 17,5 Millionen e ausgestattet war und jetzt nochmals heruntergekürzt werden soll. Das ist nicht zielführend, Herr Finanzminister.

Auch bei den Gewässerbauprogrammen müssen ökologische Baumaßnahmen wie die Schaffung von Retentionsräumen, die Rückverlegung von Deichen und Renaturierungsmaßnahmen vorgezogen werden. Statt Transrapidträume, die der Herr Finanzminister auch nicht teilt – ich bedanke mich hier für Ihre Unterstützung –, und den Ausbau von Regionalflughäfen, die dann ewige Subventionsgänger bleiben, wie Augsburg und Hof, weiterzuverfolgen, sollten Sie analog zu Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Regionalbahnen stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotz all dieser finanziellen Engpässe, die wir haben, sehen wir GRÜNEN es auch als unsere Pflicht an, Partnerschaften mit Ländern in Osteuropa – dabei denke ich hauptsächlich an Rumänien – und in Afrika weiter auszubauen, die über ein rein wirtschaftliches Interesse weit hinausgehen. In Rumänien wird hierzu ja auch von Ihnen, Frau Stamm, schon viel geleistet; wir wissen das. Ich denke, das wäre eine wichtige Zukunftsaufgabe.

Jetzt muss ich aber noch einmal auf einen Einzelaspekt eingehen, nämlich auf den Ökolandbau, weil das ein Beispiel für Stoibersche Luftblasenpolitik ist. Erinnern Sie sich noch? – Über Nacht wurde ein Aktionsprogramm „Initiative Verbraucherschutz“ aus dem Boden gestampft. Dafür war nur das Teuerste recht und billig. Alle anderen mussten nochmals 3% von ihren Zuschüssen abgeben. Hauptsache viel und Hauptsache Bayern vorn! Und was ist dann passiert? – Es hat erst einmal sehr lange gedauert, bis überhaupt Geld fließen konnte. Im Mai 2001 wurde der Haushalt beschlossen, aber Geld gab es erst am 26. April 2002 – das hängt mit der EUNotifizierung zusammen –, und am 30. Juni 2003 ist es

wieder vorbei mit der ganzen Herrlichkeit. Daran sehen wir, wie ernst es Ihnen mit der Förderung des Ökolandbaus ist. Daher sage ich: versprochen – gebrochen! Das haben Sie zu verantworten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Bundesrat haben Sie sich groß aufgeblasen. Ich wurde sogar von Kollegen angerufen, die gesagt haben: Mensch, gebt ihr wirklich 100 Millionen für die Förderung von artgerechten Hühnerställen aus?

(Huber (CSU): Jawohl!)

„Jawohl“ sagt Herr Huber. Bitte, regeln Sie das einmal mit Ihrem Finanzminister und dann schauen wir mal, was dabei herauskommt.

Weil Sie, Herr Huber, auch im Bundesrat „herumwursteln“, fordern wir Sie auf, bayernschädliche Initiativen zu unterlassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Huber (CSU))

Ich finde es allerhand, wie Sie dort die Förderung erneuerbarer Energien aushebeln wollen, obwohl Sie wissen, dass 40% der Bundeszuschüsse für Solarförderung und sogar 50% der Bundeszuschüsse bei der Biomasse nach Bayern gehen. Davon profitiert der Mittelstand. In einer solchen Situation sagen Sie, es müsse eine Deckelung eingezogen werden. Sie tun nichts, der Bund tut etwas, und Sie behindern ihn nach Kräften dabei. So schaut es aus!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abgeordneten Huber (CSU))

Das ist Ihre Mittelstandspolitik, und davon werden wir auch die Heizungsbauer informieren.

(Huber (CSU): Die warten gerade auf Sie!)

Ja, die warten auf uns, da haben Sie Recht!

(Zuruf von der CSU: Woher wissen Sie das?)

Nun zum letzten Punkt, der auch heute Nachmittag noch eine Rolle spielen wird. Das ist die Situation der Kommunen. Sie wissen, dass uns GRÜNEN, weil wir alle in der Kommunalpolitik tätig waren bzw. immer noch tätig sind, die finanzielle Ausstattung der Kommunen ein besonderes Anliegen ist. Dabei hoffen wir auf zweierlei. Das eine ist, dass eine Gemeindefinanzreform, die die Einnahmen der Kommunen verstetigt, bis Ende nächsten Jahres verwirklicht werden kann. In diesem Zusammenhang fordern wir Sie zur konstruktiven Mitarbeit in diesen Kommissionen auf.

Nun, Herr Kollege Ach, zur Gewerbesteuerumlage. Wir wissen, dass eine Rücknahme der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage das Problem nicht löst.

(Ach (CSU): Da stimme ich Ihnen zu!)

Es freut mich, dass Sie mir da zustimmen. Damit sind wir schon einen Schritt weiter. Wir haben aber schon im März des vergangenen Jahres gesagt – Sie müssen sich nur den Antrag anschauen –, dass diese Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zurückgenommen werden soll, weil die Voraussetzungen für die Erhöhung, der Sie ja damals zugestimmt haben, nicht eingetroffen sind. Das konnte man nicht vorhersehen.

Herr Finanzminister Faltlhauser, ich erinnere mich gut an den Brief, den Sie an den Städtetag geschrieben haben und in dem Sie zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie nichts dafür unternehmen wollen – das war im Jahr 2001 –, dass die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zurückgeführt wird. Erst als Stoiber Kandidatenstatus erreichte – –