Herr Kollege Wahnschaffe, das möchte ich noch ausführen, dann dürfen Sie fragen. Wir haben uns in den Verhandlungen zum GMG intensiv dafür eingesetzt, dass Selbstbehalttarife und Bonusmodelle für alle gesetzlich Versicherten vorgesehen werden. Die Bundesgesundheitsministerin und die rot-grüne Bundesregierung haben das eindeutig abgelehnt. Das finden Sie in § 53 und § 54 SGB V wieder, wonach Selbstbehalt- und Beitragsrückgewährtarife nur für freiwillig Versicherte gelten. Hintergrund war, dass Rot-Grün befürchtet hat, dass viele freiwillig Versicherte aus der GKV herausgehen, wenn das Krankengeld und der Zahnersatz als Leistung verlagert werden. Man wollte den freiwillig Versicherten einen attraktiven Tarif anbieten, um sie in der gesetzlichen Krankenversicherung zu halten. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesgesundheitsministerin der Techniker-Krankenkasse, obwohl das damals gesetzlich noch nicht festgelegt war, diese Tarife nur für die freiwillig Versicherten genehmigt. Nun bekommt die AOK diese Tarife teilweise genehmigt und die Techniker-Krankenkasse nicht. Es gibt nun eine unterschiedliche Rechtshandhabung bei landesunmittelbaren und bundesunmittelbaren Krankenkassen. Herr Wahnschaffe, das ist eine Wettbewerbsverzerrung, und das kann’s nicht sein. – Jetzt Ihre Zwischenfrage.
Frau Staatsministerin, Sie dürfen davon ausgehen, dass mir das Gesetz bekannt ist. Es gibt zwei verschiedene Paragrafen, zum einen den von Ihnen herangezogenen, der in der Tat auf Drängen der Union gerade vor dem Hintergrund der Techniker-Krankenkasse Selbstbehalte vorsieht, um das Abwandern von freiwillig Versicherten in die Privatversicherung zu verhindern. Das ist ein durchaus nachzuvollziehendes Argument.
Es gibt aber eine weitere Bestimmung, die Sie zu ignorieren scheinen. Es gibt Krankenkassen, die satzungsgemäß Modelle anbieten, wonach ein Patient
die Frage kommt sofort –, der sich gesundheitsfördernd verhält, der an Chronikerprogrammen und Ähnlichem teilnimmt, Anspruch auf einen Bonus hat. Das ist ein Unterschied. Diese Modelle sind nach geltendem Recht genehmigungsfähig. Warum haben Sie die Landes-AOK nicht darauf hingewiesen und sie gebeten, ein solches Modell bei Ihnen einzureichen?
Herr Kollege Wahnschaffe – das gilt auch für andere Kollegen -, ich empfehle, immer wieder einmal die §§ 111, 112 und 113 der Geschäftsordnung zu lesen, damit man weiß, was eine Frage ist. Frau Ministerin.
Herr Kollege Wahnschaffe, genau das war letztendlich auch unser Weg. Vom Oberversicherungsamt ist keine Ablehnung vorhanden. Wir haben erklärt, dass die Bonusmodelle genehmigungsfähig sind, dass aber die Selbstbehalt- und Eigenbeteiligungsmodelle nicht genehmigungsfähig sind. Das ist der Weg, den Niedersachsen gegangen ist. Ich persönlich halte es für wesentlich besser, dass wir die §§ 53, 54 ändern und dieses Modell für alle gesetzlich Versicherten vorsehen.
Dann haben wir eine klare Lösung und auch eindeutig eine Gleichstellung bei den Krankenkassen. Vor diesem Hintergrund sollten wir bei der Ausübung der Rechtsaufsicht dafür sorgen, dass letztendlich die Krankenkassen im Wettbewerb gleichgestellt werden. Ich glaube, hier sind wir einer Ansicht.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/210 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Eine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwischendurch gebe ich die Ergebnisse der vorher durchgeführten namentlichen Abstimmungen bekannt.
Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend „Umsetzung des achtjährigen Gymnasiums“ auf Drucksache 15/209: Mit Ja haben gestimmt 49, mit Nein 103, Stimmenthaltungen gab es 5. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Fraktion der SPD betreffend „G 8“ auf Drucksache 15/214: Mit Ja haben gestimmt 47, mit Nein 102, Stimmenthaltungen gab es 7. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
15/208. Mit Ja haben gestimmt 34, mit Nein 94, Stimmenthaltungen gab es 28. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Helga Schmitt-Bussinger, Dr. Heinz Kaiser und anderer und Fraktion (SPD)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Hermann, Dr. Otmar Bernhard, Thomas Kreuzer und anderer und Fraktion (CSU)
Sozialhilfeausgleich nach Artikel 15 FAG an die Bezirke als Schwerpunkt im Kommunalen Finanzausgleich 2004 (Drucksache 15/231)
Bevor ich die Aussprache eröffne, gebe ich Ihnen noch die verbleibenden Redezeiten bekannt. Wenn diese ausgeschöpft sind, hat sich die Beratung der Dringlichkeitsanträge erledigt. Die CSU hat noch eine Restredezeit von elf Minuten, die SPD hat dreieinhalb Minuten und die Grünen haben vierzehn Minuten. In diesem Sinne eröffne ich die Aussprache. Erste Wortmeldung: Frau Schmitt-Bussinger.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der geringen Redezeit will ich nur wenige Vorbemerkungen machen, mit denen ich die Haltung der CSU-Fraktion gegenüber den Kommunen kurz umreißen will. Obwohl es schon einige Zeit zurückliegt, will ich an die unrühmliche Rolle der Vertreter der CSU im Vermittlungsausschuss erinnern. Sie haben eine echte Gemeindefinanzreform verhindert.
Zweitens ist festzustellen, dass Sie sich inzwischen zu einer völligen Abschaffung der Gewerbesteuer bekennen und damit die kommunale Einnahmebasis gänzlich zerstören wollen.
Herr Kollege, die Summe ist wichtig, und das geht zulasten der Kommunen. Ich gebe Ihnen nur einen Rat einer CSU-Kreistagsfraktion aus Mittelfranken mit. Diese hat an die Staatsregierung appelliert und sie gebeten, das Sparen zeitlich anzupassen, denn auch dort werden Probleme bei dieser schnellen Vorgehensweise gesehen.
Die SPD-Fraktion hat heute im Rahmen eines Gesamtpakets für den Nachtragshaushalt 2004 einen Antrag aus aktuellem Anlass eingebracht. Ich bin gespannt darauf, ob Herr Finanzminister Faltlhauser zu den für gestern anberaumten Gesprächen mit den sieben Bezirkstagspräsidenten etwas sagen kann. Beginnen wollen wir heute mit einem Antrag für die Bezirke. Wir wollen die Aufstockung der Finanzausgleichsmittel von 300 Millionen, welche Sie ja schon um 140 Millionen erhöht haben, auf 500 Millionen €. Ich denke, diese weiteren Aufstockungsmittel sind notwendig, um es zu keiner weiteren Erhöhung der Bezirksumlage kommen zu lassen. Das nämlich hätte wieder fatale Auswirkungen auf Städte und Gemeinden. Wir wollen das verhindern, und das gelingt nur, wenn mehr Geld für die Bezirke zur Verfügung gestellt wird.
Darüber hinaus würde es uns allerdings sehr interessieren, wie Sie einen gerechten und verantwortbaren Finanzausgleich zwischen den einzelnen Bezirken herbeiführen wollen. Dazu werden wir den Herrn Finanzminister hören. Wir fordern Sie auch auf, dass Sie ernsthaft darüber nachdenken, ob weitere Einrichtungen der Bezirke, welche staatliche Aufgaben übernehmen oder übernommen haben, wieder vom Freistaat übernommen werden können. Sie haben bereits vor der Landtagswahl einen Anfang gemacht, indem Sie die Hochschule für Musik Augsburg/Nürnberg übernommen haben. Es gibt Einrichtungen des Bezirks – in unserem Antrag habe ich zwei genannt –, die hierfür infrage kämen. Damit könnten Sie den Bezirk Mittelfranken und auch andere Bezirke entlasten.
Ihren Antrag, Kolleginnen und Kollegen der CSU, halten wir für nicht sehr hilfreich, denn er begnügt sich damit, die Staatsregierung zu loben und den Bund als Prügelknaben hinzustellen.
Viele von Ihnen sind in der Kommunalpolitik verankert und wissen, was zu tun wäre. Trauen Sie sich doch, unseren Antrag zu unterstützen. Ich glaube, Ihr Antrag ist nicht hilfreich. Zeigen Sie Ihre Kommunalfreundlichkeit, indem Sie unserem Antrag zustimmen. Dem Antrag der CSU können wir nicht zustimmen.
Herr Präsident, Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bezirke befinden sich tatsächlich in einer schwierigen finanziellen Situation. Wir kennen auch die Gründe dafür. Es sind zwei Gründe.
Der erste Grund ist die schwierige steuerliche Entwicklung in der Bundesrepublik, sind die Steuerausfälle, welche wahrlich nicht Bayern, sondern die Bundesregierung mit ihrer verfehlten Wirtschaftsund Steuerpolitik zu vertreten hat.
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ich bin nur gespannt darauf, was Sie sagen, wenn der Wirtschaftsaufschwung kommt!)
Wir alle leiden enorm unter dieser Entwicklung, und die Folgen schlagen jetzt bis in unsere Kommunen durch. Nicht nur die Bezirke sind von dieser Entwicklung betroffen, sondern natürlich auch diejenigen, die über die Bezirksumlage für die Kosten der Bezirke aufkommen müssen.
Den zweiten Grund bilden die ständig steigenden Sozialausgaben. Natürlich sind diese steigenden Kosten zum Teil darin begründet, dass es zunehmend mehr behinderte Menschen gibt, die aufgrund der guten gesundheitlichen Versorgung bessere Überlebenschancen haben. Begründet sind die steigenden Kosten aber auch damit, dass uns der Bund immer mehr Aufgaben überträgt und nicht bereit ist, die Zuständigkeiten klar zu regeln. Die Bezirke sind mit diesen Aufgaben überfordert. Deshalb gibt es zahlreiche Anträge von unserer Seite, um eine Regelung zu finden, die die Kosten nicht einseitig auf die Kommunen verlagert, sondern die die Kostentragung entsprechend dem Sozialgesetzbuch regelt.
Meine Damen und Herren, Sie kennen alle die angespannte Finanzlage. Sie wissen, dass wir 2,5 Miliarden Euro aufgrund des Konsolidierungskurses einsparen müssen. Umso bemerkenswerter und anerkennenswerter ist es, dass die Staatsregierung in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden zusätzliche Mittel bewilligt hat.
Sie hat nicht 300 Millionen Euro – wie ursprünglich vorgeschlagen – bewilligt, vielmehr wurde der Betrag um 140 Millionen Euro aufgestockt. Das ist eine Erhöhung um über 47 %, die der Freistaat Bayern den Bezirken zur Verfügung stellt. Die Bezirke und die kommunalen Spitzenverbände haben dies anerkannt. Sie kamen einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass mit diesem Betrag zu wirtschaften sei.