Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

Eine Zwischenfrage lasse ich nicht zu. – Zu der von Ihnen

geforderten Alternativstudie besteht kein Anlass. Deshalb werden wir Ihre Anträge ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Gote.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege von Lerchenfeld, Sie haben soeben ein wunderbares Beispiel dafür geliefert, dass Sie nur in der Lage sind, in Schwarz und Weiß zu denken und dass Sie unsere Anträge noch nicht einmal gelesen haben; denn sonst wäre Ihnen aufgefallen, dass die Anträge sehr differenziert formuliert sind und das, was Sie hier gesagt haben, überhaupt nicht zutrifft.

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Wir, die GRÜNEN, sind der Meinung, dass im Rahmen des Umstiegs auf erneuerbare Energien auch die Windenergie weiter ausgebaut werden muss. Natürlich muss auch das Stromnetz in Deutschland ertüchtigt und ausgebaut werden. Ich betone: Es muss auch ertüchtigt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist nun einmal Fakt, dass die Stromerzeuger das Stromnetz über Jahre hinweg vernachlässigt haben. Wir haben bei den großen Stürmen gesehen, was mit Hochspannungsleitungen passiert. Es ist doch nur recht und billig zu fordern, dass man in das Stromnetz investiert. Es muss auch ausgebaut werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hätten Sie in diesem Hause in der Vergangenheit speziell den Ausbau der Windenergie in Bayern nicht so behindert, wie Sie es getan haben, dann stünden wir heute vielleicht auch vor einer anderen Situation.

Die Einbindung erneuerbarer Energien ins deutsche Stromnetz muss aber mit dem Schutz von Mensch und Natur einhergehen.

(Beifall der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

Deshalb sind auch alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Anteil erneuerbarer Energien in Südwest- und Süddeutschland zu erhöhen – daran werden wir in diesem Hause weiter arbeiten – und damit auch den Umfang des Energietransfers von Nord- und Mitteldeutschland nach Süden zu reduzieren. Bei einer großfl ächig verteilten Produktion von Strom aus Windenergie – das bezieht auch die Binnenstandorte ein – könnte auch eine geringere Dimensionierung von Stromleitungen ausreichen, um die Netzintegration von Windenergie zu gewährleisten; das mal vorweg.

Ich stelle die Dena-Studie gar nicht grundsätzlich in Zweifel. Ich will auch gar nicht einmal so weit gehen und sagen, das ist ein Gefälligkeitsgutachten. Das ist gar nicht notwendig. Die Dena-Netzstudie reicht aber als Begrün

dung für die von Vattenfall und Eon eingereichten Trassenvarianten zum Bauvorhaben Südwestkuppelleitung eben nicht aus. Die Dena-Netzstudie überprüfte ausschließlich die von den Netzbetreibern eingereichten Bauvorschläge hinsichtlich der Notwendigkeit für die Durchleitung von Strom aus Windenergieanlagen. Nicht untersucht wurden Potenziale zur Vermeidung von Neubautrassen durch die Ertüchtigung vorhandener Trassen einschließlich der bestehenden 110-kV-Hochspannungstrassen.

Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, durch ein ergänzendes Gutachten zur Dena-Netzstudie Alternativen zum Neubau einer 380-kV-Hochspannungsleitung von Altenfeld in Thüringen nach Redwitz an der Rodach in Bayern prüfen zu lassen. Die vom Bau der Hochspannungsleitung betroffenen Menschen haben ein Recht darauf. Die GRÜNEN akzeptieren und respektieren das und helfen den Menschen, das Recht durchzusetzen, dass man ihre berechtigten Bedenken ernst nimmt und die Belastung für sie so gering wie möglich hält.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es darf nicht sein – Herr Minister Huber, Sie haben sich soeben auf der Regierungsbank echauffi ert –, dass die wirtschaftlichen Interessen von Eon und Vattenfall schwerer wiegen als die Sorgen der Menschen um ihre Gesundheit und der Schutz von Natur und Umwelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb muss die Nulloption zum Leitungsbau ernsthaft geprüft werden, und deshalb muss alles getan werden, um die verträglichste Lösung für den betroffenen Raum zu fi nden, wenn eben doch ein Leitungsneubau notwendig wird. Dazu gehört eben dann die Erdverkabelung, die längst Stand der Technik ist. Sie ist kein Modellprojekt mehr, sondern längst Stand der Technik. Sie ist teurer; das ist richtig. Ja und? – Sie ist auch besser. Wenn also tatsächlich neu gebaut werden muss, dann bitte wenigstens die Erdverkabelung!

Es darf nicht sein, dass die wirtschaftlichen Interessen von Eon und Vattenfall schwerer wiegen als die Sorge der Menschen um ihre Gesundheit und der Schutz von Natur und Umwelt. Deshalb erwarte ich von Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, und von der Staatsregierung, dass Sie sich für die Menschen, die von dem Bau der Südwestkuppelleitung betroffen wären, ehrlich einsetzen. Einen ersten Beweis für diesen Einsatz könnten Sie erbringen, wenn Sie den beiden Anträgen heute zustimmten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nächster Redner: Herr Staatsminister Huber.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es trifft zu, dass die genannten Energieversorgungsunternehmen diese Leitungen bauen wollen oder bauen müssen. Aber

die dazu erforderlichen Verfahren stehen erst am Beginn. Es ist damit zu rechnen, dass in Kürze das Raumordnungsverfahren eingeleitet wird.

(Susann Biedefeld (SPD): Schon lange angekündigt!)

Alle Fragen, die Sie ansprechen, werden natürlich im Raumordnungsverfahren geprüft. Die Gemeinden werden gehört. Es wird abgewogen, und es erfolgt ein Gutachten im Raumordnungsverfahren.

Anschließend folgt ein Planfeststellungsverfahren, das sicherlich längere Zeit dauern wird und bei dem die Anlieger, die Bürger, alle Möglichkeiten haben, ihre Einwände anzubringen. Die Gemeinden werden gehört. Das heißt, all das, was Sie fordern, wird in dem Verfahren, das sich wohl die nächsten zwei Jahre hinziehen wird, gewissenhaft und genau geprüft werden. Somit gibt es keinen Mangel an Bürgerbeteiligung, es wird nicht über Rechte der Bürger hinweggegangen. Diese Verfahren werden – dafür verbürgen wir uns – nach Recht und Gesetz und mit größter Gewissenhaftigkeit in Bayern durchgeführt.

(Beifall bei der CSU)

Zweitens ist behauptet worden, die Energieversorgungsunternehmen wollten diese Leitungen aus Profi tsucht bauen.

(Susann Biedefeld (SPD): Gewinnmaximierung!)

Zum einen ist es nicht verboten, Gewinn zu machen.

(Susann Biedefeld (SPD): Aber nicht zulasten von Mensch und Natur!)

Mit Verlusten kommt man nicht weiter, Frau Biedefeld, um das auch klar zu sagen. Seien wir froh, wenn Unternehmen Gewinne machen, weil sie auch Arbeitsplätze schaffen.

(Ludwig Wörner (SPD): Wie viele Arbeitsplätze hat Eon im letzten Jahr abgebaut, Herr Minister?)

Unternehmen, die Verluste machen, bauen Arbeitsplätze ab.

(Ludwig Wörner (SPD): Eon hat Arbeitsplätze abgebaut!)

Aber Herr Kollege, seit wann ist es denn so, dass Unternehmen, die Verluste machen, Arbeitsplätze schaffen? Dass Sie von wirtschaftlichen Zusammenhängen keine Ahnung haben, haben Sie die letzten Jahre hinlänglich bewiesen.

(Beifall bei der CSU – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Schon wieder einmal?)

Frau Biedefeld, Sie haben auch den Grund nicht genannt. Da war Frau Gote ehrlicher.

(Ludwig Wörner (SPD): Keine Ahnung hat der Mensch!)

Der Grund für den Bau der Leitungen ist der massive Ausbau der Windkraft in Norddeutschland, vor allem in Offshore-Anlagen in der Ostsee und in der Nordsee. Dort hat man 7000 Stunden im Jahr Wind, und dort ist es auch sinnvoll, Windkraft einzusetzen.

Nun haben wir in Deutschland ein Versorgungsnetz, aber kein Transportnetz. Denn in der Vergangenheit, gerade in Zeiten des Monopols, bestand innerhalb des jeweiligen Versorgungsgebietes auch die Erzeugungskapazität, und man hat sie innerhalb des Monopolgebietes verteilt. In der Zukunft und gerade bei der Windkraft haben Sie eine weit vom Verbraucher entfernt liegende Erzeugung. Sie brauchen ein Transportnetz, das wir in Deutschland nicht haben. Wir müssen also gerade aus ökologischen Gründen – erneuerbare Energien – ein Transportnetz in Deutschland aufbauen.

Deshalb ist es nicht nur widersprüchlich, wie Kollege von Lerchenfeld gesagt hat, sondern es ist doppelzüngig und unredlich, wenn Sie auf der einen Seite für den Ausbau von erneuerbaren Energien sind, aber dann den Bau der notwendigen Leitungen bekämpfen und behindern, meine Damen und Herren von der SPD.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte sehr.

Frau Kollegin, bitte.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass inzwischen selbst Vattenfall Europe Transmission zugibt, dass es nicht nur um die Windkraft geht, sondern dass das eigentliche Interesse auch darin besteht, das Pumpspeicherwerk Goldisthal an die Stromleitung anzubinden?

(Engelbert Kupka (CSU): Ist das verkehrt?)

Was das bedeutet, wissen wir alle; das wissen auch Sie: Das ist die Lizenz zum Gelddrucken. Da heißt es wirklich: reine Gewinnmaximierung. Ist Ihnen das bekannt?