Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

Frau Kollegin Kamm, zu Ihren Zahlen: Seit Mitte 1994 sind durch die Genehmigungsfreistellung über 104 Millionen Euro an Gebühren gespart worden. Durch das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren sind fast 71 Millionen Euro an Gebühren eingespart worden. Insgesamt sind es also 175 Millionen Euro, die an Baugenehmigungsgebühren gespart wurden.

Jetzt komme ich nochmals auf Sie zurück, Frau Kronawitter. Natürlich ist auf der Bauministerkonferenz die bundesweite Musterbauordnung nach dem bayerischen Vorbild erstellt worden. Die Namen Dölker und Jäde sind bundesweit bei allen Fachleuten ein Symbol dafür geworden, dass wir weg wollen von der Mentalität, die in Ihrer Rede deutlich geworden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir gehen jetzt bewusst und konsequent einen weiteren letzten Reformschritt. Sie sagten, wir seien von den Verbänden in die Knie gezwungen worden. Das ist doch Blödsinn. Wir haben einen mutigen dritten Reformschritt gemacht. Wir wollten an die Grenze dessen gehen, was verantwortbar ist. Wir wollten diese Reform zusammen mit den zuständigen Verbänden der Architekten und Ingenieure, den kommunalen Spitzenverbänden und den weiteren Verbänden auf den Weg bringen. Deswegen haben wir eine ganze Serie von Workshops veranstaltet. Wer davon redet, wir seien bei diesen Workshops in die Knie gezwungen worden, hat ein seltsames Denken. Das ist meines Erachtens einer ernsthaften Diskussion nicht würdig.

(Beifall bei der CSU)

Auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gehen wir noch einen Schritt weiter. Bei der Genehmigungsfreistellung wird Bauordnungsrecht nicht geprüft. Soll dann bei ein und demselben Bauvorhaben Bauordnungsrecht geprüft werden, weil es im nicht beplanten Innenbereich oder im Außenbereich liegt, weil sich also

planungsrechtlich etwas ändert? Wir meinen, hier kann man weiter gehen. Ich bedanke mich bei der CSU-Fraktion, dass sie dem gefolgt ist.

Frau Kollegin Kamm, ich möchte auf die regenerativen Energien eingehen. Ich habe mir auch Gedanken darüber gemacht, ob wir dazu Zwangsregelungen einführen sollen. Jeder muss wissen, dass das ein massiver Eingriff ist. Die Kollegen in Baden-Württemberg gehen davon aus, dass ein solcher Eingriff für eine vierköpfi ge Familie Baukostensteigerungen in der Größenordnung zwischen 60 000 und 100 000 Euro bedeutet. Ich meine, dass es uns nicht zusteht, derart teure Zwangsvorgaben zu machen, zumal wir wissen, dass solche Maßnahmen im städtischen Bereich häufi g gar nicht möglich sind. Wie wollen Sie in der Stadt München in einem Mehrfamilienhaus erreichen, dass zu 20 bis 25 % regenerative Energien eingesetzt werden? Wie wollen Sie das auf den Weg bringen? In manchen Fällen geht es nicht. Ich werbe aber eindringlich dafür, dass regenerative Energie eingesetzt wird, wo es möglich ist. Ich werbe eindringlich für eine große Aufklärungsoffensive, damit Architekten, Ingenieure und Handwerker die Möglichkeiten der regenerativen Energien anbieten. Mein Denken ist aber anders als Ihres. Wir können nicht mit gesetzlichen Zwangsmaßnahmen vorgehen ohne Rücksicht darauf, ob sich der einzelne das leisten kann oder nicht. Eine junge Familie kann sich eine Wohnung oft nur unter Anspannung aller Kräfte leisten. Niemand bestreitet, dass diese Maßnahmen die Baukosten um zigtausend Euro teurer machen. Das zwangsweise vorzuschreiben, halte ich in hohem Maße für unsozial. Deswegen lehnen wir diesen Vorschlag ab.

(Beifall bei der CSU)

Die Baden-Württemberger hoffen übrigens darauf, dass der Einsatz regenerativer Energien durch die Aufl age von KfW-Programmen erleichtert wird, die Ende August beschlossen werden sollen. Sie überlegen sich auch selber ähnliche Hilfsprogramme. Wenn man derartiges anbietet, kann man diese Maßnahmen auf den Weg bringen. Ohne diese geht es aber nicht.

Nun zur Frage des Brandschutzes. Herr Kollege Schuster, ich respektiere Ihr Engagement als Feuerwehrmann. Der erste Teil des Antrags würde aber eine massive Verschärfung der Brandschutzbestimmungen bedeuten, die wir seit 1994 haben, ohne dass es dabei zu Beeinträchtigungen gekommen ist. Er würde auch eine Verschärfung der Bestimmungen für bestehende Gebäude bedeuten.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Staatsminister, ich will Sie einen Moment unterbrechen. Wir unterbrechen so lange, bis es ruhiger wird. – Jetzt können Sie weitermachen.

Die Regelung, dass bei dreistöckigen Gebäuden ein zweiter Rettungsweg durch die Geräte der Feuerwehr ermöglicht wird, hat sich seit 1994 bewährt. Diese seit

1994 bestehende Regelung aufzuheben, würde eine massive Verschärfung bedeuten, obwohl es in keinem einzigen Fall zu Schwierigkeiten gekommen ist. Ich habe ausdrücklich gefragt, ob es seit 1994 einen einzigen Fall für die Anwendung einer solchen Vorschrift gegeben hat. Auch vom Feuerwehrverband wurde das nicht bestätigt. Deshalb wäre es falsch, eine solche Verschärfung vorzunehmen, die erhebliche Auswirkungen hat, obwohl kein Bedürfnis dafür besteht.

Der zweite Teil Ihres Antrags auf Veränderung der Fenster wird von uns deswegen mitgetragen, weil er beim Tragen von schwerem Atemschutz zu gewissen Erleichterungen führt. Zwingend notwendig ist diese Maßnahme aber nicht.

Ein letzter Punkt, den ich noch ansprechen will, bevor ich eine Schlussbemerkung mache, sind die Rauchmelder. Ich frage jeden Kollegen, der bei dieser Forderung vehement Beifall klatscht, ob er bei sich zu Hause einen Rauchmelder hat.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Ja!)

Es ist vorbildlich, wenn Sie einen Rauchmelder haben. Aus Hessen weiß ich aber, dass sich bei der Zahl der Brandtoten trotz der Rauchmelder nichts geändert hat. Ich weiß, wie es bei mir ist. Als ich 1982 mein Haus umgebaut habe, habe ich Brandmelder eingebaut. Im Laufe der Zeit sind sie nicht mehr alle betriebsfähig.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Batterien auswechseln!)

Was hilft ein Rauchmelder, wenn die Batterie nicht gewechselt wird, wenn er deswegen nicht mehr betriebsfähig ist? Konsequent wäre es daher, vorzuschreiben, dass betriebsfähige Brandmelder vorzuhalten sind. Dann müssen in den Häusern aber auch Kontrollen durchgeführt werden. Sofern Sie mir nachweisen, dass es aufgrund einer derartigen Vorschrift weniger Brandtote gibt, ist es in Ordnung. Wenn das nicht der Fall ist, kann ich nur sagen: Oh ihr alten Regulierer, ihr seid immer nur Vertreter der Bürokratie. Ich will von der SPD nie mehr hören, dass sie weniger Bürokratie will, wenn sie überall dort, wo Bürokratie abgebaut werden kann, Nein sagt.

(Beifall bei der CSU – Dr. Thomas Beyer (SPD): An der richtigen Stelle wollen wir Bürokratie abbauen!)

Beim Sammlungsgesetz stehen Sie an der Spitze derer, die gegen Entbürokratisierung Widerstand leisten. Bei der Reduzierung der Bürokratie im Bauordnungsrecht stehen Sie an der Spitze des Widerstands. Sie stellen sich gegen Architekten, Ingenieure und Handwerker. Hört auf damit, das Wort Entbürokratisierung in den Mund zu nehmen. Ihr seid die Partei der Überbürokratisierer. Wir machen Entbürokratisierung nur dort, wo es vernünftig ist. Wir machen es mit den Verbänden gemeinsam, auch wenn es manchmal knirscht.

In 15 Jahren ist es zu keinen Nachteilen und zu keinen Schwierigkeiten gekommen, wie wir schon nach dem ersten Schritt der Bauordnungsreform und nach der Ausdehnung der Reform im zweiten Schritt gesehen haben. Deshalb ist auch der dritte Schritt gerechtfertigt. Darum sage ich an die CSU-Kollegen ein herzliches Dankeschön für die Beratung. Damit sind aber auch die Fronten klar. Die SPD in Bayern steht für ein überkommenes Bürokratieprinzip des letzten Jahrhunderts. Wir setzen dagegen für die verantwortungsbewussten Bürger mehr Freiheit durch.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Wir haben eine weitere Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn Sie sich besonders leidenschaftlich für Bürokratieabbau einsetzen, geht es meistens um Zielsetzungen, die Sie nicht erfüllen wollen. Sie können bei der Bauordnung gern weitere Bürokratie abbauen. Da gibt es sehr viele Möglichkeiten, beispielsweise bei den Autostellplätzen. Hier handeln Sie nicht. Wenn es jedoch beispielsweise um Denkmalschutz geht, ist das für Sie auf einmal Bürokratie.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte jetzt noch etwas zu dem Thema sagen: Kann man sich regenerative Energien leisten? – Wenn Sie den Gesetzentwurf aus Baden-Württemberg gelesen hätten, hätten Sie gesehen, dass nur in den Gebäuden, die neu errichtet werden und die derzeitigen EnEV-Energiestandards um 30 % unterschreiten, regenerative Energie zur Verfügung gestellt werden muss. Nach diesem Gesetz wäre das bei einem Einfamilienhaus beispielsweise durch eine vier bis sechs Quadratmeter große Kollektoranlage oder dadurch, dass der Energieversorger regenerative Energien in sein Wärmenetz einspeist, möglich.

Zur Nutzung erneuerbarer Energien gibt es viele Möglichkeiten. Die von Ihnen genannten 60 000 Euro sind völlig aus der Luft gegriffen. Der Beitrag würde zunächst einmal in einer Größenordnung von höchstens 10 000 Euro liegen.

Hinzu kommt, dass sich diese Energieeinsparmaßnahmen amortisieren. Wir werden nie wieder in die Situation kommen, dass Energie billig ist. Die Energie wird teurer werden. Gerade für eine Familie ist es außerordentlich sinnvoll, für die Zukunft Energie einzusparen. Wir müssen uns jetzt die Frage stellen, ob wir es uns leisten können, länger auf Klimaschutz zu verzichten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich bitte Sie, sich auf einen langen Abstimmungsvorgang einzu

stellen. Nach der namentlichen Abstimmung wird eine Auszählpause stattfi nden und anschließend sofort die Schlussabstimmung. Ich bitte Sie, dies einzuplanen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf der Drucksache 15/7161, die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/7757 mit 15/7760, 15/7873 mit 15/7878, 15/7962 mit 15/7970, 15/7995, 15/8143, 15/8319 mit 15/8321, 15/8326 und 15/8653 sowie die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie auf der Drucksache 15/8598 zugrunde.

Zunächst lasse ich über die vom federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie bzw. vom endberatenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zur Ablehnung empfohlenen Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/7757 mit 15/7760, 15/7873 mit 15/7878, 15/7962 mit 15/7969, 15/7995 und 15/8143 abstimmen.

Es besteht bei den Fraktionen Einverständnis, dass wir über diese Änderungsanträge mit Ausnahme der Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/7757, 15/7965 und 15/7995, zu denen namentliche Abstimmungen beantragt worden sind, eine Gesamtabstimmung durchführen. Wer diesen Anträgen zustimmt – –

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Übernahme des Abstimmungsverhaltens!)

Jawohl. Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im jeweils federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, hinsichtlich des Änderungsantrags auf der Drucksache 15/8143 dem entsprechenden Abstimmungsverhalten im endberatenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Niemand. Stimmenthaltungen? – Auch niemand. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Einzeln abgestimmt werden muss vorweg auch über den nach Abschluss des Ausschussverfahrens von Abgeordneten der SPD-Fraktion eingereichten Änderungsantrag betreffend „Rettungswege“ auf der Drucksache 15/8653. Die CSU-Fraktion hat beantragt, über die beiden Nummern des Änderungsantrags getrennt abzustimmen. Damit besteht vonseiten der Antragsteller Einverständnis.

Ich lasse deshalb jetzt wie beantragt getrennt abstimmen.

Wer der Nummer 1 des Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist die Nummer 1 des Änderungsantrags abgelehnt.

Wer der Nummer 2 des Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Damit ist die Nummer 2 des Änderungsantrags so beschlossen.

Wir kommen nun zu den beantragten namentlichen Abstimmungen über die Änderungsanträge auf den Drucksachen 15/7757, 15/7965 und 15/7995, die vom federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zur Ablehnung empfohlen werden.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag betreffend „Regenerative Energien“ auf der Drucksache 15/7757 in namentlicher Form abstimmen. Für die Stimmabgabe sind Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaals und auf dem Stenografentisch bereit gestellt. Für die Abstimmung stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 10.17 Uhr bis 10.22 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt. Wir setzen die Sitzung fort – von der Regierungsbank bis zur letzten Reihe.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Jetzt wird durchgegriffen; jetzt gibt es ein wenig Disziplin! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Unterländer bringt Unruhe in die Fraktion der GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, wir fahren fort mit zwei weiteren namentlichen Abstimmungen. Besteht damit Einverständnis, in Abweichung von der Geschäftsordnung die Abstimmungszeit auf drei Minuten zu reduzieren? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann kommen wir zur nächsten Abstimmung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD betreffend Rauchwarnmelder in Wohnungen, Drucksache 15/7965. Die Urnen sind wieder bereitgestellt. Für die Stimmabgabe stehen drei Minuten zur Verfügung.