Sie nennen Ihren Entwurf ebenso wie wir Gesundheitsschutzgesetz. Das ist zu begrüßen. Wir würden uns wünschen, dass Sie den Aspekt der Prävention, der in unserem Text enthalten ist, berücksichtigen. Die Prävention hat hier zum Ziel, dass Jugendliche durch Vorbilder von dem Einstieg in den Tabakkonsum abgehalten werden. Vielleicht lassen Sie darüber mit sich reden.
An dieser Stelle beschränke ich mich darauf, die Knackpunkte zu benennen, über die wir in den Ausschüssen diskutieren müssen. Der Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, gilt nicht für dieses Gebäude. Ich weiß nicht, ob Sie das so meinen. Wir meinen es in jedem Fall nicht so. Man wird noch daran arbeiten müssen, auch im Interesse der Vorbildfunktion dieses Hauses. In diesem Sinne habe ich hier schon häufi g geredet.
Sie schreiben unter „Alternativen“, dass die technischen Lösungen wenig praktikabel seien und wettbewerbsverzerrend wirkten. Wettbewerbsverzerrend, Herr Bernhard, wirkt in der Gastronomie im Wesentlichen Ihre Ausnahmeregelung, die die kleinen Betriebe mit nur einem Raum eklatant benachteiligt. Die Konsequenz kann doch nicht sein, dass man Ausnahmeregelungen machen muss, sondern die Konsequenz kann nur sein, dass in Innenräumen der Gastronomie nirgends geraucht werden darf, weil alle Mitarbeiter in geschlossenen Räumen das Recht haben, dass man ihre Gesundheit schützt.
In Ihrer Problembeschreibung sprechen Sie die Tatsache an, dass auch durch Aufenthalt in Räumen, in denen nicht aktuell geraucht wird, sondern vor einiger Zeit geraucht wurde, eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch passive Inhalation gegeben ist. Wenn Sie dieses Problem schon erkennen, ist zu fragen: Was geschieht denn dann zum Beispiel mit einem Raum, der als Raucherraum genutzt worden ist und inzwischen umgewidmet wurde? Was soll diese feinsinnige Unterscheidung in Betrieben mit über und unter 500 Menschen? Sind Betriebe mit unter 500 Menschen schützenswürdiger als die mit über 500 Menschen? Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung wird diese Lösung vor Gericht keinen Bestand haben, ebenso wenig wie Ihre Ausnahmeregelungen in der Gastronomie.
Es fehlt auch der Hinweis darauf, dass Kontrollen stattfi nden müssen. Wenn man dieses Gesetz in Kraft setzt, darf es nicht der Beliebigkeit der Kreisverwaltungsbehörde überlassen werden. Auch die Bußgeldhöhe muss
defi niert werden. Sie muss empfi ndlich sein, damit sie den pädagogischen Effekt erfüllt, den sie in anderen Ländern erfüllt hat. In Irland und Italien funktioniert das gut.
Hierüber werden wir uns im Ausschuss noch intensiv verständigen müssen. Ich hoffe, die Sommerpause dient dazu, dass bei Ihnen die Erkenntnis reift, dass die Änderungsanträge zu diesem Gesetz, die wir stellen werden, sinnvoll sind und Sie diesen Anträgen im Interesse der Gesundheit der Menschen in Bayern zustimmen werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind der Meinung, dass die Staatsregierung den Nichtraucherschutz torpediert. Angekündigt worden war ein Quantensprung, aber es ist ein Quantenhopser geworden; denn es sind so viele Ausnahmen geschaffen worden.
Wir haben die Schätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums bekommen. Es geht von mehr als 3300 tabakassoziierten Todesfällen bei Nichtrauchern pro Jahr in Deutschland aus. Wir haben auch schon viele andere Zahlen gehört. Die Fälle von passivrauchbedingten Herzkreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, Schlaganfällen, plötzlichem Kindstod sind alarmierend. Die tabakrauchbelasteten Kleinkinder – das schreiben Sie in Ihrem Gesetzentwurf selber – haben gegenüber unbelasteten Kindern ein um 50 bis 100 % höheres Risiko, an Infektionen der unteren Atemwege, Asthma, Bronchitis usw. zu erkranken.
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat in einer Studie ermittelt, dass es in Diskotheken und Gaststätten Feinstaubwerte von mehr als 1000 Mikrogramm je Kubikmeter Luft gibt. In Restaurants gibt es Werte von 200 Mikrogramm, in Bars von 220 Mikrogramm. In diesen Räumen sind also die gesundheitsbelastenden Gefahren erheblich. Wir hörten schon von Frau Sonnenholzner: Die gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffe setzen sich in den Tapeten, in den Vorhängen, in den Teppichen ab. Auch wenn aktuell nicht geraucht wird – Frau Sonnenholzner sagte es schon –, sind diese Gefahren da. Ein zeitlicher Abstand mindert die Gefahren wenig. Gleiches gilt für die mit modernster Technik betriebenen Lüftungsmaßnahmen. Der Feinstaub wird dadurch nicht beseitigt. Innenräume, in denen das Rauchen erlaubt ist, sind eine kontinuierliche Expositionsquelle. Das sagt das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg.
SPD und GRÜNE haben ihre Gesetzentwürfe im Januar vorgelegt. Wir haben gehört: In Baden-Württemberg und Niedersachsen treten bereits im August Nichtrauchergesetze in Kraft. Die Bayerische Staatsregierung, die bekanntlich kühner Vorreiter sein wollte, legte jetzt einen
Gesetzentwurf vor, über den am 12. Juli im Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik beraten und abgestimmt werden sollte. Er wurde kurzfristig gegen den Willen der SPD und der GRÜNEN von der Tagesordnung genommen und auf den Herbst verschoben. Offensichtlich ist Ihnen klar geworden, dass er vielleicht nachgebessert werden sollte.
Statt der elf eng bedruckten Seiten mit Begründung und vor allem Ausnahmen vom Rauchverbot hätte eigentlich eine einzige DIN-A4-Seite genügt: „Alles bleibt wie gehabt, aber so gut wie überall werden Raucherräume eingerichtet.“ Was ist mit den Bedienerinnen, die in diesen Raucherräumen arbeiten? Es ist zutiefst unsozial, was Sie da machen, wie so oft.
Die müssen nämlich dort arbeiten, weil sie sonst fürchten müssen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Sie können gar nicht ausweichen. Sie müssen diesen Qualm einatmen. Wieder gilt – ich sagte es schon vorhin –: Weil du arm bist, musst du früher sterben. Das kann einfach nicht die Lösung für die Zukunft sein.
In Bierzelten und Biergärten darf sogar weiter wie bisher gequalmt werden. Das ist völlig absurd. Rauchverbote ohne Einschränkung kann man an einer Hand abzählen. Dazu zählen -immerhin- Rauchverbote in Räumen, in denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, in Krankenhäusern usw. Wir hören immer wieder, dass das Einstiegs alter für das Rauchen bei Jugendlichen inzwischen bei 13 Jahren liegt und weiter sinkt. Darum haben wir in unserem Antrag gefordert, dass auch auf dem Gelände um die Krankenhäuser und Kindergärten herum nicht ge raucht werden darf; denn wenn die Kindergartentante draußen steht und raucht, ist das ein Signal für die Kinder. Wenn die Krankenschwester vor dem Krankenhaus steht und raucht, ist das ein Signal für die Patienten, weiterzurauchen
Das Ziel muss eine rauchfreie Gesellschaft sein. Wir können uns doch nicht von einem Häufl ein von Nikotinsüchtigen terrorisieren lassen. So ist es nämlich im Moment. Wir haben die Vermutung, dass die 3000 Unterschriften, die Herrn Unterländer überbracht worden sind, ihre Wirkung getan haben. Die Tabaklobby kann triumphieren. Die Bevölkerung darf weiterhin terrorisiert werden, und auch die Pharmalobby kann triumphieren; denn Gesunde bringen keinen Profi t, nur die Kranken bringen Profi t. Auch das wissen wir. Der Entwurf ist vor allem vor dem Hintergrund der angeblichen Bemühungen um eine Gesundheitsreform der blanke Hohn. Die Panikmache, die Gaststättenbetriebe würden ohne ihre treuen Raucher pleite gehen, hat sich auch nicht bewahrheitet.
Zum Schluss noch ein Beispiel aus München. Wir hatten Frau Bahr von Bahr’s & more zu einem Fachgespräch eingeladen. Sie hat einen Gaststättenbetrieb, den sie sehr liebt. Sie hätte ihn aufgeben müssen, weil sie Krebs, Asthma und Hautprobleme bekommen hat, weil sie jeden Abend die Gifte von 200 Zigaretten einatmen musste. Sie stand vor dem Problem, entweder ihren Beruf aufzugeben, den Betrieb zu schließen oder auf rauchfrei umzustellen. Sie hat sich entschieden, auf rauchfrei umzustellen. Einen Monat saßen sie und ihr Mann ohne Gäste da. Dann kamen neue Gäste, Familien mit Kindern und schwangere Frauen. Frau Bahr sagt, es sei eine Erlösung gewesen, es herrsche eine andere, nicht aggressive Stimmung im Restaurant. Ich kann nur sagen: Wenn es bei Frau Bahr geht, dann geht es woanders auch.
Wir sind dafür, nicht immer zu bremsen und nach dem Motto zu verfahren: Ein bisschen Ja, ein bisschen Nein. Wir sind für ein Rauchverbot ohne Wenn und Aber.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Gott sei Dank befi nden wir uns in der Ersten Lesung zu einem Gesundheitsthema, das man unter verschiedensten Gesichtspunkten diskutieren kann. Wenn man die notwendigen Schlüsse zieht, kann man die Ergebnisse in Gesetzesform packen. Wenn ich es richtig sehe, haben wir drei Gesetzentwürfe, deren Darstellung des Problems identisch ist. Das ist schon einmal eine positive Situation. Wir alle haben das Problem erkannt, auch dank Ihrer Ausführungen, liebe Frau Kollegin Rütting, über die Mikrofasern und Feinstäube, die sich auf Tapeten und Einrichtungsgegenständen ablagern. Lassen Sie uns nicht von dem uns alle bewegenden Kernpunkt dieses Problems abkommen, sondern lassen Sie uns gemeinsam auf den Gesundheitsschutz schauen, der insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion über Raucher notwendig ist. Der Staatssekretär hat schon ausgeführt, dass man noch im Landtag geraucht hat, als er Mitglied des Landtags wurde. Als ich in den Landtag kam, habe ich zu rauchen aufgehört. So hat jeder seine spezifi schen Bezüge zu diesem Thema.
Es macht keinen Sinn, dass wir tiefschürfende Diskussionen unter den verschiedensten Gesichtspunkten führen. Wir werden im zuständigen federführenden Ausschuss in bewährter Manier diskutieren. Wir haben uns schon heute auf eine Neuorientierung des Landesgesundheitsrats verständigt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass eingedenk dieser sehr einvernehmlichen Diskussion zum Thema Gesundheitsrat der Nichtraucherschutz, der auf der Tagesordnung steht – auch ich sehe den präven
tiven Ansatz des Nichtraucherschutzes; die Anmerkung ist völlig richtig –, noch stärker diskutiert wird. Da wir im Fachausschuss fl exibel sind, gehe ich davon aus, dass wir uns einigen und noch vor Ende des Jahres ein gutes Gesetz verabschieden können.
Ich muss aber noch eines anmerken. Das sei mir deswegen erlaubt, weil ich der böse Bube war, der am vergangenen Donnerstag im Ausschuss unseren Vorsitzenden fast in Rage gebracht hat. Sie in Rage zu bringen, ist gar nicht machbar. Insofern muss ich mich selber korrigieren.
Ich nehme meinen Vorsitzenden in Schutz. Ich jedenfalls war der böse Bube, der per Antrag gebeten hat, die Beratungen der Gesetzentwürfe der GRÜNEN und der SPD und der zu diesem Thema eingegangenen Petitionen von der Tagesordnung abzusetzen. Die jetzige Diskussion zeigt mir, dass mein diesbezüglicher Antrag hervorragend war.
Was hätten wir denn heute zu bereden, wenn wir Ihrem Anliegen gefolgt wären und diese eingehende Diskussion bereits am vergangenen Donnerstag geführt hätten? Ich freue mich auf die Diskussion. Wir gehen jetzt alle in Urlaub und werden mit einem klaren Kopf zurückkommen. Dann diskutieren wir den Gesundheits- und Nichtraucherschutz.
Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierfür eine Redezeit von 10 Minuten pro Fraktion vereinbart. Als erstem Redner darf ich nun Herrn Dr. Zimmermann das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Ihrer Anregung vor der Mittagspause, die weiteren Tagesordnungspunkte etwas fl otter abzuwickeln, komme ich sehr gerne nach. Kolleginnen und Kollegen, diese Änderung des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes und des Heilberufe-Kammergesetzes ist notwendig, um die Rechtsgrundlage für die Ergebnisse der Verwaltungsreform 21 umzusetzen. Es geht in diesem spezifi schen Fall um Vollzugsaufgaben im Apothekenwesen, die künftig von der Landesapothekerkammer vernünftigerweise selbst durchgeführt werden können. Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und lieben Kollegen! Ich werde die Redezeit nicht ausschöpfen. Ausnahmsweise ist die Staatsregierung mit einem guten Beispiel vorangegangen. Sie hat einen sinnvollen Vorschlag gemacht. Wenn sie etwas Sinnvolles vorschlägt, dann sind wir selbstverständlich bereit, dem zuzustimmen, was wir hiermit tun.