Sie tun dies aus wahltaktischen Gründen. Sie wollen den Eltern dieses Wahlgeschenk erst im September 2008 machen, sonst könnten die Eltern das bis dahin ja wieder vergessen haben. Deshalb müssen die Eltern im nächsten Schuljahr noch einmal ordentlich Büchergeld berappen, obwohl es jetzt schon unsinnig ist. Sie wollen sich diesen Wahlschlager drei Wochen vor der Landtagswahl nicht aus der Hand nehmen lassen.
Genauso ist das. Die Eltern müssen am Beginn des nächsten Schuljahres noch einmal ein unsinniges Büchergeld bezahlen, damit Ihnen der Wahlschlager für September 2008 nicht abhanden kommt. Es ist armselig, wenn man sich aus politischen Gründen so verhält.
Und das wegen 15 Millionen Euro im Staatshaushalt! Erst gestern haben Sie gesagt, jetzt käme die große blühende Zukunft in diesem Lande mit 1,5 Milliarden Euro zusätzlich, und der Rohstoff Geist sei das Wichtigste, das wir hätten.
Es werde in die Bildung investiert und in die Hochschulen. Lauter solche Sprüche haben wir gestern hören müssen, aber im September kommt es schon wieder zum tristen grauen CSU-Alltag in Bayern. Die Hand wird aufgehalten, und die Eltern sollen bezahlen.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/8667 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Öffentliche Information über meldepfl ichtige Ereignisse und Periodische Sicherheitsüberprüfungen in den bayerischen Atomkraftwerken (Drs. 15/8668)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir fordern in unserem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/8668, der Ihnen vorliegt, eine andere Information über die Störfälle in Atomkraftwerken. Für uns war das, was jetzt für Brunsbüttel und
Krümmel beim Betreiber Vattenfall gefordert wird, Anlass, das Gleiche für die bayerischen Atomkraftwerksbetreiber Eon und REW zu fordern.
Es reicht nicht, mit Bauernopfern, mit Rücktritten von Unter, Ober oder König, diese Misere in den Griff bekommen zu wollen. Nein, wir brauchen zweierlei. Wir brauchen eine andere Informationspolitik, und wir brauchen einen anderen Umgang mit störanfälligen Atomkraftwerken.
Zunächst musste Konzernsprecher Johannes Altmeppen das Amt aufgeben, dann der Chef der Atomsparte, Bruno Thomauske, und dann der Chef von Vattenfall Europe, Klaus Rauscher. Und letztendlich konnte sich Aufsichtsratschef Lars Josefsson bei Kanzlerin Merkel nur retten, indem er genau diese Informationspolitik gerügt und anderes eingefordert hat.
Ein Unternehmen, das es bei der technischen Feststellung belässt, dass eine Gefährdung zu keinem Zeitpunkt gegeben war, hat seine gesellschaftliche Verantwortung nicht ausreichend wahrgenommen.
Wer hochtechnologische Anlagen wie Kernkraftwerke betreibt, muss sich neben der formalen Lizenz - für die die Aufsichtsbehörden zuständig sind - durch vertrauensbildenden Dialog immer wieder auch die Zustimmung der Öffentlichkeit erarbeiten. Wir stehen in einer ganz besonderen Verantwortung.
Und er fordert die Werte „Effektivität, Übernahme von Verantwortung“ - und vor allem „Offenheit“ ein. Genau hier sind wir beim Kernpunkt unseres Antrags. Wir fordern erstens ganz simpel, dass die Betreiber der fünf bayerischen Atomkraftwerke Eon und RWE dieser Pfl icht nachkommen und die Öffentlichkeit aktuell und umfassend über meldepfl ichtige Ereignisse in den bayerischen Atomkraftwerken informieren.
Zweitens fordern wir, dass diese Meldungen der Betreiber unverzüglich als Dokumente ins Internetangebot des bayerischen Umweltministeriums eingestellt werden. Und drittens fordern wir, dass sämtliche Unterlagen der verpfl ichtenden Periodischen Sicherheitsüberprüfungen ebenfalls veröffentlicht werden.
Warum uns diese Informationspolitik neben all den anderen Kritikpunkten, die wir haben, so wichtig ist, möchte ich Ihnen kurz anhand der Pannenserie in Schleswig-Holstein darstellen. Wie Sie wissen, mussten am 28.06.2007 gleich zwei Atomkraftwerke nach Zwischenfällen heruntergefahren werden. Um 13.10 Uhr gab es in Brunsbüttel einen Kurzschluss im Umspannwerk, und nur zwei Stunden später gab es ein Feuer auf dem Gelände des AKW Krümmel.
Sie machen es sich zu einfach, wenn Sie jetzt sagen, dies läge in der Zuständigkeit der Atomaufsicht SchleswigHolsteins.
(Helmut Brunner (CSU): Sie machen es sich zu einfach! Reden Sie doch über Bayern! Da sind die AKWs sicher!)
Ist Ihnen das nicht bekannt? Und genau zu diesen Zwischenfällen in diesen Atomkraftwerken heißt es beispielsweise am 29.06.2007 in einer Mitteilung von Vattenfall: „Die Sicherheitssysteme haben wie vorgesehen funktioniert.“ – Dabei war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass es durch die Schnellabschaltung nach dem Brand auch Auswirkungen auf den Reaktorbereich Krümmels gab. Das ist doch eine unglaubliche Informationspolitik für die Öffentlichkeit!
Später, am 30.06.2007, wird weiter erklärt, die Störungen, bezogen auf Brunsbüttel und Krümmel, „standen nicht mit dem Nuklearbereich der Anlagen in Verbindung“. Aber kurze Zeit später wissen wir bereits, dass dem nicht so war. Das Ganze geht dann noch weiter. Beim Trafobrand in Krümmel ist Rauchgas in die Leitwarte des Kernkraftwerkes eingedrungen. Ein Mitarbeiter musste eine Gasmaske aufsetzen. Und beim Wiederanfahren in Brunsbüttel kam es zu zwei neuerlichen Störungen. In den Rohren von Brunsbüttel entsteht zunehmend Wasserstoff, und wir wissen, dass im Jahr 2001 in Brunsbüttel eine Wasserstoffexplosion stattgefunden hat.
Es reicht nicht, nur Personen auszutauschen, sondern wir müssen uns die Sicherheitsstrukturen generell anschauen.
Verwiesen sei dabei noch auf Folgendes: Vor genau einem Jahr, am 25.07.2006, gab es ähnliche Störfälle auch im AKW-Block Forsmark I in Schweden, und am
größten schwedischen Atomkraftwerk Ringhals gab es im November 2006 einen explosionsartigen Brand an einem der Haupttransformatoren. Auch dieses Kraftwerk wird von Vattenfall und Eon betrieben. Nehmen Sie das endlich zur Kenntnis.
Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass das bayerische Atomkraftwerk Isar 1 baugleich ist mit dem störanfälligen Billigreaktor von Brunsbüttel. Das ist die Baulinie 69: Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Philippsburg und Isar 1 mit einem hohen technischen Sicherheitsrisiko, ansatzweise auch das AKW Krümmel, das später in Betrieb gegangen ist. Diese Billigreaktoren von Siemens sind ganz vorne auf der Störfallliste,
beispielsweise im Jahr 2006 Isar 1 an siebter Stelle der Störfälle nach Krümmel, Biblis B, Brunsbüttel, Biblis A, Unterwesen, Brokdorf, kurz darauf gefolgt von Grafenrheinfeld, Gundremmingen B und Gundremmingen C auf den Plätzen neun, zehn und elf der deutschen Atomkraftwerke. Sagen Sie nicht, Bayern wäre von diesem Gefährdungsrisiko nicht betroffen.
Diese Baulinie und drei weitere Atomkraftwerke sind besonders gefährlich. Ich habe die Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Philippsburg, Isar 1 und Krümmel genannt. Dazu kommen Biblis A, Biblis B und Neckarwestheim, die besonders gefährdet sind, was die Wandstärke und die Sicherheit gegen Abstürze von Flugzeugen betrifft. All diese sieben Atomkraftwerke weisen eine Bauweise auf, die eben keine Sicherheit gegen den Absturz von militärischen Maschinen bietet, wie sie derzeit im Einsatz sind, geschweige denn gegen den Absturz von Passagiermaschinen, zum Beispiel vom Münchner Großfl ughafen aus. Wie wir aus einer Anfrage wissen, wird Isar 1 mehr als 120-mal pro Tag im Abstand von einem Kilometer vom Großfl ughafen München aus umfl ogen, im Abstand von einem Kilometer circa 130-mal pro Tag.