Ich treffe eine letzte Feststellung. – Herr Pfaffmann, vielleicht hören Sie wenigstens einmal zu. – Danke schön. – Wenn Schülerinnen und Schüler ihre Bücher selber kaufen – –
Da ich dem, was der Kollege zu dem Thema gesagt hat, zugehört habe, wäre es doch anständig, dass er auch mir zuhört. Im Gegensatz zu ihm trage ich tatsächlich auch einige Neuigkeiten vor.
Ich möchte einen Irrtum ausräumen. Sie sagen, dass Schülerinnen und Schüler, die ihre Bücher selber kaufen, noch Büchergeld zahlen müssen. Das ist schlicht und einfach falsch. Wer seine Bücher selber bezahlt, ist vom Büchergeld befreit. Solchen Unsinn muss man hier nicht ausbreiten.
Wir haben gesagt: Einige Dinge müssen überprüft werden. Dazu gehören die Kosten des Verwaltungsvollzugs und die Höhe des Büchergeldes. Deswegen haben wir vor einigen Wochen im Ausschuss beschlossen, einen Bericht der Staatsregierung anzufordern. Diesen werden wir dann auch diskutieren. Es gibt also keine neuen Fakten, aufgrund derer wir jetzt eine Entscheidung treffen müssten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Eisenreich, eine Welle der Begeisterung an den bayerischen Schulen über das Büchergeld habe ich nicht verspürt. Gutgetan hat das Büchergeld dem bayerischen Staatshaushalt.
Was das Büchergeld angerichtet hat, war, dass es die Botschaft ausgesandt hat: Bildungsausgaben werden immer mehr privatisiert, Bürgerinnen und Bürger müssen für die Bildung ihrer Kinder immer stärker in die eigene Tasche greifen.
Das ist nicht kinderfreundlich. Das verstärkt den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Sie werden mir vielleicht entgegenhalten, dass es doch die Befreiung gibt. Dazu möchte ich aber ein Argument wiederholen, das mir wichtig ist; denn auch ich bin ein Kind von Eltern, die nicht mit großen Reichtümern gesegnet waren. Wer einmal im Jahr eine Befreiungserklärung abgeben muss, dem wird einmal im Jahr bescheinigt, dass er arm ist. Armut macht nicht selbstbewusster. Das Gefühl, arm zu sein, erschwert das Lernen.
Die Abschaffung der Lernmittelfreiheit ist ein Signal dafür, was der CSU die Bildung wert ist, nämlich nichts oder nur sehr wenig oder nur verbal etwas wert ist.
Büchergeld ist – deshalb kann ich Ihre Begeisterung verstehen – nichts weiter als das Stopfen der Löcher, die durch die staatlichen Kürzungen hervorgerufen wurden, mit privatem Geld, und es ist in der Tat ein verstecktes Schulgeld. Den Etat für die bayerischen Bücher bringen im Moment zu 90 % die Eltern auf.
Ich komme zu den Folgen für die Kommunen. Unsere Nürnberger Stadträtin hat mir im Jahr 2006 Folgendes mitgeteilt: An der Grundschule sind 4098 Kinder von 14 807 befreit. Das bedeutet einen Fehlbetrag von 81 960 Euro. Wenn ich jetzt die Erstattung in Höhe von 4 Euro gegenrechne, dann komme ich auf 59 228 Euro. Ich brauche keinen Bericht abzuwarten, um zu erkennen, dass das sofort korrigiert werden müsste, Herr Kollege Eisenreich.
Ich komme zur Hauptschule. In Nürnberg – wohlgemerkt, die Zahlen sind aus dem Jahr 2006 – sind von 8510 Kindern 3218 befreit gewesen. Das heißt, Büchergeld in Höhe von 128 720 Euro müsste ersetzt werden. Die Erstattung durch die Staatsregierung ist um ein Vielfaches weniger. Das ist ein schlechtes Geschäft für die Kommunen, für Sie, Herr Minister, natürlich ein gutes.
Der Städtetag hat im Januar 2007 noch einmal die Abschaffung des Büchergeldes verlangt. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung: „Darüber hinaus zeigt sich immer
deutlicher, dass der … Verwaltungsaufwand wesentlich höher ist als vom Kultusministerium geschätzt.“ Es gebe die Gefahr, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen durch Verwaltungskosten aufgefressen werde. Die Pressemitteilung schließt mit den Worten: „Das ist ein klassisches Beispiel für unsinnige Bürokratie.“
Der Kultusminister hat in seiner zweiten Pressemitteilung im Jahr 2007 selbst eingeräumt, das Ziel, den Schulbuchbestand zu verbessern, sei noch nicht überall erreicht. Deshalb teile ich Ihre Ansicht nicht, dass das alles wahnsinnig gut gewesen sei. Sie haben bereits im Januar angekündigt, dass Sie die Ergebnisse einer Erhebung vorstellen werden. Darauf warten wir bis heute. Ich muss mich fragen, warum wir so lange darauf warten müssen. Ich lasse die Antwort auf die Frage offen. Sie, Herr Kultusminister, haben auch festgestellt, die Versorgung der Schulen mit Büchern stelle sich recht unterschiedlich dar. Für mich ist das Büchergeld kein Erfolg. Sie stellen weiterhin fest, nach wie vor würden von Eltern Klagen über eine unzureichende Ausstattung mit Schulbüchern erhoben. Die Schulbuchwelt ist also nicht in Ordnung.
Ich möchte noch auf eine rechtliche Frage aufmerksam machen, deren Klärung immer noch aussteht. Die Schulbuchverlage betrachten das Büchergeld als eine Art Mietverhältnis und haben angekündigt, dass sie eine Leihdauer von drei Jahren gestatten. Das Kultusministerium hat mir mitgeteilt, es teile diese Rechtsauffassung nicht. Was ist denn, Herr Minister, wenn die Schulbuchverlage nach drei Jahren auf ihrem rechtlichen Standpunkt bestehen und Sie den Rechtsstreit verlieren? Alles in allem ist das Büchergeld ein typisches Beispiel für die Planlosigkeit des Ministerpräsidenten Stoiber. Es war ein Schnellschuss aus der Hüfte genauso wie das G 8 und viele andere Ideen von Herrn Stoiber.
Sie hätten es vorher wissen können, aber der scheidende Ministerpräsident will mit dem Kopf durch die Wand.
Die Lernmittelfreiheit hatte einen Hintergrund und war für alle Familien das Signal, dass alle den gleichen Zugang zu Bildung bekommen sollen. Bildung, Herr Kollege Eisenreich, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, also eine staatliche Aufgabe, von der wir alle profi tieren. Deshalb muss Bildung – das ist meine tiefste Überzeugung – vom Staat fi nanziert werden. Deshalb wäre es recht und billig, wenn wir das Büchergeld sofort abschaffen würden.
Ein Moratorium ist mir aber auch recht. Es gibt Gerüchte, dass die CSU eine Abschaffung plant. Wenn dem so ist, dann haben Ihnen einige Eltern einen neuen Schulbuchbestand fi nanziert. Dann müssten Sie darüber
Das Büchergeld ist ungerecht und undurchdacht. Deshalb lassen Sie uns das Büchergeld aussetzen! Lassen Sie uns das Büchergeld im nächsten Jahr am ersten Plenartag nach der Sommerpause wieder abschaffen. Unsere Unterstützung dazu bekommen Sie, Herr Kollege Herrmann. Nicht durchdachte Sachen sollte man zurückziehen, und man sollte zu seinen Fehlern stehen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich darf in Ergänzung zu dem, was Kollege Eisenreich gesagt hat, deutlich machen, dass das Gesetz vorsieht, nach drei Jahren die Höhe des Büchergeldes und den Verwaltungsaufwand zu überprüfen. Frau Kollegin Tolle, in der Tat ist der Bücherbestand noch nicht überall optimal bzw. so, wie wir uns das vorstellen. Das liegt aber daran, dass es viele Kommunen in den vergangenen Jahren versäumt haben, den Buchbestand zu sichern. Letztendlich ist es Aufgabe der Kommunen, für die Bücher in der Schule zu sorgen. Der Freistaat hat seinen Anteil dazu geleistet. Es ist immer Aufgabe des Sachaufwandsträgers, für den Buchbestand zu sorgen. Gerade die, die hier am lautesten schreien, sollen bei ihrer Kommune nachschauen, ob sie in den vergangenen 10, 15 Jahren das geleistet hat, was notwendig gewesen wäre.
Frau Kollegin Tolle, Sie zitieren Aussagen von Vertretern der Stadt Nürnberg. Wir sind das – ob es legitim ist, weiß ich nicht – gewohnt. Sie beziehen sich auf die Hauptschule. Wir wissen, dass es hier möglicherweise einen höheren Anteil von vom Büchergeld Befreiten gibt. Man rechnet aber nicht dagegen, dass deren Anteil bei anderen Schularten möglicherweise geringer ist. Ich kann mich erinnern, dass der zuständige Stadtrat der Stadt Nürnberg gesagt hat, ein warmer Geldregen sei über die Stadt gekommen und man könne die Bücherausstattung gewährleisten, die notwendig sei. In der Tat bedeutet das eine Entlastung für die Kommunen; denn bisher haben die Kommunen die Vorleistung erbracht, und der Freistaat hat dann aufgrund der Ausgaben der Kommunen einen Teil erstattet.
Das Gesetz wird nach drei Jahren überprüft. Wir sammeln derzeit die Rückmeldungen der Kommunen. Daraus ergibt sich in der Tat ein uneinheitliches Bild. Es gibt Kommunen, die bereits in den vergangenen Jahren eine
sehr gute Ausstattung gehabt haben und in denen Geld nicht nur für Schulbücher, sondern auch für schulbuchergänzende Software verwendet werden kann. Es gibt aber auch Kommunen, die weiterhin einen großen Bedarf sehen. In dem einen oder anderen Fall gibt es auch die Entscheidung, das Geld von einem Jahr auf das andere zu übertragen. Deshalb wurde auch der Zeitraum von drei Jahren gewählt. Den werden wir einhalten. Dann werde ich den abschließenden Bericht über die Rückmeldungen, was sowohl die Verwaltungskosten als auch die Höhe des Büchergeldes betrifft, hier im Haus vorlegen. Dann kann dieses Haus eine Gesetzesänderung beschließen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass dieses Gesetz rechtmäßig und somit gültig ist. Deshalb muss dieses Gesetz umgesetzt werden, und das wird es auch.
Es ist schon ein bemerkenswerter zeitlicher Glücksfall, Herr Kultusminister, dass die dreijährige Phase der Überprüfung, die Sie für notwendig erachten – –
Gar nichts steht fest. Sie könnten jederzeit unserem Antrag zustimmen, die Erhebung des Büchergeldes für das nächste Schuljahr auszusetzen.
Es gibt überhaupt keine Begründung, das nicht zu tun. Es gibt keinen Sachzwang, im nächsten Jahr das Büchergeld zu erheben.