Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Schneider ist anscheinend klüger als zumindest die Mitglieder der CSU im Bildungsausschuss.

Es ist aber immer noch kein Grund, zu jubeln, weil Sie den Kommunen ein halbes Jahr vor der Kommunalwahl den schwarzen Peter zuschieben und sich wieder einmal Ihrer Pfl icht entziehen. Es ist für mich nicht hinnehmbar, dass die Kommunen für die Rücknahme Ihrer Fehlentscheidung – den gravierenden Fehler haben Sie gemacht – bluten müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie stehlen sich ein weiteres Mal aus Ihrer Verantwortung und schieben Defi zit und Risiko den ohnehin schon klammen Kommunen zu. Ich zitiere den Städtetagspräsidenten Schaidinger; er hat gesagt, er fühlt sich ausgenutzt.

Vielleicht auch hier noch einmal eines zum Transrapid. Dafür haben Sie Geld aber die Kommunen haben in den letzten 20 Jahren 20 % Einbußen bei den Kostenerstattungen für die Schülerbeförderung hinnehmen müssen.

Ich denke, da haben Sie noch Gravierendes aufzuarbeiten. Es gibt noch ein anderes Zitat von Herrn Beckstein: „Die Leute wollen einen, der die Dinge nach vorne treibt.“ Bitte schön, darauf warten wir!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was Sie getan haben, war kein Anfang, dem ein Zauber innewohnte. Sie haben mit der Ankündigung, das Büchergeld abschaffen zu wollen, vielleicht auch Freude ausgelöst. Sie haben zunächst aber Verwirrung gestiftet. Und weil Sie anscheinend immer noch verwirrt sind, da seit neun Monaten hier in diesem Freistaat nichts passiert, außer, dass man sich mit Personalien beschäftigt, und weil Sie anscheinend in Ihrer Ideenlosigkeit jemanden brauchen, der Ihnen auf die Sprünge hilft, habe ich Ihnen einen Antrag geschrieben.

(Lachen der Abgeordneten Christa Matschl (CSU))

Da brauchen Sie nicht zu lachen, Frau Matschl. Bisher habe ich nämlich noch keine Lösung von Ihnen gehört. Ich beantrage namentliche Abstimmung, weil sicherlich der eine oder andere von Ihnen auch in den Kommunalparlamenten sitzt, Herr Kollege Rüth, denen dann das Büchergeld fehlt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Genau! – Beifall bei den GRÜNEN)

Sie müssen den Kommunen schon sagen, wie Sie die Übergangslösung gestalten wollen. Das ist im Grunde ganz einfach: Das Geld wird im Nachhinein erstattet, Herr Kollege Brunner. Wir können es in den Nachtragshaushalt 2008 einstellen. Übrigens brauchen wir genau die gleiche Summe im Haushalt zusätzlich, wie Sie sie für den Transrapid über Nacht aus dem Hut gezaubert haben.

Wir fordern, den Kommunen als Übergangslösung das Geld zur Verfügung zu stellen, das sie vor der Einführung des Büchergeldes bekommen haben. Und das ist überhaupt nicht lustig, Frau Kollegin Matschl, denn die Kommunen stellen jetzt ihre Haushalte auf und müssen wissen, was sie einstellen können. Gar nichts ist ein bisschen wenig. Außerdem hätten sie sich damit noch einmal ein Jahr lang saniert. Das geht so nicht. Alles, was nicht zu Kostenerstattungen führt, ist ungerecht. Außerdem würde – das halte ich für eine wichtige Geschichte –, wenn es keine Regelung gäbe, der Bücherbestand leiden, der bereits heute sehr veraltet ist, Herr Kollege Kreuzer.

(Zurufe)

Sie sind natürlich nicht veraltet, Herr Kollege Kreuzer, zumindest nicht äußerlich.

(Zurufe und Heiterkeit)

Wenn Sie den Kommunen keine Kostenerstattung anbieten, verstärken Sie die Bildungsungerechtigkeit.

Es ist eigentlich schön: Wenn man Ihnen etwas antun will, muss man Sie von hier aus loben, Herr Kollege Waschler. Das fi nde ich eigentlich ganz gut.

(Zurufe von der CSU)

Also weiter! Sie verstärken die Bildungsungerechtigkeit, weil fi nanziell schwache Kommunen das Nachsehen haben, aber nicht nur die, sondern vor allen Dinge auch die Kinder, die in diesen Kommunen wohnen. Ich zitiere den Schulreferenten aus Nürnberg. Er hat gesagt: Auf 1,2 Millionen Euro können wir nicht verzichten. Wenn Sie die Kommunen ein weiteres Mal abzocken, Herr Ministerpräsident, ist das kein guter Anfang, kein zauberhafter Anfang, bestenfalls ein missglückter Anfang.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der Zwischenzeit können Sie mit den Kommunen ehrlich verhandeln. Dazu möchte ich noch anmerken: Die Revision muss in ehrlicher Bestandsaufnahme den Aufwand ermitteln. Der Aufwand, der über das hinausgeht, was im Gesetz steht, Herr Eisenreich, muss ausgeglichen werden. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie nicht die Strategie fahren, die wir nach den Beratungen im Bildungsausschuss vermuten könnten, dass Sie den Kommunen auch noch sagen wollten, sie könnten die Kosten für den Verwaltungsaufwand jetzt sparen. Die Kosten haben doch Sie verursacht. Wir brauchen – das möchte ich abschließend noch anmerken – umgehend einen Gesetzentwurf. Er müsste eigentlich schon vorliegen und in einem solchen neuen Gesetz muss eine Regelung enthalten sein, die nicht wieder dazu führt, dass die Bücherbestände, so wie geschehen, veralten.

Es gibt viel zu tun. Sie, meine Damen und Herren von der CSU, haben heute die Chance für einen vernünftigen, zauberhaften Neuanfang, indem Sie einem vernünftigen Antrag zustimmen, der den Kommunen die fi nanziellen Möglichkeiten gibt, die Bücherbestände auch weiterhin ordentlich aufzufrischen. Stehen Sie zu Ihrer Verpfl ichtung und stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Ritter.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit dem Büchergeld möchte ich Sie gerne an eine Sitzung erinnern, die wir am 12. Mai 2004 in diesem Saal gehabt haben. Das war die allererste Sitzung, in der man sich

mit dem Thema Büchergeld beschäftigt hat. Zu Grunde lagen zwei Anträge, die von der SPD und den GRÜNEN eingebracht worden waren und die dazu führen sollten, das Büchergeld gar nicht erst einzuführen. Fakt ist, dass die Abgeordneten der SPD und die Abgeordneten der GRÜNEN im Saale anwesend waren, aber kein einziges Mitglied der Fraktion der CSU mit Ausnahme des Präsidenten und einer Schriftführerin.

(Simone Tolle (GRÜNE): Genau!)

Auch war kein einziges Mitglied der Bayerischen Staatsregierung anwesend. Offensichtlich besoffen vom Wahlergebnis ein halbes Jahr vorher und von der Herrlichkeit des Ministerpräsidenten hat man in der Fraktionssitzung der CSU lieber ein Hochamt für Edmund Stoiber abgehalten,

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Auch wichtig!)

statt sich hier im Saale mit den Fragen eines gerechten Bildungssystems, den Nöten der Eltern und den Belastungen für die Kommunen auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Was sich damals abgezeichnet hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sich durch die gesamte Diskussion um das Büchergeld gezogen. Die Interesselosigkeit der CSUFraktion an den realen Gegebenheiten, an der Situation vor Ort, in den Kommunen und bei den Eltern ist tatsächlich maßlos.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Die Art und Weise, wie sich die CSU mit dem Thema beschäftigt hat, ist mit der Zeit nicht besser geworden: Gegen die Eltern, gegen die Schulen, gegen die Ratschläge von Fachleuten ist dieses Büchergeld durchgeboxt worden. Man muss festhalten: In vielen Fällen geschah das ganz offensichtlich – wenn man sich die Äußerungen vieler CSU-Kollegen in den Stimmkreisen angehört hat – wider besseres Wissen aus reinem Opportunismus gegen den damaligen Ministerpräsidenten. Dass die Abschaffung die erste angekündigte Maßnahme nach der Rücktrittsankündigung von Edmund Stoiber war, ist ein Beleg für diesen Opportunismus.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aus Opportunismus wurden den Eltern fi nanzielle Lasten aufgebürdet, wurden die Kommunen gezwungen, einen immensen bürokratischen Aufwand zu betreiben und die Kosten dafür zu tragen.

Die Abschaffung des Büchergeldes war tatsächlich überfällig. Besser – die Kollegin Tolle hat darauf hingewiesen – hätte man es gar nicht erst eingeführt.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): So ist es!)

Es den Kommunen zu überlassen, ob sie, bevor die offi zielle Abschaffung des Büchergeldes erfolgt, heuer noch das Geld einsammeln wollen oder nicht, erscheint auf den ersten Blick begrüßenswert, aber man muss schon genauer hinsehen. Genauer betrachtet ist es der Versuch, sich aus der Verantwortung für die eigene unverantwortliche Politik zu stehlen und die Kommunen den Scherbenhaufen zusammenkehren zu lassen.

(Beifall bei der SPD – Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Genau!)

Was wollen wir mit unserem Antrag erreichen? Es handelt sich im Kern um zwei Dinge. Es darf nicht passieren, dass in Kommunen, die fi nanziell schlechter gestellt werden, das Büchergeld noch eingesammelt wird und in den fi nanziell besser gestellten nicht mehr.

Wir wollen, dass in Bayern ab sofort niemand mehr Büchergeld zahlen muss. Die Kommunen mussten das Büchergeld zuerst einführen, dann mussten sie es beitreiben, jetzt müssen sie es wieder abschaffen. Es kann nicht sein, dass die Kommunen auf den Kosten dafür sitzen bleiben und dass sie von der Staatsregierung fi nanziell im Regen stehen gelassen werden. Das wollen wir mit dem Antrag erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben mit dem Eiertanz um das Büchergeld gezeigt, dass Sie kein Interesse an der Situation der Betroffenen haben. Zum anderen haben Sie das Büchergeld eingeführt, obwohl es außer Edmund Stoiber offensichtlich niemand wollte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben die Abschaffung des Büchergeldes angekündigt, nachdem Sie sich Edmund Stoiber als Ministerpräsident vom Halse geschafft haben. Sie haben damit ein unwürdiges Schauspiel abgeliefert. Helfen Sie jetzt, dass denjenigen, denen Sie die Lasten aufgebürdet haben, die Lasten auch wieder abgenommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Eisenreich.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine kurze Anmerkung zum Beitrag meines Vorredners. Ausgangspunkt für die Einführung des Büchergeldes war die Tatsache, dass der Bücherbestand zum Teil veraltet und deswegen dringend erneuerungsbedürftig war und dass wir uns in einer fi nanziell schwierigen Gesamtsituation befunden haben. Nachdem der Bücherbestand aber erneuert werden musste, war es leider notwendig, eine Elternbeteiligung einzuführen.