Protokoll der Sitzung vom 23.10.2007

Im Zusammenhang mit dieser Diskussion darf aber kein Klima des Gegeneinanderausspielens von Rauchern und Nichtrauchern in unserer Gesellschaft erzeugt werden. Nein, die Botschaft muss sein: die Gesundheit des anderen durch sein eigenes Verhalten nicht zu gefährden. Das muss als Signal und als Zielrichtung auch von den Gesetzesberatungen ausgehen. Wir werden diese gründlichen Beratungen fortsetzen, das Für und Wider weiterhin intensiv austauschen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Wie lange denn?)

Es ist ein einschneidendes Ergebnis, das ein solcher Gesetzgebungsprozess – wir erleben es ja, wie die Menschen das Thema diskutieren – hervorrufen und herbeiführen wird. Deswegen wird eine intensive Diskussion zu den gewünschten Ergebnissen im Sinne des Nichtraucherschutzes zu führen sein.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Als Nächster darf ich Frau Kollegin Sonnenholzner das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Irland, Spanien, Norwegen, Indien, Großbritannien, Italien, Baden-Württemberg, Niedersachsen – ich könnte jetzt meine zehn Minuten wahrscheinlich damit verbringen, alle Länder aufzuzählen, die bereits eine sinnvolle und effiziente Gesundheitsschutzregelung für das Nichtrauchen haben.

(Zuruf des Abgeordneten Henning Kaul (CSU))

Keine Angst, Herr Kaul, es sind nur zehn Minuten. Das müssen Sie mit Ihrer Fraktion ausmachen. Bei uns muss nicht auch noch der Fraktionsvorsitzende reden.

„Bayern vorn“, hören wir immer wieder gern. Diese Chance hätten Sie gehabt. Sie hätten dem Gesetzentwurf im Januar dieses Jahres – als wir unseren Gesetzentwurf beraten haben – zustimmen können. Wir wären für die eine oder andere Verbesserung dankbar gewesen. Dann wäre Bayern tatsächlich vorn. Dann könnte seit April bei uns ein Nichtraucherschutz gelten.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt liegt Bayern hinten. Und wenn Sie so weitermachen, wie Herr Unterländer gerade angekündigt hat, machen Sie sich nicht nur komplett lächerlich, sondern liegen auch noch in der Bundesrepublik ganz hinten.

(Beifall bei der SPD)

Ich will jetzt nicht mehr alle Zahlen, die Herr Unterländer schon richtig erwähnt hat, nennen. Die Analyse ist korrekt, nur die Konsequenzen, die Sie daraus ziehen, gehen komplett in die falsche Richtung. Das macht mich fast sprachlos. Eine Zahl immerhin: In Bayern sterben nach Schätzungen jedes Jahr 500 Menschen an den Folgen des Passivrauchens; nicht an den Folgen des Rauchens, sondern des Passivrauchens!

In öffentlichen Räumen des Freistaats gibt es immer noch keinen angemessenen Schutz. Allein wenn ich an die Lösung im Landtag denke: Das war eine schwere Zangengeburt mit einem auch nur zum Teil befriedigendem Ergebnis. Freiwillige Lösungen – das zeigt nicht nur die Praxis – bringen nichts, nicht nur im Gaststättenbereich. Im Übrigen hat dies laut „Münchner Merkur“ auch ein Vertreter des zuständigen Ministeriums gesagt. Der Mann oder die Frau hat recht. Vielleicht könnten Sie den neuen Staatssekretär, der Tierarzt ist – wobei Tiere nicht zu rauchen pflegen; medizinische Zusammenhänge sind ihm aber geläufig –, in die Beratungen einbeziehen. Ich hoffe, dass dann zumindest Konstruktives zu erwarten ist.

Dass freiwillige Lösungen nichts bringen, zeigt auch die unsägliche Diskussion, die derzeit in Ihrer Fraktion stattfindet. An der einen oder anderen Stelle ist die Problembeschreibung durchaus richtig. In der Tat ist es so, dass nach Ihrem Gesetzentwurf die Einraumgaststätten benachteiligt sind. Aber was ist denn bitte die Konsequenz daraus? Die Konsequenz kann doch nicht sein, das Rauchen allen beliebig zu erlauben, sondern die Konsequenz muss sein, die Ausnahmemöglichkeiten für abgeschlossene Räume in der Gastronomie insgesamt zu streichen. Das macht Ihren Gesetzentwurf leichter verständlich und leichter praktikabel, schützt die Menschen und vermeidet Nachteile für bestimmte gastronomische Betriebe.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn diese Ausnahmen bestehen bleiben, dann – das prognostiziere ich Ihnen jetzt schon – wird es eine Flut von Prozessen geben, und die Kläger werden gewinnen. Wollen Sie denn tatsächlich Ihr Gesetz nach gerichtlichen Entscheidungen nachbessern müssen?

Gerüchteweise hören wir, dass in Ihrer Fraktion jetzt für verschiedene Modelle zu verschiedenen Teilaspekten Unterschriften gesammelt werden. Ich weiß nicht, ob das ernst gemeint ist oder der eine oder andere das in der Hoffnung tut, dass alle drei Vorschläge begraben werden, weil sie sowieso nicht praktikabel sind. Mir ist auch egal, worüber in Ihrer Fraktion diskutiert wird. Sie haben aber, Herr Fraktionsvorsitzender, wenn Sie so weitermachen, die Chance, die dilettantische Leistung Ihres Vorgängers, des Herrn Herrmann, der auch hier sitzt, beim Ladenschluss mit diesem Thema noch zu toppen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir haben jetzt drei Vorschläge; vielleicht geht die Abstimmung dann 41 zu 41 zu 41 aus; einer oder eine müsste dann allerdings daheimbleiben, aber das bringen Sie auch hin. Es sind aber noch andere Modelle denkbar.

Uns könnte das nun freuen oder mit Häme erfüllen, wenn wir auf die Geschlossenheit in Ihren Reihen blicken.

(Zuruf von der CSU: Warten Sie nur ab!)

Ich hoffe, ich muss nicht mehr allzu lange warten, Herr Kollege; denn wir warten schon lange genug.

Es erfüllt uns nicht mit Häme, weil es nicht um die inneren Befindlichkeiten der Mehrheitsfraktion geht, sondern um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung. Deswegen haben die Menschen Bayerns verdient, dass Sie an dieser Stelle ein Machtwort sprechen; denn Sie diskutieren über dieses Thema schon seit Jahren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben doch bei der Föderalismusreform immer als Argument angeführt, wir bräuchten eine Lösung, die mit denen in anderen Bundesländern kompatibel ist. Jetzt gibt es seit Juni in Baden-Württemberg ein Gesetz. Wie lange wollen Sie noch diskutieren?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wie lange wollen Sie noch über jeden einzelnen Teilaspekt, den irgendjemand gegen den Nichtraucherschutz vorbringen will, so lange diskutieren, bis am Ende gar nichts herauskommt? Wir haben keine Zeit – das hat die Kollegin Bause schon gesagt –, denn wir wollen, ebenso wie die GRÜNEN, dass zum 01.01.2008 endlich auch in Bayern ein praktikables und umfassendes Nichtraucherschutzgesetz in Kraft tritt. Deswegen gehe ich nach wie vor davon aus, dass wir am 08.11. im sozialpolitischen Ausschuss den Gesetzentwurf konstruktiv beraten. Die Aufforderung geht an den zuständigen Minister, zumindest das Vermächtnis seines Vorgängers einzulösen, gegen den man ja das eine oder andere einwenden kann; beim Nichtraucherschutz hatte er sich aber zumindest bemüht. Nach dem, was ich jetzt hier erlebe, musste er sich wahrscheinlich noch mehr bemühen, als bisher angenommen, um zumindest zu der bisherigen Beschlussfassung Ihrer Fraktion zu kommen.

Wir würden uns für die Menschen in Bayern wünschen, dass unsere Verbesserungsvorschläge bei diesen Gesetzesberatungen aufgenommen werden. An dieser Stelle könnten Sie übrigens beweisen, Herr Ministerpräsident, dass Ihnen Ihr Angebot, welches Sie uns bei Ihrer Antrittsrede gemacht haben, konstruktiv mit der Opposition zusammenarbeiten zu wollen, ernst war. Dieses Thema ist kein politisch-ideologisches, sondern es geht um die Gesundheit der Bevölkerung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man könnte dabei tatsächlich zeigen, dass man zusammen mit den hier vertretenen Fraktionen etwas tun will.

Wir werden hinsichtlich der Streichung der Ausnahmeregelung für geschlossene Räume in der Gastronomie Vorschläge machen, die im Übrigen auch den Außenbereich der Jugendzentren und Jugendbildungsstätten betreffen. Dieses Problem lassen Sie in Ihrem Gesetz außen vor. Wir werden auch Vorschläge – Kollege Memmel wird noch darauf eingehen – hinsichtlich der Veranstaltungsstätten machen. Lassen Sie sich nicht länger von der Tabaklobby steuern, sondern handeln Sie im Interesse der Gesundheit der Menschen in Bayern.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als Nächsten darf ich Herrn Kollegen Stöttner das Wort erteilen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Welcher Fraktion gehören Sie an? – Klaus Stöttner (CSU): Nicht den GRÜNEN!)

Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Kollege Henning Kaul sagt, man sehe an meinem fröhlichen Gesichtsausdruck, dass ich weder bei den GRÜNEN noch bei den Roten sei.

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Kennen Sie den Geruch nach einem anstrengenden Tag, nachdem man auf einer Abendveranstaltung mit vielen Menschen war, um diese von der richtigen Politik zu überzeugen? Und wir alle, ob Schwarz, Rot, GRÜN oder farblose Kollegen: alle geben ihr Bestes. Wir kommen spät nach Hause – meist etwas heiser, meist sehr mitgenommen, und wir riechen nicht immer nach Kampfesschweiß, nein, wir riechen nach kaltem, schrecklich stinkendem Zigarettenrauch, den wir stundenlang vorher passiv mitgeraucht haben. Wir stinken oft wie ein Aschenbecher, und das soll zukünftig nicht mehr so sein.

Bayern – das möchte ich als tourismuspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion deutlich sagen – ist Gastland Nummer Eins in Deutschland mit fast 75 Millionen Übernachtungen, und wir in Bayern haben Vorbildfunktion. Wir haben zudem die höchsten Zahlen an Tagesgästen. Davon leben in besonderem Maße unsere Hotels und Gaststätten. Die CSU-Fraktion setzt im Tourismus auf eine neue bayerische Offensive für Service und mehr Qualität. Wir haben daher eine Entschließung im Kloster Banz ins Rollen gebracht und den Aufbruch zu einer neuen bayerischen Tourismusoffensive vorangebracht. Wir setzen auf Qualität, nicht auf Quantität. Unsere Gäste müssen wir überzeugen erstens durch Qualität, zweitens Qualität und drittens, nochmals Qualität. Es freut mich, lieber Herr Kollege, dass Sie das unterstützen. Wir wollen einen hervorragenden, kundenorientierten Service, freundliche Gastlichkeit vom Tischtuch bis zu den sauberen Toiletten, vom freundlichen „Grüß Gott“ bis hin zum „Kommen Sie gerne wieder“, vom leichten Well-Vital-Essen bis zum traditio

nellen Schweinsbraten. Wir brauchen innovative Ideen für die richtigen Zielgruppen.

Ich komme nun zum Thema: Wir brauchen eine klare Ansage für mehr Familien- und Kinderfreundlichkeit bei den Wirten. Zu dieser echten Qualitätsverbesserung gehört auch eine strikte Anwendung des Nichtraucherschutzes – weg vom Passivrauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich plädiere für ein striktes Rauchverbot in allen Gaststätten. Wir wollen ein Gesetz, das den Titel „Nichtraucherschutzgesetz“ auch verdient; denn die gute Qualität eines Gasthauses ist nicht von der Erlaubnis, ungeniert rauchen zu dürfen, abhängig. Wir befinden uns in einem konstruktiven Diskussionsprozess. Eines ist klar: Eine weitere Verwässerung des Gesetzentwurfs macht keinen Sinn, weil wir keine Wettbewerbsverzerrung – von Ein- oder Mehrraum-Wirtschaft – wollen. Was in Ländern wie in Südtirol – gleiches Klima wie bei uns in Bayern – funktioniert, muss auch hier funktionieren.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Reden Sie für die gesamte CSU?)

Ich habe mit vielen Wirten in Südtirol gesprochen. Alle hatten eine riesige Angst vor dieser Entscheidung. Alle sind aber im Nachhinein glücklich und zufrieden damit, dass es mit den vielen neuen Gästen so hervorragend klappt.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sie haben die Sonne wieder!)

Ich erhalte sicher nicht von allen Beifall. Aus touristischer Sicht ist es aber notwendig, den Gast und vor allem die motivierten Mitarbeiter in den Vordergrund zu rücken. Nach kurzer Zeit kommt auch die Einsicht. Es wird wieder mehr kommuniziert. Die Familien gehen wieder zum Essen ins Wirtshaus, und der Wirt wird trotzdem sein Geld verdienen. Kein Wirt wird wegen des Nichtraucherschutzes seinen Laden zusperren müssen.

Auch der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband will grundsätzlich eine scharfe gesetzliche Regelung, weil er nicht nur gegenüber der Hotellerie und der Speisegastronomie Verantwortung hat; denn bei der jetzt diskutierten Ausnahmeregelung, wonach das Rauchen in Nebenräumen erlaubt werden soll, besteht für viele Kneipen, Cafés und Bars, die nur über einen einzigen Gastraum verfügen oder deren Räume nicht so hermetisch voneinander abgetrennt sind, die Gefahr, dass sie auf der Strecke bleiben. In Baden-Württemberg und Niedersachsen ist der Nichtraucherschutz bereits beschlossen. Die Berichte der Gastwirte aus diesen Ländern spiegeln die Existenzangst vieler Unternehmer mit Einraumgaststätten wider. Diese Angst wollen wir in Bayern nicht. Wir wollen die kleinen Kneipen und Cafés nicht benachteiligen. Ich persönlich plädiere für ein klares Rauchverbot in allen öffentlichen Gebäuden ohne weitere Ausnahmen.

Das sind wir unseren Kindern, den fleißigen Mitarbeitern und vor allem den motivierten Gastwirten schuldig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CSU)

Als Nächster darf ich Frau Kollegin Rütting das Wort erteilen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, darf ich mir eine Anmerkung erlauben: Nicht nur das Nichtrauchen, sondern auch das Zuhören ist eine Tugend.