Protokoll der Sitzung vom 23.10.2007

Als Nächster darf ich Frau Kollegin Rütting das Wort erteilen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, darf ich mir eine Anmerkung erlauben: Nicht nur das Nichtrauchen, sondern auch das Zuhören ist eine Tugend.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Der Frau Rütting hören wir immer gerne zu!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wo ist denn der Kollege Stockinger?

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Der raucht eine! -Zurufe von der SPD und von der CSU – Glocke der Präsidentin)

Sind die 40, die jetzt hier sind, diejenigen von den 124, die den Antrag unterzeichnet haben, vom Rauchverbot abzugehen, oder sind diese 40 auch nicht da?

(Zuruf von der CSU: Es sind alle da!)

Es sind alle da. Es ist schon alles gesagt worden. Ich möchte deshalb einen kleinen Kommentar aus meinem Chiemgauer Blättchen von heute vorlesen. Klaus Stöttner, ich glaube, Sie haben das auch gelesen. Der Titel lautet „Kippt die CSU das Rauchverbot – Raucherbiotop Bayern“. Ich zitiere nur einen Teil:

Rauchverbot ab 1. Januar 2008? Nix da, tönt es aus der Mitte der Fraktion der hochgradig infarktgefährdeten „Herzkammer“ der Partei. Schon jeder dritte Abgeordnete verlangt, das Rauchverbot in Einraumgaststätten ins Ermessen der Wirte zu legen, womit es erledigt wäre. Mit Vollgas zurück in die Vergangenheit,

besser kann man es kaum ausdrücken –

also weg mit dem Rauchverbot, das die StoiberRegierung unter Aufbietung allen Mutes durchgesetzt hat, und weg mit dem intellektuellen Ballast, zum Beispiel der durch zahlreiche Studien belegten Erkenntnis, dass andere europäische Länder seit Einführung des Rauchverbots einen sensationellen Rückgang der Herzinfarktfälle vorzeigen, übrigens auch bei Passivrauchern.

Wir haben gehört, dass es in Deutschland jährlich 3300 Tote allein durch Passivrauchen gibt. Weiter wird gefragt:

Muss jetzt Ministerpräsident Beckstein der CSU auch noch die Raucherflausen austreiben? Ihm bleibt keine Wahl, es sei denn, er will Bayern

nicht als modernes, zukunftsgewandtes Land gestalten, sondern als verqualmtes Nikotinbiotop unter Artenschutz stellen. Beckstein-Land als letztes deutsches Raucherreservoir? Das fehlte noch.

Meine Damen und Herren, Sie haben gelesen, dass die Lungenkrebserkrankungen zunehmen. Bald stehen die Lungenkrankheiten an erster Stelle vor den Herz-Kreislauferkrankungen. Sie haben dieses Gesetz um fast ein Jahr verschleppt. Das ist unverantwortlich. Jeden Tag sterben Menschen am Rauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will nicht wiederholen, was schon alles gesagt wurde. Unser Antrag ist der radikalste, weil wir auch ein Rauchverbot auf dem Gelände um die Krankenhäuser und um die Kindergärten herum verlangen. Wenn die Kindergartentante vor dem Kindergarten steht und raucht, ist sie ein schlechtes Vorbild für die Kinder.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn die Krankenschwester vor dem Krankenhaus steht und raucht, ist sie ein schlechtes Vorbild für die Kranken.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wenn erst der Arzt raucht!)

Wir wollen, dass wir gesünder werden. Der Gesundheitsschutz, den Sie beabsichtigen, kommt mir aber allmählich lächerlich vor. Ich überlege mir wirklich, ob Sie das „C“ und das „S“ aus Ihrem Logo streichen sollten. Das, was Sie hier machen, ist weder sozial noch christlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir hatten zu diesem Thema ein Fachgespräch. Es kam eine Münchner Wirtin, die mit ihrer Kraft am Ende war. Sie musste in ihrer Gaststätte jeden Abend den Rauch von 200 Zigaretten einatmen. Sie hatte Krebs, Hautprobleme und Atembeschwerden. Sie sagte: „Entweder gehe ich drauf, oder ich funktioniere mein Lokal um.“

Sie hat ihr Lokal umgestellt. Die ersten vier Wochen blieben die Gäste weg. Dann kamen neue Gäste. Es kamen Familien mit Kindern, schwangere Frauen und sogar Raucher, die sagten, sie möchten endlich einmal ihr Essen ohne Qualm genießen. Wir sollten ein Land von Nichtrauchern werden. Nichtrauchen sollte normal sein, und nicht diese Qualmerei. Ich frage mich wirklich, ob wir von Nikotinsüchtigen regiert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN – Eduard Nöth (CSU): Das ist ohne Gesetz passiert!)

Geben Sie diesen Plan auf und denken Sie an die Bediensteten, die in den Gaststätten arbeiten müssen. Wenn die sich wehren, verlieren sie ihren Arbeitsplatz. Denken Sie nicht immer an die, die davon profitieren. Stimmen Sie

bitte ausnahmsweise unserem Gesetzentwurf zu. Ich hoffe, dass wir damit einmal Erfolg haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Nächstem darf ich Herrn Kollegen Kaul das Wort erteilen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Jetzt kommt der Oberarzt!)

Verehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Den GRÜNEN und teilweise auch den Roten kann man es nun wirklich nicht recht machen. Stimmen wir in unserer Fraktion bei einem politischen Problem einmal mit 123 : 0, sagen Sie immer, in unserer Fraktion sei keine Vielfalt möglich.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Sie haben doch das Thema von der Tagesordnung genommen!)

Ist einmal ein Kollege da, der eine andere Meinung zu Papier bringt,

(Zurufe von den GRÜNEN: Wo ist der denn?)

die anders lautet als die der Staatsregierung, heißt es sofort wieder: Ihr verhaltet euch genauso wie die GRÜNEN in ihrer Fraktion, nämlich zerstritten.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Es gibt einen Unterschied zwischen Einfalt und Einsicht!)

Wir diskutieren hier noch nicht einmal über einen offiziell formulierten Antrag, geschweige denn über einen Antrag, der eine Landtagsdrucksachennummer hätte. Werte Kollegin von den GRÜNEN, offensichtlich macht die CSU eine so gute Politik, dass Sie jetzt schon auf non-papers eingehen müssen, um eine Aktuelle Stunde beantragen zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Föderalismusreform hat uns dieses Thema zugespielt. Sonst hätte der Bund dieses Thema behandeln müssen, wie es auch in den anderen europäischen Ländern der Fall ist. In Europa haben nur die Niederlande, Griechenland, die Slowakei, Slowenien und die Schweiz noch keine Regelungen zum Nichtraucherschutz getroffen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Und Bayern!)

Warten Sie doch einmal!

Mittlerweile liegen uns genügend Informationen aus den europäischen Ländern über die Regelungen, die dort gegriffen haben, vor. Wir können darauf zurückgreifen, und das tut der jetzigen parlamentarischen Diskussion vielleicht ganz gut.

In Deutschland haben alle Länder eine Regelung entweder zum 1. Januar 2008 angekündigt oder sie bereits in Kraft gesetzt. Wir sind also noch lange nicht zu spät, wie Sie es immer anprangern. Ab 1. Januar 2008 haben dann mit Bayern alle Bundesländer eine gesetzliche Regelung. Diese Regelungen sehen ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Räumen vor, nach dem bisherigen Gesetzestext, der im Parlament noch beraten werden muss, allerdings mit einigen Ausnahmen. Wir sollten uns bei den parlamentarischen Beratungen – im Umweltausschuss werden sie am 29. November stattfinden – genau überlegen, ob wir den Schutz der Nichtraucher gewährleistet sehen, wenn wir diese Ausnahmen, die die Staatsregierung bisher vorgesehen hat, übernehmen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Heißt das mehr oder weniger?)

Beispiele sind Festzelte, Vereinsgaststätten oder Gaststätten mit Nebenräumen. Bei der Diskussion hier im Haus müssen wir uns immer wieder vor Augen führen: Es geht um den Schutz der Menschen, die nicht rauchen wollen und nicht mitrauchen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Gespräche, die ich bisher mit der Zigarettenindustrie geführt habe – mittlerweile führe ich keine mehr – sind für mich eine Geisterdiskussion. Ich habe die Vertreter der Zigarettenindustrie immer danach gefragt, wie sie mit dem Rauchen in ihrer Familie umgehen. Ich habe immer ganz schnell festgestellt, dass sie ihre eigene Familie oder auch Freunde oder Bekannte und Verwandte vor ihrem Rauch schützen. Dann hatte die Diskussion ganz schnell ein Ende. Diese Geisterdiskussion führe ich auch mit Firmen, die Raucherkabinen anbieten. Wenn ich sie frage: Wozu bieten Sie Raucherkabinen an?, antworten sie unisono, das geschehe in der Absicht, die Menschen der Umgebung vor dem Passivrauch zu schützen. Also selbst die Lobby derjenigen, die Zigaretten oder diese Geräte herstellt, gibt zu, dass das Passivrauchen eine gefährliche Sache sein kann.

Es geht auch um die Festzelte. Ich komme aus dem Fränkischen, und wir haben in letzter Zeit wieder viele Weinfeste gehabt. Vor einem Jahr waren die Festzelte noch verrußt und verraucht. In diesem Jahr herrscht im ganzen unterfränkischen Raum ein freiwilliges Rauchverbot.

(Beifall bei der CSU)

Und es sind nicht etwa hundert weniger, sondern es sind Hunderte mehr allein in meinem Raum. Wir sollten uns also von dem, was da immer wieder erzählt wird, nicht beeindrucken lassen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Sagen Sie das mal Ihren Kollegen, nicht uns!)

Ein unverfälschter Bier- und Weingenuss ist erst ohne Zigarettenrauch möglich.

(Beifall der Abgeordneten Barbara Rütting (GRÜNE))