Deswegen Ja zum Recht auf Information, damit der Verbraucher bzw. derjenige, der zu pflegen ist, oder die Angehörigen sich nach einheitlichen Qualitätskriterien entscheiden können, welchen ambulanten Dienst oder welche stationäre Pflegeeinrichtung sie in Anspruch nehmen wollen.
Frau Präsidentin, Frau Ministerin! Das Motto lautet heute: „Ambulante Pflege bedarfsgerecht ausbauen und qualitativ absichern“. Es wundert mich schon, dass das vonseiten der CSUFraktion kommt; denn wenn man deren Ausführungen der letzten Zeit gelauscht hat, konnte man den Eindruck gewinnen, dass doch alles schon passiert wäre. Offensichtlich gibt es aber noch gewaltigen Nachholbedarf. Da stimme ich mit der CSU-Fraktion überein.
Es wäre für mich wichtig zu wissen: Wo genau sehen Sie den Bedarf? Wie wollen Sie die ambulante Pflege auf dem Land qualitativ absichern? Und inwiefern sind Sie der Meinung, dass diese Pflegestützpunkte, die im Referentenentwurf der Pflegereform gefordert wurden, in Bayern nur in wesentlich geringerer Zahl notwendig sind als im restlichen Bundesgebiet?
Frau Kollegin Ackermann, das Heimgesetz war bislang ein Bundesgesetz. Es ist bundesgesetzlich geregelt worden. Jetzt ist es übergeführt worden in die Länderkompetenz. Vor diesem Hintergrund arbeiten wir zurzeit an einem neuen Pflege- und Wohngesetz. Da wollen wir, weil es bundesgesetzlich bislang nicht gemacht worden ist, rechtssichere Definitionen bekommen für betreutes Wohnen, ambulantes Wohnen. Gleichzeitig wollen wir in ambulanten Pflegeeinrichtungen und Wohngemeinschaften dann auch unangemeldete Kontrollen durchführen und in stationären Pflegeeinrichtungen die unangemeldeten Kontrollen, die wir in Bayern haben, gesetzlich festschreiben usw.
Sie sollten schon mal zur Kenntnis nehmen, dass die Länder erst jetzt die Möglichkeit haben, diese Angelegenheiten gesetzlich zu regeln, weil sie vorher bundesgesetzlich geregelt worden sind. Wir haben uns übrigens auf der Gesundheitsministerkonferenz mit den anderen Ländern abgestimmt, weil wir keinen Fleckerlteppich haben wollen von völlig unterschiedlichen Gesetzen, damit wir auch die Mobilität berücksichtigen, wenn Eltern zu ihren Kindern ziehen, wenn sie pflegebedürftig werden, damit wir ein bisschen einheitliche Standards haben. Deshalb haben wir uns gemeinsam abgestimmt. Bayern ist jetzt der Vorreiter bei der Novellierung des Heimgesetzes.
Genau deswegen, Herr Kollege Wahnschaffe, habe ich schon ein paar Mal gesagt, dass wir auch für die ambulante Pflege Mindeststandards einführen wollen,
dass wir eine klare rechtssichere Definition schaffen wollen, dass wir eine Meldepflicht schaffen wollen, damit wir überhaupt wissen, was sich auf dem Markt alles tummelt, und dass wir ganz klare Kriterien dafür schaffen und Mindestqualitätsstandards dafür einführen und gleichzeitig unangemeldete Kontrollen entsprechend ermöglichen wollen. Das sind wirklich alles neue Qualitätsstandards, die wir mit einem neuen Pflege- und Wohngesetz in Bayern auf den Weg bringen wollen. Deswegen steht auch im Namen nicht mehr nur „Heimgesetz“, sondern auch „Wohngesetz“, was übrigens gerade auch im Behindertenbereich eine ganz große Rolle spielt. – Stichwort ambulant und stationär.
Das ist richtig. Die Überschrift ist aber nur deswegen so gewählt worden, weil auch die Inhalte stimmen. Darüber werden wir in den Ausschüssen, im Parlament zu diskutieren haben.
Nun zur letzten Frage: Pflegestützpunkte pro 20 000 Einwohner. Frau Kollegin Ackermann, die Finanzierung ist lediglich in den ersten drei Jahren gesichert, und dann haben wir natürlich alle gemeinsam Probleme.
Ich will, dass man nicht Pflegestützpunkte neben unseren 90 Fachstellen, die wir haben, errichtet, sondern dass man spezifisch auf die Strukturen Rücksicht nimmt, die die Länder jeweils aufgebaut haben, und dass man die 90 Fachstellen gleichzeitig mit einbezieht. Da haben wir nämlich eine hohe Qualität in Bayern. Ich denke, das ist die richtige Anlaufstelle für die Pflegestützpunkte. Zurzeit berät das Parlament, beraten die Ausschüsse in Berlin, ob jeweils pro 20 000 Einwohnern ein Pflegestützpunkt tatsächlich notwendig ist. Ich persönlich bin der Ansicht, wenn ich das allein auf meinen Landkreis herunterbreche oder auch wenn ich in Gesprächen mit den Trägern bin, dass man das so schematisch nicht festlegen kann,
dass man sich vor Ort die Strukturen wirklich anschauen muss, dass es so also wohl nicht notwendig ist. Aber da würde ich den Parlamentsberatungen im Bundestag nicht vorgreifen wollen. Ich sage nur, was wir aus Bayern dazu gesagt haben: also nicht so schematisch, nicht neben den Länderstrukturen. Es sollten bei uns die Fachberatungsstellen mit einbezogen werden. Und weil man natürlich auch an die nachfolgende Finanzierung denken muss, weil die Kommunen in der Finanzierungsverantwortung stehen, sollte man das vernünftig machen, sollte das Hand und Fuß haben.
(Beifall bei der CSU – Zurufe von der CSU: Bravo! – Joachim Wahnschaffe (SPD): Es muss bedarfsgerecht sein!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Bayern ist ein Flächenstaat. Verstehe ich Sie richtig, dass Sie die 90 Pflegestützpunkte einbeziehen und dennoch 600 für Bayern ausbauen wollen, oder rütteln Sie daran und wollen weniger einrichten? Das wäre für Bayern fatal; denn gerade in einem Flächenstaat braucht man mehr Stützpunkte zur Beratung als in einem dicht besiedelten Gebiet.
Zur häuslichen Pflege noch eine Frage: Ich habe vorhin schon gesagt, dass sie in keinster Weise bedarfsgerecht ist. Auch Sie wissen, dass schätzungsweise 100 000 illegale Pflegekräfte in Bayern arbeiten. Was wäre, wenn diese Kräfte von heute auf morgen aufhören müssten? Wie wollen Sie diese Strukturen auffangen, und wie wollen Sie dann die Angehörigen bei ihrer Arbeit unterstützen?
Denken Sie daran, die Angehörigen eventuell finanziell zu unterstützen, und wie sehen die Strukturen für den ländlichen Raum hier aus?
Frau Kollegin Ackermann, kein Land hat über das Pflegeleistungsergänzungsgesetz in die Strukturen so stark flächendeckend investiert wie Bayern. Mit der Förderung von 160 Angehörigengruppen und den 90 Fachstellen vor Ort hat Bayern durch das Pflegeleistungsergänzungsgesetz unendlich viel in die niedrigschwelligen Strukturen investiert.
Im Übrigen bin ich der festen Überzeugung, dass wir klare rechtliche Festsetzungen, rechtssichere Unterscheidungen und rechtssichere Definitionen haben, sodass wir nur zu klären haben, welche Voraussetzungen ambulant betreute Wohngemeinschaften tatsächlich zu erfüllen haben, um diese Wohngemeinschaften, also diese ambulante Betreuungsform, ein Stück weit aus der Grauzone herauszuführen und zu klären, wie wir mehr Qualität, mehr Rechtssicherheit und entsprechend auch mehr unangemeldete Kontrollen bis hin zu einheitlichen Qualitätsstandards auf den Weg bringen. Das bringt selbstverständlich auch einen zusätzlichen Drive in den Ausbau ambulant betreuter Wohnangebote in Bayern. All dies habe ich Ihnen in mehreren Redebeiträgen entsprechend dargelegt.
Zu den Pflegestützpunkten noch einmal ganz klar Folgendes: Ich bin der Ansicht, dass man aus den Fachstellen Pflegestützpunkte machen kann und nicht neben diesen Fachstellen auch noch Pflegestützpunkte errichten muss.
Es wird nicht auf einen Schlag gelingen, pro 20 000 Einwohner in Bayern einen Pflegestützpunkt zu etablieren. Man wird sie allmählich ausbauen müssen.
Wir sollten hier realistisch denken und überlegen, was wir tatsächlich umsetzen können. Dann sind wir froh, wenn wir auf die 90 Fachstellen zurückgreifen können und diese sozusagen als Anlaufstelle nutzen können. Dann können wir die Pflegestützpunkte in Bayern weiterhin ausbauen, aber man sollte sich nicht stur an die Forderung „pro 20 000 Einwohner ein Pflegestützpunkt“ klammern, sondern man sollte den Ausbau bedarfsgerecht vornehmen. Immerhin sitzen die Kommunen zusammen mit den übrigen Trägern der Pflegestützpunkte nach drei Jahren der Finanzierung auf den weiteren Finanzierungskosten der Pflegestützpunkte. Diese Finanzierung ist nur in den ersten drei Jahren gesichert, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen sage ich: Ich halte sie zwar für notwendig und die Idee für richtig, aber ob es tatsächlich die Grenze bei jeweils 20 000 Einwohnern geben muss, müssen wir gründlich hinterfragen.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Für die CSU zur Nachfrage hat nun das Wort Frau Kollegin Dodell.
Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin! Ein wesentlicher Baustein für die Sicherung der Qualität der ambulanten Pflege wird sicherlich eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung der Altenpflegefachkräfte sein. Teilen Sie diese Auffassung, und wie unterstützt die Staatsregierung genau diesen Punkt?
Da kann ich der Kollegin Dodell nur recht geben. Ich unterstütze ganz nachdrücklich diese Auffassung, und deswegen war auch die Weiterbildung und Weiterqualifikation der Pflegefachkräfte, in unserem Haus immer ein Schwerpunkt. Wir haben dafür in den letzten zehn Jahren rund 15 Millionen Euro investiert.
Gerade dieses Fortbildungsprogramm des Bayerischen Sozialministeriums ist ein Qualitätsschlager, der in andere Länder ausstrahlt. Wenn ich in Altenheime oder andere Pflegeeinrichtungen komme, die ich mir in anderen Bundesländern ansehe, erzählt mir der jeweilige Leiter häufig, dass er eine fort- und weitergebildete Pflegefachkraft aus Bayern hat. Wir punkten durchaus mit unserem Fort- und Weiterbildungsprogramm, ob es nun im gerontopsychiatrischen Bereich ist oder im Bereich der Palliativpflege oder aber im Bereich der Heimleiterschulungen oder der Pflegedienstleiterinnen. Auch darauf legen wir sehr großen Wert, und ich denke, überall in dieser Fort- und Weiterbildung hat Bayern besondere Qualitäten, die sich deutschlandweit niederschlagen.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Damit ist die Ministerbefragung beendet. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die die Fragen gestellt haben, und bei Ihnen, Frau Staatsministerin, für die Beantwortung.
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorschlagsberechtigt. Das Thema der Aktuellen Stunde lautet: „Bayern vorn? – Konsequenter Nichtraucherschutz jetzt!“
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, was Sie uns hier in Sachen Nichtraucherschutz bieten, ist an Peinlichkeit und Lächerlichkeit kaum zu überbieten.
Ich erinnere mich noch gut. Im März dieses Jahres hat der damalige Ministerpräsident – vielleicht erinnern Sie sich noch an seinen Namen – vollmundig angekündigt: Bayern handelt als erstes Land und bringt einen konsequenten Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz auf den Weg.
Der damalige Umweltminister – vielleicht wissen Sie auch noch, wie dieser Herr hieß – sagte damals: Bayern ist Vorreiter beim Schutz vor dem gefährlichen Passivrauchen. Vorreiter! Und was hat der Vorreiter gemacht?
(Zuruf von der SPD: Er wird zum Schimmelreiter! – Dr. Sepp Dürr GRÜNE) : Er hat die falsche Richtung eingeschlagen!)