Protokoll der Sitzung vom 07.11.2007

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie darauf antworten möchten, bitte, Herr Kollege.

Ja, mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin Kamm, ich glaube, dass wir dieses Thema noch im Innenausschuss sauber, sachlich und korrekt bearbeiten werden. Der Innenausschuss ist die richtige parlamentarische Einrichtung, um die Vorgänge zu bewerten. Von einer Vorverurteilung habe ich sicherlich gesprochen; so ist nun einmal das Empfinden. Ihr Forderungskatalog enthält aber nicht viel. Das müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen. Dass hier Forderungen aufgrund von anonymen Schreiben aufgestellt werden, findet jedenfalls mein Verständnis nicht.

(Christine Kamm (GRÜNE): Es sind doch nicht nur anonyme Schreiben, sondern Vorgänge, die auch von der Staatsanwaltschaft bestätigt wurden!)

Vielen Dank. Als Nächstem darf ich Herrn Kollegen Prof. Dr. Gantzer das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eines vorweg feststellen. Und das ist, glaube ich, ganz wichtig, und wir sagen das, hoffe ich, parteiübergreifend – bei den GRÜNEN war ich mir jetzt eben nicht so ganz im Klaren –: Die Vorfälle in Herzogau sind nicht symptomatisch für die bayerische Polizei.

(Beifall bei der SPD und bei der CSU)

Ich meine, sagen zu können: Ich kenne die bayerische Polizei so gut, dass ich weiß, dass das wirklich ein Ausnahmefall ist. Um es einmal mit einem Beispiel darzustellen: Die bayerische Polizei hat eine völlig saubere Uniform; da ist jetzt ein Fleck draufgekommen. – Für die Münchner: Ich habe nicht gesagt, dass da Läuse reingekommen sind, nicht dass ein falscher Eindruck entsteht. – Da ist ein Fleck draufgekommen, und wir müssen uns darüber unterhalten, wie wir diesen Fleck wieder entfernen.

Ich will den ganzen Fall zusammenfassen, weil er eigentlich nur dann erklärlich wird, wenn man weiß, wie das so in bestimmten besonderen – ich will nicht sagen: Eliteeinheiten, aber in – besonderen Einheiten zugeht, was da passieren kann. Als ich diesen anonymen Brief gelesen habe, ist mir aus meiner eigenen Militärzeit bei den Fallschirmjägern klar geworden, was da abgelaufen ist: Da ist wieder so eine kleine, in sich geformte Gruppe, die meint, sie sei Elite – dabei ist der Hund die Elite, sage ich mal, und nicht der Hundeführer –, und dieses Elitedenken hat. 320 Beamte, eine kleine Gruppe in einer abgelegenen Dienstschule. Die liegt da oben an der tschechischen Grenze und ist ohne Dienstaufsicht. Kollege Weiß weiß, wie wichtig Dienstaufsicht ist. Die Dienstaufsicht war an der österreichischen Grenze, 300 Kilometer durch Bayern hindurch entfernt. Die waren völlig auf sich allein gestellt da oben, die haben machen können, was sie wollen.

Ich sage, Herr Minister: Respekt, man merkt, dass Sie auch gedient haben, dass Sie gleich mal diesen Dienstaufsichtsstrang dort hergestellt haben nach SulzbachRosenberg und damit dafür gesorgt haben, dass jetzt eine ordentliche Dienstaufsicht stattfindet. Die mangelnde Dienstaufsicht war einer der Hauptfehler, die wir bei dieser Schule gehabt haben.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es für mich durchaus nachvollziehbar, dass es zu diesen Auswüchsen hat kommen können. Also: Es sind ja nicht nur diese maroden Bauverhältnisse an der Schule, sondern es sind insgesamt sieben Vorwürfe, die wirklich schwer wiegen, nämlich die sexistischen Äußerungen und Beleidigungen gegenüber Polizeibeamtinnen, das Gewährenlassen von Auftritten von Prostituierten und Striptease-Tänzerinnen – da gibt es ja jetzt anscheinend schon mehr als zwei Fälle –, Tierquälerei, Insidergeschäfte, rechtsextremistische Äußerungen, Initiationsriten – also diese Aufnahmeprüfungen, Hundeführertaufen – und Alkoholexzesse.

Wenn ich das alles nehme: Das ist eigentlich der Stoff, aus dem schlechte Romane geschrieben werden. Das hat alles einen Hintergrund. Und wir haben festgestellt, dass das mit den Prostituierten und Striptease-Tänzerinnen richtig gewesen ist. Ich meine damit, dass die Behauptung richtig gewesen ist.

(Peter Welnhofer (CSU): Sie meinen „zutreffend“!)

Das wird wahrscheinlich mehr in Regensburg sein, wie ich die Verhältnisse dort kenne.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Keine Diskriminierungen bitte!)

Und dann haben wir auf der anderen Seite auch festgestellt, dass diese Aufnahmeprüfungen stattgefunden haben. Mich hat gestern sogar ein Hundeführer angerufen und hat mir erklärt, dass das toll sei, so eine Prüfung, und dass keiner was dagegen gehabt hat.

Ich meine – das hat der Innenminister richtig gesagt –, das geht an die Würde des Menschen. Wer diese Bilder gesehen hat, wie Hundeführer am Halsband auf dem Boden herumgekrabbelt sind und aus Hundenäpfen getrunken haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, da ist eine Grenze überschritten. Da ist man erstaunt, dass bei bayerischen Polizeibeamten – wenn das auch nur vereinzelt der Fall ist – so etwas passieren kann.

Wir haben mit diesem Dringlichkeitsantrag, den wir gestellt haben, erreicht, was wir wollten. Heute ist ein Bericht gegeben worden. Herr Innenminister, Sie haben gesagt, dass es auch einen Bericht im Innenausschuss geben wird. Sie bestätigen dies durch Ihr Nicken. Deshalb erkläre ich für die SPD-Fraktion, dass wir diesen Antrag für erledigt erklären. Den Antrag der GRÜNEN werden wir ablehnen, wie das Herr Kollege Schuster schon ausgeführt hat. Hier kommt mir zuviel Polizeifeindlichkeit durch. Das ist Ihr Problem. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stahl.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Die Aufforderung, Aufklärung zu leisten, hat noch nichts damit zu tun, dass wir Vorwürfe erheben würden. Ich bitte Sie, das noch einmal dezidiert zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allerdings reicht es nicht, einen Bericht vorzulegen und gleichzeitig in Relativierungen zu verfallen, wie sie von Herrn Herrmann vorgetragen wurden. Dazu gehört beispielsweise die Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft in Regensburg die Ermittlungen noch einmal aufgenommen hat und Sie darauf verweisen, dass es sich hier um einen externen Ausbilder gehandelt habe. Wie habe ich das zu verstehen? Haben Sie damit nichts zu tun? Übernehmen Sie dafür keine Verantwortung? Ich denke, das kann es nicht sein; denn selbstverständlich hat das Innenministerium auch die Verantwortung für Ausbilder, die von außen kommen und in dieser Schule tätig sind. Wir GRÜNEN begrüßen deshalb, dass die Staatsanwaltschaft noch einmal tätig geworden ist, wie das aus der Pressemitteilung vom 7. November hervorgeht.

Hier geht es nicht um Äquatortaufen von Privatpersonen auf einer Kreuzfahrt. Hier geht es tatsächlich um die Frage nach Menschenwürde und Respekt. Das haben alle Redner und Rednerinnen gesagt. Ich frage mich aber: Was ist das für eine Mentalität, die Polizeibeamte und beamtinnen nichts daran finden lässt, auf allen Vieren auf dem Boden zu kriechen? Dieser Vorwurf ist bestätigt worden. Hier handelt es sich nicht um Vermutungen oder Vorwürfe, die aus der „linken Hosentasche“ gezogen worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was wird hier für ein Menschenbild vermittelt? Ich war erschüttert, und ich sage Ihnen auch, warum. Hier geht es nicht um irgendwelche Privatpersonen, sondern um Beamte und Beamtinnen, die in ihrem Berufsalltag mit einer enormen Machtfülle ausgestattet sind, einer Macht, die ein gewisses Maß an Respekt verlangt. Deshalb ist die Forderung nach einer Schließung dieser Hundeschule vollkommen richtig. Wir brauchen einen Neuanfang, auch deshalb, weil ich es keinem Beamten und keiner Beamtin zumuten möchte, zu sagen, dass er oder sie die Ausbildung in Herzogau gemacht habe. Ich möchte die Gesichter sehen, wenn die Leute das sagen. Ich halte das schlichtweg für eine Zumutung.

Ich möchte meine Kollegin Christine Kamm hinsichtlich der zweiten Forderung nach einer Beschwerdestelle nachdrücklich unterstützen. Diese Beschwerdestelle ist notwendig. Herr Kollege Peterke, Sie haben gesagt, Sie hielten nichts von anonymen Anzeigen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass anonyme Anzeigen oder Hinweise oft der einzige Weg sind, um aus einem gewissen Druck heraus etwas öffentlich zu machen. Ich habe zum Beispiel Anrufe von schwulen Polizisten erhalten, die

gesagt haben, sie wüssten nicht, wie sie sich in dieser Männergesellschaft zurecht finden sollten. Ich habe diesen Beamten angeboten, über das Innenministerium eine Hilfestellung zu leisten, aber das war explizit nicht gewünscht. Diese Beamten haben gesagt: Frau Stahl, Sie wissen ja gar nicht, was mich dann auf der Dienststelle erwartet. So sieht es aus. Für solche Fälle brauchen wir eine Beschwerdestelle.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir hätten eine solche Beschwerdestelle bereits gebraucht, als eine Polizeibeamtin zu Tode gemobbt worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir hätten eine solche Stelle auch in vielen Fällen gebraucht, in denen es um Demütigungen ging. Ich will nicht sagen, dass es sich dabei um sexuellen Missbrauch gehandelt hat, aber es war ein Mobbing in unschönster Form. Viele Frauen haben sich damals gewünscht, eine Ansprechpartnerin zu haben. Ich möchte nicht, dass in solchen Fällen nur innerdienstlich ermittelt wird. Genau das möchte ich nicht. In diesen Laden muss Transparenz. Er muss gerade für das Innenministerium transparent werden. Das Innenministerium hat nämlich in der Vergangenheit bei solchen kritischen Fragen am heftigsten gemauert. Dort war es sehr schwer, Auskünfte und Informationen zu bekommen. Deswegen möchte ich, dass in solchen Fällen eine Beschwerdestelle agiert, die unabhängig ist und wo nicht wieder alles unter der Decke gehalten wird. Das ist genau das Problem. Alles wird unter der Decke gehalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nur weil es in diesem Fall eine öffentliche Berichterstattung gab – die Sie heute heftig kritisiert haben –, wurde in diesem Fall gehandelt. Das sollten Sie auch einmal bedenken.

Dem Berichts-Antrag der SPD wurde heute nicht voll entsprochen. Herr Herrmann, Sie haben selbst eingestanden, dass Sie zu Vielem noch nichts sagen könnten. Das haben wir Ihnen zugestanden. Wir halten uns hier mit Vorwürfen zurück. Der dritte Punkt unseres Antrags enthält keine Vorwürfe, sondern lediglich Nachfragen. Deshalb kann ich nicht nachvollziehen, warum dieser Antrag nicht beschlossen werden kann.

Einerseits will die CSU in den Schulen eine Werte-Offensive starten, beispielsweise unter dem Motto „Benimm ist in“, andererseits stellt sich aber Herr Kollege Peterke hier hin und erklärt, ein bisschen Striptease wäre nicht so schlimm. In Ordnung. Aber nicht bei der Polizei. Herr Kollege Peterke, Sie haben gesagt, wir sollten keine falschen Vorwürfe erheben und irgendwelche Vermutungen anstellen. Sie selbst haben aber gerade gesagt, dass Sie sich vorstellen könnten, wie Alkoholexzesse nach Dienstschluss aussähen. Lieber Herr Peterke, soweit würde ich – mit vornehmer Zurückhaltung – nicht gehen. Ich gehe davon aus, dass die Polizeibeamten und -beamtinnen

nach Dienstschluss nach Hause gehen und nicht in Alkoholexzesse verfallen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Stahl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Peterke?

Ich bin bereits am Ende. Deshalb bitte ich Herrn Kollegen Peterke, eine Zwischenintervention zu machen.

Herr Kollege Peterke meldet sich zu einer Zwischenintervention.

Liebe Frau Kollegin Stahl, ich möchte nicht auf Ihre Empfindungen bezüglich meiner Person eingehen. Ich möchte Sie etwas anderes fragen: Sie haben die Mobbing-Vorwürfe erwähnt, die von einer Polizeibeamtin erhoben wurden. Ich möchte Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass nach einer sorgfältigen und mehrmonatigen Prüfung diese Mobbing-Vorwürfe nicht aufrechterhalten werden konnten.

Bitte, Frau Kollegin Stahl.

Herr Kollege Peterke, es gibt unterschiedliche Einschätzungen dazu, wie das damals gelaufen ist. Die Eltern sehen diesen Fall aufgrund der Briefe, die damals geschrieben worden sind, ein bisschen anders. Ich bin froh, dass die Eltern heute nicht da sind; denn ich möchte sie nicht mehr diesem Kreuzfeuer aussetzen. Ich weiß sehr wohl, was in Polizeidienststellen abgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Herrmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch kurz ein paar Punkte ansprechen, die in den Diskussionsbeiträgen genannt wurden. Zunächst zur Transparenz. Frau Kollegin Stahl, ich bin jetzt genau drei Wochen im Amt. Transparenter, als ich in den letzten zehn Tagen mit diesem Vorgang umgegangen bin, kann man mit diesem Thema nicht mehr umgehen.

(Beifall bei der CSU)

Die drei Beamten, gegen die namentlich konkrete Vorwürfe – in einem wohlgemerkt nur anonymen Schreiben – erhoben wurden, sind bereits aus Herzogau abgezogen worden, bevor die erste Silbe darüber in einer Zeitung stand. Das ist sofort entschieden worden. Ich betone aber, diese Entscheidung ist ohne eine Vorverurteilung getroffen worden. Schließlich kann sich am Schluss herausstellen, dass der eine oder andere dieser drei Beamten völlig unschuldig ist. Deshalb bin ich auch nicht bereit,

derzeit Namen in der Öffentlichkeit zu nennen. Das wäre unzulässig.

(Beifall bei der CSU)