Das ist genau das Gegenteil vom Augenmaß und von der Sensibilität, wovon der Ministerpräsident gesprochen hat, als er den Haushalt vorgestellt hat. Ich möchte den Sozialhaushalt auch deswegen als einen der exemplarischen Haushalte herausgreifen, weil er deutlich macht, welche Auswirkungen Ihr Sparen in Bayern zeitigt.
Regel von diesen bescheidenen Beträgen abhängig. Sie können nicht einfach ihre Teilnehmerbeiträge schnell erhöhen oder Sponsoren anwerben. Sie streichen bei der Wohnungslosenberatung, weil Sie dafür nicht mehr zuständig sind. Was passiert mit den Obdachlosen? Sie kürzen den Blinden das Blindengeld und ziehen sich darauf zurück, dass es in anderen Ländern eine solche Leistung schon lange nicht mehr gibt. Die Zuschüsse für Betreuungsvereine in Höhe von 400 000 Euro werden liquidiert. Sie lassen die Insolvenzberatung gegen die Wand laufen, weil Sie ihr drei Viertel ihrer Mittel streichen. Wissen Sie nicht, dass Sie mit der Verlagerung der Verbraucherinsolvenzberatung auf Anwälte keine Kosten einsparen? Die höheren Ausgaben für die Prozesskostenhilfe stehen Ihnen ganz sicher ins Haus. Hat Ihnen das Ihre Sozialministerin nicht gesagt?
Aber das ist erst nächstes Jahr der Fall. Für die WM, die 2006 kommt und für die Sie im Haushalt 2005/2006 sicherlich eine Menge Geld zur Verfügung stellen werden, weisen Sie jetzt schon Geld aus. Persönlich würde ich das als Fußballfan gerne mittragen, hier liege ich auch mit meiner Fraktion in Clinch. Jetzt aber schon 2 Millionen für die WM 2006 zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig den Betreuungsvereinen 400 000 Euro wegzunehmen, schlägt dem Fass den Boden aus.
Diese 2 Millionen Euro würden für einige Initiativen das Überleben bedeuten. Deswegen können wir das in der Form nicht mittragen. Da fällt mir auch sofort wieder der Struwwelpeter ein. Dort heißt es auch gleich in der ersten Geschichte:
Nein, Sie heißen doch gar nicht Friederich, Herr Faltlhauser. Wieso führen Sie sich dann in diesem Nachtragshaushalt so auf? Im Struwwelpeter heißt es auch:
Was können die Ausländer, die in Bayern leben, dafür, dass der bayerische Haushalt unter einer Finanzmisere leidet? Warum werden gerade diese Menschen am schlimmsten bestraft?
Dass Sie keine Einwanderung wollen, ist uns bekannt. Dass Sie jetzt aber noch den ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürg e rn die Integration verweigern, ist neu und erschreckend. Das hat zudem gar nichts mit der viel bemühten bayerischen Weltoffenheit zu tun. Die Kürzungen in Höhe von 59 Millionen Euro für die Asylbewerber sind nicht mit der geringeren Anzahl der Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu erklären. Es ist auch nicht zu erklären, warum Sie die Sprachkurse für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger vollständig auflösen. Gleichzeitig machen Sie im Bund die Sprachfertigkeit zum Kriterium der Einbürgerung. Das ist zynisch.
Auch bei der Eingliederung ausländischer Arbeitnehmer kürzen Sie massiv. Was sollen die Leute machen? Welche Perspektiven bieten Sie ihnen? Wollen Sie die loswerden oder wie erklären Sie sich das? Sie vertrauen darauf, dass sich diese Klientel nicht beschweren wird, weil sie unter das Asyl- bzw. Ausländerrecht fällt, und darauf haben Sie schon in Form des Innenministers den Daumen. Wählen dürfen sie außerdem auch nicht.
Springen wir doch zum Einzelplan 12, einem urgrünen Anliegen. Auch hier passt alles zum vorher Gesagten. Der Finanzminister kürzt bei den Schwachen, da ist er beim Umweltminister gut aufgehoben, denn der hat sich noch nie gewehrt, wenn er etwas abgeben musste.
Jetzt muss er mit seinem Ressort mit 12,3 % das höchste Einsparvolumen schultern. Schauen wir uns doch einmal eines der wichtigsten Projekte in Bayern an, welches den Menschen aktuell Sorgen macht. Ich meine den Hochwasserschutz. Nach den Hochwässern 1999 und im August 2002 hat die Staatsregierung ein ambitioniertes Programm mit einer Investitionssumme von 2,3 Milliarden Euro auf die Beine gestellt. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren bedeutet das auf ein Jahr umgerechnet Investitionen in Höhe von 111 Millionen Euro. Wenn wir aber im aktuellen Haushalt nachschauen, finden wir nur noch eine Summe von 38 Millionen Euro. Ist das die viel besungene nachhaltige Hochwasserschutzpolitik der Bayerischen Staatsregierung? Ist das das viel gelobte Dreisäulenmodell, für das jetzt auf einmal weniger Geld vorhanden ist?
Ich wünsche niemandem, dass er in den nächsten Jahren seinen Keller voller Wasser hat oder seine Existenz verliert, weil Sie die falschen Schwerpunkte gesetzt haben.
Ein anderes nachhaltiges Programm kümmert sich um die Altlastensanierung in Bayern. Das ist eine äußerst langwierige und kostspielige Aufgabe. Es ist aber auch eine nachhaltige Aufgabe, denn Boden ist eine knappe Ressource. Die Kommunalpolitiker und die Kommunalpolitikerinnen unter Ihnen wissen das. Sie merken es immer, wenn es um Neuausweisungen gleich welcher Art geht. Wir wissen von insgesamt etwa 14 000 Altlastenverdachtsfällen in Bayern. Die dafür im Nachtragshaushalt übrig bleibenden 9,7 Millionen Euro reichen gerade einmal für etwa 20 mittlere Alt lastenfälle. Sie können nachrechnen, wie lange Sie brauchen werden, um bei diesem Tempo alle Zeitbomben zu sanieren haben. Ich nehme es Ihnen ab: Es sind 700 Jahre. Dabei dachten wir, Sie wollten Ihren Kindern keine Hypotheken hinterlassen.
Meine Damen und Herren, nachdem wir die BSEKrise hinter uns gelassen haben, scheint auch Lebensmittelsicherheit kein Thema mehr zu sein. Der Verbraucherschutz und die Bekämpfung von Tierseuchen kann in diesem Nachtragshaushalt jedenfalls ohne Probleme um 28 Millionen Euro gekürzt werden. Was passiert, ohne in Panik ausbrechen zu wollen, wenn die Vogelgrippe auch nach Bayern kommen sollte? – Was unter diesen finanziellen Voraussetzungen dann in Bayern passiert, möchte ich lieber nicht wissen. Nun ja, man hat das Ministerium kurzfristig wieder eingestampft.
Ich mache nun einen Parforceritt durch den Nachtragshaushalt, um die Unsinnigkeit Ihres vorgelegten Plans deutlich zu machen. Die Polizei zum Beispiel, erhält trotz dringendem Anschaff u n g sbedarf 44 Millionen Euro weniger. Der soziale Wohnungsbau wird um die Hälfte gekürzt. In der Sportförderung fallen Millionensummen weg. Gleichzeitig wird das Frankenstadion mit Millionensummen aufpoliert. Das passt nicht zusammen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, eigentlich müsste man Ihnen diese Sparliste – die angemerkten Punkte waren dafür nur beispielhaft – zu Hause an Ihre Hauswand pinnen, damit Sie sie nicht übersehen, weil Sie täglich daran vorbeigehen. Sie, in Ihrer Mehrheit, sind zusammen mit dem Finanzminister für diesen Entwurf verantwortlich. Aber Sie wollen an den heutigen Menschen für die künftigen Generationen sparen.
Was wollen wir? – Ich habe es schon erwähnt, und das ist das Gegenteil von dem, was Kollege Ach gesagt hat. Er wusste anscheinend schon vorhin, was ich sagen wollte.
Richtig, Herr Kollege Sackmann. Wir haben das in unseren Haushaltsanträgen in den letzten Jahren dokumentiert. Ich habe allerdings einige Bereiche nicht genannt, in denen man hätte sparen können, und zwar mehr als Sie das getan haben. Uns geht es nämlich nicht darum, in Hauruck-Aktionen alle öffentlichen Akteure in Bayern vor den Kopf zu schlagen und sie zu verprellen. Wir brauchen die Menschen in Bayern, wenn wir unsere Haushalte konsol i d i e ren wollen, Herr Faltlhauser. Die Menschen müssen das mittragen, man muss Ihnen die Vorhaben vermitteln. Dafür braucht man Zeit und eine stetige, logisch nachvollziehbare Finanzpolitik.
Wir GRÜNEN stehen für die Aufstellung eines nachhaltigen, antizyklischen Nachtragshaushalt, der Prioritäten setzt, der sozial gerecht ist. Wir vertreten keine Kürzung in der Bildung und bei den Sozialausgaben. Es ist aber nicht unsere Aufgabe, die Auswirkungen Ihrer falschen Politik in den letzten Jahren auszugleichen.
Es ist doch klar, dass Sie drei Jahre zu spät beginnen, Ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Sie werden daran scheitern, bis zum Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Wir legen unsere Sparschwerpunkte in die Bereiche Verkehr, Landwirtschaft und Wirtschaftsförderung.
In der Verkehrspolitik fordern wir die Kürzung der Mittel für den Staatsstraßenneubau. Gleichzeitig sollen die Mittel für den Staatsstraßenunterhalt erhöht werden. Wir haben genug Staatsstraßen.
Der Flughafen München muss endlich auch zur Staatskonsolidierung beitragen. Er muss nicht darüber nachdenken, ob er noch ein drittes Terminal braucht. Der Haushalt braucht Einnahmen aus Zins und Tilgung des Darlehens an die Flughafen München GmbH.
Die Magnetbahn-Vo r b e reitungsgesellschaft mbH muss liquidiert werden. Das ist pure Geldverschwendung für eine veraltete Technik.
Ich erinnere daran, dass das erste Patent für Magnetschwebebahnen bereits im 19. Jahrhundert vergeben wurde.
In der Landwirtschaft ford e rn wir eine stärkere Kürzung bei den Maschinenringen und bei den Zuschüssen für Selbsthilfeeinrichtungen nach dem L a n d w i r t s c h a f t s f ö rderungsgesetz – LwFöG. Wir werden im Laufe der Legislaturperiode einen eigenen Vorschlag zur Verbesserung des LwFöG einbringen. Wir stehen zu Kürzungen bei den Verbesserungen für die Agrarstruktur in stärkerem Maße als veranschlagt. Wir wollen auch die Notwendigkeit von staatlichen landwirtschaftlichen Gütern untersuchen. In der Wirtschaftsförderung und in der Finanzpolitik stehen wir dafür, Beteiligungsbetrieben, die privat organisiert sind, aus dem Staatshaushalt keine Darlehen mehr zu geben.