Protokoll der Sitzung vom 12.02.2004

In der Landwirtschaft ford e rn wir eine stärkere Kürzung bei den Maschinenringen und bei den Zuschüssen für Selbsthilfeeinrichtungen nach dem L a n d w i r t s c h a f t s f ö rderungsgesetz – LwFöG. Wir werden im Laufe der Legislaturperiode einen eigenen Vorschlag zur Verbesserung des LwFöG einbringen. Wir stehen zu Kürzungen bei den Verbesserungen für die Agrarstruktur in stärkerem Maße als veranschlagt. Wir wollen auch die Notwendigkeit von staatlichen landwirtschaftlichen Gütern untersuchen. In der Wirtschaftsförderung und in der Finanzpolitik stehen wir dafür, Beteiligungsbetrieben, die privat organisiert sind, aus dem Staatshaushalt keine Darlehen mehr zu geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beteiligungen sind insgesamt zu hinterfragen. Wir wollen auch keine weiteren Zuschüsse an die Forschungsstiftung geben. Sie haben ihr Geld verpulvert, und nun soll der Staat für sie eintreten. Das kann nicht sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Wirtschaftsförderprogramme gehören allesamt auf den Prüfstand, ob des eff i z i e n t e n Mitteleinsatzes. Hier sind erstmals zehnprozentige Kürzungen vertretbar und plausibel. Wir haben uns in diesem ersten Schritt – das kann nur ein erster Schritt gewesen sein – nicht auf Kürzungen für kofinanzierte Programme eingelassen. Auch diese Programme gehören alle auf den Prüfstand. Zudem setzen wir uns für mehr Klarheit im Staatshaushalt ein. Das Finanzieren von Baumaßnahmen durch Fondsauflösungen, wie Sie das machen – Sie nehmen die Baumaßnahmen heraus und finanzieren Sie

dann durch die Auflösung der beiden Fonds – das gehört nicht zur Haushaltsklarheit, Herr Finanzminister. Jahrelange Haushaltssperren, die es zum Teil seit 1996 gibt, tragen auch nicht dazu bei.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, die „fantastische Geschichte“ hat damit ein Ende. Fantasie, Herr Minister Faltlhauser, ist eine wunderbare Gabe. Sie hätte uns aber Ihren fantastischen Haushalt und Ihre großen, markigen Sprüche ersparen sollen, was für ein tolles Ding das doch sei. Besser wäre es, Sie würden endlich zugeben, dass die 750 Millionen Schulden, die neu gemacht werden, Ihre Schulden sind. Sie sollten zugeben, dass das Ziel, im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren, mit diesem Nachtragshaushalt gescheitert ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Größe zeigt sich auch darin, dass man einen Fehler zugibt, ihn korrigiert. Nachdem Sie vor zwei Wochen darum herum gekommen sind, einen Fehler zuzugeben, stünde es Ihnen gut an, jetzt zu sagen: Es wird nötig sein, unser Ziel, die Konsolidierung des Haushalts bis zum Jahr 2006, zu verschieben. Dann, nur dann, könnten wir Sie bei der Erreichung dieses Zieles unterstützen. Solange Sie uns aber ein Ziel vorgaukeln, das nicht zu erreichen ist, werden wir mit unseren Änderungsanträgen zu dem Nachtragshaushalt versuchen, zu retten, was noch zu retten ist.

Übrigens, der Autor des Struwwelpeters, Heinrich Hoffmann, war ein besserer Geschichtenerzähler als Sie, Herr Faltlhauser.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN - Herbert Ettengruber(CSU): Märchenerzähler!)

Nächste Wortmeldung: Kollege Kaiser. Wenn ich Ihnen behilflich sein kann: Sie haben noch 6,5 Minuten Redezeit.

Schönen Dank. Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Ach, ich möchte in drei Punkten auf Ihre Ausführungen antworten. Punkt eins. Sie unterstellen uns ständig, dass wir nur eine höhere Neuverschuldung wollen. Dabei dämonisieren Sie geradezu die Nettokreditaufnahme in einem Haushalt.

(Alexander König (CSU): Stimmt es, oder stimmt es nicht!)

Auch wir sind für eine Konsolidierung, denn eine hohe Zinslast, verengt den Spielraum eines Haushalts.

(Manfred Ach (CSU): Dann stimmt doch dem Haushalt zu!)

Wir haben dafür auch geeignete Kürzungs- und Konsolidierungsvorschläge unterbreitet. Sie sollten die Kreditaufnahme der öffentlichen Hand aber nicht dämonisieren, wie Sie das ständig tun. Sicher werden die Schulden vererbt, es werden aber auch die Besitztitel vererbt. Solange in einem Land wie Deutschland eine hohe Sparquote existiert, und die Staatsanleihen von unseren Bürg e rn gekauft werd e n , werden auch die Besitztitel für diese Staatsverschuldung an die nächste Generation weitergegeben. Ich bitte dies künftig in Ihre Überlegungen auch einzubeziehen.

Wenn es um die Neuverschuldung in diesem Haushalt geht, dann ist das eine Frage der Abwägung des Nutzens.

Ist es sinnvoll, eine dreiviertel Milliarde Euro Neuverschuldung in Kauf zu nehmen, oder auf Wachstumsmöglichkeiten zu verzichten und Wa c h s t u m sverluste in Kauf zu nehmen, und die soziale, ökologische Infrastruktur unseres Landes zu beschädigen und möglicherweise zu zerstören? Das ist die Alternative, die sich stellt.

Ich komme zum zweiten Punkt. Vorgestern hat der bayerische Wirtschaftsminister darauf hingewiesen, wie das Wachstum innerhalb Bayerns im Jahr 2003 war. Die „dpa“ hat gemeldet, unter den 16 Bundesländern rangiere Bayern, das lange Zeit an der Spitze war, im Wachstum mit 0,1 % 2003 nur noch an sechster Stelle. Es sei auf einen Mittelplatz zurückgefallen. Eine halbe Stunde später wurde offensichtlich vom Wirtschaftsministerium bei der „dpa“ eine Korrektur vorgetragen, man sei nicht an sechster Stelle, sondern gemeinsam mit Rheinland-Pfalz an fünfter Stelle.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

An solche Kleinigkeiten hängt man sich, um deutlich zu machen, dass Bayern nicht zurückfällt. Mit dem vorliegenden Haushalt begeben wir uns der Wachstumschancen und damit zusätzlicher Steuereinnahmen. Das ist der erste große Fehler dieses Haushalts.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich auf die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses in Berlin eingehen. Der neue Staatssekretär im Finanzministerium, Franz Meyer, besuchte letzte Woche den Landkreis Miltenberg. Er hat ein Gespräch mit den CSU-Bürgermeistern geführt über den kommunalen Finanzausgleich. Zunächst ist positiv zu sehen, dass mit den Kommunalpolitikern der eigenen Partei diskutiert wird. Dort hat er laut Presseartikel gegenüber den CSU-Bürger

meistern die Leistung des Freistaats für die Kommunen herausgestellt. Der entscheidende Satz:

Der Freistaat gleiche die Steuerausfälle aus, die den Kommunen infolge der vorgezogenen Steuerreform der Bundesregierung drohen.

Nun meine konkrete Frage, auf die wir eine Antwort haben wollen – sei es heute, Herr Finanzminister, oder im Haushaltsausschuss. Ich habe eine Aufstellung des Bundesfinanzministeriums über die Auswirkungen des Vermittlungsausschusses auf Bund, Länder und Kommunen. Danach haben Sie im Haushalt nicht eingearbeitet die Verlustzuweisungsbeschränkungen, die Halbjahres-AfA, die Entfernungspauschale, den Wegfall des Haushaltsfreibetrags, die Eigenheimzulage, die Erweiterung der Steuerschuldnerschaft, die Koch- und Steinbruck– Vorschläge. Das haben Sie alles nicht im Haushalt. Das wäre die Ve r b reiterung der Bemessungsgrundlage und bedeute höhere Steuereinnahmen.

Die Länder kommen insgesamt – ich wiederhole es – auf ein Plus von 882 Millionen Euro. Der Bund ist der Verlierer, wenn man die Privatisierungserlöse und damit den Umsatzsteuerfestbetrag, der an die Länder geht, einbezieht. Der Bund verliert 1 Milliarde 90 Millionen Euro. Die Kommunen gewinnen 2,2 Milliarden Euro an Steuermehreinnahmen. Auf die bayerischen Kommunen entfallen etwas mehr als 300 M i llionen Euro. Die kassieren Sie mit der Kürzung beim Finanzausgleich wieder ein. Das sind die offiziellen Zahlen aus dem Vermittlungsausschuss.

Sie sagen die Unwahrheit, wenn Sie erklären, Sie müssten die Schulden erhöhen aufgrund des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses. Sie verschweigen über eine halbe Milliarde Euro an Steuermehreinnahmen. Es fehlt die notwendige Haushaltsklarheit und –wahrheit. Darauf wollen wir eine Antwort haben.

(Beifall bei der SPD)

A l s Nächster Redner hat sich Herr Kollege Hallitzky zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine stetige, sparsame Finanzpolitik – das ist das Ziel der GRÜNEN auch schon in der Vergangenheit gewesen. Ich stelle fest, dass gerade die Damen und Herren der CSU, nachdem sie sie aus dem Haushaltsausschuss durch permanente Beratungsresistenz aus dem Landtag vertrieben haben, heute u n s e re ehemalige Abgeordnete Emma Kellner loben.

Meine Damen und Herren, wir sind nicht für eine Politik zu gewinnen, die vor allem im sozialen Be

reich bei den Schwachen der Gesellschaft spart, in der Bildung bei der Zukunft der Gesellschaft spart, in der Umweltpolitik beim Schutz unserer Lebensgrundlagen spart und in diesen sensiblen Bereichen Kahlschläge produziert. Wir sind auch nicht zu gewinnen für eine Hü- und Hott-Politik, die gestern die Gelder hinausschleudert und heute meint eine Vollbremsung hinlegen zu müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der gute und energiesparende Autofahrer – als GRÜNER darf man kein Auto haben, aber so viel weiß ich – fährt behutsam und stetig. Dieser Satz ist, Herr Ach, unabhängig von Wahlumfragen richtig. Die Wahrheit beginnt nicht zwingend bei 60 %.

Keynesianismus, Herr Faltlhauser, ist nicht tot, nur weil Sie vor einigen Jahren nicht willens waren, die Milliarden D-Mark Privatisierungserlöse für nachhaltige Haushaltseinsparungen zu verwenden, wie dies aus den Reihen der GRÜNEN gefordert wurde. Herr Ach, es ist doch die CSU, die die Finanzspielräume der letzten Jahre nicht für den Schuldenabbau genutzt hat. Schauen Sie doch bitte wenigstens ausnahmsweise – das ist für Sie eine große Herausforderung – auf die Fehler Ihrer eigenen Politik der letzten Jahre zurück,

(Engelbert Kupka (CSU): Nachlesen!)

anstatt hier und heute den untauglichen Versuch einer finanzpolitischen Belehrung oder Vorlesung – nehmen Sie es, wie Sie es wollen – zu starten.

Mit Ihren Ausführungen haben Sie, Herr Ach, gezeigt, dass Sie es sind, der es sich selbst und der CSU nicht zutraut, antizyklisch zu agieren und zu sparen. Vielleicht haben Sie auch ein reines Verständnisproblem, weil Sie nicht wissen, was das eigentlich ist. Sie schalten bei Keynes gleich auf Durchzug. Das ist ziemlich ehrlich aber auch eine Bankrott-Erklärung. „Spare beizeiten, dann hast du in der Not.“ – Sie haben nicht beizeiten gespart. Das ist Ihr Problem, Herr Faltlhauser.

Wir GRÜNE akzeptieren aber auch keine Sparpolitik, die das Sparopfer immer nur von anderen erbracht haben will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir lehnen es als unredlich ab, dass die Staatsregierung sich im heutigen Nachtragshaushalt auf Kosten Dritter sanieren will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofs ist voller schwarzer Perlen öffentlicher Verschwendung durch die Staatsregierung,

(Zuruf des Abg. Manfred Ach (CSU))

sich in der Summe auf weit über 100 Millionen Euro – ich schätze mehrere 100 Millionen Euro – sich summiert. Einige Beispiele: Die Verwaltungsreform in der Staatskanzlei und in den Staatsministerien wurde zum Rohrkrepierer. Die von Ihnen sich selbst vorgegebenen Ziele wurden weit verfehlt, wobei sich vor allem die Staatskanzlei mit zusätzlichen Kleinstreferaten – das sind, wer es nicht weiß, besonders lukrative Ein-Personen-Referate, wo man sich bis B 3 hochsitzen kann – negativ hervorgetan hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Kosten für die bayerischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen betragen 20 Millionen Euro jährlich. Zweites Beispiel ist die Informations- und Kommunikationstechnik. Sie wurde in aller Regel ohne öffentliche Vergabe beschafft – auch oberhalb der 25 000-Euro-Grenze. Das ist nicht nur rechtlich p roblematisch, sondern auch teuer. Zusätzliche Kosten: 20 Millionen Euro jährlich. Zu wenig Personal im Bereich der Steuerveranlagung in ihrem Ressort, Herr Minister Faltlhauser: Steuerausfälle von rund 50 Millionen Euro jährlich. Mangelhaftes bzw. erst gar nicht vorhandenes Controlling des von der Staatskanzlei und dem Wirtschaftsministerium unterstützten bayerischen Zentrums für Ost/West-Management-Training kostete den Steuerzahler rund 20 Millionen Euro. Aufsichtsratsvorsitzender – das macht das Ganze so nett – ist ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums gewesen. Deshalb wundere ich mich auch nicht über die in diesem Fall überhaupt nicht vorhandene Kontrolle. Die lange Liste der vom ORH gerügten Verstöße sind oft auch Altfälle, über die sich über die Jahre hin nichts tat. Vor allem aber ist sie sehr sehr teuer für die bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Das ist Ihr Werk.

(Beifall bei den GRÜNEN)