Jetzt lassen Sie mich doch zu Ende reden. Ich verstehe ja, dass sie nicht hier sind. Es ist die schwärzeste Stunde für den Umweltausschuss, seit es das Umweltministerium gibt. Die Wegnahme des Landesentwicklungsplanes hin zum Wirtschaftsministerium bedeutet nichts anderes, als dass die Natur und somit der Mensch in Bayern zu kurz kommt und dass damit unsere Heimat massiv in andere Einflusssphären gerät, anders als wir es bisher wollten.
sich schon anhören. Ich weiß, dass viele von Ihnen mit dieser Entscheidung auch nicht einverstanden sind.
Der Herr Minister, der abgeben darf, ist auch nicht da, weil er wahrscheinlich in Trauer schwingt, weil er sich nicht durchsetzen konnte.
Ich verstehe überhaupt nicht, warum er sich nicht zur Wehr gesetzt hat. Er sieht zu, wie wissentlichwillentlich sein Ministerium amputiert wird, geradezu degradiert wird und ihm die Beschäftigten weggenommen werden. Sie werden zum Spielball der Mächte Ökologie gegen Ökonomie. Dies war in seiner letzten Rede, wo man schon gemeint hat, es sei die Abschiedsrede von ihm, deutlich.
Dann muss man halt auch mal sagen: Was passiert denn jetzt? Das erste, was das Wirtschaftsministerium unter der Führung Ihres Ministers gemacht hat, ist, der Natur den Krieg zu erklären, und zwar mit Kanonen, mit Schneekanonen. Die bisherige Linie, Schneekanonen nur mäßig einzusetzen, wurde durchgebrochen. Man hat gesagt, im Interesse des Tourismus muss das jetzt alles anders werden; wohl wissend, dass die Schneekanonen nur eine gewisse Zeit halten, weil bald die Schneefallgrenze und die Frostgrenze zu hoch werden. Anstatt auf einen Tourismus zu setzen, der nur auf Events setzt, denn es soll auch noch viele Touristen geben die Ruhe und sich erholen wollen, betreibt man Naturzerstörung im höchsten Maße. Dies tut man nicht nur in den Bergen mit Schneekanonen. Wer war es denn, der sich gegen den Umweltminister mit den Factory-Outlet-Centers durchgesetzt hat? Wer war es, der dem Flächenverbrauch wieder zugestimmt hat? Wer ist es denn, der den Flächenfraß in Bayern betreibt? Das Wirtschaftsministerium ist es.
Kolleginnen und Kollegen, man kann wohl davon ausgehen, dass diese Natur und damit unsere Heimat Bayern unter die Räder gerät, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder des Wirtschaftsministeriums gerät.
Wir meinen, es wäre heute noch möglich, dies zurückzudrehen. Ich sehe allerdings wenig Chancen, weil offenbar Abgeordnete mit ihrer Eigenständigkeit irgendwann einmal aufhören. Ich finde das schade. Ich meine nämlich, dass die Totenglocke läutet für Biotope, für Sehenswürdigkeiten durch Zersiedlung und Landschaftszerstörung. Wir halten es für dringend gefordert, es beim alten Zustand zu belassen, dass das Umweltministerium weiterhin das LEP betreut, und zwar das LEP so, wie es niedergeschrieben ist. Das ist ein interessan
ter Vorgang, denn alle untergeordneten bayerischen Behörden sind verpflichtet, die bei ihnen entstehenden Kosten sauber aufzuzeichnen und pro Projekt mitzurechnen. Dazu hat man sie verpflichtet. Nur die Ministerien selber nicht. Ich werde Ihnen sagen, wie man darauf kommt. Wenn man nämlich fragt, was hat denn die Erstellung des Landesentwicklungsprogramms 2003 gekostet, dann gibt es im Wirtschafts- und Umweltministerium nur ein verzweifeltes Schulterzucken. Man weiß es nicht. Man weiß nicht, welche Kosten ein Projekt dieser Dimension verursacht. Das muss man sich einmal vorstellen. Jeder Kleine muss seinen Bleistift mitrechnen, aber im Ministerium selber macht man das halt so, ja mei, wie es halt so geht.
Ich halte das deshalb für so ärgerlich, weil das Erste, was der Herr Ministerpräsident verkündet hat – deswegen meine Behauptung, die Totenglocke für die Natur läutet bereits –, er will ein neues „Landesentwicklungsprogramm light“, wie er es so schön englisch-bayerisch zu verkünden pflegt, erstellen.
Was heißt denn das? Es heißt das, was ich vorhin geschildert habe. Wenn man nicht einmal weiß, was die Kosten für das erste LEP bedeutet haben und was das Zweite, die Neuschreibung kostet angesichts der Sparorgie, der Zerstörungsorgie, die in Bayern gerade abgefeiert wird, dann frage ich mich doch ernsthaft, ob das so sein muss oder ist es wirklich so gewollt, dass die Natur und die Umwelt unter die Fuchtel des Wirtschaftsministeriums gestellt und damit zugrunde gerichtet werden.
Wer der Atomkraft wie bisher in Bayern nicht abschwört, der zeigt doch den Weg auf, wohin es gehen soll. Wer weiterhin über Kernkraftwerke diskutiert und versucht, sie aus dem LEP rauszukriegen, wer weiterhin darüber diskutiert, wie man regenerative Energien möglichst verhindert oder ihnen wo es nur gerade geht ein Bein stellt, der macht die Umwelt kaputt.
Deswegen meine Aufforderung und meine Bitte an Sie, Kolleginnen und Kollegen; Machen Sie mit, diesen Unsinn zu verhindern. Lassen Sie das Landesentwicklungsprogramm dort, wo bisher angesiedelt war und wo es auch gut angesiedelt war: im Umweltministerium. Dort gehört es hin, dort war es richtig zugeschnitten. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass, wie gesagt, im Wirtschaftsministerium viele der Dinge, die wir über Jahre hinweg aufgebaut haben, nun geschliffen und gecancelt werden. Dies ist nicht zum Wohle Bayerns und nicht zum Wohle des Tourismus, den der Herr Minister immer wie eine Monstranz vor sich herschiebt. Er wird dazu beitragen, dass aus diesem beliebten Urlaubsland Bayern, aus unseren bayerischen Landen etwas
ganz anderes wird, als wir es jemals wollten. Vor allen Dingen wird er eines machen: Er wird die zukunftsfähige Touristenindustrie damit massiv schädigen. Das ist keine Prognose, denn das kann man schon jetzt feststellen anhand der Beispiele die ich genannt habe.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wörn e r, ich war zwischenzeitlich geneigt, meine Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen zuzuwenden und nicht Ihre r Rede, weil es mir zum Teil sehr schwer gefallen ist.
Vielleicht zunächst zur Einstimmung: Wenn Sie von Attraktivität des Urlaubs am Standort Bayerns sprechen, dann muss ich feststellen, dass die bayerische SPD zur Attraktivitätssteigerung in den letzten vier Jahrzehnten wohl wenig beigetragen hat. Das nur als Randbemerkung.
Aber was mich am meisten gestört hat, sind Ihre Angstparolen. Die muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, dass nämlich die CSU und die Staatsregierung als Totengräber die Totenglocke für die Natur läutet, dass der Umweltschutz zum Spielball der Mächte gerät und vieles andere. Zu den Beschneiungsanlagen sagen Sie, wir würden jetzt die bayerische Alpenlandschaft damit zupflastern und vieles andere mehr. Die Kernkraftdebatte, die Sie bei dieser Gelegenheit anführten, lassen Sie mich mit ein paar Punkten gleich einmal aufräumen.
Herr Kollege Wörner, zunächst zum Thema Kernkraft. Sie wissen so gut wie ich, dass wir in der Forts c h reibung des Landesentwicklungspro g r a m m e s bewusst vonseiten der Staatsregierung und der CSU-Fraktion Wert darauf gelegt haben, keine weit e ren Standorte für Kernkraftwerke im Fre i s t a a t Bayern auszuweisen.
Zum zweiten Punkt. Wenn Sie das Thema Beschneiungsanlagen und ähnliches diskutiere n , dann würde ich es begrüßen, wenn Sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen würden, dass wir innerhalb der Europäischen Gemeinschaft schnellstmöglich einen Gleichklang erreichen. Wie soll ich denn den bayerischen Schiliftbesitzern im Voralpenland klar machen, dass ein paar Kilometer weiter jenseits der Grenze, weiter drüben in Österreich ganz andere Förderbedingungen herrschen. Dort gibt es nämlich nach wie vor Geld auch für Beschneiungsanlagen, wobei zum Teil auch andere Genehmigungszeiten und andere Genehmigungs
auflagen vorhanden sind. Die sind bei weitem nicht so restriktiv wie bei uns. Wenn ich dann noch unseren Liftbesitzern sagen muss, dass sie auch durch die Mehrwertsteuerregelung bei uns benachteiligt sind gegenüber ihren österreichischen Konkurrenten, dann summiert sich das eben im Tourismus gegen unseren Standort Freistaat Bayern. Um den geht es uns aber auch, Herr Kollege Wörner.
Lassen Sie mich aber ganz konkret zum Gesetzentwurf Stellung nehmen. Er enthält mehre re Punkte. Zum einen, darüber lässt sich trefflich streiten, die Übernahme der Angelegenheiten der Raumordnung und der Landesplanung vom Umweltministerium in das Wirtschaftsministerium.
Herr Kollege Wörner, jetzt beginnt ein Spiel, das Sie in der SPD gerne spielen, und die GRÜNEN unterstützen Sie dabei nach Kräften. Das Spiel heißt: Es gibt nicht einen Gleichklang der Interessen in der Wirtschafts- und Umweltpolitik, sondern eine Konkurrenz. Herr Kollege Wörner, an Ihrem Redebeitrag hat mich am meisten gestört, dass das ein Redebeitrag war, den ein SPD-Abgeordneter auch im Jahr 1960, 1970 oder 1980 in diesem Raum hätte halten können.
Er ist geprägt von Ihrem permanenten Misstrauen gegenüber allen wirtschaftspolitischen Fragestellungen und Interessen. Herr Wörner, Sie träumen wahrscheinlich immer noch von der Staatswirtschaft. Sie misstrauen immer noch wirtschaftlicher Betätigung, und das ist in Ihrem Redebeitrag zum Ausdruck gekommen.
Die Ökologie ist kein Spielball anonymer Mächte. Weil jetzt die Landesentwicklung und die Raumo rdnung im Wirtschaftsministerium angesiedelt sind, kommt die Ökologie nicht unter die Räder. Ich habe schon bei der Ersten Lesung gesagt und auch im Wirtschaftsausschuss deutlich gemacht, dass Umweltschutz und Nachhaltigkeit für uns Querschnittsaufgaben sind, unabhängig davon, in welchen Ressorts bestimmte Angelegenheiten angesiedelt sind.
Herr Kollege Wörner, wenn Sie sich die Beratungen bei der Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms im letzten Jahr ins Gedächtnis zurückrufen, werden Sie sich daran erinnern, dass damals der Umweltausschuss federführend war. Schauen
Sie sich einmal die Ta g e s o rdnungen der Ausschüsse daraufhin an, wo die meisten Berichterstattungen stattgefunden haben. Viele Berichterstattungen – der komplette Bundesfernstraßenausbau, der Schienenausbau, Anbindung und Erschließung des Freistaates Bayern an das Straßennetz, Schienennetz, Wasserverkehrsstraßenanbindungen und anderes – fanden im Wirtschaftsausschuss als dem nicht federführenden Ausschuss statt. Deshalb hat es Sinn, diese Themen der Raumordnung und Landesplanung auch wieder im Wirtschaftsministerium und damit im zuständigen Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie anzusiedeln.
Frau Kollegin Kronawitter, weil ich Sie gerade hier im Raum sehe, möchte ich sagen: Wir hatten dieses Thema im Wirtschaftsausschuss diskutiert. Ich habe mir bewusst noch einmal das Protokoll der entscheidenden Sitzung durchgelesen. In dieser Sitzung habe Sie laut Protokoll wörtlich ausgeführt – ich zitiere –:
Der Ansiedlung der Zuständigkeit für die Landesentwicklung im Wirtschaftsministerium kann ich zustimmen, nicht aber einer veränderten Schwerpunktsetzung.
Dabei haben Sie mich voll an Ihrer Seite. Sie stimmen dem zu, dass die Landesentwicklung im Wirtschaftsministerium angesiedelt wird, aber Sie wollen nicht, dass die Umweltpolitik im Freistaat Bayern unter die Räder kommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb bitte ich heute darum, dass Sie allen Teilen dieses Gesetzentwurfs zustimmen, zum einen der Übertragung der Angelegenheiten der Raumordnung und Landesplanung an das Wirtschaftsministerium, und zum anderen der Zusammenlegung der Ministerien für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz und dem Ministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen. Beide Themenkomplexe sind im Gesetzentwurf enthalten. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, wir werden darauf achten, dass bei der Fortschreibung des Landesplanungsgesetzes zwei Dinge passieren: Erstens werden wir uns bei der Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes auf die Vorgaben des Bundesgesetzgebers und der EU beschränken. Ich halte nichts davon, über die Vorgaben von Berlin oder Brüssel hinauszugehen, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist, nachdem wir in der Öffentlichkeit ständig weniger Ve rordnungen fordern.
Zum Landesentwicklungsprogramm: Dieser dicke Wälzer wurde alle paar Jahre fortgeschrieben, aber wenig zur Hand genommen, von einigen Ve rwaltungsrichtern und anderen Personen, die sich damit befassen mussten, einmal abgesehen.
Dieses Programm ist zu dick, es ist zu viel drin. Warum ist zu viel drin? – Weil viele von uns – ich kann mich noch gut an die Diskussion bei der Fortschreibung erinnern – nicht müde geworden sind, Anträge aus ihren re g i o n a l s p e z i f i s c h e n Befindlichkeiten heraus zu formulieren und zu fordern, dass dieses oder jenes noch ins Landesentwicklungsprogramm hinein müsse. Deshalb fordern wir, dass sich ein Landesentwicklungsprogramm auf das zwingend Notwendige beschränken muss. Nur dann verdient es den Namen „Landesentwicklungsprogramm“. Es darf sich nicht bis zur Detailregelung erstrecken.
Vor kurzem fand eine interessante Diskussion im Wirtschaftsausschuss statt, die zeigte, dass die Umressortierung schon erste Früchte trägt. In einer der letzten Sitzungen des Wirtschaftsausschusses war das Thema „FFH-Richtlinie“ auf der Tagesordnung.
In Artikel 2 der FFH-Richtlinie steht, dass bei allen Maßnahmen, die aufgrund dieser Richtlinie getroffen werden, „den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Rechnung zu tragen sind.“ Wir werden die Staatsregierung in einem eigenen Antrag darum bitten, dass künftig bei Maßnahmen, die auf der Grundlage der FFH-Richtlinie erfolgen, den Anforderungen der Wirtschaft unmittelbar Rechnung getragen wird, dass die Anforderungen der Wirtschaft unmittelbar einzubeziehen und zu berücksichtigen sind.
Das hat seinerzeit im Ausschuss, wenn ich mich recht erinnere, sogar die Zustimmung der Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN – des Kollegen Dr. Magerl – gefunden.
Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren der SPD und der GRÜNEN, bitte ich Sie darum: Hören Sie endgültig damit auf, Umweltpolitik, Ökologie und wirtschaftliche Interessen auseinander zu dividieren. Wir brauchen beides. Der Freistaat Bayern hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten d u rch eine verlässliche und kalkulierbare Wirtschaftspolitik ausgezeichnet, durch eine gute Infrastrukturpolitik, die das Verkehrssystem sinnvoll und den Notwendigkeiten entsprechend ausgebaut hat. Bayern war auch das erste Bundesland, in dem es ein Umweltministerium gab, in dem den ökologischen Erfordernissen und Notwendigkeiten absolut Rechnung getragen worden ist. Ich bitte Sie deshalb, diesem Gesetzentwurf der Staatsregierung zuzustimmen.