Protokoll der Sitzung vom 27.11.2007

Gerade jetzt wäre es wichtiger denn je, notwendige Veränderungen mitzugestalten, die wirtschaftlich-technische Dynamik als Grundlage des Wohlstandes auch in Bayern mit sozialer Teilhabe und klarer Aufstiegsperspektive zu verbinden.

(Beifall bei der SPD)

Dies gilt um so mehr, als wir wissen, dass der Aufschwung der letzten Zeit immer noch nicht jenen zugutekommt, die länger erwerbslos sind oder deren Löhne nicht ausreichen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen jetzt eine solide Haushaltspolitik, verbunden mit mehr Zukunftsinvestitionen in die Wirtschaft, in die Forschung, die Bildung und in Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in ein soziales Bayern sowie in ein zukunftsweisendes Klimaschutzprogramm.

Mit Blick in Richtung Bundespolitik und auf gelegentliche Äußerungen bayerischer Politiker: Was wir überhaupt nicht brauchen, sind Steuersenkungen auf Pump.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist es möglich, einerseits den Staatshaushalt zu konsolidieren, krisenfest zu machen und auf der anderen Seite in die Zukunft zu investieren und nicht, so wie Sie, mit Blick auf diverse Wahlen, wieder die Gießkanne aus dem Gartenschuppen zu holen. Wichtig sind klar strukturierte Schwerpunkte, mit Handlungsfeldern, die auch geeignet sind, einen hohen Selbstfinanzierungseffekt zu heben, mit Initiativen, die einen dauerhaft hohen Wachstumspfad bescheren, mit Anstrengungen, die uns endlich

wieder in die Nähe einer Investitionsquote von 15 Prozent bringen.

Gerade jetzt ist die Zeit, da die gesamtstaatliche Betrachtung ergibt, dass wir erstmals seit 1989 in den öffentlichen Haushalten Überschüsse bilanzieren können.

Im Einzelnen nenne ich Ihnen unsere Schwerpunkte gerne: Wirtschaft und Arbeit. Ein bloßes Ausruhen auf der unbestritten guten Lage Bayerns ist zu wenig.

(Beifall bei der SPD)

Ich war schon sehr überrascht, dass in der jüngsten Regierungserklärung das Thema Wirtschaft und Arbeit erst auf Seite 20 genannt wurde. Bei allem Respekt vor den Sitzpolstern in den U-Bahnen oder schmutzigen Schuhen in der S-Bahn: Die Zukunft gewinnen wir nur mit einer vernünftigen Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Hierzu hätten wir gerne etwas gehört. Vielleicht ist auch manchem der Zusammenhang von mangelnder Lebensperspektive, auffälligem Verhalten und den ökonomischen Ursachen nicht ganz so geläufig.

(Beifall bei der SPD)

Wir sehen nach wie vor in einer wachstumsorientierten Wirtschaft die sicherste Gewähr für Wohlstand und soziale Gerechtigkeit. Deshalb fordern wir verstärkte Investition in die wirtschaftsnahe Infrastruktur. Die öffentliche Infrastruktur ist der harte Standortfaktor, den wir brauchen. Insofern ist deren Aufbau, die Erhaltung und Anpassung eine zentrale Aufgabe.

Deshalb sagen wir Ja zur dritten Start- und Landebahn, deshalb sagen wir Ja zu einem umfassenden Staatsstraßenprogramm,

(Zuruf von der CSU: Zum Transrapid! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nein, bestimmt nicht!)

deshalb fordern wir seit Jahr und Tag eine staatliche Initiative zur besseren Versorgung ganz Bayerns mit schnellen Datenverbindungen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Und natürlich treten wir für die direkten staatlichen Investitionen im klassischen Hochbau ein.

Der Staat verfügt über mannigfache Möglichkeiten, im positiven Sinne auf das Wirtschaftsleben einzuwirken. Wir wollen sie nutzen, um Arbeitsplätze sicherer zu machen und dort zu schaffen, wo Rahmenbedingungen schwierig sind. Wir wollen gerade für mittlere und kleinere Unternehmen neue Finanzierungsinstrumente erschließen. Dies reicht von der Außenwirtschaftsförderung über stärkeres

Engagement von Beteiligungsgesellschaften bis hin zum bedarfsgerechten Einsatz staatlicher Risikoübernahme. Dies kann durch die Erhöhung der im Mittelstandskreditprogramm angebotenen Haftungsfreistellungssätze erreicht werden.

Verankern Sie auch im Nachtragshaushalt 2008 einen Pakt für Unternehmensneugründungen und ergänzen Sie das mit einem Angebot für Unternehmensnachfolgen! Wir brauchen den Ausbau von Coaching- und Beratungsangeboten für Gründer und Unternehmensnachfolger genauso wie die Ergänzung der Angebote der LfA.

Das alles lässt sich sehr sinnvoll mit den Komponenten einer fairen Regional- und Strukturpolitik vereinbaren. Ermuntern Sie zur Verlagerung qualitätsorientierter Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten an kostengünstige bayerische Standorte außerhalb der Ballungszentren.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Flankieren Sie das Ganze mit einer Regionalförderung, die ihren Namen wert ist. Es ist für den Bayerischen Wald eine bittere Pille, wenn ein Unternehmer, der die Mitarbeiterzahl von 46 auf 100 aufstocken möchte, resigniert feststellt, dass die Versprechungen für eine Wirtschaftsförderung für den Grenzraum nur Worthülsen sind.

(Beifall bei der SPD)

Auf diesem Feld der Wirtschaftsförderung und der Regionalpolitik sind Sie derzeit orientierungslos. Unterstützen Sie daher unsere Vorschläge.

Forschung und Innovation: Wenn Bayern seinen Wohlstand erhalten möchte, dann müssen wir den Produktionsfaktor Wissen noch mehr in den Mittelpunkt stellen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Ohne Frage – Spitzentechnologie ist in Bayern in reichem Maße vorhanden, was zu den bekannten und sehr erfreulichen Beschäftigungs- und Wachstumschancen führt. Aber auch hier gilt: Perspektiven erhalten durch nachhaltiges Handeln. Die Mittel im Staatshaushalt für Forschung und Entwicklung müssen steigen.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Natürlich geht es um Kofinanzierung, um Anreizsysteme, natürlich geht es um Forschungsverbünde und um Eliteförderung. Auch brauchen und fordern wir die Optimierung des Wissenstransfers. Wenn es denn sein soll, dann sollen Sie auch Ihr Gauss Centre for Supercomputing bekommen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Was ist das schon wieder? Hauptsache englisch!)

Bei all dem darf man nicht übersehen, dass für die Wirtschaftskraft Bayerns auch und vor allem das breite Mittelfeld der Studierenden gebraucht wird.

(Beifall bei der SPD)

Studenten, die mit Gebühren abgezockt werden, erwarten zu Recht, dass diese Gelder zu spürbaren Verbesserungen führen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist nachgerade unerlässlich, mehr Stellen an den Hochschulen zu schaffen, um sich vorzubereiten auf das Jahr 2011, Sachmittel zu verstärken und Bibliotheken anständig zu bedienen.

Das größte Sorgenkind in diesem Zusammenhang aber bleibt der Hochschulbau. Eigentlich sollte man an dieser Stelle über die Uni Regensburg reden, bei der ein Sanierungsfall gleichsam herbeiregiert wurde.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Aber ich will nicht gleich mit dem worst case beginnen. Deshalb mache ich ein paar Anmerkungen zur Hochschule Erlangen-Nürnberg. Allein diese traditionsreiche Hochschule benötigt für die laufenden, für die geplanten und für die in der Prioritätenliste verankerten Maßnahmen sage und schreibe 650 Millionen Euro. Wenn aber, was zu befürchten ist, das Tempo der letzten zehn Jahre beibehalten wird, dann benötigen wir 20 Jahre, um diese Maßnahmen zu finanzieren, also 20 Jahre, bis die Frauenklinik generalsaniert ist, 20 Jahre für den Neubau der Institute für Mathematik und Informatik, 20 Jahre für die Erziehungswissenschaften, 20 Jahre, in denen Zukunft verspielt wird.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen ein Paket für den Hochschulbau. Bildung hat Priorität. Aber dazu spricht später Hans-Ulrich Pfaffmann.

(Zuruf von der CSU)

Ja, es kann nur einen geben, Kollegen.

Soziales Bayern: Kinder und Familien sind ein Wert an sich. Der Staat ist gut beraten, sich nicht bevormundend einzumischen. Er sollte sich auf das Anbieten beschränken. Aber schon damit tut sich die Staatsregierung traditionell schwer. Wir brauchen unbestritten einen Ausbau des Betreuungsangebotes. Dies wird uns leicht gemacht, zumal sich der Bund gut beteiligt. Also frisch ans Werk! Umschiffen Sie die üblichen ideologischen Vorbehalte.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen den Ausbau in der Betreuung, wir brauchen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir benötigen Bewegung gegen die schändliche Kinderarmut auch in unserem Land. Wir brauchen Familienpolitik als politische Querschnittsaufgabe, ganz zu schweigen von zusätzlichen Mitteln im Landesbehindertenplan oder bei den Pflegeheimen.