Sie haben zum Schluss noch nach der Finanzierung der Bundesfernstraßen gefragt. Das ist aus meiner Sicht der zentrale Punkt überhaupt. Das Ziel des Konzeptes, wie es der jetzige Ministerpräsident auch schon früher als Innenminister vorgetragen hat, ist es, die Einnahmen aus der Autobahnvignette zweckgebunden dem Bundesfernstraßenbau zuzuführen.
Ich will kein Hehl daraus machen, dass es – egal, wie man das finanziert – auf jeden Fall dringend erforderlich wäre, dass Bayern vom Bund mehr Geld aus der Autobahnvignette, aus dem Mineralölsteueraufkommen oder von wo auch immer für den Bundesfernstraßenbau bekommt. Wir brauchen dafür mehr Geld.
Ich werde von Mitgliedern dieses Hohen Hauses immer wieder darauf angesprochen, was hier dringend notwendig wäre. Kürzlich waren Kollegen bei mir wegen des Themas „Ausbau der A 8 von Rosenheim bis zur Landesgrenze bei Salzburg“. Ich denke auch an den sechsstreifigen Ausbau der A 3 von Aschaffenburg über Würzburg bis Erlangen, an den sechsstreifigen Ausbau der A 6 von Nürnberg bis Feuchtwangen und – das ist jetzt im Moment das Allerwichtigste – an den Ausbau der A 94. Ich denke aber auch an den Neubau der B 15 von Saalhaupt bis Schwindegg. Ich könnte Ihnen eine Reihe
weiterer Maßnahmen nennen. Allein das, was aus meiner Sicht in den nächsten zehn Jahren dringend notwendig ist, addiert sich, wohlgemerkt allein für bayerische Autobahnmaßnahmen, auf einen Finanzbedarf von rund sechs Milliarden Euro.
Nach Beendigung der Maßnahmen der Deutschen Einheit – wie Sie wissen, wird unmittelbar in Ihrer Region im nächsten Jahr mit der A 73 die letzte Autobahnmaßnahme der Deutschen Einheit fertiggestellt – bekommen wir in Zukunft wesentlich weniger Mittel als in den letzten Jahren; denn Bayern hat in den letzten Jahren überdurchschnittlich davon profitiert. Wir müssen davon ausgehen, dass wir dann nur noch rund 250 Millionen Euro plus/minus pro Jahr für Neu- und Ausbaumaßnahmen bekommen, den Unterhalt der bestehenden Straßen beiseite gelassen. Wenn Sie den Finanzbedarf dafür, was wir für dringend erforderlich halten – von sechs Milliarden Euro in den nächsten zehn, zwölf Jahren – der Tatsache gegenüberstellen, dass wir nach der gegenwärtigen Finanzplanung des Bundes mit nur etwa 250 Millionen Euro pro Jahr für Neu- und Ausbaumaßnahmen zu rechnen haben, wird offenkundig, wie weit das auseinanderklafft. Deshalb müssen wir natürlich auf diesem Gebiet tätig werden.
Ich sage noch einmal klipp und klar: Dieses Konzept bedeutet eindeutig auf gar keinen Fall eine Mehrbelastung der Autofahrer, sondern es geht darum, das Ganze sozusagen umzulenken und umzufinanzieren. Mit diesem neuen Konzept sollen auch ausländische Straßenbenutzer mit Pkws zur Finanzierung der Autobahnen herangezogen werden, wie das bei der Lkw-Maut bereits garantiert ist. Vor diesem Hintergrund erhofft sich die Staatsregierung von einem solchen Konzept natürlich auch eine Verstärkung und eine Verstetigung der Bundesfernstraßenfinanzierung.
Herr Staatsminister, der große Streitpunkt ist doch, woran man das festmacht, worauf man Bezug nimmt. Deswegen ist meine Frage: Sehen Sie bei einer Autobahnvignette Vorteile im Verhältnis zu einer fahrleistungsabhängigen Maut?
Für den einzelnen Nutzer ist natürlich offenkundig, dass von einer Autobahnvignette mit einem einheitlichen Betrag pro Jahr im Vergleich zu einer fahrleistungsabhängigen Maut die Vielfahrer profitieren und dass die Wenigfahrer eher belastet werden; umgekehrt gilt das Gleiche.
Frau Präsidentin, Herr Minister! Ich halte zunächst fest, dass nach Ihrem Vortrag natürlich der Herr Ministerpräsident offensichtlich einfach dahergeredet hat, dass er aber auf keinen Fall den von Ihnen zitierten Beschluss des Landtags umgesetzt haben kann, weil in seinem Vorschlag keine zeitliche Staffelung ange
dacht war. Insofern war die Vorlage, die Ihnen der Herr Meißner gegeben hat, zwar ein guter Anlass dafür, dass Sie ihr Manuskript vortragen konnten. Nur: Es geht gerade nicht darum, dass Herr Beckstein mit seinem Vorschlag den Fernstraßenausbau finanzieren will, sondern darum, dass er umschichten und die Mineralölsteuer senken will. Das war vielleicht sogar die richtige Begründung von Ihnen für den falschen Vorschlag.
Herr Minister, am 18. Juli 2006 berichtete „Focus Online“ von der Einsetzung der Arbeitsgruppe „Tanktourismus und Pkw-Vignette“. Bayerns CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann, heißt es da, sagte am Dienstag in München, dieser Vorschlag müsse zunächst sorgfältig geprüft werden. Im Moment sei er – Zitat – „weit davon entfernt ‚Hurra’ zu schreien“. Zum Thema „Einführung einer PkwMaut“ sagt „Focus Online“: „Herrmann zufolge muss unter anderem abgewogen werden, ob diese Lösung ökologisch sinnvoll ist, schließlich würden Vielfahrer damit unter dem Strich entlastet.“ Am 18. Dezember 2006 berichtet „Spiegel-Online“ offensichtlich von ersten Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe. Es heißt hier: Becksteins Vignettenmodell sei in der CSU nicht unumstritten. Insbesondere CSU-Landtagsfraktionschef Herrmann spreche sich immer wieder dagegen aus; wörtliches Zitat: „ökologische und soziale Gründe“ stünden gegen eine Maut.
Herr Minister, ich frage Sie, da Sie damals als Fraktionschef die richtige Auffassung vertreten haben – das scheint in der CSU ein bisschen üblich zu werden –: Warum vertreten Sie heute als Innenminister eine völlig gegenteilige Auffassung? Mir ist nicht bekannt, dass Sie in der Zwischenzeit inhaltlich Ihre Position anders begründen, als Sie es damals richtigerweise getan haben.
Lieber Herr Kollege, ich hatte das eingangs schon klipp und klar erläutert: Die Ministerbefragung dient dazu, Mitliedern des Hohen Hauses die Auffassung und das Konzept der Staatsregierung zu bestimmten Themen darzulegen. Dies habe ich getan. Ich habe auch auf die klare Beschlusslage der Mehrheit dieses Hohen Hauses und auf die klare Beschlusslage der Bayerischen Staatsregierung verwiesen. Diese habe ich Ihnen hier erläutert. Im Übrigen gibt es eine klare Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten, die selbstverständlich auch der Innenminister ebenso wie alle Mitglieder der Staatsregierung respektieren.
Herr Kollege Herrmann, wir haben es schon verstanden. Die Ministerbefragung hat eben doch einen Sinn gehabt, wenn ich Ihnen damit jetzt die Bestätigung entlockt habe, dass Sie nach wie vor große Bedenken gegen die Vignette haben, sich aber dem Ministerpräsidenten beugen.
Da bewegen Sie sich auf dem Feld wilder Spekulationen, Herr Kollege. Da sollten Sie vorsichtig sein.
Herr Herrmann, weil es so schön ist: Am 10. Oktober 2005 hat Sie „MAX-Online“ – wir haben jetzt alle Dienste durch – vor dem Hintergrund gerade von Erfahrungen mit der Lkw-Maut, einem neuen Thema, wörtlich zitiert, nämlich: Man sollte sich die Einführung einer Pkw-Vignette sehr gut überlegen, so der Fraktionsvorsitzende der CSU im Landtag, Joachim Herrmann. Es sei eine deutliche Verlagerung des LkwVerkehrs auf Bundes- und Landstraßen festzustellen.
Doch, man solle genau abwägen, ob der Schaden für Land und Leute nicht größer als der Nutzen sei – Zitat – „ökologisch und ökonomisch“.
(Engelbert Kupka (CSU): Ihr müsst mal nachlesen, was der Maget zum Transrapid gesagt hat! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Herr Kollege Kupka, wir sind nicht auf dem Fußballplatz. Bitte, in der Lautstärke einer angemessenen Konversation. Vielen Dank.
Ich stelle fest, und insofern wollen wir das gerne konzedieren, dass Sie, Herr Herrmann, Ihre Auffassung bis zum heutigen Tage ersichtlich beibehalten haben.
Jetzt aber noch eine sehr ernsthafte Nachfrage: Sie haben sicherlich heute auch als Vorbereitung den „Münchner Merkur“ gelesen. Sie haben von dem Gutachten und von der Einschätzung des ADAC gelesen und davon, dass man in der Tat davon ausgeht – wie Sie 2005 in den Raum gestellt haben –, dass sich bis zu 20 % des Verkehrs verlagern könnten. Sie haben das damals mit dem Zweitwagen schön erklärt – Sie wissen es sicher noch –, das muss ich nicht mehr tun.
Es heißt gleichzeitig weiter, das würde dann dazu führen, dass wir auf den Landstraßen 570 Verkehrstote mehr haben werden. Sie wissen, dass auf den Landstraßen das Unfallrisiko höher ist als auf Autobahnen, wenngleich wir auch dort zu viele Tote beklagen. Es liegt mir fern, Ihnen zu unterstellen, dass Sie oder auch der Ministerpräsident das in Kauf nehmen. Ich bitte Sie aber ausdrücklich um eine Bestätigung. Ich gehe davon aus, dass das Argument, dass wir bei einer Verkehrsverlagerung auch eine erhebliche zusätzliche Gefährdung mit wesentlich mehr Toten auf den Landstraßen haben werden, von Ihnen und von der Staatsregierung noch einmal sehr deutlich thematisiert wird. Sie sind nach wie vor skeptisch. Ich frage Sie: Sind Sie bereit, gerade diesen Aspekt einer Zunahme der tödlichen Unfälle in dieser Konzeption noch einmal mit Fachleuten vertieft zu diskutieren?
Lieber Herr Kollege, wenn Sie dies alles ernst nehmen, was Sie vorher zitiert haben, dann müssten Sie auch herausgehört haben, dass damals jemand vom Abwägen, von sorgfältigem Bedenken und Vergleichen gesprochen hat. Natürlich wird das alles sehr sorgfältig abgewogen. Natürlich werden wir auch die Auswirkungen auf Verkehrsunfallzahlen und dergleichen abwägen. Aber was Sie da in die Welt setzen, sind wirklich nur Spekulationen. Die Behauptung, bei einer Autobahnvignette gäbe es automatisch soundsoviel mehr Todesopfer, das ist doch völlig aus der Luft gegriffen. Zeigen Sie mir doch einmal die Studie, in der dies belegt ist. So, glaube ich, kommen wir hier nicht vernünftig weiter.
Tatsache ist – die Berechnungen liegen vor, auch die des Bundesfinanzministeriums –, dass der Tanktourismus in den letzten Jahren zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe geführt hat. Eines sage ich Ihnen schon ganz deutlich: Mir wäre es lieber, wenn ich diese Milliarden in bayerische Autobahnen investieren könnte, bevor sie im österreichischen Staatssäckel landen. Ich bin völlig offen für andere Vorschläge, wenn Sie ein besseres Konzept haben. Dann legen Sie es doch auf den Tisch, dann sagen Sie mir einmal, wie die bayerischen Autobahnen in den nächsten Jahren finanziert werden sollen. Nur höre ich nichts von Ihnen. Sie sagen nur: Das wollen wir auf keinen Fall. Sie machen alle möglichen Sperenzchen, führen irgendwelche Zitate aus den letzten Jahren an. Wo ist Ihr Konzept? Was wollen Sie gegen das Tankstellensterben tun? Was wollen Sie zur Finanzierung der Autobahnen in Bayern tun? Konzept: null. Das ist der Tatbestand, den ich nach Ihren Fragen im Moment feststelle.
Herr Staatsminister, nachdem Sie sich um die Beantwortung der wesentlichen Fragen bis jetzt herumgemogelt haben, gebe ich Ihnen zu dem Vorschlag eine Bewertung des Automobil- und Autoverkehrsforschers Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen, der Ihnen sicher bekannt ist: Rückkehr ins Mittelalter. Das, was Ihnen ein wirklich anerkannter Forscher ins Stammbuch schreibt, passt sehr gut zu dem, was von Ihnen und speziell Herrn Ministerpräsident Beckstein gesagt wird. Er führt auch aus – in Bezug auf die Äußerung von Kollegen Beyer –, dass die Betroffenen in das nachrangige System getrieben werden und die Anzahl der Verkehrstoten steigen wird. Er nennt keine Zahl, aber es ist empirisch klar: Die Zahl der Unfälle, der Verletzten und der Verkehrstoten wird steigen, wenn das so gemacht wird.
Ich muss sagen: Sie haben mich einigermaßen verblüfft. Sie wollen mit dieser Vignette ein bürokratisches Monster aufbauen, denn es muss ein Verwaltungsapparat her. Zehn bis zwanzig Prozent der Einnahmen gehen für die Gebühren, Kontrollen, die Herstellung und den Vertrieb etc. drauf; das wissen wir. Sie wollen die Vignette als zweckgebundene Abgabe für den Straßenbau einführen. Gleichzeitig wollen Sie die Mineralölsteuer senken. Dass Sie sich nicht groß darum kümmern, wenn der Bund
weniger Steuern einnimmt, das wissen wir seit Langem; wir wissen, dass Sie nicht allzu bundesfreundlich sind. Aber wie soll der Bund dann die Einnahmeausfälle bei den Steuern verkraften? Sagen Sie doch dazu einmal etwas. Wollen wir im Sozialhaushalt einsparen? Wie wollen Sie die Ausfälle bei der Mineralölsteuer letztendlich ausgleichen, wenn Sie sie als zweckgebundene Abgabe für den Straßenverkehr wollen? Ich höre nur: Der eine sagt so, Sie sagen so. Legen Sie endlich einmal das auf den Tisch, was Sie in Zukunft wirklich wollen.
Was das Letztgenannte anbetrifft, sage ich Ihnen klipp und klar: Ja, ich will in der Tat mehr Geld aus dem Bundeshaushalt für die bayerischen Autobahnen und Bundesstraßen. Das ist gar keine Frage.
Dafür werde ich mich mit allem Nachdruck auch in den nächsten Monaten und Jahren einsetzen. Damit es keine Missverständnisse gibt, ganz klar: Wir wollen auf keinen Fall eine Mehrbelastung der Autofahrer. Sie wissen genau, wenn Sie zusammenzählen, was die deutschen Autofahrer durch Kfz-Steuer und Mineralölsteuer schon alles an Zahlungen leisten. Wenn ich nur einen Bruchteil davon regelmäßig konsequent für unsere Autobahnen bekäme, stünden wir auch beim Bundesfernstraßenbau schon wesentlich besser da.
Das andere – Herr Kollege Magerl, ist natürlich blanke Lyrik oder Polemik; wie Sie wollen –: Was heißt da Mittelalter? Mir ist nicht bekannt, dass es da Autobahnen oder Autobahnvignetten gegeben hätte. Die Diskussion kommt daher: Die Österreicher haben das vor ein paar Jahren eingeführt, und die Bayern, die nach Österreich fahren, nehmen wahr, dass das funktioniert. Dann sagt mancher in Bayern ganz einfach: Wenn das bei denen funktioniert, warum machen wir das nicht auch so? Ich habe noch von keinem gehört, dass er deswegen Österreich mit dem Mittelalter gleichsetzt oder dergleichen mehr. Man kann geteilter Meinung darüber sein, aber Ihre Polemik zu diesem Thema ist auf jeden Fall fehl am Platz.
Für die heutige Sitzung ist die SPD-Fraktion vorschlagsberechtigt. Das Thema für die Aktuelle Stunde lautet: „Nachtragshaushalt 2008 – die richtigen Schwerpunkte für ein gerechtes Bayern setzen!“ Ich darf hierzu als Erstem Herrn Kollegen Dupper das Wort erteilen. Zehn Minuten wurden von der Fraktion für Sie beantragt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Auswirkungen des Ergebnisses der 130. Steuerschätzung für den Freistaat Bayern auf der einen Seite und die Regierungserklärung der Staatsregierung wenige Tage danach auf der anderen Seite lassen das Thema der heutigen Aktuellen Stunde als zwingend und dringend geboten erscheinen. Ergab nämlich die Schätzung, dass Bayern in den Jahren 2007 und 2008 mit circa 4,2 Milliarden mehr als im Doppelhaushalt geplant rechnen kann, so hinterließ uns die Regierungserklärung in Bezug auf die vernünftige Verwendung dieser Mittel ein bisschen ratlos.
Ich möchte nicht den ganzen Strauß der von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen zitieren. Jedenfalls hat man irgendwie den Eindruck, dass dies keine Finanzpolitik aus einem Guss ist, dass die munter sprudelnden Steuereinnahmen im klaren Kontrast zum nebulösen Kurs der Staatsregierung stehen. Am Ende muss man gar befürchten, dass die vier Milliarden für Klein-Klein verplempert werden, ohne dass sie im Freistaat nachhaltige Effekte ausgelöst hätten.
Gerade jetzt wäre es wichtiger denn je, notwendige Veränderungen mitzugestalten, die wirtschaftlich-technische Dynamik als Grundlage des Wohlstandes auch in Bayern mit sozialer Teilhabe und klarer Aufstiegsperspektive zu verbinden.