Es geht hier nicht nur um das Gammastrahlenspektrum, sondern auch um Betastrahlung und möglicherweise Alphastrahlung, die letztlich nicht nur über äußere Kontamination, sondern auch durch Einatmen oder Inkorporation im Körper wirken kann. Es kann auch um genetische Veränderungen bei Beschäftigten in Atomkraftwerken gehen, die diese Veränderungen an ihre Kinder vererben.
(Christian Meißner (CSU): Sie sprechen immer von „kann“ und „könnte“! – Henning Kaul (CSU): Ja, Sie sprechen sozusagen im Konjunktiv!)
Angesichts der statistischen Häufungen, die eindeutig sind, und der noch fehlenden strahlenbiologischen Erkenntnisse fordern wir auch, dass die Betreiber den Beweis der Ungefährlichkeit der Emissionen der Atomkraftwerke antreten.
Das bedeutet eine Beweislastumkehr. Denn wer emittiert, hat für gefährliche Emissionen die Verantwortung.
Wir GRÜNEN sehen uns angesichts der Kinderkrebsstudie in unserer Einschätzung der Atomenergie bestätigt. Diese Technologie ist nicht verantwortbar.
Es sind nicht nur die Ergebnisse bei Normalbetrieb, die wir mit dieser Studie neu bewertet haben, es sind natürlich auch die Störfälle, die meldepflichtigen Ereignisse, an die hier zu denken ist. Es besteht die Gefahr eines GAU. Mit diesen Einrichtungen ist die Gefahr terroristischer Angriffe verbunden, die seit dem 11. September 2001 realistisch ist. Mit diesen Einrichtungen ist auch die Gefahr nicht beabsichtigter Flugzeugabstürze einschließlich aller Auswirkungen verbunden. Ich erinnere hier nur an den Mirage-Absturz wenige Flugsekunden von Ohu entfernt am 30. März 1988.
Ich nenne auch die Gefahren und Risiken der ungeklärten Atommüllentsorgung und an die enormen Belastungen des Uranabbaus. Wenn wir an den Uranabbau, an Herstellung und Entsorgung von Brennelementen und an die Proliferation gefährlicher Stoffe denken, dann wissen wir, dass es hier auch um Friedenspolitik geht.
(Christian Meißner (CSU): Ihnen geht es nicht um die Studie, sondern um Ihre Ideologie! Das ist Ihr Problem!)
Hier geht es nicht darum, irgendwelche Ergebnisse abzuqualifizieren, sondern wir müssen sie tatsächlich intensiv bewerten, Herr Meißner. Vorschnelle Wertungen haben hier heute keinen Platz.
Sie dürfen nicht immer wieder fordern, die Atomenergie als Lösung der Klimaschutzprobleme anzusehen.
Ich will hier zwei weitere Forderungen ansprechen. Wir wollen Sie auffordern – da sind Sie in Ihrer Verantwortung in der Bundesregierung und als Atomaufsichtsbehörde gefordert –, Anträgen auf Laufzeitverlängerung nicht zuzustimmen.
Wir sagen auch ganz klar: Das Atomkraftwerk Isar 1, das neben der Freisetzung im Normalbetrieb eine große Anzahl von Mängeln aufweist, ist umgehend stillzulegen.
Ich hoffe, Sie sind sich Ihrer Verantwortung bei diesem Thema bewusst und handeln letztendlich entsprechend.
Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Äußerungen von Frau Kollegin Paulig haben eigentlich entlarvt, was das eigentliche Motiv der Fraktion die GRÜNEN war, dieses Thema für eine Aktuelle Stunde zu beantragen.
Die Verantwortung, wie Sie sie bei diesem Thema verstehen, haben wir in den Ausführungen von Frau Paulig erlebt.
Sie haben zu der Studie gesprochen und sich darüber verbreitet, dass die Kernenergie grundsätzlich nicht mehr genutzt werden sollte, dass unsere Kernkraftwerke gegen Flugzeugabstürze zu sichern seien usw.
Ich sage: Die Auswirkungen der radioaktiven Emissionen aus Kernkraftwerken auf das Wohlbefinden der Menschen in Bayern haben uns hier im Haus und die Wissenschaft seit Inbetriebnahme des ersten Kernkraftwerks in Bayern, nämlich des Kernkraftwerks in Kahl am Main im Jahr 1961, beschäftigt.
Ich habe heute Vormittag noch einmal in mein Archiv geschaut und dort die Drucksache 7/818 vom 20. Mai 1971 entdeckt. Es war eine Schriftliche Anfrage des Kollegen Kolo von der SPD zu dem Thema – ich darf zitieren – „Erkrankungen der Bevölkerung im Umkreis von Atomkraftwerken“. Wir haben im Bayerischen Landtag im April
Im August 1991 haben wir hier über das Thema „Risikofaktoren für bösartige Neubildungen im Perinatalgeschehen“ gesprochen. 1992 veröffentliche die Bremer Professorin Schmitz-Feuerhake einen Bericht über die Leukämiehäufung bei Kindern in der Elbmarsch, also im Umfeld von Kernkraftwerken. Daraufhin setzten unsere Landtagskollegen in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen eine Leukämiekommission ein und ließen eine wissenschaftliche Untersuchung erarbeiten, die damals immerhin 10 Millionen DM kostete. Wir hier haben diese Diskussion auch begleitet.
Im Jahr 1993 hatten wir hier im Landtag eine Schriftliche Anfrage des Kollegen Kolo, an den sich noch manche erinnern. Er hat damals eine Schriftliche Anfrage zum folgenden Thema gestellt: Bewertung der Studie „Untersuchung der Häufigkeit von Krebserkrankungen im Kindesalter in der Umgebung westdeutscher kerntechnischer Anlagen von 1980 bis 1990“.
Alle diese von mir jetzt nur partiell herausgezogenen Beschäftigungen mit diesem Thema haben wir in vielen Diskussionen hier im Landtag begleitet: über die Auswirkungen radioaktiver Niederschläge nach dem Unfall von Tschernobyl auf Menschen, Tiere und Pflanzen; über die Auswertung der Entwicklung der Säuglingssterblichkeit zwischen 1972 und 1990 und über die Untersuchung der Kindersterblichkeit in Bayern nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl. Sie sehen, mit all diesen Themen, die denen gleichen, mit denen sich die Studie befasst, die Sie heute aufgerufen haben, haben wir uns schon in den zurückliegenden Jahren befasst.
Im Dezember 1998 gab es einen Bericht im Umweltausschuss „über angeblich gesundheitliche Beeinträchtigungen in der Umgebung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld“. Der Auslöser dafür war eine Fernsehsendung mit dem Titel „Quer“, in der damals behauptet wurde – ich darf wieder zitieren –, dass im Umkreis von Kernkraftwerken „nachweislich mehr Kinder mit Fehlbildungen eines Organs zur Welt kommen als anderswo“.
Wir haben – erinnern Sie sich bitte daran und lesen Sie es in den Protokollen nach – darüber ausführlich diskutiert. Wir konnten keine der Behauptungen aufrechterhalten.
Herr Kollege, darf ich Sie einen Moment unterbrechen. Ich habe ein Problem. Für Sie sind nur fünf Minuten Redezeit gemeldet, nicht die üblichen zehn.
Dann nehmen wir die zehn Minuten. Allerdings muss die CSU-Fraktion es entsprechend in ihrem Kontingent einkalkulieren.