Die SPD würde die Degression vorziehen, falls sich die EU mit dem Vorschlag durchsetzt, in der ersten Säule zu kürzen. Unser Standpunkt muss aber nach wie vor sein, dass in der ersten Säule keine Kürzungen vorgenommen werden; wenn aber doch, wäre die Degression gerechter, weil sie für Verteilungsgerechtigkeit sorgt. Es wird von den Großen genommen und an die Kleinen umverteilt. Auch bei der Degression muss darauf geachtet werden, dass wie bei der Entkoppelung der Flächenprämie ein bundesweiter Austausch der Mittel erfolgt. Herr Minister Miller, Sie sind dazu aufgefordert; denn Bayern ist immerhin eines der größten Bundesländer. Sie müssen Ihr Gewicht in die Waagschale werfen. Sie machen das in anderen Bereichen auch. Nur so könnte Bayern eventuell von dem, was bei der Flächenprämie genommen wurde, wieder etwas zurückgewinnen.
Mit der Degression werden die Effi zienzgewinne großer Flächen abgeschöpft. Ein Bauer braucht auf einer großen Ackerfl äche etwa fünf Betriebsstunden, um einen Hektar zu bearbeiten, während er auf kleinen Flächen 12 bis 15 Stunden pro Hektar braucht. Es ist nicht einzusehen, dass beide das Gleiche bekommen, obwohl der eine von beiden dreimal länger arbeiten muss als der andere.
In Nummer 6 des SPD-Antrags wird gefordert, die Mittel der zweiten Säule wieder anzuheben. Dass die EU derzeit Gelder vom Agrarsektor etwa für das Projekt Galileo abzweigt, kann nicht akzeptiert werden. Diese Mittel müssen im Agrarsektor bleiben und in die zweite Säule umgeschichtet werden. Da die zweite Säule für Bayern, für alle Länder sehr wichtig ist – darin sind wir alle einig –, muss sie von der EU entsprechend ausgestattet werden.
Zum CSU-Antrag ist Folgendes zu sagen: Wir sind uns weitgehend einig. Lediglich dem dritten Tiret können wir nicht zustimmen; denn die Herausforderungen des Klimawandels, die Herausforderungen der Bioenergieerzeugung müssen berücksichtigt werden. Darüber muss man diskutieren. Wir müssen offen sein. Wir können das nicht strikt ablehnen. Deshalb wird sich die SPD der Stimme enthalten.
Den Antrag der GRÜNEN lehnen wir ab, weil wir zwei Forderungen nicht mittragen können. Ich will nicht wie Don Quichotte gegen Windmühlen ankämpfen. Deshalb kann ich dem Erhalt der Milchquote nicht zustimmen. Außerdem muss man bei der Wahrheit bleiben. Für Bayern zeichnet
sich überhaupt keine Möglichkeit ab, gegen Deutschland und den Rest der Welt die Quote durchzusetzen.
Außerdem wollen wir der Modulation nicht das Wort reden. Wenn sie tatsächlich gegen unseren Willen durchgesetzt wird, müssen wir uns damit auseinander setzen. Wir wollen nicht schon im Vorfeld signalisieren, dass wir mitmachen werden. Wir verlangen die Aufstockung der zweiten Säule aus EU-Mitteln und lehnen den Einsatz der Agrarmittel auf EU-Ebene für sachfremde Projekte ab.
Mit dem Vorschlag der CSU, getrennt über unseren Antrag abzustimmen, sind wir einverstanden. Wir bitten, zunächst die Nummern 1 bis 4 zur Abstimmung zu stellen und danach die Nummern 5 und 6.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die drei Dringlichkeitsanträge haben eine enorm dringliche Problematik. Während die EU-Mitgliedstaaten die Diskussion erst beginnen, arbeitet die Kommission bereits daran, die Details der Ausgestaltung vorzulegen.
Ich habe unmittelbar nach der Veröffentlichung des Vorschlags und der Mitteilung seitens der Kommission im zuständigen Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten umfassend berichtet. Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Ich werde bei der Grünen Woche in Berlin Kommissarin Fischer Boel und das gesamte Kabinett treffen. Wir werden ausreichend Zeit haben, unsere Forderungen noch einmal mündlich vorzutragen. Das werden vor allem die Vereinfachungen sein, die aus unserer Sicht notwendig sind, aber auch die Festlegung, welchen Vorschlägen Bayern keinesfalls zustimmen kann.
Es wurde schon angesprochen: Die Gesundheitsüberprüfung darf nicht wieder zu einer erneuten grundsätzlichen, tiefgreifenden Reform der EU-Agrarpolitik führen. Die Landwirte brauchen verlässliche Rahmenbedingungen bis 2013. Diese Rahmenbedingungen sind ihnen zugesagt, und sie müssen auch eingehalten werden. Die EU wird jede Glaubwürdigkeit verlieren, wenn sie alle drei Jahre eine neue Agrarpolitik gestaltet.
Ganz entscheidend ist dies – ich sehe, dass in zentralen Punkten Übereinstimmung herrscht – zumindest beim Thema Milch. Ich möchte aber eines vorausschicken: Wenn es dazu kommt, dass die Quote bis 2015 völlig ausgehöhlt wird, braucht man über die Fortführung nicht mehr zu diskutieren. Wir wissen aus praktischen Erfahrungen, aber auch aus wissenschaftlichen Untersuchungen, dass jede Mengenerhöhung bei der Milch zu einem überproportionalen Preisdruck auf die Milchbauern führt und die Bauern unter dem Strich weniger Milchgeld
erhalten. Deshalb lehnen wir den Vorschlag der Kommission, den die Kommissarin gestern veröffentlicht hat, nämlich die Aufstockung der Quote zum 1. April 2008 um 2 %, in Bausch und Bogen ab,
zumal die Quote in vielen Mitgliedstaaten gar nicht ausgeschöpft wird. Die Milcherzeuger müssen jetzt endlich einigermaßen zufriedenstellende Milchpreise erhalten, um mit dem Einkommen die Investitionen in ihren Höfen tätigen zu können, insbesondere auch die Arbeitswirtschaft verbessern zu können.
Wir wollen die Milchwirtschaft für den Wettbewerb fi t machen. Dabei bedarf es verlässlicher Rahmenbedingungen. Ich hätte mir die fraktionsübergreifende Haltung zum Thema Milch auch zu anderen Punkten gewünscht.
Ich darf zunächst zu Ihnen, Frau Lück, und damit zum Antrag der SPD-Fraktion kommen. Den Nummern 1 bis 4 kann ich voll beipfl ichten. Darin kommt eine Übereinstimmung zum Ausdruck, die sich schon in der Diskussion im Ausschuss abgezeichnet hat. Mit Ihrem Vorschlag, die Direktzahlungen an den AK-Besatz, also an den Arbeitskräftebesatz eines Betriebes zu knüpfen, habe ich keine Probleme. Allerdings gäbe es erhebliche Umsetzungsprobleme. Wer die Direktzahlungen der EU – ich gehe davon aus, dass diese gemeint sind – an die im Betrieb vorhandenen Arbeitskräfte binden möchte, muss sich die Situation eines bäuerlichen Betriebes vorstellen: Wie schätzen und rechnen Sie die Austragler ein, wie rechnen Sie die Kinder ein, die mithelfen, wie rechnen Sie die Arbeit der Frauen ein?
Wie rechnen Sie die Aushilfskräfte bei saisonalen Arbeiten ein, wie rechnen Sie die überbetrieblich eingesetzten Arbeitskräfte ein? Bei uns wird sehr viel überbetrieblich gemacht.
Ich sage nur, dass es hier Probleme gibt. Das Ausweichen auf Standardarbeitsbedarfszahlen hilft keineswegs weiter, weil sie nicht vorhanden sind und weil sie sehr bürokratisch zu erheben sind. Wie gesagt: Ich sehe riesige Umsetzungsprobleme in der Praxis. Deshalb müssen wir das ablehnen.
Ihr Wunsch nach der Stärkung der zweiten Säule ist im Grundsatz zu unterstützen. Sie wissen aber, dass es die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion waren, die die Mittelkürzungen in der zweiten Säule von 80 Millionen Euro mit 70 Millionen Euro aus zusätzlichen Landesmitteln ausgeglichen haben. Das hat es in keinem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland auch nur annäherungsweise gegeben. Ich muss das besonders herausstellen. Das ist eine großartige Leistung, und das wird von den Bauern auch anerkannt.
Ihrem Antrag entnehme ich einen Zwiespalt, in dem Sie stecken. Sie ziehen eine Degression der Modulation vor. Wenn aber in Bayern aufgrund der Degression kaum Mittel anfallen und der Mitteltransfer von Ost nach West nicht stattfi ndet, weil auch insbesondere die SPD-regierten Länder Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sich ganz massiv dagegen wehren, dann werden sie kein Geld haben.
Die stehen ohne Mittel da. Darum ist das meiner Meinung nach nicht zielführend. Ich begrüße, dass Sie die Degression zwar zuerst angehen würden, weise aber darauf hin, dass Sie diesbezüglich in direktem Gegensatz zu Ihren Kollegen in Berlin und in den neuen Ländern stehen.
Hier ist der Antrag der CSU viel klarer; denn im Unterschied zu Ihnen lehnen wir in unserem Antrag die Anhebung der obligatorischen Modulation eindeutig ab.
Nun zum Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Hierzu möchte ich nähere Erläuterungen geben. In der Tat ist es so, dass ein Anstieg der Modulation von 5 % auf 13 % und die Zurückreichung bei Agrarumweltmaßnahmen nicht greifen. Sie greifen dem Landwirt in den Geldbeutel und nehmen ihm das Geld weg, können es ihm aber nicht zurückgeben. Bei der Ausgleichszulage haben wir mit dem Bund und mit der EU ein Moratorium vereinbart, wonach bis 2010 keine Änderung erfolgen kann, da eine Neuabgrenzung erfolgen soll.
Im Kulturlandschaftsprogramm kann für Direktzahlungen, die die Betriebe in der ersten Säule einkommenswirksam erhalten, nur ein Kostenausgleich gewährt werden. Im neuen Programm sind auch die 20 % Anreizkomponente nicht mehr möglich. Sie betreiben hier Klientelpolitik auf dem Rücken unserer bäuerlichen Betriebe zum Schaden unserer Betriebe. Die Betriebe sind das Rückgrat des ländlichen Raumes. Deshalb ist Ihre Forderung ganz klar abzulehnen, weil wir den Bauern das zugesagte Geld bis 2013 vorenthalten und es in zusätzliche Umweltmaßnahmen stecken würden, wovon die Bauern aber keinen Cent einkommenswirksam erhielten. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen. Es ist schade, dass das in Ihrem Antrag so nicht vorkommt.
Herr Sprinkart, Sie wünschen eine Verlängerung der Milchquotenregelung. Dies habe ich schon lange gefordert. Hierzu gibt es auch einen Kabinettsbeschluss und eine eindeutige Haltung der CSU. Wir sind uns mit Österreich völlig einig. Wir haben eine gemeinsame Strategietagung durchgeführt und unsere Position dargelegt. Man muss aber auch ehrliche Politik betreiben. Man muss sagen, wie die Mehrheitsverhältnisse sind. Sie sind so, dass wir in Deutschland allein, 15 zu 1, stehen und dass wir von der Europäischen Kommission zumindest derzeit keine Zustimmung erhalten. Ich bitte, das draußen auch ehrlich zu sagen. Wir kämpfen dafür; ob wir uns
aber angesichts der derzeitigen Lage mit 15 zu 1 durchsetzen können, ist fraglich. Das ist sehr, sehr schwierig. Sie sagen, Schröder hätte die Kontingentierung und die Quotenregelung befürwortet. Frau Künast haben wir zum Jagen tragen müssen. Schröder hat sich da nicht eingesetzt. Das ist Geschichtsklitterung. Sei es aber darum; wir wollen darüber nicht weiter diskutieren.
Ich möchte noch etwas anderes ansprechen, das sicher große Bedeutung erlangen wird, nämlich die Veröffentlichung der Fördermittel, die von Brüssel gewährt werden. Derzeit ist das – das sage ich zum Antrag der GRÜNEN – nach dem bayerischen Datenschutzrecht nicht zulässig. Das kommt von der Europäischen Union. Ich hoffe, dass der darin stehende Datensalat auch richtig interpretiert wird und nicht zu einer ungerechten Neiddiskussion führt.
Lassen Sie mich abschließend noch auf den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion eingehen. Darin sind die wichtigen Fragen im Zusammenhang mit dem Health Check deutlich angesprochen. Wir setzen uns für Vereinfachungen ein, wo immer sie möglich sind. Wir hatten die Kommissarin nach Bayern eingeladen; sie hat mit Bauern diskutiert; sie war im Kabinett. Wenn wir jetzt Erfolge haben, tragen diese ganz deutlich die bayerische Handschrift.
Ich sage Ihnen noch eines: Wir lehnen jegliches Ansinnen ab, das zu neuen Aufl agen oder Überprüfungen führt. Das ist das große Problem – nicht die Einzelmaßnahme an sich, sondern ständig neu hinzukommende Aufl agen, ständig neu hinzukommende Überprüfungen.
Wir lehnen dieses Ansinnen der Kommission, Cross Compliance wiederum auf neue Felder auszudehnen, grundsätzlich ab. Es muss endlich einmal Schluss sein mit der Zunahme der Bürokratie.
Wir schaffen die Bürokratie einerseits pfund- und kiloweise ab und bekommen sie andererseits tonnenweise von der EU wieder zugeführt. Ich empfehle die Zustimmung zum Dringlichkeitsantrag der CSU und zu den Nummern 1 bis 4 im Dringlichkeitsantrag der SPD.
Herr Minister, vielen Dank, dass Sie gleich stehen bleiben; denn ich erteile jetzt Frau Kollegin Lück das Wort zu einer Zwischenbemerkung.
Noch einmal zur Degression: Auch die Einführung der Flächenprämie war richtig. Das sehen wir heute. Das Betriebsprämiensystem von damals würde uns jetzt genauso in die Knie knallen, wie das in den anderen Ländern der Fall ist. Bei der Degression gibt es im Gegensatz zur Modulation mehr Verteilungsgerechtigkeit. Die Kommission wird das vorschlagen, unabhängig davon, ob wir das wollen oder nicht. Bei der Degression, über die wir schon mehrfach diskutiert haben, sollen doch nicht die Köpfe gezählt werden, die in einem Betrieb tatsächlich arbeiten. Hier muss eine wissenschaftliche Untersuchung stattfi nden, die sagt, dass bei großen Flächen ab circa 100 Hektar ein Hektar fünf Arbeitsstunden braucht und bei kleineren Äckern von etwa 50 Hektar eben 12 bis 15 Arbeitsstunden anfallen. Diese Zahlen können dann in Arbeitskräfte umgerechnet werden. Dann haben wir die Zahl der Arbeitskräfte, die man für eine bestimmte Hektarzahl zugrunde legen kann. Das wäre eine ganz einfache mathematische Rechnung, die leicht zu verstehen wäre.
Wir waren uns im Übrigen schon einmal einig, dass eine Degression durchaus sinnvoll ist. In einigen bayerischen Programmen gibt es eine Kappungsgrenze.