Protokoll der Sitzung vom 14.02.2008

Nächster Redner: Herr Kollege Maget.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bayerische Ministerpräsident, Herr Beckstein, hat am Beginn seiner Amtszeit mehr Demut angekündigt. Heute ist dafür aller Anlass.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Heute ist ein guter Tag für Buße und Beichte wegen katastrophaler Versäumnisse und Fehlleistungen,

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

die insbesondere Sie – und damit meine ich Sie, Herr Beckstein, und Sie, Herr Huber, als verantwortliche Vertreter des Freistaates Bayern über Jahre im Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank – zu verantworten haben.

Es ist ein guter Tag für Buße und Beichte, aber ein schlechter Tag für Bayern. Die Belastungen der Bayerischen Landesbank aus Spekulationsgeschäften in den USA werden seit gestern mit augenblicklich 1,9 Milliarden Euro beziffert.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Peanuts!)

1,9 Milliarden Euro, diese Zahl kommt mir bekannt vor. Immer, wenn Sie Mist bauen, kostet es 1,9 Milliarden Euro – beim Transrapid und bei der Landesbank.

(Beifall bei der SPD)

Diese Zahl, meine Damen und Herren, ist eine Momentaufnahme. Die Belastung kann in dieser Höhe sein, sie kann unter Umständen noch höher sein.

(Zuruf von der CSU: Sie kann auch niedriger sein!)

Auch. Sie kann aber auch noch höher sein. Ich sage das mit aller Vorsicht. Sie werden es erleben, lieber Kollege, wie jetzt auch: Alles, was wir in der Vergangenheit zu diesem Thema behauptet haben, bewahrheitet sich, und alles, was Sie behauptet haben, erweist sich als falsch. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Diese Zahl, 1,9 Milliarden Euro, übertrifft, in der Tat unsere Befürchtungen. Sie übertrifft aber vor allem all das, was Sie der Öffentlichkeit bis gestern noch als tatsächliche Belastung weismachen wollten, um ein Vielfaches, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Noch vorgestern – 48 Stunden ist das her – saß der bayerische Finanzminister Huber im Bayerischen Landtag vor dem Haushaltsausschuss – vorgestern! – und hat dort wörtlich erklärt – ich zitiere –: „Berichte über Abschreibungen in Milliardenhöhe sind reine Spekulation.“ Wörtliches Zitat vor dem Haushaltsausschuss des Freistaates Bayern, des Miteigentümers der Bayerischen Landesbank.

(Zurufe von der SPD)

Keine zwölf Stunden später wird ihm vom Vorstand der Landesbank das Gegenteil um die Ohren gehauen, meine Damen und Herren. Keine zwölf Stunden später heißt es dann: Es gibt doch Zahlen, die man veröffentlichen kann.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Jeder lügt es sich so, wie er es braucht!)

Mit der Aussage „Lüge“ wäre ich ein bisschen vorsichtig, Herr Spaenle!

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Dass Ihnen das unangenehm ist, kann ich zwar verstehen, aber Sie werden sich das anhören müssen.

Herr Kollege Maget, darf ich Sie für einen Moment unterbrechen? – Herr Kollege Dr. Spaenle, die Bezichtigung der Lüge ist keine Form der parlamentarischen Debatte hier.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Maget.

Ich komme darauf gleich zurück. Sie müssen sich nur gedulden.

(Zurufe von der CSU)

Ja, das ist schon in Ordnung. Wir kommen darauf gleich zurück.

(Unruhe)

Herr Spaenle, keine 24 Stunden später – –

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir zuhören würden. Keine 24 Stunden später stellt der Vorstand der Bayerischen Landesbank fest, dass es erstens Zahlen gibt und dass zweitens der Wertberichtigungs- und Abschreibungsbedarf natürlich schon weit über eine Milliarde Euro beträgt. Das ist das Gegenteil dessen, was der bayerischen Finanzminister vor dem Haushaltsausschuss ausgeführt hat.

Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Entweder der bayerische Finanzminister hat es besser gewusst, er wusste, dass es Zahlen gibt, aber er hat sich, wie in den letzten Wochen auch, geweigert, diese Zahlen zu nennen, dann hat er gelogen,

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

oder er war ein ahnungsloser, unwissender, naiver und damit ungeeigneter Kontrolleur der Landesbank. Eines von beiden.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt können Sie sich gerne aussuchen, Herr Huber, welcher Vorwurf Ihnen lieber ist. Da haben Sie freie Auswahl.

(Zuruf von der CSU: Keiner! – Lachen bei der SPD)

Was sind die Fakten, liebe Kolleginnen und Kollegen? Die Landesbank hat einen klaren Auftrag, den wir, der Gesetzgeber, ihr gegeben haben.

Wir haben diesen klaren Auftrag für die Landesbank erst vor wenigen Jahren noch einmal vor dem Hintergrund schlimmer Erfahrungen mit Auslandsgeschäften neu definiert, korrigiert und ganz klar festgestellt. Dieser klare Auftrag der Bayerischen Landesbank ist im Landesbankgesetz festgeschrieben, und dort steht wörtlich:

Die Bank hat die Aufgaben einer Staatsbank sowie einer Kommunal- und Sparkassenzentralbank. Sie hat durch ihre Geschäftstätigkeit den Freistaat Bayern und seine kommunalen Körperschaften einschließlich der Sparkassen in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, insbesondere der Strukturförderaufgaben, zu unterstützen.

Und weiter heißt es:

Die Bank kann alle Arten von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften betreiben sowie alle sonstigen Geschäfte, die der Bank dienen.

Dies aber unter einer Einschränkung des Gesetzes, nämlich:

Die Geschäfte der Bank sind nach kaufmännischen Grundsätzen unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags zu führen.

„Unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags“!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist die gesetzliche Grundlage. Sie haben als Vertreter des Eigentümers Freistaat Bayern darauf zu achten, dass dieser gesetzliche Auftrag eingehalten wird. Und ich sage Ihnen: Die Finanzierung von Immobilien in den Vereinigten Staaten gehört nicht zum öffentlichen Auftrag der Bayerischen Landesbank. Das gehört nicht dazu.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich mache Ihnen zum Vorwurf, dass Sie aus den Erfahrungen im Südostasien-Geschäft, in dem Sie 600 Millionen Euro verbrannt haben, nichts gelernt haben und das erneut zugelassen haben. Und jetzt sind unter Ihren Augen 1,9 Milliarden Euro in Geschäften verbrannt worden, die die Landesbank überhaupt nichts angehen. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie dabei nicht aufgepasst haben.