Protokoll der Sitzung vom 14.02.2008

Herr Kollege Hallitzky, ich habe weder vorher eine Rüge erteilt noch werde ich jetzt eine förmliche Rüge erteilen, aber auch für Sie gilt, dass es kein Argument auf parlamentarischer Ebene ist, zu einem Kollegen zu sagen: Reden Sie nicht dummes Zeug. Sie sollen argumentieren und belegen.

Herr Glück, ich halte mich gerne daran. Allerdings habe ich, möglicherweise anders als Sie, gehört, was er gesagt hat. Ich entschuldige mich ausdrücklich dafür.

Eine solche Behauptung, die Sie, Herr Huber, dem Haushaltsausschuss aufgetischt haben, ist völlig wirklichkeitsfern. Sie haben gewusst, was in diesen Krisenzeiten in der Bayerischen Landesbank und ihrem Vorstand vorgeht. Sie haben es gewusst, dennoch wissentlich die Unwahrheit gesagt, und deshalb müssen Sie gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, sollten nicht nur schnell mit Rücktrittsforderungen bei der Hand sein, wenn es den politischen Gegner betrifft, beispielsweise Frau Matthäus-Maier, sondern Sie sollten auch konsequent in Ihrem eigenen Laden aufräumen, wenn zur offensichtlichen Unfähigkeit noch hinzukommt, dass wissentlich die Unwahrheit gesagt wird.

Eines aber zeigt die zeitliche Parallelität von Hubers Märchenstunde im Ausschuss einerseits und der Vorstandssitzung der Landesbank andererseits in aller Deutlichkeit: Das Klima zwischen Minister und Landesbank ist vergiftet, sonst hätte sich die Landesbank nicht gezwungen gesehen, Sie in dieser Weise öffentlich vorzuführen. Für dieses vergiftete Klima gibt es zwei gute Gründe: Das ist zum einen das katastrophale Krisenmanagement, das Sie zum Schaden der Bank durchgezogen haben. Zum anderen ist es die Verweigerung von Minister Huber, an einer zukunftsweisenden Strategie für die Landesbank mitzuarbeiten. Für beides sind Sie verantwortlich. Deshalb sollten Sie sich nicht – wie ich es den Medien entnommen habe – als Opfer darstellen, als jemand, der Köpfe in der Landesbank rollen sehen will – so in einem Zeitungsbericht; ich habe das nicht nachgeprüft –, sondern Sie sind derjenige, der das zu verantworten hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben offensichtlich versucht, das Ausmaß des Finanzdebakels bis nach den Kommunalwahlen unter der Decke zu halten, obwohl Sie damit Spekulationen zum Schaden der Landesbank Tür und Tor öffneten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor zwei Wochen hatte ich in der Plenardebatte zum Thema „BayernLB: Zahlen auf den Tisch legen! Blockadehaltung bei Neustrukturierung der deutschen Landesbanken beenden!“ von einem mutmaßlichen Wertberichtungsbedarf von zwei Milliarden Euro gesprochen und davon, dass Sie, Herr Huber, Ihre Aufsichtspflichten verletzt haben. Außerdem habe ich davon gesprochen, dass Sie den berechtigten Wunsch der Öffentlichkeit – wie im Übrigen auch von Vertretern des Bankensektors – nach Information ignorieren und damit der Bank schaden.

Heute wissen auch Sie von der CSU: Ich hatte mit jedem Satz recht. Deshalb fällt die beleidigende Aussage – ich merke mir so etwas gut –, die Sie vor zwei Wochen kundgetan haben, meine Rede sei die schlimmste Entgleisung, die der Bayerische Landtag je erlebt habe, alleine auf Sie selbst zurück. Nicht ich war entgleist, sondern Sie waren neben der Spur.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ministerpräsident Beckstein ist wenigstens kleinlaut geworden. Als wir im Plenum vor zwei Wochen vor den Ausfällen im Umfang von zwei Milliarden warnten, redete er noch laut in Richtung GRÜNE: Zahlen von zwei Milliarden Euro sind Horrorvorstellungen, die mit der Realität nichts zu tun haben. – Wörtliches Zitat in der „Welt am Sonntag“. Jetzt bekennt er wenigstens leise, zart und

kleinlaut, dass ein Verlust von knapp zwei Milliarden nicht schön sei. Sie hingegen, Herr Minister Huber, machen weiter mit Schönreden, indem Sie die dramatischen Ausfälle der Landesbank von 1,9 Milliarden Euro in Einzelteilen zu verstecken versuchen.

Tatsache ist: Die Finanzmarktkrise kostet die Landesbank – die Ausfälle sind tatsächlich vorhanden – 1,9 Milliarden Euro. Damit haben sich – Herr Maget hat darauf hingewiesen – die dramatischsten Szenarien bewahrheitet. Auch wenn davon lediglich 150 Millionen realisierte Zahlungsausfälle sind, sind die anderen 1,75 Milliarden – die 450 Millionen an Wertberichtigungen bei Handelsbeständen und die 1,3 Milliarden bei den übrigen Wertpapieren – diesen absolut gleichwertig. Diese basieren auf den aktuellen Werten dieser Papiere, die die Zukunftserwartungen eingepreist haben. Insoweit sind Behauptungen, wie sie auch heute wieder von Ihnen kamen, man müsse die Papiere nur eine gewisse Zeit halten, dann würden sie möglicherweise sogar ganz ohne Verlust verkauft werden können, nichts als Wunschdenken, mit dem Sie die harten Realitäten des Milliardenverlustes erneut vor der Öffentlichkeit verschleiern wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb steht auch fest: Diese Milliardenverluste und Ausfälle wird am Ende des Tages jemand zu tragen haben. Eigentümer der Bayerischen Landesbank ist zur Hälfte der Staat, sprich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, und sind zur anderen Hälfte die kommunalen Sparkassen.

Das Eigentum an der Landesbank verliert natürlich mit diesen Ausfällen drastisch an Wert. Das wäre selbst dann problematisch, wenn die Eigenkapitalsituation der Landesbank brillant wäre. Tatsache ist aber, dass die Eigenkapitalsituation der Landesbank schon vor dem Erwerb der Hypo Alpe Adria so niedrig war, dass die Übernahme nur dadurch zu stemmen war, dass man zusätzlich 500 Millionen Kapitalaufstockung für die Landesbank benötigte. Es ist also nicht so, dass wir bezüglich der Eigenkapitalsituation in einem goldenen Zeitalter leben. Früher oder später wird es deswegen zu einer Notwendigkeit der Aufstockung des Eigenkapitals kommen, und es wird genauso sein, wie Herr Maget es formuliert hat: Es werden nicht die Ausfälle im Umfang von 1,9 Milliarden schuld sein, sondern es wird irgendeine Idee einer strategischen Neuorientierung geben, in welcher Sie das dann wieder verpacken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb werden natürlich die Ausfälle die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einerseits und die kommunalen Sparkassen andererseits belasten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die BayernLB hat ein viel zu großes Rad im Handel mit hochspekulativen Finanzmarktprodukten gedreht. Bei der Entwicklung dieses Marktes war durchaus erkennbar, dass es sich dabei um eine ungesunde Blasenentwicklung handelte und nicht

um ein langfristiges konservatives strategisches Anlageinstrumentarium.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dass die BayernLB so agierte, hatte auch damit zu tun, dass der BayernLB – wie vielen Landesbanken übrigens; es sind nämlich viele Landesbanken in diesem Parallelverhalten ebenfalls auf die Schnauze gefallen – seit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung ein tragfähiges Geschäftsmodell fehlt. Deshalb haben Sie auch einen Weg in diesen hochriskanten Kapitalmarktgeschäften gesehen, der jetzt mit der Subprime-Krise zu den Milliardenverlusten geführt hat.

Damit sind wir neben der Missachtung und der Unwahrheit gegenüber dem Ausschuss einerseits und dem den Kommunalwahlen geschuldeten verheerenden Aussitzen und Verschleiern des Finanzdesasters andererseits beim dritten großen Versagen der Staatsregierung, namentlich von Ihnen, Herr Finanzminister, angekommen, nämlich bei der Frage der grundsätzlichen Ausrichtung der Bayerischen Landesbank in der Zukunft.

Die Bayerische Staatsregierung ist in der Vergangenheit stets dem Prinzip gefolgt „Ich will aber meine eigene Landesbank“ und hat zu wenig darauf geachtet, was für Bayern, für unsere Sparkassen und die lokale Wirtschaft wirklich notwendig ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Mentalität, die Landesbank als Hausbank der Staatsregierung zu betrachten, ist nirgendwo so ausgeprägt wie in Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Fall Leo Kirch, wo bekanntlich der damalige Staatskanzleiminister Huber sehr kurzfristig die Bayerische Landesbank davon in Kenntnis setzte, dass diese – entgegen dem Rat der Innenrevision – Herrn Kirch 2,16 Milliarden DM leihen wollen müsse, dieser Fall Leo Kirch also zeigt, wie frei von Selbstzweifeln die Bayerische Staatsregierung die Bayerische Landesbank als politische Hausbank betrachtet hat, betrachtet und heute noch einsetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und dies ist auch der einzig denkbare Grund dafür, warum die Staatsregierung und namentlich der im Umgang mit Kirch erfahrene heutige Finanzminister an der Stand-alone-Strategie, also an der Eigenständigkeit der Bayerischen Landesbank, auch in Zukunft festhalten will, entgegen den Empfehlungen vieler kluger Köpfe aus der Landesbank, vom Sparkassenverband, von den GRÜNEN und aus der Wissenschaft.

Nahezu alle externen Experten sind sich im Gegensatz zu Herrn Huber darin einig, dass sich der öffentliche Auftrag

der Landesbank nicht daraus ableitet, willfährige Hausbank der Staatsregierung zu sein, sondern sich alleine aus dem öffentlichen Auftrag der Sparkassen ergibt.

Es geht darum, den Sparkassen eine leistungsfähige und starke öffentlich-rechtliche Bank als Partner an die Seite zu stellen,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ganz richtig!)

damit diese im Wettbewerb gegenüber den Geschäfts- und Genossenschaftsbanken bestehen und auch künftig ihren öffentlichen Auftrag erfüllen können. Dieser öffentliche Auftrag liegt darin, eine Versorgung der Bevölkerung und des Mittelstandes in der breiten Fläche in Bayern mit Finanzdienstleistungen zu garantieren. Dafür brauchen wir keine selbstständige Bayerische Landesbank.

Wenn die BayernLB hingegen selbstständig bleiben muss, weil Huber das so will, dann wird dies nur im Rahmen einer vertikalen Fusion gehen. Das bedeutete aber nichts anderes, als dass die Sparkassen in das Geschäft der Landesbanken integriert werden. Damit stünden jedoch die dezentrale Steuerung und die kommunale Anbindung der Sparkassen auf dem Spiel und damit auch die gemeinnützige Verwendung der Sparkassenüberschüsse in den bayerischen Kommunen und Regionen.

Letztlich würde also durch Ihre Strategie, die Sie wollen, durch Ihr Interesse, eine Hausbank zu haben, das Erfolgsmodell der Sparkassen in Bayern zur Disposition gestellt. Damit ist auch klar, warum die Sparkassen völlig zu Recht vehement gegen Ihre Pläne Sturm laufen, Herr Minister Huber, die Eigenständigkeit der BayernLB zur alleinigen Grundlage der zukünftigen strategischen Ausrichtung zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Sparkassen befürchten mit Recht, dass ihre bisherigen, auf eigener Selbstständigkeit beruhenden Stärken auf dem Altar Ihres Wunsches, eine eigene Bank zu haben, geopfert werden, nicht nur zum Nachteil der Sparkassen, sondern auch zum Nachteil der bayerischen Kommunen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ja, das ist so! – Beifall bei den GRÜNEN)

Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, stehen zu unseren Sparkassen und dazu, dass sie auch künftig als selbstständige Einheiten für die Versorgung mit Finanzdienstleistungen in der Fläche erhalten bleiben. Deshalb sagen wir: Es ist absolut notwendig, als Konsequenz aus diesem Skandal den falschen Weg der Huber’schen Stand-aloneStrategie zu verlassen, und zwar so schnell wie möglich, und sich Fusionsgesprächen mit anderen Landesbanken zu öffnen.

Herr Huber, wir fordern Sie zum Rücktritt als Finanzminister auf, weil Sie in einer wesentlichen Frage gegenüber

Ihrem zuständigen Kontrollgremium und dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen wissentlich die Unwahrheit gesagt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir fordern Sie aber auch zum Rücktritt auf, weil Sie es sind, der einer zukunftsweisenden Neuausrichtung der wichtigsten Beteiligung des Freistaates, der Bayerischen Landesbank, in egoistischer und unverantwortlicher Weise im Wege steht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nehmen Sie Ihren Hut, dann danken wir Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und Beifall des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

Meine Damen und Herren, bevor wir in der Aussprache fortfahren, ein Hinweis zum weiteren Ablauf des Tages. Wir streichen die Mittagspause, da wir ansonsten mit unserem Zeitbudget nicht mehr auch nur halbwegs zurechtkommen. Es geht also durch. Ich bitte alle Beteiligten, sich darauf einzustellen.