Protokoll der Sitzung vom 19.02.2008

Ich sage in diesem Landtag selbstbewusst: Wir von der Staatsregierung, wir von der CSU, haben uns durchgesetzt, damit nicht den Träumereien von Multikulti gefolgt worden ist. Auch Rot-Grün muss wissen: Die Integration in unserem Land ist das Ziel.

Ich verhehle nicht, dass Herr Erdogan in seiner Kölner Rede die Integration bei Weitem nicht in gleichem Maße wie bei seinem Gespräch mit mir, das auch in Bayern öffentlich wiedergegeben worden ist, betont hat. Er hat den Appell an die türkischen Kinder gerichtet, Deutsch zu lernen. In Köln aber hat er gesagt, dass die Muttersprache immer Türkisch bleibe, während Deutsch die erste Fremdsprache sei. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Wenn Vertreter eurer Partei automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit an hier Geborene verliehen

haben – wenn ein Elternteil mehr als sieben Jahre hier lebt, wird automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit verliehen –, dann müsst ihr doch hart widersprechen, wenn gesagt wird, Türkisch sei die Muttersprache.

(Beifall bei der CSU)

Selbstverständlich muss Deutsch die erste Sprache sein, ohne dass Assimilation verlangt wird, wobei ich hervorhebe, dass eine freiwillige Assimilation kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt, wie es Erdogan gesagt hat. Ich möchte nicht näher darauf eingehen, sondern ausführen: Wir müssen stärker auf die Integration achten. Bei jedem von mir veranstalteten Empfang hebe ich Beispiele hervor, wie sich Menschen auf kommunaler Ebene gut integriert haben. Sie stellen Vorbilder dar, wonach jeder, der aus dem Ausland nach Deutschland kommt, in der Regel sehr viel bessere Chancen als in seinem Heimatland hat. Wir wollen Zuwanderer zu Aufsteigern machen, aber sie müssen selber daran arbeiten. Fordern und Fördern ist die Aufgabe.

(Beifall bei der CSU)

Letzter Punkt: Bei allen materiellen Fragen und Strukturfragen: In allen Kommunen sollten wir daran denken, dass der Gemeinschaftssinn, der Zusammenhalt in einem Dorf oder in einer Stadt, von entscheidender Bedeutung sind. Auch vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung vor Kommunalwahlen sollten wir versuchen, diesen Gemeinschaftssinn nicht allein als Grundlage einer demokratischen Streitkultur zu pfl egen, sondern auch deutlich zu machen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in den Dörfern und Städten Mitglieder selbstbewusster Gemeinwesen sein können, die wir auch in der Zukunft brauchen werden.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von bis zu vierzig Minuten pro Fraktion vereinbart.

Als erster Redner hat der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Kollege Maget, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Normalerweise erwartet man Neuigkeiten in einer Regierungserklärung.

(Beifall bei der SPD)

Man denkt an Fortschritt und an Verbesserung. Man denkt an Wandel und vielleicht neue Weichenstellungen. Nichts davon, aber auch gar nichts davon, war heute zu hören. Inhaltlich war die Rede eine Nullnummer.

(Beifall bei der SPD)

Sie enthielt die üblichen polemischen, abwegigen und falschen Anschuldigungen gegenüber der Opposition.

(Beifall bei der SPD)

Die Rede stellte angesichts der vorhandenen offenen Fragen und Problemen eine Schönfärberei dar. Sie enthielt vor allem kein Sterbenswörtchen zum aktuellsten Thema und aktuellsten Problem der Kommunen, nämlich dem Problem der Sparkassen und der Landesbank. Kein Sterbenswörtchen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gehören Sparkassen, Herr Dr. Beckstein, nicht mehr zu den kommunalen Aufgaben? Waren Sie nicht jahrelang Mitglied im Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank? Sind Sie nicht entscheidend dafür verantwortlich, welche Fehler bei der Landesbank gemacht wurden und welche Verluste dort entstanden sind?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Noch vor einer Woche, als ich in diesem Hause von diesem Platz aus angekündigt habe, dass es bei der Landesbank einen Kapitalzuführungsbedarf geben wird, und zwar zu decken durch den bayerischen Steuerzahler und die Sparkassenfamilie, wurde das von Ihnen bestritten. Jetzt wissen wir auch das. Natürlich hatten wir auch hier wieder recht; natürlich wollten Sie auch das wieder unter den Teppich kehren. Ihr peinliches Schweigen heute zum Thema „Landesbank und Sparkassen“ ist völlig unakzeptabel und auch entlarvend.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Wenn der Bayerische Ministerpräsident eine Stunde nach dem Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden der Bayerischen Landesbank, dessen Eigentümer der Freistaat Bayern zur Hälfte ist und wo Sie als Ministerpräsident eine Eigentümerfunktion haben, zum Thema „Landesbank und Sparkassen“ kein Sterbenswörtchen zu sagen weiß,

(Zuruf von den GRÜNEN: Das weiß er noch nicht! – Dr. Thomas Beyer (SPD): Vielleicht haben sie es ihm noch nicht gesagt! – Weitere Zurufe von der SPD)

ist das eine Bankrotterklärung und ein Armutszeugnis des Bayerischen Ministerpräsidenten.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Sie sollten sich für dieses peinliche Schweigen zu diesem Thema richtig schämen!

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Herr Ministerpräsident, Sie hätten dazu etwas sagen müssen.

(Zuruf von Ministerpräsident Dr. Günther Beck- stein – Alexander König (CSU): Zu dem Thema kommen wir heute noch, das weiß jeder! – Weitere Zurufe von der CSU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich habe den Ausdruck „dummes Gerede“ schon gelegentlich aus den Reihen Ihrer Fraktion gehört, aber als Zuruf des Ministerpräsidenten von der Regierungsbank verbitte ich mir das, Herr Dr. Beckstein.

(Beifall bei der SPD)

Wenn heute hier etwas dummes Gerede war, dann waren das Ihre Einlassungen gegenüber den Oppositionsparteien – ich komme darauf noch zu sprechen –, die üblichen falschen Anschuldigungen im Zusammenhang mit den Themen Schulpolitik, Kinderbetreuung und was alles noch dazugehört. Machen Sie sich auf etwas gefasst, Herr Dr. Beckstein!

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Der Grund für Ihre Regierungserklärung – Sie haben ihn selbst genannt – ist der Tag der Kommunalwahl, der 2. März.

(Zurufe von der SPD: Genau!)

Am 2. März sind Kommunalwahlen; deswegen muss hier noch schnell der Anschein erweckt werden, Sie hätten Interesse an den Kommunen. Dieser Anschein ist falsch.

(Widerspruch bei der CSU – Georg Schmid (CSU): Also wirklich nicht!)

Lieber Herr Kollege Schmid, wie sieht es denn in Wahrheit mit Ihrem Interesse an den Kommunen aus? Ich lese Ihnen dazu gerne etwas vor, Herr Kollege Schmid. Vor einiger Zeit fand ein Parteitag der CSU zum Thema „Die Probleme der Kommunen“ statt.

(Georg Schmid (CSU): Ich war dort!)

„Die Schwerpunkte der CSU-Kommunalpolitik“ war bei einem Parteitag in Würzburg das Thema.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Zur Diskussion treten dazu an: eine Oberbürgermeisterin, ein OB-Kandidat, ein Landrat, ein Landratskandidat und zwei Bürgermeister kleinerer Gemeinden. Die Diskussion verspricht spannend zu werden.

(Prof. Dr. Hans Gerhard Stockinger (CSU): Das ist sie immer bei der CSU!)

Zwei Minuten später hat der Parteivorstand den Saal nahezu vollständig verlassen. Zurückgeblieben ist Erwin Huber, der Parteichef, der mit versteinerter Miene aus der ersten Reihe verfolgen muss, wie Minister, Staatssekretäre, Bundes- und Landtagsabgeordnete in den vier

Reihen hinter ihm geradezu fl uchtartig den Saal verlassen, als die Kommunalpolitiker zu sprechen beginnen.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Von den rund 40 anwesenden Vorstandsmitgliedern sind während der Debatte über die Probleme der Kommunen selbst zu Spitzenzeiten keine zehn mehr im Saal. Einer davon sitzt plaudernd eine viertel Stunde mit dem Rücken zu den Diskutanten, während jene der Parteispitze ihre Sorgen und Nöte mitzuteilen versuchen.

Das ist Ihr Desinteresse an den Problemen der Kommunen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Genauso kommt es bei den Kommunen auch an. Deswegen schreibt der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, ein Parteifreund von Ihnen, an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – an Ihre Adresse –: „Im sonntäglichen Hochamt huldigt man uns mit Weihrauch und singt das Hohelied der kommunalen Selbstverwaltung, im Alltag sieht es aber trist aus.“ Das schreibt er an Ihre Adresse!