Sie werden allerdings nicht müde, dieses Gesetz permanent schönzureden, und das halte ich für wesentlich verhängnisvoller; denn die Probleme dieses Gesetzes liegen auf der Hand. Ich zähle Ihnen die Probleme einmal nacheinander auf, verzichte aber darauf, sie einzeln zu begründen, das habe ich oft genug getan: Wir haben Probleme mit der Gastkinderregelung, und das wissen Sie auch. Sie bürden da den Kommunen eine Last auf, weil Sie nicht in der Lage sind, ein Gesetz vorzulegen, bei dem nicht irgendwelche Finanzschiebereien zwischen Kommunen, sondern das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern ausschlaggebend ist.
Ein Riesenproblem sind auch die Gewichtungsfaktoren. Die Gewichtungsfaktoren sind weder zielsicher noch treffsicher, sondern ungerecht und stigmatisierend.
Der Basiswert ist deutlich zu niedrig, der Verwaltungsaufwand dagegen viel zu hoch. Nicht das Kind steht im Mittelpunkt, sondern die Bürokratie. Außerdem haben Sie keine Krankheitsvertretung eingeplant. Sie haben es geschafft, dass Erzieherinnen ihren Beruf in einer Arbeitsplatz- und Planungsunsicherheit ausüben müssen. Sie werden nicht müde zu erklären, welch verantwortungsvoller Beruf das sei. Sie loben die Erzieherinnen, um sie ruhigzustellen. Gerade haben Sie wieder gesagt, die Mitarbeiterinnen arbeiteten engagiert. Ja, die Mitarbeiterinnen arbeiten sehr engagiert, und zwar weit über ihre Pfl icht hinaus, sonst könnten Sie nämlich das,
Sie fordern jetzt eine Freistellung der Erzieherinnen von Verwaltungsaufgaben. Ich empfehle Ihnen jedoch, hier zu differenzieren: Aufgaben, die in Zusammenhang mit den Kindern stehen – zum Beispiel das Führen von Beobachtungsbögen oder von Sprachentwicklungsbögen – sind Teil der pädagogischen Arbeit.
Verwaltungsaufgaben, wie zum Beispiel die Abwicklung der Förderung, sind zunächst originäre Aufgaben der Träger. Wenn dann der Träger diese Aufgaben den Erzieherinnen überträgt, muss auch die entsprechende Arbeitszeit dazugegeben und vergütet werden. Ich frage mich manchmal auch, ob nicht ein Teil dieses Aufwands selbst verursacht ist, da zum Beispiel in manchen Einrichtungen täglich wechselnde Buchungszeiten festzustellen sind.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Aber verboten ist es auch nicht! – Joachim Wahnschaffe (SPD): Vor allem müssen Sie es technisch kontrollieren!)
Herr Wahnschaffe, wer das als Träger macht, muss das in eigener Verantwortung auch umsetzen und fi nanzieren – nicht wir.
Ich sage Ihnen auch ganz klar: Letztlich lehnen wir die von Ihnen geforderte gesetzliche Festlegung von Anleitungs- und Verfügungszeiten ab. Die Festlegung der Art der Erbringung der vertraglichen Arbeitszeit ist Angelegenheit der Arbeits- und Tarifvertragspartner.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Opposition lässt keine Gelegenheit aus, dieses BayKiBiG und damit das Thema „Frühkindliche Erziehung und Bildung“ systematisch schlechtzureden.
Wir werden uns nach der Landtagswahl wieder sprechen und erklären, dass Sie sich das selber zuzuschreiben haben, weil Sie die Interessen von Eltern, Kinder und Erzieherinnen über Jahre hinweg missachtet haben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Ackermann, genau das tun wir nicht, nämlich die Interessen von Eltern und deren Kinder zu missachten. Wir bemühen uns, sie in jedem einzelnen Punkt entsprechend zu beachten. Frau Kollegin Strohmayr, wenn Sie moniert haben, eine fl ächendeckende Chancengleichheit sei nicht gewährleistet, dann gebe ich Ihnen recht, denn wir wissen genau, dass ein Drittel der Gemeinden zurzeit nicht bereit ist, ein Betriebskostendefi zit auszugleichen. Das darf so nicht sein. Ich möchte, dass der von uns empfohlene Anstellungsschlüssel 1 : 10 in Bayern fl ächendeckend umgesetzt wird. Ich halte das für wichtig. Sie möchten auf die Gruppenförderung zurückgehen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen ganz klar sagen: Die kindbezogene Förderung hat sich in Bayern bewährt. Wir haben eine wesentlich gerechtere Förderung auf den Weg gebracht.
Wenn ich Kommunen besuche, dann sagen mir deren Vertreter, sie seien froh über die kindbezogene Förderung, weil auf diese Weise altersgemischte Gruppen mit unter dreijährigen Kindergartenkindern und Hortkindern möglich sind und die Kinderbetreuungseinrichtung – Stichwort: kurze Beine, kurze Wege – im Dorf bleiben kann und nicht wegrationalisiert wird. Das ist doch das Tolle an diesem Gesetz: Flexibilität und keine starren Gruppen.
Überall dort, wo die Träger das Gesetz fl exibel handhaben, funktioniert die Anwendung hervorragend im Sinne unserer Kinder und deren Familien. Ich denke, auch Sie werden das vor Ort festgestellt haben.
Lassen Sie mich noch kurz etwas – wir wollen ja noch abstimmen – zum Rechtsanspruch sagen: Es gibt sozusagen objektiv bereits einen Rechtsanspruch,
Ein weiteres Problem sind die starren Buchungszeiten. Eltern, die gebucht haben, sind gefesselt; denn sie können nicht umbuchen, wenn sich ihre Lebenssituation innerhalb kürzester Zeit ändert, weil dadurch der Verwaltungsaufwand noch weiter in die Höhe getrieben würde.
Ein weiteres Problem sind altersgeöffnete Gruppen. Ich habe schon so oft versucht, Ihnen zu erklären, dass es für zwei Erzieherinnen oder für eine Erzieherin und eine Helferin völlig unmöglich ist, in einer Gruppe mit 25 Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren eine individuelle Förderung zu betreiben.
Der nächste Fehler ist die Einstellung der Sprachtrainer. Das ist wohl der Oberwitz. Anstatt die Kinder zu fördern, also den Erzieherinnen Zeit zu geben, die Kinder zu fördern, stellen Sie Sprachtrainer ein, die die Erzieherinnen schulen sollen, damit sie für die Kinder noch weniger Zeit haben.
Das ist wirklich der absolute Treppenwitz der Weltgeschichte. Sie wissen ganz genau, dass Sie ein schlechtes Gesetz gemacht haben. Das führen Ihnen auch die tagtäglich eingehenden Petitionen vor Augen. In jeder Sitzung des Sozialausschusses haben wir entsprechende Petitionen vorliegen. Und in jeder Sitzung reden Sie wieder Ihr Gesetz schön, anstatt einmal hinzuhören, einmal hinzuschauen und einmal nachzulesen, was die Menschen drückt und warum sie so viele Petitionen schreiben – möglicherweise weil sie die Opposition aufgehetzt hat, das kann natürlich noch sein. Aber wenn es nicht so ist, sollten Sie die Bedenken dieser Menschen ernst nehmen.
Wir haben vorhin über den Nichtraucherschutz gesprochen. Da nehmen Sie die Bedenken der Bierzeltbesucher und die Bedenken des Kreisverwaltungsreferenten natürlich ernst; wie er hieß, weiß ich nicht mehr. Da sind Sie fl ugs bereit, ein Gesetz, das dieses Hohe Haus gerade sogar einstimmig beschlossen hat, wieder auszuhöhlen, weil Sie um Ihren Wahlerfolg fürchten. Aber ich garantiere Ihnen, dass Sie mit dem BayKiBiG insofern auf dem falschen Dampfer sind, als Sie auch das Wählerstimmen kosten wird. Denn es gibt in diesem Land sehr viele Eltern und Erzieherinnen, die bei der nächsten Landtagswahl nicht vergessen werden, welch grauenvolles Gesetz Sie ihnen beschert haben. Sie werden die Quittung auch für die Arbeit bekommen, die Sie geleistet bzw. nicht geleistet haben, und für die Unbelehrbarkeit, mit der Sie sich jeder Kritik widersetzt haben.
Es kann nicht alles auf einmal geschehen, denn eines wissen wir ganz genau: Die Qualität der Kinderbetreuung und die Frühförderung liegen uns allen gemeinsam – meiner Fraktion und der Staatsregierung – am Herzen.
Frau Staatsministerin, wenn es so ist, wie Sie behaupten, dass Sie die Einwände und Bedenken der Eltern, der Träger und der Erzieherinnen ernst nehmen, wie ist es dann zu erklären, dass auch zwei Jahre nach Einführung des BayKiBiG diese Klagen nicht nachlassen? Ich sage Ihnen, wovon ich rede: Ich habe heute gemeinsam mit der Kollegin Ackermann eine neue Petition in Empfang genommen, unterschrieben von 4000 Eltern aus dem schönen Allgäu, die genau das, was Sie alles gutheißen, auf das Heftigste kritisieren.
Wir haben vor Kurzem – es ist noch gar nicht lange her, vor ein paar Wochen – einen Erzieherinnentag durch die SPD-Landtagsfraktion durchgeführt. Bei diesem Erzieherinnentag brauchten wir gar nicht so viel zu sagen, Frau Dodell, wir brauchten auch niemanden aufzuhetzen. Was wir dort zu hören bekommen haben – ich hätte mir gewünscht, dass auch Sie sich das anhören –, waren Klagen über den Alltag in den Kindergärten. Wir bestätigen uns hier immer gegenseitig, nur das Beste für unsere Kinder zu wollen, aber der Alltag sieht leider ganz anders aus. Jeder Mann und jede Frau – auch solche Personen außerhalb Bayerns, die sich mit dieser Materie auseinandergesetzt haben – sagen, dass der bayerische Bildungs- und Erziehungsplan gut ist. Nur die Erzieherinnen sagen: Wir können angesichts der derzeit obwaltenden Umstände diesen bayerischen Erziehungsplan nicht umsetzen. Er kommt also bei den Kindern nicht an. Das muss Ihnen doch zu denken geben. Deswegen muss ich Ihnen sagen: Wir werden nicht nachlassen, auf eine Änderung dieses Gesetzes zu drängen, und zwar nicht, weil wir recht haben wollen, sondern weil wir Besseres für die Kinder wollen.
Einen Satz, Herr Kollege Wahnschaffe: Der Bildungs- und Erziehungsplan kommt sehr wohl bei den Eltern und vor allen Dingen bei den Kindern an. Das sehen Sie übrigens bei den Elternbefragungen, die in allen Kinderbetreuungseinrichtungen durchgeführt werden.
Doch, Herr Kollege Wahnschaffe; ich sage noch Genaueres dazu. Individuell habe ich nicht gesagt, sondern ich habe von objektiv rechtlich gesprochen. Hören Sie bitte genau zu.
Kommunen sind verpfl ichtet, eine entsprechend qualifi zierte Bedarfsplanung aufzustellen. Dabei gibt es einen Übergangszeitraum bis zum Jahre 2010. Voraussetzung ist, dass in jeder Gemeinde eine konkrete Maßnahmenplanung auf den Tisch gelegt werden muss. Wenn Sie denken, Sie würden durch einen gesetzlich normierten Rechtsanspruch Kindergartenplätze schaffen – wir haben bayernweit fast überall entsprechende Kindergartenplätze –, dann schauen Sie doch bitte auf die Großstädte München und Nürnberg. In diesen Städten fehlen immer noch Kindergartenplätze. Ich bekomme nahezu jeden Monat dringende Hilferufe von Eltern, die für ihre Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren einen Kindergartenplatz benötigen, wobei die großen Städte wie Nürnberg und München trotz Rechtsanspruchs eine ausreichende Versorgung nicht sicherstellen können. Daran merken Sie, dass Sie mit einem gesetzlich normierten Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz so gut wie gar nichts erreichen können. Sie sollten erst einmal mit Ihren Oberbürgermeistern Ude und Maly in München und Nürnberg sprechen. Dann können Sie sehen, wie erfolgreich die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen wären.