Protokoll der Sitzung vom 12.03.2008

Nächster Redner: Herr Kollege Sprinkart.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es brennt in der CSU, habe ich mir gedacht, als ich mir den Antrag angeschaut habe. Bereits im November letzten Jahres hat die CSU einen Antrag hierzu gestellt. Ich darf ihn zitieren: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung und der EU-Kommission gegen die Kommissionspläne für eine Aufstockung der Milchquote ab 1. April 2008 um 2 Prozent einzusetzen.“ Wenn Sie einen solchen Antrag im November letzten Jahres gestellt haben, frage ich:

Warum stellen Sie ihn jetzt wieder? Ist Ihnen etwa Seehofer in dem, was Sie mit Ihrem Antrag wollten, nicht gefolgt? Welche anderen Gründe kann es hierfür geben?

Um es vorweg zu sagen: Wir werden diesem Antrag natürlich zustimmen, weil auch wir absolut der Meinung sind, dass eine Erhöhung der Milchquote nicht sinnvoll ist, da dies vermutlich – vermutlich aber nicht sicher – Preissenkungen nach sich ziehen würde. Aber der eigentliche Hammer – darin sind wir uns hoffentlich einig – käme, wenn die Quote im Jahr 2015 ganz abgeschafft werden sollte.

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie können noch hundert solcher Anträge stellen; es wird nichts helfen, wenn nicht mit allen Hebeln versucht wird, dieses Ziel durchzusetzen. Allein davon, dass etwas auf dem Papier gefordert wird, bewegt sich nichts. Ich kann weder bei Ihnen noch bei der Staatsregierung noch in Berlin das erforderliche Handeln erkennen. Das muss ich Ihnen ganz klar sagen.

Dieser Antrag nichts anderes als ein Placebo für die Bauern. Ich sage Ihnen auch: Die Bauern werden das als solches erkennen und nicht darauf hereinfallen. Das hat die Demonstration von 700 Landwirten am Montag sehr deutlich gemacht. Auch wenn sich diese Demonstration in erster Linie gegen den Bauernverband gerichtet hat, fällt sie letztlich doch der CSU auf die Füße, da ein nicht unwesentlicher Teil der Führungsmannschaft des Bayerischen Bauernverbandes für die CSU im Bayerischen Landtag sitzt.

Wir müssen die geplante Quotenerhöhung im Zusammenhang mit der Absicht der EU-Kommission und – dies sage ich dazu – des Deutschen Bauernverbandes sehen, die Quote nach 2015 ganz abzuschaffen. Insoweit ist die Scheinheiligkeit der Staatsregierung und der CSU noch viel größer und viel deutlicher zu sehen. Dies will ich Ihnen gerne erläutern.

Auf der Milchfachtagung im März letzten Jahres, also lange bevor es die Umfrage unter Bayerns Milchbauern zum Thema Milchquote gab, hat Landwirtschaftsminister Miller – das habe ich hier zwar schon einmal zitiert, aber ich zitiere es gerne noch einmal – zu diesem Thema ausgeführt, er könnte sich grundsätzlich eine Fortführung der Quotenregelung vorstellen, wenn dies unter realistischen Bedingungen möglich und politisch durchsetzbar wäre. Kolleginnen und Kollegen, nach heldenhaftem Widerstand hört sich das fürwahr nicht an.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nun könnte ich noch glauben, dies sei die smarte Art des Widerstands unseres Landwirtschaftsministers, wenn ich nicht genau wüsste, dass Widerstand bei ihm anders aussieht. Als es zum Beispiel darum ging, welches Modell wir für die Umsetzung der Agrarreform wählen, hat er sich mit Zähnen und Klauen für die Betriebsprämie eingesetzt, er hat richtig gekämpft, und wir konnten

seine Kampfrufe noch lange, nachdem die Abstimmung auf Bundesebene gefallen war, hören.

Übrigens hat uns in Brüssel ein hoher Vertreter des Bauernverbandes attestiert, dass die Entscheidung, die Renate Künast mit der Mehrheit der Bundesländer gefällt hat, die absolut richtige war. Aber das sei nur am Rande bemerkt.

In dieser Rede führte Minister Miller noch aus, welche Voraussetzungen notwendig sind, um eventuell doch einen Erhalt der Quote zu erreichen. Unter anderem nannte er als Voraussetzung – ich zitiere erneut –, dass die Zustimmung von Ländern mit geringerer Quotenausstattung durch entsprechende Sonderzuteilung von Quoten erreicht wird. Ich kann dem nur beipfl ichten. Diesen Punkt nahmen auch die Kollegen Zengerle und Kreidl in ihrem Antrag, den sie im Frühjahr letzten Jahres zur Milchquote gestellt haben, mit auf.

In diesem Antrag können wir auch noch andere interessante Forderungen lesen. Ich zitiere: „Bei steigendem Verbrauch müssen die gewählten Vertreter der Milchbauern ein federführendes Mitspracherecht bei der Verteilung dann benötigter Quoten bekommen.“ (European Milk Board und Deutscher Bauernverband) Ich fi nde, das ist für Parlamentarier eine durchaus bemerkenswerte Forderung.

Problematisch an dem Antrag war nur, dass Sie ihn so nicht stellen durften. Der Antrag wurde nach langem Hin und Her – auch unter Einbeziehung von Ministerpräsident Stoiber und Bauernverbandspräsident Sonnleitner – letztendlich in der Staatskanzlei noch einmal geschliffen oder freundlicher ausgedrückt: überarbeitet.

Heraus kam ein halbes Jahr später ein Antrag, der zwar auch die Fortführung der Milchquotenregelung über das Jahr 2000 hinaus forderte, dies aber unter anderem an die Bedingung knüpfte, dass damit keine Zuteilung von Quoten an Mitgliedstaaten mit geringen Quotenausstattungen verbunden ist. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Minister Miller und die beiden Kollegen von der CSU ein halbes Jahr zuvor gefordert hatten.

Dabei ist nicht der Widerspruch das Entscheidende; darüber könnte man sich amüsieren. Entscheidend ist vielmehr, dass die CSU ihre Forderung nach einer Fortführung der Milchquote über das Jahr 2015 hinaus an Bedingungen knüpft, die es faktisch unmöglich machen, von anderen Ländern bei dieser Forderung unterstützt zu werden.

Das heißt doch, Sie wollen es eigentlich gar nicht; Sie würden sonst keine solchen Forderungen einbauen. Minister Miller und die beiden Kollegen haben gesagt, wie die Strategie aussehen muss.

Wer sich permanent nur über Begleitprogramme im Falle der Quotenabschaffung auslässt, hat den Kampf um die Quote praktisch aufgegeben; ein Kampf, der sich für Bayern und seine Bauern und Bäuerinnen durchaus

lohnen würde, wie wir letzte Woche in Brüssel erfahren durften. Die Sprüche der EU-Kommission, dass sie das Initiativrecht habe und die Initiative ergreifen werde, wurden nämlich von den Parlamentariern klar dementiert. Und wir wissen alle, dass die EU-Kommission dann, wenn der Druck groß genug ist, eine andere Entscheidung treffen wird.

Ich fordere Sie also auf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ernsthaft für den Erhalt der Quote beziehungsweise für eine Mengenbegrenzung zu kämpfen. Leider muss ich Ihnen aber nach dem, was ich bisher gehört habe – ich habe Ihnen das anhand der Aussagen dargelegt – die ernsthafte Absicht dazu absprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Miller.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was Kollege Sprinkart eben zum Besten gegeben hat, ist ein untauglicher Versuch, uns etwas in die Schuhe zu schieben, was so hinten und vorne nicht stimmt.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh, oh!)

Kollege Sprinkart, Sie hätten zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Staatsregierung hier einen ganz klaren Kurs verfolgt, eng abgestimmt mit der Fraktion, nämlich ein klares Bekenntnis zur Weiterführung der Quote. Das kann natürlich nur unter bestimmten Bedingungen geschehen, Herr Kollege Sprinkart. Denn wenn alle anderen Länder eine Aufstockung der Quote bekommen, müssten wir es bei der Quote belassen. Für so dumm können Sie uns nicht halten. Es geht in diesem Antrag ja um die preisstabilisierende Wirkung der Quote und nicht darum, dass die Abschaffung der Quote vorweggenommen wird. Sie aber wollen mit Ihrer Diskussion etwas darstellen, was einfach so nicht stimmt.

Frau Lück, ich muss Ihren Vorwurf an den Kollegen Brunner zurückweisen, dass das nicht berechtigt sei.

(Heide Lück (SPD): Doch!)

Sie scheinen beide nicht darüber informiert zu sein, worum es letzten Endes geht.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Abstimmung fi ndet am Montag statt. Man ist bisher davon ausgegangen, dass es zu einer Sperrminorität kommen könnte. Nun vernehmen wir in den letzten Tagen, dass sich Frankreich möglicherweise zurückzieht und dass Ungarn und Portugal schon abgesprungen sind. Sie haben selbst gesagt, die Lage sei brisant. Deshalb ist es doch nur richtig, wenn wir noch einmal versuchen, Druck auszuüben und deutlich zu machen, wie wichtig das Ganze für unser Land ist.

Ich brauche nicht im Einzelnen darauf einzugehen, welche Bedeutung die Milchproduktion für unser Land hat. Aber eines muss ich doch deutlich machen, dass nämlich die vorgesehene Quotenerhöhung um 2 %, die bereits am Montag beschlossen werden soll, fatale Auswirkungen haben wird. Denn es bleibt nicht bei den 2 %, es kommt noch das halbe Prozent dazu, das bereits beschlossen ist. Damit sind wir schon bei 2 ½ %, und dann sagt die EU-Kommission, ab 2010 soll jährlich noch 1 % dazukommen. Wenn wir das zusammenrechnen, sind wir bis zum Jahr 2013 bei 6,5 %. Es ist nur schwer vorstellbar, dass so etwas ohne Preiseinbußen möglich sein wird.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Lück?

Ja!

Bitte, Frau Kollegin Lück.

Herr Minister Miller, glauben Sie, dass Herr Minister Seehofer von uns noch einen kräftigen Tritt braucht, bis er hinter der Sache steht, und müssen das ausgerechnet wir machen? Wir vom Landtag haben in Brüssel unsere Meinung deutlich gemacht. Ich denke, das haben auch Sie getan. Was soll nun also noch dieser Dringlichkeitsantrag, der angesichts der darin enthaltenen Probleme etwas banal gefasst ist?

Frau Kollegin, es sollte mehr eine Frage sein und kein Statement. – Bitte, Herr Staatsminister.

Frau Kollegin Lück, ich werde auf Ihre Frage noch zur rechten Zeit eingehen.

(Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zunächst möchte ich nur noch einmal deutlich machen, dass aufgrund der Marktlage jetzt schon Sorgen bestehen. Wenn der Preis weiter ansteigen würde, könnte man sicherlich über solche Dinge reden. Aber da sich die Tendenz nach oben ja deutlich abgeschwächt hat, kommt der Milchpreis erneut unter Druck und dann würde eine Mengenausweitung diesen Druck wesentlich verstärken. Was das ganz Entscheidende ist – darum diskutieren wir heute hier –, hat Kollege Sprinkart offensichtlich nicht ganz begriffen. Diese Entscheidung ist der Einstieg in den Ausstieg. Damit werden Fakten geschaffen. Wenn der Preis erst einmal ganz weit unten ist, wollen die Bauern die Kontingentierung von selbst nicht mehr, weil sie sehen, dass die Quote ihre Funktion nicht erfüllt. Deshalb fordern wir auch die Bindung an bestimmte Kautelen, Herr Sprinkart!

Es gab selbst in Deutschland eine sehr uneinheitliche Meinung. Viele Länderagrarminister hatten sich über die Parteigrenzen hinweg ursprünglich für eine Erhöhung um 2 % ausgesprochen. Uns ist es aber gelungen, eine einheitliche Meinung der Agrarminister gegen eine Fortfüh

rung der Quotenerhöhung zu vereinbaren. Allerdings ist ein Teil noch dabei, die Superabgabe senken zu wollen. Dies käme in der Wirkung einer Quotenerhöhung gleich. Beides – das muss ich hier deutlich sagen – ist falsch und kommt für uns nicht in Frage.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Sprinkart? – Bitte.

Herr Minister, bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir dem Antrag der CSU zustimmen. Und nun meine Frage. Herr Staatsminister, können Sie mir erklären, wie Sie heute die Bedingungen, die Sie im Frühjahr genannt haben, inzwischen genau ins Gegenteil verdrehen können? Dafür muss es doch einen Grund geben. Dazu würde ich gern etwas von Ihnen hören. Sie sagen, die Länder, die nur eine geringe Quotenausstattung haben – das sind bei weitem nicht alle – sollten eine zusätzliche Menge bekommen, während Sie im Antrag der CSU vom Herbst zum Ausdruck bringen, dass das auf keinen Fall passieren dürfe. Das ist doch sehr verwunderlich.

Dass die Länder eine solche Quote bekommen sollen, ist mir als Aussage meinerseits nicht bekannt. Ich habe immer das Gegenteil behauptet. Ich habe immer gesagt, dass es nicht sinnvoll ist. Die Quotenfortführung könnte man bekommen, wenn man den Polen 10 %, den Tschechen 5 % und den Italienern ebenfalls 5 % gäbe. Dann kommt es zur Zustimmung und diese erkaufen Sie sich mit einer Quotenaufstockung, die letzten Endes keinen Sinn macht. Das wissen Sie aber selbst. Sie stellen hier nur Fragen, weil Sie wissen, dass Sie mit Ihren Vorwürfen, die Sie immer wieder vortragen, falsch liegen. Aber sie werden damit nicht wahrer.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Eine Entscheidung wird, wie gesagt, womöglich am Montag getroffen werden.

Und jetzt zu Ihrer Frage, Frau Lück. Seehofer lehnt für Deutschland eine Quotenerhöhung ebenfalls entschieden ab, und zwar deshalb, weil er das genauso sieht wie wir, dass eine Gesamtstrategie zum Quotenausstieg bereits jetzt angelegt wird.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Dann brauchen sie später nicht mehr darüber zu entscheiden. Wenn die 2 % und die weiteren Anhebungen kommen, dann ist das der Einstieg zum Ausstieg. Das muss jeder hier wissen und zur Kenntnis nehmen. Darum dieser Antrag.

Wie gesagt, bisher haben sich neben Deutschland nur Frankreich, Österreich, Finnland und Malta gegen eine Quotenerhöhung ausgesprochen. Ungarn und Portugal, die Interesse gezeigt haben, scheinen abzuspringen. Damit ist die Sperrminorität wenige Tage vor dieser Abstim