Protokoll der Sitzung vom 12.03.2008

Ich denke, das sollten wir angesichts der vom Kollegen Volkmann angeführten Gründe in der Tat sorgfältig bedenken.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Volkmann (SPD))

Ja, es kann im Ausnahmefall in der Tat solche Gründe geben. Jetzt ist die Frage, ob es sich bei dem vorliegenden Fall um einen solchen Ausnahmefall handelt.

Ich will mich jetzt nicht auf juristische Feinheiten – Frau Kollegin Schorer hat sie schon vorgetragen – versteifen, ich will nur sagen: Soweit ich es sehe, sind wir uns einig darin, dass in den Kommunen, die am Zweckentfremdungsverbot festhalten wollen, keine Rechtslücke entstehen darf. Das war der Wille des Hohen Hauses im November; daran kann kein Zweifel sein. Wir wollten das Thema in kommunale Verantwortung übergeben, aber nicht, dass Rechtslücken entstehen. Nach unserem Dafürhalten – Frau Kollegin Schorer hat es angesprochen – werden sie nicht entstehen, aber ich verspreche Ihnen, dass wir das im Detail diskutieren.

Die Position ist klar: Eine neue Satzung kann erst ab dem 1. Juli aufgrund des neuen Gesetzes erlassen werden. Vorher ist das nicht möglich, weil keine Rechtsgrundlage für eine solche Satzung vorhanden ist. So ist jedenfalls die gängige Interpretation.

Wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen, dass keine Rechtslücke entsteht. Allein dadurch, dass man das Gesetz um ein halbes Jahr verschiebt, wird das von Ihnen aufgezeigte Rechtsproblem noch nicht gelöst; denn dann wiederholt sich das am 1. Januar.

Ich verspreche Ihnen, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz unaufgeregt und sachlich mit Ihnen über dieses Thema diskutieren werden und wir zusammen – es betrifft vor allen Dingen die Landeshauptstadt München und die eine oder andere Kommune in Bayern – eine verlässliche Konstruktion fi nden werden, damit das Zweckentfremdungsverbot in den Gemeinden, die das wollen, kontinuierlich fortbesteht. Das muss unser gemeinsames Ziel sein. Es wird uns sicherlich gelingen, darin Einvernehmen zu erzielen. Ich meine, mit dieser Maßgabe sollten wir in die Ausschussberatungen gehen.

(Beifall bei der CSU)

Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Kein Widerspruch, so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend dieser Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe! – Niemand. Stimmenthaltungen? – Bei einiger Nichtbeteiligung damit so beschlossen.

Damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 4:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Ich darf noch einmal darauf verweisen, dass nach den probeweise geltenden Redezeitregelungen die Redezeit zu diesem Tagesordnungspunkt 30 Minuten je Fraktion beträgt.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Georg Schmid, Karl Freller, Renate Dodell u. a. u. Frakt. (CSU) Keine Erhöhung der Milchquote! (Drs. 15/10171)

Erster Redner: Herr Kollege Brunner. –

(Adi Sprinkart (GRÜNE): Wo ist er denn?)

Wo ist der Kollege Brunner? –

(Zuruf: Der ist beim Melken! – Heiterkeit)

Übernimmt jemand anders aus der CSU-Fraktion die Begründung zu diesem Dringlichkeitsantrag? –

(Renate Dodell (CSU): Jetzt ist er da!)

Selten ist er so erwartet worden wie gegenwärtig. – Herr Kollege Brunner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CSU-Fraktion beantragt, dass sich die Bundesregierung mit aller Vehemenz und allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzt, dass über die bereits beschlossene Quotenerhöhung von 0,5 % hinaus keine weitere hinzukommt. Beim nächsten Agrarrat in der nächsten Woche wird entschieden werden, ob die von der Kommission vorgeschlagene Erhöhung um 2 % beschlossen werden soll. Das hätte natürlich Auswirkungen, gerade auf den Milchstandort Bayern. Wir haben eine Quote von 7,5 Millionen Tonnen und sind damit das Milchland Nummer 1 in Deutschland; wir stehen damit in Europa gar an 7. Stelle. Jeder zweite deutsche Milchviehbetrieb steht in Bayern; daran kann man die Strukturen nachvollziehen. Uns stehen nicht die Mengen wie im Norden oder im Osten Deutschlands zur Verfügung.

Wir wollen eine mengenstabilisierende Politik und natürlich eine Preisentwicklung auch über das Jahr 2015 hinaus, die den Bauern Planungssicherheit gibt. Besonders die Grünlandbetriebe haben kaum eine Produktionsalternative. Deshalb müssen wir gerade im Interesse dieser

Regionen Rahmenbedingungen erhalten bzw. schaffen, die eine fl ächendeckende Landbewirtschaftung in den 35 % Dauergrünlandstandorten sichern. Die Produktion von Milch ist in den letzten 15 Monaten durch die gestiegenen Preise bei der Energie und beim Kraftfutter um rund 6 Cent pro Kilogramm Milch verteuert worden. Das heißt, die Bauern sind auf einen angemessenen Preis angewiesen. Das jetzige Preisniveau ist deshalb auf alle Fälle zu erhalten.

Der Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten hat letzte Woche eine Reise nach Brüssel durchgeführt, um selbst mit den Verantwortungsträgern, mit den Abgeordneten und dem stellvertretenden Kabinettschef von Frau Fischer Boel zu sprechen und in Erfahrung zu bringen, welche Chancen und Möglichkeiten es gibt, die Milchquote über das Jahr 2015 hinaus – in welcher Form auch immer – zu erhalten. Hierbei haben wir festgestellt, dass in Brüssel die Meinungen diesbezüglich unterschiedlich sind. Der stellvertretende Kabinettschef Prof. Dr. Borchardt hat uns unmissverständlich darauf hingewiesen, dass eine Beschlusslage vorliegt, wonach die Quote auf den 31.03.2015 begrenzt ist. Nur die Kommission hat ein Initiativrecht. Das heißt, von der Kommission selbst müsste ein Antrag gestellt werden, dies ist seiner Meinung nach sehr unwahrscheinlich bis ausgeschlossen.

Die darauf folgenden Gespräche mit Europaabgeordneten unterschiedlicher Parteizugehörigkeit haben nahezu dasselbe Meinungsbild ergeben. Diese wollen wiederum zum jetzigen Zeitpunkt keineswegs erkennen, dass eine Aufweichung der jetzigen Position unmöglich wäre. Man muss abwarten, wie sich der Milchpreis entwickelt und wie sich die Märkte entwickeln. Deshalb sollten wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht das falsche Signal geben, indem wir einer Quotenerhöhung zustimmen und damit den Markt vielleicht sogar durcheinanderbringen, auch wenn die Mengen aufgenommen werden könnten. Wir stellen schon jetzt fest, dass der Milchpreis, den wir zum Ende letzten Jahres hart erkämpft haben, in Gefahr ist; die Butterpreise sind schon gefallen. Es gibt Discounter, die den Preis für 1 Kilogramm Butter bereits wieder um 1,60 Euro gesenkt haben. Aus meiner Sicht ist es verantwortungslos, wenn man mit Nahrungsmitteln Lockangebote macht.

Wenn man jetzt die Menge erhöht, setzt man damit zwangsläufi g das falsche Signal; allein aus psychologischen Gründen entsteht der Eindruck: Die Menge wird mehr, der Markt ist gesättigt, damit können die Preise fallen. Das wäre fatal. Ich bin davon überzeugt, dass die Preise dann noch mehr unter Druck geraten würden.

Deshalb will die CSU-Fraktion nichts unversucht lassen, vom Bayerischen Landtag aus – wohl wissend, dass die Entscheidung hierüber nicht in unsere Kompetenz fällt – die Meinungsbildung auf Bundesebene zu beeinfl ussen und den Bundeslandwirtschaftsminister in seiner Position zu bestärken, dass sich eine Erhöhung der Milchquote kontraproduktiv auf die Preisentwicklung und die Preisgestaltung auswirken würde.

Ich habe eingangs davon gesprochen, welche Bedeutung die bäuerliche Landwirtschaft und gerade die Milchproduktion in Bayern hat. Ich meine, wir müssen alles daran setzen, dass es auch in Zukunft eine Quote gibt, die ihre preisstabilisierende Wirkung entfalten kann.

Deswegen bin ich felsenfest davon überzeugt, dass auch eine Diskussion über die Kürzung der sogenannten Superabgabe unangebracht ist und dass diese gekürzte Superabgabe vielleicht auch zur Quotenaufweichung führen würde.

Ich sage das vorsorglich, denn auch diese Diskussion werden wir in Kürze führen müssen. Daher sagen wir ein klares Ja zu den preisstabilisierenden Instrumenten und ein eindeutiges Nein zu jeglichen Bemühungen und Initiativen, die Quote aufzuweichen.

Kolleginnen und Kollegen des Hauses, ich bitte im Übrigen dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Lück.

Herr Präsident, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Ich muss sagen: Wow! – Was für ein Dringlichkeitsantrag zu einem Thema, bei dem es in diesem Hause wirklich parteiübergreifend eine Meinung gibt.

(Zuruf von der CSU: Das ist doch wunderbar!)

Ich denke, Herr Brunner, Sie sind deswegen so verzögert hereingekommen, weil Sie sich fast geniert haben, diesen „zukunftsträchtigen“, „Neuheiten“ enthaltenden Dringlichkeitsantrag, der nur einen Satz zum Inhalt hat, zu erläutern.

In Ihrer Rede haben Sie einen Rundumschlag gemacht, der allerdings mit dem Antrag, den Sie gestellt haben, herzlich wenig zu tun hatte. Wir haben das Thema des Health Checks und der Zukunft der Milchquote wirklich oft diskutiert. Auch in unserem letzten Dringlichkeitsantrag, der hier angenommen wurde, steht explizit: Die Milchquote darf nicht frühzeitig entwertet werden. Es darf keine weiteren Aufstockungen geben.

Ihr Dringlichkeitsantrag greift also ein Thema auf, das zwar höchst brisant ist und zu massiven negativen Auswirkungen für unsere Milch produzierenden Landwirte führen könnte. Aber eine Erhöhung der Quote noch vor der Diskussion des Gesundheitschecks – darum geht es ja; es geht ja nicht um die geplanten Erhöhungen zum Auslaufen der Quote –, eine Erhöhung jetzt, einfach weil der Markt ein bisschen sonniger ausschaut, ist nicht sinnvoll. In diesem Haus ist das bereits mehrfach parteiübergreifend dargestellt worden. Wir wollen die Erhöhung nicht. Ihr Minister Miller, der heute sehr aufmerksam zuhört, hat dies ebenso deutlich kundgetan.

Wen also wollen Sie aufrütteln? Vielleicht die Wähler? Mir kommt das jetzt in den Sinn. Haben Sie nach dem Wahldebakel hier eine Möglichkeit gesehen, wieder zu punkten, indem Sie die Proteste des European Milk Board – EMB – und des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter e.V. – BDM – aufgenommen und versucht haben, Wasser auf Ihre Mühlen zu lenken und die Erosionen zumindest in dieser Wählerklientel zu verhindern beziehungsweise einzudämmen? Dies erscheint mir arg schmalbrüstig und populistisch zu sein.

(Helmut Brunner (CSU): Frau Kollegin, Sie tun sich sichtlich schwer, gegen den Antrag zu reden!)

Wir stimmen diesem „durchdachten“ und vor allem „zielführenden“ Antrag zu, weil es keine Alternative dazu gibt, weil es dazu überhaupt keine andere Haltung geben kann, weder aus Sicht Bayerns noch aus Sicht der Bundesrepublik noch aus Sicht aller, die den Milchmarkt im Auge haben.

Eine Ausweitung der Quote zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der positive Trend auf dem Milchmarkt bereits wieder abzuschwächen droht, wäre, wie bereits ausgeführt, kontraproduktiv. Deshalb meine Frage: Macht Ihr Minister Seehofer in Brüssel nicht ausreichend Furore? Schlägt er dort nicht auf den Tisch? Sollte dies der Fall sein, fordere ich Sie zusätzlich zu Ihrem Dringlichkeitsantrag auf, ihm gehörig auf die Zehen zu treten – eigentlich ist mir eine andere Formulierung auf der Zunge gelegen; aber aus Respekt sage ich das nicht –, damit er auch in Brüssel Tacheles redet und sein immer wieder hoch gelobtes Gewicht auch tatsächlich in die Waagschale wirft. Denn es bringt uns überhaupt nichts, wenn er überall Erfolge erzielt, aber in den Gremien, die wichtig und zielführend sind, in denen es notwendig ist hinzustehen, den Mund nicht aufmacht.

Wir unterstützen also den Antrag, obwohl er so platt ist, wie ich es selten von Ihnen erlebt habe. Inhaltlich haben Sie nicht einmal gesagt, was Sie wirklich wollen, nämlich die Erhöhung der Quote außerhalb des Health Checks verhindern. Es wäre wenigstens sinnvoll gewesen, den Antrag sorgfältig zu formulieren.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner: Herr Kollege Sprinkart.