Sachsen befindet sich aber in einer Ausnahmesituation, weil dieses Bundesland eine ganz andere Fördergebietskulisse hat als wir hier in Bayern. Deshalb glaube ich, dass wir uns auch hier nach wie vor in der Spitzenposition befinden.
Wir schaffen ein Gesetz, das die Familien belastet, um es nachher abschaffen zu können, damit wir eine Begründung dafür haben, den Menschen zu erklären, wir entlasten die Familien. Nach diesem Motto hat das funktioniert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie halten die Familien schlichtweg für dumm,
Damit so etwas nicht noch mal passiert – das ist unsere Motivation Nummer eins für den Gesetzentwurf –, damit die Geldbeutel, die Kassen der Familien vor dem Zugriff der Politik geschützt werden, sind wir der Auffassung: Die Lernmittelfreiheit muss in der Verfassung dieses Freistaates niedergeschrieben werden, muss geschützt werden vor dem Zugriff einer Mehrheit, der Bildungsgerechtigkeit offensichtlich nicht so wichtig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich glaube, dass mit einer Festschreibung der Lernmittelfreiheit in der Verfassung ein Beitrag dazu geleistet werden kann, dass Bildungsgerechtigkeit wieder einen Stellenwert bekommt, dass Menschen, die nicht so viel verdienen, nicht einfach noch zusätzlich belastet werden können. Deswegen bringen wir heute dieses Gesetz ein.
Das zweite Gesetz ist die logische Folge: Man muss Lernmittelfreiheit zunächst definieren, und es gab immer das große Problem, dass die wirklich kostenintensiven Dinge, wie Arbeitshefte, Kopierkosten, Kosten für Schulausflüge und andere Schulveranstaltungen, von der Lernmittelfreiheit gar nicht erfasst waren. Wir sind der Meinung, dass alle Dinge, die von der Schule angeschafft und von ihr für richtig gehalten werden, von der Lernmittelfreiheit auch erfasst werden müssen. Wenn ein Lehrer oder eine Lehrerin oder eine Schule in der Klasse sagt: Liebe Kinder, ihr braucht ein bestimmtes Arbeitsheft, dann, meinen wir, muss diese Anschaffung von der Lernmittelfreiheit abgedeckt sein.
Wir haben große Probleme, weil viele Lehrer teure Materialien verlangen oder vorschlagen. Dadurch tritt dann in den Elternhäusern die Situation ein: Das können wir uns nicht leisten! Wie oft haben wir diese Situation erlebt, wenn Schulveranstaltungen stattfinden – das beginnt bei einem Tagesausflug und endet bei einem Drei-Tage-Ausflug –; auch diese Dinge führen in den Familien zu größten Problemen; nicht in allen, aber gerade in denen, denen wir helfen sollten, damit deren Kinder ebenfalls an einem vernünftigen Schulalltag teilnehmen können.
Sie haben nun drei Jahre lang Schülerinnen und Schülern, deren Eltern natürlich, die Familien zur Kasse gebeten, und jetzt, nach drei Jahren, schaffen Sie das Gesetz ab. Sie sollten einmal darüber nachdenken, ob Sie die Gebühren, die Sie eingezogen haben in den letzten drei Jahren, den Eltern wieder zurückgeben wollen; das wäre eine sinnvolle Geschichte.
Wir haben damals über dieses Gesetz lange in diesem Hause diskutiert. Über die Einführung des Büchergeldes wurde lange gestritten, nicht nur hier im Parlament, sondern auch bei den Verbänden, in den Schulen, bei den Eltern. Die Kirchen, die Kommunen – alle haben vor diesem Gesetz gewarnt, und zwar aus verschiedenen Gründen. Einer der Gründe war, das Büchergeld würde die Familienkassen schwer belasten. Das war der Grund, den wir auch hier immer wieder angeführt haben: Das ist eine Belastung der Familien, vor allen Dingen der Familien, die sowieso schon nicht so gut verdienen und denen die Beschulung ihrer Kinder – vielleicht sind es auch Alleinerziehende – ohnehin schon große Probleme macht. Dieses Argument wurde von Ihnen in den Wind geschlagen. Das wurde mehrmals vor Erlass des Gesetzes, vor der Zweiten Lesung gesagt.
Wir haben weiter gesagt: Das Büchergeld ist ein Instrument, um Bildungsungerechtigkeit zu verstärken. Darüber ist mehrmals diskutiert worden; auch das wurde von Ihnen in den Wind geschlagen.
Wir haben angeführt, dass Familien ohnehin schon belastet sind durch die Schulkosten für ihre Kinder, durch Arbeitshefte, Kopiergeld, Schulveranstaltungen und viele andere Dinge, die die Eltern kaufen bzw. bezahlen müssen, weil die Lehrer dies wünschen. Hinzu kam damals das Büchergeld. Alles das wurde hier besprochen und diskutiert, das alles haben Sie in den Wind geschlagen, als wir darüber gesprochen haben. Das Büchergeld hat die Bildungsungerechtigkeit erhöht.
Zu dieser Maßnahme, zur Einführung des Büchergelds, kann man heute doch wirklich sagen: Die CSU, Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben mit der Einführung des Büchergeldes einen Teil Bildungsungerechtigkeit, vor allen Dingen für die Familie, mit transportiert.
Jetzt, nach drei Jahren, haben Sie dieses „geniale“ Gesetz wieder abgeschafft. Nach drei Jahren ist das Einsehen gekommen. Das haben Sie aber alles vorher gewusst. Das, was Sie als Begründung zur Abschaffung des Büchergeldes angeführt haben, haben Sie alles vorher gewusst. Es passiert sozusagen nach dem Motto:
oder legen Sie konkrete Zahlen auf den Tisch, und legen Sie bitte auch eine Finanzierung auf den Tisch. Sonst ist es nichts anderes als ein billiges Wahlkampfmanöver und eine Wählertäuschung, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Kollege Eisenreich, wenn wir Ihnen die Kosten beziffern und auch einen Finanzierungsvorschlag machen, stimmen Sie dann diesem Gesetz zu?
Legen Sie Ihre Schätzungen einmal vor. Wenn wir die Zahlen haben, können wir darüber reden. Den Transrapid können Sie dafür nicht hernehmen; denn die Summen, die man einsparen könnte, bräuchten Sie mindestens dreimal.
Zum Thema Bildungsgerechtigkeit. Dies ist ein hohes Ziel, dem wir uns auch verpflichtet fühlen. Deswegen gibt es Dinge wie Schulwegkostenfreiheit, zahlreiche Unterstützungen für die Familien,
und deswegen wird auch das Büchergeld wieder abgeschafft. Wir haben uns einen finanziellen Spielraum erarbeitet. Diskutieren müssen wir über Familien mit geringem Einkommen, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Hierüber haben wir in diesem Hause bereits diskutiert. Insoweit ist zu fragen, auf welcher Ebene das zu regeln ist. Wir sagen, dass dies auf Bundesebene geschehen muss. – Das waren nur einige wesentliche Punkte. Wir können das im Ausschuss weiter diskutieren.
Ihr ewiger Vorwurf lautet, in Bayern hänge Bildung vom Geldbeutel der Eltern ab. Dies ist nicht der Fall. Sie verteilen immer von einer Tasche in die andere. Unser Ansatz ist es, dass in diesem Geldbeutel überhaupt etwas drin sein muss. In Bayern sind wir auf dem besten Weg dazu. Wir nähern uns der Vollbeschäftigung. Wenn wir die Bürger nicht so schröpfen wie die Steuererhöhungspartei SPD, haben die Bürgerinnen und Bürger und damit auch die Familien genug Geld.
(Beifall bei der CSU – Rainer Volkmann (SPD): Durch Wiederholen wird es nicht besser! – Susann Biedefeld (SPD): Sehr überzeugend!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Eisenreich, ich wundere mich, dass Sie die SPD als Steuererhöhungspartei bezeichnen. Da muss ich fragen: Haben
Deswegen ist in dem zweiten Gesetz, das wir heute in Erster Lesung beraten, die Definition der Lernmittelfreiheit enthalten. Wir werden in den nächsten Wochen dieses Gesetz in den Ausschüssen diskutieren. Ich bin sehr gespannt, ob es die CSU mit der Lernmittelfreiheit ernst meint. Denn diese ist ein hohes Gut, und Entlastung der Familien ist wichtig. Das werden wir dann in den Ausschüssen sehen. Ich freue mich auf diese Beratungen und hoffe, dass wir beide Gesetzentwürfe hier in diesem Hause auch umsetzen können.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist es erstaunlich: Die Steuererhöhungspartei SPD setzt sich für eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger ein,
Ich habe mir den Gesetzentwurf einmal genauer angeschaut. Sie wollen hier die Ausdehnung der Lernmittelfreiheit auf alles, was an der Schule gebraucht wird inklusive – wenn ich das richtig verstanden habe – eines vollen Kostenersatzes für die Kommunen. Da verschlägt es einem wirklich die Sprache; man merkt, dass der Wahlkampf kommt.
(Susann Biedefeld (SPD): Schicken Sie den Witz bei der „Bravo“ ein; dann kriegen Sie vielleicht noch einen Preis!)
Sie stellen die Finanzierung der Lernmittelfreiheit auf den Kopf. Sie machen sich nicht einmal die Mühe, die Kosten auch nur zu schätzen. So etwas Unseriöses habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Sie schreiben in dem Papier als Begründung: „Die Kosten erhöhen sich.“ Ja, selbstverständlich erhöhen die sich. Ich möchte von Ihnen einmal eine konkrete Rechnung, um wie viel sich die Kosten für den Freistaat erhöhen.
Wir haben, um überhaupt einmal ein paar Eckpunkte zu haben, grob geschätzt: Wir haben an den staatlichen Schulen über eine Million Schülerinnen und Schüler. Wenn Ihre Kostenschätzung richtig ist – die einzige Zahl für Bildungskosten sind diese tausend Euro pro Schüler und Familie –, dann sind das eine Milliarde pro Jahr. Überlegen Sie bitte einmal, wie Sie das finanzieren wollen
Fakt ist aber auch: Die soziale Herkunft eines Kindes darf beim Schulerfolg keine Rolle spielen. Viele andere Länder zeigen, dass dies möglich ist, und zwar, ohne dass die Leistungen schlechter werden. Jedes Kind hat eine faire Chance verdient, und jedes Kind hat auch Lernmittelfreiheit verdient.
Wir kündigen ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Kinderarmut an. Einen wichtigen Punkt möchte ich noch nennen. Ein richtiger und wichtiger Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit ist der Abschied von einem Schulsystem, das Kinder nach der vierten Klasse gnadenlos aussortiert. Wir hätten ein gerechteres Bildungssystem, wenn Sie sich endlich dazu durchringen könnten, alle Kinder gemeinsam in eine Schule gehen zu lassen.