Protokoll der Sitzung vom 08.04.2008

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank Frau Kollegin. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die gemeinsame Aussprache geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen und den Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes dem Ausschuss für Bildung und Sport als jeweils federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Das ist der Fall. Dies ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 c auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (AGPStG) (Drs. 15/10314) – Erste Lesung –

Auf eine Aussprache wurde vonseiten der Fraktionen verzichtet. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht Einverständnis? – Das ist der Fall. Dies ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 d auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (Drs. 15/10315) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Bayerischen Staatsregierung begründet. Hierzu steht der Herr Staatsminister des Innern schon bereit. Bitte sehr, Herrn Staatsminister.

Sie vergessen, dass Sie in Berlin mit an der Regierung sind, oder haben Sie die Realität zur Kenntnis genommen, dass Sie in Berlin nichts mehr zu sagen haben?

(Lachen bei der SPD)

Ein Satz noch zu Ihrer immer wiederkehrenden Behauptung, Sie hätten sich, jetzt, da Sie das Büchergeld abschaffen können, einen finanziellen Spielraum erarbeitet. Diesen haben nicht Sie erarbeitet, sondern Sie haben den bayerischen Eltern in die Tasche gegriffen, um den bayerischen Bücherbestand zu erneuern. So ist die Lage.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nun möchte ich aber vom politischen Diskurs wegkommen, denn es geht um die Kinder. Im Dezember haben wir eine Petition hochgezogen, die ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen möchte. Dabei handelte es sich um den Fall eines Kindes, dessen Eltern sämtliche Schulkosten nicht mehr bezahlen konnten. Es ging hin und her. Mich hat Folgendes sehr berührt – das möchte ich hier noch einmal sagen –: Das Kind hat gespart und hat der Lehrerin die fehlenden 50 Euro heimlich mit der Bitte zugesteckt, dass sie das niemanden sagt. Das Kind wollte seine Schulden beglichen haben.

Das ist Realität in Bayern, Herr Kollege Eisenreich. Auf dem Gesetzentwurf steht „Lernmittelfreiheit“, aber das Beispiel dieses Kindes und bringt wie viele andere Beispiele im Übrigen auch etwas ans Tageslicht. In diesem reichen Bundesland, in dem Ihrer Meinung nach jeder einen vollen Geldbeutel hat, ist Kinderarmut keine Randerscheinung. In Bayern gibt es 170 000 arme Kinder. Armut macht physisch und psychisch krank, und arm sein kann man auch, wenn man knapp über der Grenze der Sozialhilfe oder knapp über der Grenze des Arbeitslosengeldes liegt.

Arm sein in Bayern bedeutet aber auch, dass die armen Kinder verminderte Bildungschancen haben. Bildungschancen werden in Bayern vererbt. Hierzu zitiere ich noch einmal den bayerischen Bildungsbericht. Dieser besagt, Bildungserfolg sei statistisch signifikant und bedeutsam abhängig von der Einkommensklasse der Eltern. Sie sollten Ihren eigenen Bildungsbericht zur Kenntnis nehmen.

Fakt ist auch, dass Bildung immer mehr zum Kostenfaktor für die Eltern wird. Es war das Büchergeld, es ist zum Beispiel Nachhilfe im G 8. Für mich ist Bildungspolitik die Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts. Deshalb brauchen wir ein ganzes Mosaik an Maßnahmen, um uns mit der Bekämpfung von Bildungsarmut und der damit verbundenen Chancenungerechtigkeit auseinanderzusetzen.

Die Einführung einer kompletten Lernmittelfreiheit ist eine Maßnahme auf diesem Weg. Ob sie in die Verfassung gehört oder ob eine bloße Änderung des Schulfinanzierungsgesetzes, flankiert durch andere Maßnahmen, ausreicht, müssen wir in den Ausschüssen diskutieren. Zumindest der Gesetzentwurf zur Verankerung der Lern

Ich eröffne die allgemeine Aussprache: Herr Kollege Volkmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hochgeschätzter Herr Innenminister, ich habe selten eine so prosaische Begründung eines vergleichsweise banalen Gesetzentwurfes wie dieses gehört. Wollen Sie sich noch um den Literaturnobelpreis bemühen? Ich weiß es nicht. Sehr schön finde ich jedenfalls den Hinweis auf wesentliche Teile unseres Kulturerbes. Dass es zum Teil um weltweit bekannte Anlagen geht, das ist unbestreitbar.

Wir haben gute Gründe, dieses Begehren an den zuständigen Ausschuss zu verweisen. Ich dachte, eigentlich ist es der Innenausschuss. Aber nach der Art Ihres Vortrags wäre das Begehren mehr dem Thema „Bildung und Kultur“ zuzuordnen. Ich meine aber, es ist bei den Gemeinden, im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit, am besten aufgehoben.

Nur noch ein Satz, und damit bin ich schon am Ende meiner Ausführungen: Dass Sie am Ende noch vorschlagen, mit Ablauf des 31. Dezember 2012 soll diese Vorschrift wieder außer Kraft treten, finde ich a priori ganz vernünftig, weil es durchaus Sinn macht, solche Gesetze zu begrenzen und dann zu schauen, was sie gebracht haben. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine ebenso prosaische Beratung in den Ausschüssen wie hier im Plenum.

Als nächstem Redner darf ich Herrn Kollegen Haedke das Wort erteilen, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Volkmann, Sie haben das Ganze schon hervorragend dargestellt, nicht nur die prosaische Begründung, vor allem auch die Feinheiten.

(Zuruf des Abgeordneten Rainer Volkmann (SPD))

Ich freue mich, dass wir hier zu diesem Münchner Thema sprechen. Auch der Herr Minister hat das Thema extrem feinfühlig angesprochen. Letztlich geht es darum, einen Ordnungsrahmen für die Parks und Gärten zu schaffen. Es hat sich in der Tat einiges geändert. Die Menschen haben eben heute in den Parks ein anderes Verhalten als noch vor 50 oder 100 Jahren. Deshalb muss hierfür ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Mir haben beide Ausführungen gut gefallen. Wir müssen im Gesetzgebungsverfahren vor allem darauf achten, dass insbesondere die für die Betroffenen – das werden wir Münchner sein – im Englischen Garten die Liberalitas Bavariae erhalten bleibt, also der Grundsatz „Leben und leben lassen“, und das sage ich jetzt in aller Deutlichkeit.

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD) – Heiterkeit)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Gesetzentwurf geht es um das ganz simple Vorhaben, im Landesstraf- und Verordnungsgesetz eine Ermächtigungsgrundlage für das Finanzministerium zu schaffen, um mit entsprechenden Regelungen das Treiben in den im Eigentum des Freistaats Bayern befindlichen Gärten und Parkanlagen vernünftig zu regeln. Davon gibt es immerhin 27, oftmals historisch und kulturell bedeutsame Orte, prachtvolle Hofgärten, Schlossparks, Gärten und Seen. Sie ziehen jährlich Hunderttausende von Besuchern an und sind als wesentlicher Teil des bayerischen Kulturerbes und der bayerischen Geschichte zum Teil weltweit bekannt.

Da gibt es Fußgänger und Jogger, da gibt es Familien mit Kindern, da gibt es Jugendliche, Naturliebhaber, Biergartenbesucher, Hundehalter, Radfahrer, sonstige Sporttreibende, eine bunte Vielfalt, gerade in den Sommermonaten.

Wir freuen uns, dass unsere staatlichen Parkanlagen einen so großen Zuspruch finden. Zum Teil befinden sie sich auch in den Zentren bayerischer Städte. Dabei denke ich beispielsweise an den Englischen Garten hier in München oder an den Hofgarten in Bayreuth.

Aber in den letzten Jahren zeigt sich zunehmend, dass ein friedliches Nebeneinander der verschiedenen Besuchergruppen nicht immer selbstverständlich ist. Beschwerden über rücksichtsloses Verhalten häufen sich, auch sicherheitsrelevante Probleme entstehen, wie etwa das lebensgefährliche Baden oder Surfen im Eisbach des Englischen Gartens. Sie kennen das Thema.

Wir wollen, dass das Finanzministerium künftig ein Instrument hat, das den Gemeinden für ihre Grünanlagen längst zusteht. Es geht darum, öffentlich-rechtliche Regelungen und somit klare Vorschriften für die Benutzung der staatlichen Parkanlagen zu erlassen und Verstöße gegen diese Regelungen auch mit einer Geldbuße oder einem Verwarnungsgeld zu ahnden. Diese Ermächtigung kann das Finanzministerium dann auf die Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen übertragen.

Ich will nochmals mit Hinweis auf die kommunale Praxis deutlich sagen, dass nicht daran gedacht ist, jetzt eine neue, große Bürokratie zu produzieren, sondern es wird lediglich bei staatlichen Parks nachvollzogen, was in sehr vielen Kommunen längst als Regelung zur Nutzung auch von kommunalen Grünanlagen und dergleichen selbstverständlich vorgesehen ist. Bislang haben wir für die Anlagen der Staatlichen Schlösser- und Seenverwaltung nur die Möglichkeit zivilrechtlicher Parkordnungen. Diese ermächtigen zu Hausverboten oder zu zivilrechtlichen Unterlassungsklagen. Das ist natürlich ungemein aufwendig und kompliziert und führt nicht zum erwünschten Ergebnis.

In diesem Sinne sollten wir für diese relativ simple Sache das Finanzministerium zu entsprechenden Regelungen ermächtigen. Ich bitte um eine wohlwollende Beratung dieses Vorschlags in den nächsten Wochen.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, Ihre Regelungswut wird auf Unverständnis und Abwehr der erholungssuchenden Bevölkerung treffen, insbesondere im Englischen Garten in München.

(Zuruf von der CSU)

Ich habe mich dort bei der Bevölkerung erkundigt, was sie davon hält: Die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt München ist der Meinung, dass die Parks, Gärten und Grünanlagen gut funktionierten und dass es keiner weiteren Regelung bedürfe. Statt weitere Verordnungen zu erlassen, sollten Sie lieber die bisherigen Überregulierungen abbauen und die Parkanlagenordnungen entschlacken.

Ich möchte hierfür einige Beispiele nennen: Die GRÜNEN wollten im Hofgarten, also im Umfeld der Staatskanzlei, an einem höchst politischen Ort, demonstrieren. Dies wurde von der Schlösser- und Seenverwaltung untersagt, weil ihre Parks und Gärten als politikfreie Räume zu verstehen sind. Neulich ging ich durch den Hofgarten und sah dort circa 30 Personen, die Plakate gegen Arbeitslosigkeit und Armut hochhielten. Aber es handelte sich nicht um eine Demonstration, sondern um eine Filminszenierung, bei der eine Szene aus den Dreißigerjahren möglichst wirklichkeitsnah nachgestellt werden sollte.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

Offenbar darf man im Hofgarten also für Historienfilme demonstrieren, aber nicht für Anliegen von heute.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seltsames ist mir auch aus Bayreuth berichtet worden. Hier wollten sich die SPD-Kommunalpolitiker nach erfolgreicher Listenaufstellung vor dem Sonnentempel in der Eremitage ablichten lassen. Sie haben für die erforderliche Genehmigung sogar 50 Euro gezahlt.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Spaenle?

Fünf Minuten sind so kurz. Nachher vielleicht.

Das Problem ist, dass es nicht damit getan war, diese 50 Euro zu bezahlen, sondern ihnen dann verboten wurde, sich fünf Monate vor der Kommunalwahl vor dem Sonnentempel ablichten zu lassen. Begründung: Man wolle die wertvollen Gebäude Bayerns nicht weiter in den Fokus der Öffentlichkeit zerren, die öffentlichen Gebäude nicht so bekannt machen. Telefonisch wurde auch etwas von „Terrorismusgefahr“ fabuliert.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das kann ja wohl nicht wahr sein!)

Die SPD braucht nicht zu versuchen, hier einiges durcheinander zu bringen. Die CSU sorgt erstens für einen guten Rechtsrahmen und hat zweitens auch das nötige Gespür, entsprechend zu justieren oder nachzujustieren.

(Susann Biedefeld (SPD): Genau, rauchen!)

Ich darf Ihnen mit aller Deutlichkeit sagen: Gerade bei diesem Gesetz ist auch die zeitliche Begrenzung richtig, weil wir kein Ausarten wollen. Wenn man sieht, dass die Regelung nicht funktioniert, wird sie wieder überprüft. Einen derartigen Sicherheitsmechanismus hat man also eingefügt.

Ich glaube auch, dass die vom Minister dargestellten, als nicht wünschenswert bezeichneten großen Kosten und Beamtenapparate nicht der richtige Weg sind. Es darf nicht sein, dass in München im Englischen Garten künftig Heerscharen von Kontrolleuren herumlaufen und versuchen, von den Leuten 50 Euro zu kassieren. Es muss vielmehr darum gehen, hier einerseits ein entsprechendes Maß, einen Mittelweg und den gewünschten Rechtsrahmen zu finden, durch den andererseits die Lebensart und ein Stück München erhalten bleiben.