Protokoll der Sitzung vom 16.03.2004

Im Haushalt der Staatsbauverwaltung gibt es bei der Wohnungsbauförderung nach dem Wohnungsbauförderungsgesetz Kürzungen um 40,5 Millionen Euro auf 45,5 Millionen Euro. Im Bildungsetat gibt es Kürzungen bei der Jugendarbeit um 3,8 Millionen Euro auf 21,5 Millionen Euro. Das betrifft zum Beispiel den Bayerischen Jugendring, den Ring politische Jugend und die Personalkosten für Jugendarbeit, die präventive Jugendarbeit usw. Im Bildungshaushalt gibt es ebenfalls Kürzungen: bei der Sportförderung um 6,3 Millionen Euro auf 38,5 Millionen Euro. Insbesondere bei den Übungsleiterzuwendungen und bei der Sportbetriebspauschale wurde gekürzt.

Im Landwirtschaftsetat wird die Dorferneuerung um 8 Millionen Euro auf 20,5 Millionen Euro zusammengestrichen, was zu negativen Auswirkungen für den ländlichen Raum, für die Landwirtschaft und für den Mittelstand führen. Im Umweltetat werden beim Umweltschutz, beim Naturschutz und bei der Landschaftspflege 2,2 Millionen Euro gestrichen, sodass in diesem Ansatz nur mehr 7 Millionen Euro verbleiben.

Das bedeutet negative Auswirkungen für Biotopverbundprojekte, Arten- und Biotopschutzprogramme, Landschaftspflegeverbände und Naturschutzverbände. Desweiteren wird im Umweltetat der Hochwasserschutz um 8 Millionen Euro auf 28,8 Millionen

Euro zusammengestrichen, was die dringend erforderlichen Hochwasserschutzmaßnahmen erheblich erschwert. Ebenfalls im Umweltetat werden die Zuschüsse nach der RZWas dramatisch um 34,7 Millionen Euro auf 14,3 Millionen Euro gekürzt, mit direkten negativen Auswirkungen auf wasserwirtschaftliche Maßnahmen.

Im FAG steht auch eine Kürzung beim kommunalen Straßenbau mit 79,9 Millionen Euro auf nur mehr 148 Millionen Euro an. Radikale Einschnitte gibt es bei der Förderung von Abwasseranlagen nach Artikel 13 e um 138,4 Millionen Euro auf 91,3 Millionen Euro. Fast halbiert wurden die Mittel für den Bau von Grund- und Hauptschulen sowie Kinderbetreuungseinrichtungen auf nunmehr 143,3 Millionen Euro. Die Investitionspauschale nach Artikel 12 wurde um 10 Millionen Euro auf 115 Millionen Euro gekürzt, was vor allem zu Lasten des Sanierungsbedarfs kommunaler Immobilien geht. Tiefe Einschnitte finden wir beim Krankenhausbau um 161 Millionen Euro auf 245,5 Millionen Euro. Diese Einschnitte, gerade im Krankenhausbau, gefährden ein bedarfsgerechtes und gerechtes Krankenhauswesen in Bayern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt Streichungen bei der Finanzierung des ÖPNV in Bayern nach dem ÖPNV-Gesetz um 45,2 Millionen Euro auf 78,7 Millionen Euro. Der Wirtschaftsminister könnte in die Debatte eingreifen. Er könnte seine Kritik von gestern auf dem ÖPNV-Kongress, der durch die Medien ging und heute in der Zeitung steht, wiederholen. Gestern hat Herr Wiesheu den Finanzminister wegen dieser Kürzungen kritisiert. Herr Wiesheu, haben Sie doch den Mut, und kritisieren Sie das heute hier im Parlament und nicht nur draußen, wenn der Finanzminister nicht dabei ist.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD-Landtagsfraktion hat bei diesem kommunalen Streichkonzert der Staatsregierung bei jeder einzelnen Kürzung entweder die Rücknahme, zumindest aber eine spürbare Aufstockung der Pläne der Staatsregierung gefordert. Leider ohne jeden Erfolg.

(Zuruf von der CSU)

Besonders befremdlich ist der Umgang der Staatsregierung mit den Kommunen in zwei weiteren Bereichen. Die Zuweisungen an die Gemeinden und an die Gemeindeverbände zur Förderung der Feuerwehrausstattung soll um 3,5 Millionen Euro auf nur mehr 1,5 Millionen Euro gekürzt werden und dies, obwohl die Einnahmen des Freistaats aus der

Feuerschutzsteuer im Jahr 2004 um 7,2 Millionen Euro ansteigen werden.

(Susann Biedefeld (SPD): Hört! Hört!)

Die Kommunen werden auch in finanzieller Hinsicht massiv von der beabsichtigten Einführung des achtstufigen Gymnasiums betroffen sein. Ob es um die Sicherstellung der Mittagsverpflegung oder um den Aufwand für die Schülerbeförderung geht, es kommen hohe Kosten auf die Kommunen zu. Der vorliegende Gesetzentwurf zum G 8 verstößt damit eklatant gegen das Konnexitätsprinzip.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD Landtagsfraktion bekennt sich zum Konnexitätsprinzip, zur kommunalen Finanzautonomie und zur kommunalen Selbstverwaltung. Wir halten es daher für unerlässlich, die von der Staatsregierung beabsichtigten Kürzungen zurück zu nehmen und den kommunalen Finanzausgleich nachhaltig zu verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Leider wurden alle unsere Anträge zu diesem Thema von der CSU-Mehrheit im Haushaltsausschuss abgelehnt. Unser Appell, vor allem an den Ministerpräsidenten lautet: Folgen Sie bitte der Eingabe der kommunalen Spitzenverbände, dem verzweifelten Hilferuf des Städtetags vom 10. März 2004, nach den Haushaltsberatungen im Ausschuss.

Ministerpräsident Dr. Stoiber verweigert den kommunalen Spitzenverbänden sogar ein Gespräch betreffend wirksame Soforthilfeprogramme. Dies zeigt eine unerträgliche Arroganz; unsere Gemeinden und Städte werden wie lästige Bittsteller abgefertigt.

(Beifall bei der SPD)

Wir vonseiten der SPD-Fraktion sind in großer Sorge um die innere Sicherheit – wie sollte es anders sein.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otmar Bernhard (CSU))

Sie werden gleich etwas ruhiger werden.

In unserem Leitantrag zum Polizeietat haben wir auf die Anschläge vom 11. September und die schreckliche Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hingewiesen. Wir konnten nicht ahnen, dass der 11. März als weiterer furchtbarer Tag in die Geschichte eingehen wird. Die verbrecherischen und mörderischen Anschläge in Madrid haben uns die immer aktuelle tödliche Bedrohung erneut vor Augen geführt. Wie leider zu erwarten war, hat Innenminister Dr. Beckstein sofort versucht, aus den

grausamen Anschlägen sein politisches Süppchen zu kochen.

(Johann Neumeier (CSU): So eine Frechheit!)

Das ist keine Frechheit; eine Frechheit ist das, was der Innenminister getan hat. Sich vor die Fernsehkameras zu stellen, nach der Bundeswehr zu schreien und nach schärferen Gesetzen zu rufen und im eigenen Haus den Polizeihaushalt um 50 Millionen Euro zu kürzen, das ist ein starkes Stück, Herr Innenminister.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister Dr. Beckstein, ein solches Vorgehen macht Sie zum unglaubwürdigsten Innenminister der ganzen Republik.

(Unruhe bei der CSU)

Anstatt die Militarisierung unserer Gesellschaft zu betreiben, sollte die CSU ausreichend Mittel für Polizei, Verfassungsschutz und LKA zur Verfügung stellen. Der digitale Sprech- und Datenfunk ist schnellstens einzuführen. Deutschland ist unter den letzten Ländern in Europa, die ihn noch nicht haben. Sie haben unseren Antrag, 15 Millionen Euro dafür zur Verfügung zu stellen, im Ausschuss abgelehnt. So hat die Polizei weiterhin einen veralteten Polizeifunk. Wenn man an eine Ampel heranfährt, rauscht es und die Kommunikation bricht ab.

Meine Damen und Herren, unsere Bürger haben einen Anspruch auf einen wirkungsvollen Schutz ihres Lebens, ihrer Freiheit und ihres Eigentums. Bayern braucht eine leistungsfähige Polizei.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von CSU, Sie können es hin- und herdrehen, wie Sie wollen, mit Ihrer Ablehnung unserer Anträge zur Polizei gefährden Sie die innere Sicherheit unseres Landes. Jürgen Dupper hatte Recht, als er im Ausschuss gesagt hat, die SPD-Fraktion ist das letzte Bollwerk für Freiheit, Sicherheit und Ordnung in unserem Lande.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CSU)

Sie sorgen doch nicht dafür; Sie machen nur große Sprüche.

(Unruhe bei der CSU)

Das tut natürlich weh, meine Damen und Herren von der CSU. Sie reden zwar ständig von der inneren Sicherheit, kürzen aber den Polizeihaushalt; das widerspricht sich.

Herr Finanzminister, hilfsweise appelliere ich an Sie: Heben Sie wenigstens als Sofortmaßnahme die

Haushaltssperre von 17 % bei den Sachmitteln der Polizei auf. Das wäre zumindest ein erster Schritt, um unsere Polizei angemessen mit Sachmitteln auszurüsten.

Meine Damen und Herren, Bayerns Hochschulen sind in Not. Mit milliardenschweren Offensiven für Forschung und Hightech sollte Bayern in die europäische „Champions League“ der Wissenschaftsstandorte geführt werden. Nachdem die Privatisierungserlöse zur Neige gehen, wird von heute auf morgen eine finanzielle Vollbremsung mit bösen Folgen für den Wissenschaftsstandort Bayern eingelegt. Hoffnungsvolle Nachwuchswissenschaftler, deren Verträge nicht mehr verlängert werden können, verlassen Bayern. Dringend notwendige Bauund Sanierungsmaßnahmen unterbleiben. Kürzungen von Lehraufträgen, größere Gruppen und Einschränkungen bei Bibliotheken sind die Folge. Die Schließung ganzer Studiengänge droht. Berufungszusagen können nicht eingehalten werden. Die Kürzungen bedeuten auch weniger anwendungsorientierte Forschung, weniger Drittmittel und Technologietransfer in die Wirtschaft. Innovationen unterbleiben.

Das sind die Folgen Ihrer Hochschulpolitik in diesem Sparhaushalt. So hat zum Beispiel die neu gegründete Fachhochschule Aschaffenburg mit ihrer grossen Ausstrahlung auf die Region Bayerisch RheinMain in diesem Jahr nur noch die Hälfte der Sachmittel zur Verfügung. „Laptop und Lederhose“ – das war ihr Spruch. Heute müsste man wie der Regensburger Rektor sagen, „Lendenschurz und Griffel“ werden jetzt eingeführt.

(Beifall bei der SPD)

Was neben den Verwaltungsgebühren für die Studierenden ein besonders Ärgernis ist, das ist der Stelleneinzug bei den Hochschulen für das Elitenetzwerk. Wir haben nichts gegen das Elitenetzwerk, wir wollen es aber nicht auf Kosten anderer Hochschulen. Das Ergebnis des daraus folgenden Wettbewerbs für die Hochschulen steht heute in den Zeitungen. Die Hochschulen, die bisher schon weniger gut ausgestattet waren, müssen jetzt feststellen, wie Herr Ruppert, der Rektor der Universität Bamberg, sagt: „Wer hat, dem wird gegeben.“ Dort, wo die Ausstattung ohnehin gut ist, werden Elitestudiengänge angesiedelt, und zwar auf Kosten der Stellen anderer Universitäten. Wir brauchen eine Förderung in der Breite, und wir brauchen eine Förderung an der Spitze, aber wir brauchen keine Förderung der Spitze aus der Breite. Meine Damen und Herren, das ist eine falsche Hochschulpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Bei einem Besuch der Universität Würzburg in der letzten Woche stellten die CSU-Abgeordneten Dr.

Spaenle und Prof. Dr. Eykmann finanzielle Planungssicherheit und eine Stärkung des Mittelbaus in Aussicht. „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht“, so sagte der Vorsitzende des Hochschulausschusses, Herr Dr. Spaenle, den ich im Übrigen hier auch nicht sehe. Meine Damen und Herren von der CSU, wenn das Ende der Fahnenstange erreicht ist, warum beenden Sie dann nicht gleich diesen irrsinnigen Crash-Kurs, anstatt noch Hoffnungen für das nächste Jahr zu wecken? Auf jeden Fall ist der Kurs der Staatsregierung in der Wissenschaftspolitik ein Schlag gegen die Zukunftsfähigkeit Bayerns.

(Beifall bei der SPD)

Die starken Kürzungen in der Jugendarbeit, im Sport und in der Erwachsenenbildung untergraben das Ehrenamt als wichtige Säule unserer Gesellschaft. Bayern hatte auch das erste Umweltministerium der Republik. Jetzt plant die Staatsregierung offenbar, mit ihren Einschränkungen bei Landschaftspflege, Umwelt- und Hochwasserschutz dieses Ministerium überflüssig zu machen. Wenigstens kann sich dann Herr Dr. Schnappauf beim nächsten Hochwasser in Unterfranken und anderswo seine Sightseeing-Touren sparen. Unsere zahlreichen Änderungsanträge zu diesem wichtigen Feld der Landespolitik wurden wie ausnahmslos alle unsere Anträge von der CSU-Mehrheit verworfen.

Der Kulturstaat Bayern ist in höchster Gefahr, das befürchten der Bayerische Heimattag, der Bayerische Landesverein für Heimatpflege, der Bund Naturschutz, der Verband Bayerischer Geschichtsvereine, die Gesellschaft für Archäologie und die Bayerische Einigung. Der Aderlass von Landesgeschichte und Volkskunde an bayerischen Universitäten, die Schließung von Außenstellen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, die drastische Reduzierung der Mittel für die Bodendenkmalpflege und die Kürzung der Zuschüsse für die nichtstaatlichen Museen bedrohen Geschichts- und Heimatbewusstsein in unserem Land.

(Beifall bei der SPD)