Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Ich erinnere daran, dass die Logistik- und die Transportsparte bereits jetzt häufig von Privaten durchaus erfolgreich betrieben werden. Außerdem möchte ich noch daran erinnern, dass wir mit unseren übrigen Forderungen eine Verbesserung der jetzigen Situation erreichen wollen, die ohne die Privatisierung so bleiben wird, wie wir sie heute beklagen. Wenn wir diese Forderungen nicht aufnehmen, wird es keine Verbesserungen geben. Zu großen Verschlechterungen kann es in vielen Bereichen nicht mehr kommen. Deshalb sind diese Forderungen wichtig und müssen in einem Gesetz festgeschrieben werden.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich trenne dafür wieder die Anträge.

Zunächst lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der CSU abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/10530 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der beiden anderen Fraktionen angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/10534. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist der Dringlichkeitsantrag so angenommen.

vor Augen zu halten, dass das obere Zehntel – wenn man die Gesamtnettovermögen betrachtet – 60 % des gesamten Vermögensbestandes der Bundesrepublik hält.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wie viel Steuern zahlen die? Wie viel Prozent?)

Die obere Hälfte, Herr Kollege, hält 99,9 %, und auf die andere Hälfte entfallen gerade einmal – rein arithmetisch gesehen – 0,1 %. Das untere Zehntel der Bevölkerung ist verschuldet. Die haben gar nichts, sondern sie sind verschuldet. Das sollte man sich vor Augen halten.

Deswegen komme ich jetzt noch einmal zur Erbschaft- und Vermögensteuer. Beide hängen eng zusammen. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesfinanzhof haben in ihren Grundsatzentscheidungen immer betont: Wenn die Vermögensteuer niedrig ist, sollte die Erbschaftsteuer höher sein bzw. umgekehrt. Nachdem wir keine Vermögensteuer mehr haben, wäre es angebracht, das Aufkommen der Erbschaftsteuer zu stärken, um einen Gerechtigkeits- und Solidaritätsbezug in unserer Gesellschaft herbeizuführen. Das Gegenteil ist der Fall – vor allem dann, wenn man, wie die CSU, die Erbschaftsteuer völlig abschaffen will.

Ich habe schon das letzte Mal auf eine ziemlich aktuelle OECD-Statistik hingewiesen. Nach dieser OECD-Statistik gibt es nur noch die Länder Slowakei, Österreich, Tschechien und Mexiko, die weniger Erbschaftsteuer als Deutschland verlangen, während der übergroße Teil vergleichbarer Länder deutlich höhere Steuersätze – gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das eine taugliche Vergleichsgröße darstellt – aufweist. Nach dieser Vergleichsgröße hat die Erbschaft- und Vermögensteuer am Bruttoinlandsprodukt einen Anteil von 0,9 %. In anderen Ländern wie Großbritannien, Kanada, Frankreich, Luxemburg, Japan, Schweiz, Spanien macht der Anteil der Vermögen- und Erbschaftsteuer am Bruttoinlandsprodukt 2,5, 3,4 oder 4,3 % aus. Der Durchschnitt der Europäischen Union liegt bei 2,1 %. Das ist gut ein Prozentpunkt mehr als in Deutschland. Wenn wir uns am Durchschnitt der EU-15 orientieren würden, dann würde das gut einen Prozentpunkt plus mehr bedeuten. Wir reden dann über eine Größenordnung von ungefähr 25 Milliarden Euro. Davon entfallen auf Bayern 5 Milliarden.

An diesen Größenordnungen sehen Sie, was man mit einem derartigen Aufkommen machen kann, ohne dass man sich auf eine Staatsverschuldung einlassen muss, ohne dass man Kürzungen vornehmen muss, ohne dass man Studiengebühren einführen muss, ohne dass man ein Büchergeld erheben muss und ohne dass man finanzpolitische Folterinstrumente einführen muss, wie Sie das über die Jahre getan haben.

Deswegen wollen wir klar und deutlich erklären, dass die Erbschaftsteuer als Minimum erhalten werden muss. Das stellt für uns eine Grundbedingung dar, damit wir auch für die künftigen Haushalte die knappe Milliarde, die sich durch das Aufkommen erzielen lässt, erhalten können, um auch in Bayern in der Lage zu sein, öffentliche Leis

muss, wenn man die Menschen in diesem Lande ernst nehmen will.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte mich jetzt nicht breit über allgemein zugängliche Statistiken auslassen. Aber es ist keine Frage, dass die Schere bei den Einkommen immer weiter auseinandergeht. Das gilt auch für die Vermögen. Das kann so nicht weitergehen. Wir Sozialdemokraten wollen das Band der Solidarität in dieser Gesellschaft stärken. Auch diejenigen, die ohne eigene Leistung ein großes Vermögen geerbt haben – Sie betonen doch immer den Leistungsgedanken –, müssen einen kleinen Teil zur Verbesserung der Chancen aller in dieser Gesellschaft beitragen. Das versteht man unter Solidarität. Das ist übrigens etwas, was diese Bundesrepublik Deutschland seit ihrem Bestehen in den Anfangsjahrzehnten stark gemacht hat. Auch daran muss man gelegentlich erinnern.

Ich möchte nur einige wenige Zahlen nennen. Anders als in den Siebzigerjahren und weit in die Achtzigerjahre hinein tragen heutzutage die breiten Schichten, die normale Arbeitnehmerschaft, die arbeitende Bevölkerung, wozu ich auch unsere Mittelständler zähle, vor allem unsere Handwerker, die Hauptlast der Steuerfinanzierung unseres Staates.

Man muss daran erinnern, dass das nicht immer so war, denn in den früheren Jahrzehnten waren, wenn man diese typische Unterscheidung aus den Statistiken heranzieht, auf der einen Seite die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen und auf der anderen Seite die Einkommen aus abhängiger Beschäftigung in Bezug auf die Steuerlast zu gleichen Teilen aufgeteilt.

Ein weiterer Gesichtspunkt sollte hier eine Rolle spielen, nämlich ein Verweis auf die privaten Geldvermögen: In den letzten zehn Jahren ist das reine Geldvermögen in der Bundesrepublik um 50 % gestiegen, nämlich von 3 Billionen auf sage und schreibe 4,6 Billionen. Wenn man das mit der Situation der normalen Menschen in der Republik vergleicht, deren Löhne in den letzten zehn Jahren kaum gestiegen sind, dann sollten uns diese Zahlen aufrütteln. Klar ist auch, dass es sich bei den privaten Geldvermögen um ein ökonomisches Problem handelt, da diese reiche Oberschicht objektiv gar nicht in der Lage ist, den größeren Teil ihres Einkommens für den Konsum zu verwenden und damit den Unternehmen Aufträge zu geben. Objektiv ist das nicht möglich, weil man Gelder in einem derartigen Umfang nicht ausgeben kann. Das hat zur Folge, dass immer größere Summen auf Finanzmärkten zur Spekulation verwendet werden – mit all den Folgen, über die wir derzeit diskutieren.

90 % der Menschen in Deutschland oder in Bayern werden nie in ihrem Leben mit der Erbschaftsteuer oder einer Vermögensteuer konfrontiert werden. Diese Steuern betreffen nur einen relativ kleinen Teil. Deswegen noch ein paar Worte zu dem oberen Zehntel – das obere Einkommenszehntel oder das obere Zehntel bei den Vermögenden – der Bevölkerung. Es ist ganz interessant, sich

ausgleich aus Bayern wieder abfließt. Netto bleiben uns also deutlich weniger. Man muss sich anschauen, wer an der Erbschaftsteuer Interesse hat. Interesse an der Erbschaftsteuer als Einnahmequelle haben, wenn man ganz ehrlich ist, unter anderem die neuen Bundesländer, weil dort der Anteil durch die Einkommen 30 Millionen beträgt, während das, was sie aus dem Länderfinanzausgleich bekommen, deutlich höher ist.

Letztlich machen Sie uns mit Ihrem Antrag ein großes Kompliment, denn das einzige Land in Deutschland, das überhaupt auf die Erbschaftsteuer verzichten könnte, ist Bayern, weil wir seit Jahrzehnten eine solide Haushaltspolitik gemacht haben. Deswegen haben Sie Angst, dass wir auf eine solche Idee kommen könnten. Sie loben unsere Haushaltspolitik, und dafür möchte ich mich ganz besonders herzlich bei Ihnen allen bedanken.

(Rainer Volkmann (SPD): So schwach waren Sie selten!)

Das macht nichts, Sie verstehen es eh nicht.

Überlegen Sie einmal, was das Problem ist. Das Problem resultiert letztlich daraus, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die bisherigen Bewertungsregeln nicht mehr gültig sind. Es ist verfassungswidrig, Grundstücke anders zu bewerten als das normale Geldvermögen. Das bringt uns gerade in Bayern große Probleme. Wenn wir die Verkehrswerte zugrunde legen, haben wir in Bayern natürlich erheblich höhere Grundstückswerte als im übrigen Deutschland. Das Einfamilienhaus oder das Haus der Rentnerin Piepke, die in Waldshut-Tiengen wohnt und nicht in München, wäre hier natürlich deutlich mehr wert als das gleiche Haus in Schleswig-Holstein oder ähnlichen Gebieten.

(Wortmeldung des Abgeordneten Werner Schieder (SPD))

Lassen Sie mich bitte meine Gedanken zu Ende führen, dann können Sie sich gerne melden.

(Rainer Volkmann (SPD): Wenn wir Sie hören, haben wir überhaupt keine Angst!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition! Zunächst einmal müssen wir uns an die Koalitionsvereinbarungen halten, die wir in Berlin geschlossen haben. In diesen Koalitionsvereinbarungen ist ganz klar festgelegt worden, dass man Unternehmensvermögen verschonen, gleichzeitig aber großzügigere Regelungen für die Freibeträge einführen will, damit das Einfamilienhaus an die nächste Generation übergeben werden kann.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schieder?

Herr Kollege, Sie mogeln sich etwas um die Fragestellung herum. Können Sie verstehen, dass ich Ihre Ausführungen

tungen in entsprechender Qualität und entsprechendem Ausmaß zu erbringen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wo soll denn genau erhöht werden?)

Also, Herr Kollege, Sie sollten den Mund nicht so groß aufmachen. Sie sollten einmal den dramatischen Verfall der Bausubstanz an den Hochschulen oder die Defizite im Bildungsbereich zur Kenntnis nehmen. Über die Jahre ist auf diesen Feldern sehr viel versäumt worden. Deswegen rede ich von der einen Milliarde. Wenn Sie diese denjenigen, die schon große Geldsäcke neben sich stehen haben, diesem Personenkreis, zusätzlich geben wollen, dann müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Ihnen dann nur der Ausweg bleibt, den Sie schon einmal 2004 beschritten haben. Der ist uns bekannt. Wollen Sie die Studiengebühren noch weiter erhöhen? Wollen Sie die Studiengebühren verdoppeln? Wo wollen Sie denn hin? Welche Einschränkungen wollen Sie bei den Verbänden und Kommunen vornehmen? Das ist der Punkt, um den es geht. Deswegen erklären wir uns mit dem Antrag klar und eindeutig. Auch Sie können das tun. Wenn Sie den Antrag ablehnen, geben Sie uns die Chance, den Leuten klipp und klar jeden Tag und jede Woche sagen zu können, was Sie von diesem Thema halten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, vielen Dank. Nächster Redner: Herr Kollege von Lerchenfeld.

Herzlichen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir das Wort erteilt haben.

Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Es geht bei der Erbschaftsteuer wirklich um die großen Vermögen. Lieber Herr Kollege Schieder, ich lese Ihnen etwas aus dem „Stern“ vom März vor: Die Hausbesitzerin Edeltrud Piepke, 81 Jahre alt, sorgt sich um ihr Sechs-FamilienHaus. Die Rentnerin hat zusammen mit ihrem Mann die Kredite dafür über fast zwanzig Jahre abgezahlt. Nach ihrem Tod soll ihre Schwester das Haus erben, die ebenfalls mit ihrem Mann dort wohnt. Durch die Reform der Erbschaftsteuer müsste die Schwester dreimal mehr Steuern zahlen als heute. – Das ist das reiche Vermögen, auf das Sie abzielen. Die Rentnerin wird besteuert, der Mittelstand wird besteuert, und Sie brüsten sich damit, die Reichen in Deutschland zu besteuern. Das tun Sie nicht, lieber Kollege.

Meiner Ansicht nach ist dieser Antrag, den Sie gestellt haben, wieder einmal ein Antrag, der erfüllt ist von der Angst der SPD vor den Linken. Sie haben die Hosen gestrichen voll, dass Ihnen von dieser Seite eine Gefahr erwächst. Deswegen stellen Sie solche Anträge.

Sie fordern, die Staatsregierung solle sich dafür einsetzen, die Erbschaftsteuer in Deutschland zu erhalten. Sie verweisen dabei darauf, dass wir Einnahmen im Umfang von 875 Millionen Euro hätten. Leider vergessen Sie dabei, dass ein erheblicher Anteil davon über den Länderfinanz

kommen geknebelt werden. Sie wissen ganz genau, dass es schon heute für den Mittelstand erhebliche Probleme gibt, Nachfolger zu finden. Deswegen muss das wirklich geregelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Antrag führt nicht zum Ziel. Er ist ein reiner Schaufensterantrag. Sie haben Angst vor den Linken. Das werden wir nicht mitmachen. Wir lehnen Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt erteile ich Herrn Kollegen Hallitzky das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr von und zu Lerchenfeld, in der letzten Woche behandelten wir hier einen Dringlichkeitsantrag der CSU, der sinngemäß lautete: Erbschaftsteuer Stück für Stück abschaffen!

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ja! Genau!)

Wenn Sie die Reden zu diesem Antrag, die Reden davor zum Nachtragshaushalt, die Pressemitteilungen Ihrer eigenen Leute oder die Aussagen von Herrn Ramsauer und wem auch immer gelesen oder gehört haben, wissen Sie, dass dies die Stoßrichtung Ihrer Politik ist. Insoweit würde ich mich an Ihrer Stelle zurückhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich halte es für übermütig, hier zu sagen, wir wollen die Erbschaftsteuer erhalten. Alles das, was in den letzten Wochen von Ihnen dazu geäußert wurde, ist das glatte Gegenteil.

Mit dem Antrag, die „Erbschaftsteuer Stück für Stück abzuschaffen“, sollte dem bayerischen „Löwen“ der Rücken gestärkt werden, damit er dem Reformkompromiss in Berlin, der mit Beteiligung der CSU zustande kam, politisch in den Rücken fallen kann. Das Ergebnis war aber, dass der Löwe selbst auf den Rücken fiel. In der „Welt“ liest es sich beispielsweise so: „Bayern blitzt im Streit um die Erbschaftsteuer ab.“ Weiter heißt es, die CSU-Vorschläge seien parteipolitisches Geplänkel vor der Landtagswahl im September; spätestens danach werde sich ein hoher Einigungswille zeigen.

Genau so lange, nämlich bis zur Landtagswahl, werden Sie auch mit Ihren übrigen Steuerentlastungsphrasen durch das Land ziehen. Ich nenne nur zwei: Einkommensteuersätze in allen möglichen Bereichen reduzieren und die Pendlerpauschale erhöhen. Wir freuen uns schon darauf, wenn Anfang Mai Minister Huber seinen Geschenkkoffer mit den ungedeckten Schecks öffnen wird. In der Summe werden damit Steuerentlastungen in Milliardenhöhe ohne jede Gegenfinanzierung gefordert. Ob Merkel, Steinbrück oder Hallitzky – wer auch immer –,

(Allgemeine Heiterkeit)